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Offener Wettbewerb | 04/2018

Marktplatz Neuwied

Lageplan

Lageplan

2. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ort und Aufgabe

Der ehemalige – heute nur noch selten in seiner originären Funktion genutzte – Marktplatz Neuwieds befindet sich an zentraler Stelle zwischen Rhein, Deichpromenade und dem in der Innenstadt liegenden Luisenplatz. Das Potential dieser herausragenden Lage bleibt momentan ungenutzt und der Marktplatz wird seiner Funktion als qualitätsvoller Freiraum nicht gerecht. Mit der Neugestaltung ergibt sich die Möglichkeit die ursprüngliche Identität des historischen Marktplatzes wiederherzustellen und ihn als multifunktionalen Ort der Begegnung für die Neuwieder Bürger zu definieren.

Konzept Verkehr und Infrastruktur

Der Marktplatz spannt sich durch die neue Gestaltung zwischen den Fassaden an der östlichen und der westlichen Seite auf und integriert die Pfarrer-Mörchen-Straße in den Platz.

Um einen qualitativen Außenraum zu schaffen, wird die stark frequentierte Kirchstraße auf Höhe des Marktplatzes zu einer Tempo-30-Zone umgewandelt. Durch einen Belagswechsel, auch auf der Fahrspur, wird die Aufmerksamkeit der Autofahrer erhöht. Die Straße kann auf eine Fahrspur reduziert werden, da die Linksabbiegerspur entfällt. So wird auch der Durchgangsverkehr auf der Pfarrstraße reduziert und diese damit beruhigt. Die barrierefreie Erreichbarkeit des Platzes wird durch die beiden vorgesehenen Fußgängerüberwege ermöglicht.

Durch den ruhenden Verkehr entlang der Kirchstraße wird der Platz zusätzlich von der Kirchstraße abgeschirmt. Alle geforderten 30 Parkplätze – inklusive der drei Behindertenparkplätze – werden hier nachgewiesen. Die Gebäude und die Marktkirche am östlichen Rand können trotz der Integration der Pfarrer-Werner-Mörchen-Straße in die Platzfläche leicht mit dem Auto erreicht werden. Von hier erfolgt auch die Zuwegung für Aussteller an Markttagen. Zugang zu Unterflurelektranten und -hydranten sind an den Masten der nördlichen Ringleuchte zu finden.

Platzgestaltung

Charakteristisch für die Atmosphäre des Platzes ist vor allem der zum Teil über hundert Jahre alte Baumbestand aus Sommerlinden (Tilia platyphyllos), welcher durch Baumneupflanzungen zu einem zweireihigen Karree vervollständigt wird. Damit werden historische Bezüge aufgenommen und gleichzeitig wird in der Mitte eine offene Platzsituation geschaffen, welche vielseitig nutzbar ist. Im südlichen Bereich wird das angedachte Bistro verortet, welcher zusammen mit den ortsansässigen Lokalen diesen Teil gastronomisch bespielt. Hier findet sich auch eine Kleinkindspielgelegenheit - nahe des Gastronomiebereichs und geschützt unter den Bäumen gelegen. Die in der Flucht der Marktkirche liegende, multifunktionale Platzfläche wird durch ein ebenengleiches Wasserspiel ergänzt. Dieses erinnert durch seine Lage symbolisch an den ehemaligen Brunnen am Marktplatz und lädt Kinder zum Spielen ein.

Die durch Neupflanzungen entstehende Lindenallee bildet einen umlaufenden Gang, welcher ebenfalls eine hohe Nutzungsvielfalt bietet. So lädt er zum Spazieren ein, informiert durch die in der rahmenden Einfassung verorteten „Meilensteine“ über die wichtigsten geschichtlichen Entwicklungen Neuwieds, kann als Marktgasse oder gar als temporärer Ausstellungsort für Kunst fungieren.

Der Aufenthaltsbereich – unter der doppelten Baumreihe und im südlichen Bereich des Platzes – umschließt wie ein Passepartout den inneren Bereich des Platzes, die „Stadtbühne“. Diese „Stadtbühne“ Neuwieds kann mannigfaltig bespielt werden: So können hier unterschiedliche Veranstaltungen – von Märkten über Tanzabende bis zu Theatervorstellungen und Jahrmärkte- durchgeführt werden.

Die Beleuchtung im Inneren des Platzes – bestehend aus drei über dem Platz schwebenden Ringleuchten – ist ein wesentliches Gestaltungselement. Sie begrenzen als Lichthimmel den Raum nach oben hin und schaffen damit einen gefassten, atmosphärischen Ort. Je nach Nutzung wird die Beleuchtung verschiedenen Ansprüchen gerecht und erzeugt unterschiedliche Stimmungen – von aktiv bis gemütlich. Hier spiegelt sich wiederum die hohe Nutzungsvielfalt des Platzes wider, indem der Ort auf unterschiedliche Weise in Szene gesetzt werden kann. Die bestehende Beleuchtung außerhalb der Baumreihen wird modernisiert und durch Mastleuchten ersetzt.

Die Größe der Pflasterformate nimmt zum Inneren der Platzfläche hin zu, wodurch die Fläche gegliedert und die Teilflächen definiert werden. Im Inneren finden sich große Formate, die farblich changieren. Ihre Anordnung erinnert an das Parkett im Theater und unterstreicht damit die Mitte des Platzes als Stadtbühne. Die Farbe der Pflastersteine nimmt dabei Bezug auf den bei der Marktkirche und der historischen Mauer verwendeten Sandstein. Die unterschiedlichen Pflasterformate werden durch zwei Betonsteinbänder voneinander getrennt, in denen in regelmäßigen Abständen metallene Intarsien eingelassen sind. Im äußeren Band ist der Schriftzug „Marktplatz Neuwied“ zu lesen, im inneren finden die geschichtlichen „Meilensteine“ Neuwieds ihren Platz.

Entlang der Betonsteinbänder laden Bänke zum Verweilen ein, welche zur Platzmitte orientiert sind und am äußeren Band - zur Straße hin - mit Rückenlehnen versehen sind den Platz weiter fassen. Das mit den „Intarsien“ korrespondierende Metall der Bänke ist in einem freundlichen sonnengelb gehalten und bereichert den Platz durch farbliche Akzente.

Längs der Kirchstraße werden auf der westlichen Seite zusätzliche Straßenbäume gepflanzt, deren Artauswahl (Acer platanoides) sich an den Straßenbäumen der Umgebung orientiert. Damit hebt sich der Platzraum mit den Sommerlinden vom Straßenraum ab.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf entwickelt konsequent und schlüssig eine klassische Grundform für den Marktplatz mit ruhiger, farblich zurückhaltender Farbgebung und einem dichten Rahmen aus doppelreihigen Bäumen. Dabei bildet der neue Platz von der Kirchstraße bis an die Bebauung der Pfarrer-Mörchen-Straße eine gestalterische Einheit und integriert die Fahrbahn der Kirchstraße.

Die als Wandelgänge dargestellten Alleen werden sowohl aus den Bestandsbäumen als auch durch Neupflanzungen gebildet. Damit entstehen Aufenthaltsorte, die Angebote im Schatten und in der Sonne bieten. Die Zonierung des Innenfeldes des Marktplatzes ist gut durch den Belag in zwei verschiedene Platzteile gegliedert. Der äußere Belag bildet ein Passepartout für die im Norden liegende Platzintarsie, wobei die Beläge aus gleichem Material in unterschiedlichen Formaten gebildet werden. Dieses Platz-in- Platzthema wird positiv bewertet und gibt dem Ort ein ruhiges Erscheinungsbild. Die Bodenintarsie bietet als Stadtbühne eine vielfältig nutzbare Fläche für verschiedenste Aktivitäten. Das Wasserspiel aus bodengleichen Fontänenfeldern bereichert einerseits diesen Platz, ist gleichzeitig klimatisch, kühlend wirksam, führt aber zu keiner Nutzungseinschränkung. Der südliche Platzbereich bietet zusätzlich zur Außengastronomie des Weinhauses die Möglichkeit der Stärkung gastronomischer Angebote durch ein neues Bistro mit Außenbestuhlung. Die Allee als Wandelgang stellt zudem Angebote zum Sitzen ohne Konsumzwang. Sogenannte Meilensteine Neuwieds sind als Bodenintarsien in die Beläge integriert, was als identitätsstiftende Elemente positiv zu werten ist.

Besonders wertvoll wird nicht nur die große Nutzungsqualität dieses Entwurfes sondern auch seine Bedeutung als klimatisch ausgleichende, grüne Lunge der Stadt gesehen. Andererseits wird kritisch diskutiert, dass die geschlossenen Baumreihen keinen Bezug zur Kirche herstellen und den Platz hierhin nicht öffnen.

Der westliche Platzrand und die Kirchstraße nehmen die Stellplätze auf, wobei der Platz für die vorgesehene Senkrechtaufstellung und zusätzliche Längsparkierung zu gering bemessen erscheint.

Der Entwurf stellt bei einer möglichen Umsetzung große Anforderungen an die Einbindung der bestehenden Baumstandorte und resultierende topografische Konsequenzen. Der Beitrag liegt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten im Vergleich aller Arbeiten im vorgegebenen Rahmen.

Insgesamt werden die hohe gestalterische und räumliche Stimmigkeit ebenso wie die vielfältigen Nutzungsqualitäten dieses Entwurfs gewürdigt.
Platzfläche

Platzfläche

Nutzungsoptionen/Detail

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Wandelgang

Wandelgang

Nutzungsoptionen/Detail

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