modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Programmwettbewerb | 05/2018

Wiedererrichtung der Bauakademie Berlin als Nationale Bauakademie

Anerkennung

Preisgeld: 17.000 EUR

Frank Görge Architektur Stadt Landschaft

Architektur

Erläuterungstext

Bauliches Konzept

Die Bauakademie als Stadtbaustein. So viel Schinkel wie möglich.

Die Stadt Schinkels ist eine Stadt der Baukörper. Die Baukörper werden gleichsam zu Individuen, die sich zueinan-der verhalten. Die Baukörper befinden sich in Stadträumen, die Stadt als eine Bühne des öffentlichen Lebens inter-pretieren.

So wie die Rekonstruktion eine architektonischen Objekts Konsequenzen hat für den städtebaulichen Diskurs, hat die politisch-städtebauliche Entscheidung für die Rekonstruktion eines architektonischen Ensembles Konsequen-zen für den Umgang mit einzelnen Teilen des Ensembles.

Die Rekonstruktion der architektonischen Hülle soll so weit wie möglich erfolgen. Wir halten es für erforderlich, das Erdgeschoss ohne Schwelle barrierefrei zugänglich zu machen und somit den offenen öffentlichen Charakter des Gebäudes zu betonen. Deshalb wird die Fassade des Erdgeschosses der neuen Nutzung angepasst werden müssen.

Die Bauakademie als Konstruktion. So viel Schinkel wie möglich.

Schinkels Bauakademie war der zentrale Bau der nationalen Bau- und Gewerbeausbildung, der polytechnischen Erziehung im allerweitesten Sinne. Das Gebäude ist zu einer Inkunabel geworden. Vorbild zahlreicher öffentlicher (Schul-) Gebäude. Als Skelettbau war der Kubus durch ein strenges Raster gegliedert. Die großen Fenster signali-sierten, dass hinter jedem der Teile in diesem Raster eigentlich eine Halle liegt. Und in diesen Hallen, die wir hinter den Fenstern wähnen, wurden die Schüler zu den verschiedenen Gewerken und vor allen Dingen zum Bauen aus-gebildet.

Schinkel löst als Ingenieur-Architekt die Flächen zwischen den Pilastern fast vollständig in Fensterflächen auf, so dass der Eindruck eines skeletthaften Gebäudes entsteht. Dieses Vorgehen ist durchaus als eine Vorwegnahme der modernen Rasterfassaden des 20. Jahrhunderts interpretierbar.

Mit dem strukturellen Konzept der Bauakademie begibt sich Schinkel als "Ingenieur-Architekt" auf den Weg hin zur reinen Konstruktion. Der richtungslos offene Plan führt auf einem direkten Weg in die Moderne. Am Ende steht das Manifest einer Architektur der Neutralität, die offen ist für zukünftige Nutzungsformen. Eine Architektur des Prozesses.

Die neue Bauakademie ist eine Interpretation des konstruktiven "schinkelschen Gerüstes": Eine moderne Kon-struktion, die einen möglichst frei bespielbaren Raum erzeugt. Das Schinkelsche Raster wird als offener gerasteter Grundriss interpretiert. Die neuen Nutzungen bespielen eine innenräumliche Stadtlandschaft.


Nutzungskonzept

Interdisziplinarität. So viel Schinkel wie möglich.

Schinkel war Architekt, Ingenieur, Städtebauer, Landschaftsgestalter, Bildender Künstler und Bühnenbildner, prak-tizierender Baugeschichtler (Schinkel als souveräner Anwender verschiedener Stile). Sein Anspruch auf "Universali-tät" und Erforschung der Zusammenhänge soll Nutzungsschwerpunkt der neuen Akademie sein: Erforschung der Zusammenhänge, Interdisziplinäres Lernen, Erzeugung von Synergien, Austausch der Disziplinen, Austausch von Professionen und Öffentlichkeit.

Wer oder was produziert unseren Lebensraum? Wie sind Stadt und Landschaft gesellschaftstheoretisch zu begrei-fen? Stadt und Landschaft als eine spezifische Ebene gesellschaftlicher Wirklichkeit, als soziale Form, als spezifische Form.
Die Akademie ist als offenes Haus konzipiert, als öffentlicher Ort von lokaler, regionaler, nationaler, internationaler Bedeutung. Die Akademie ist Ort der Diskussionen, Ort des kommunikativen Lernens. Besucher und Kooperierende profitieren von der Koexistenz der anderen Besucher und Kooperierenden.
Die Akademie öffnet sich als Schaufenster der Fachdisziplinen zur Öffentlichkeit. Transparente Projektarbeit steht im Mittelpunkt. Experten und Öffentlichkeit lernen gemeinsam. Die Akademie ein Ort der kooperativen Ideenpro-duktion, ein politischer Ort.

Wer plant die Planung? Wer produziert den Raum? Wie entsteht die gebaute Realität? Was wird innerhalb der Disziplinen erarbeitet und diskutiert? Die Gestaltung des Lebensraumes als gemeinschaftliches politisches Projekt.

Die Nutzung des Hauses ist so organisiert, dass Verknüpfungen - auch unvorhersehbare - entstehen können. Das Gebäude verbindet unterschiedliche Funktionen wie Ausstellung, Bibliothek, Seminare, Werkstätten, Büros, Shops und Gastronomie zu einem vernetzten Komplex. Auf allen Geschossebenen gibt es öffentlich genutzte Flächen. Die Öffentlichkeit "durchdringt" das Gebäude. Das barrierefrei zugängliche Erdgeschoss wird zum "überdeckten Platz-raum". Öffentliche Nutzungen befinden sich vom Unterschoss über drei Obergeschosse bis zur Dachterrasse, die zu einem Platz auf dem Gebäude wird, einer Aussichtsterrasse, die einen neuen Treffpunkt und einen Veranstal-tungsort inmitten des historischen Zentrums Berlins etabliert.

Erdgeschoss
• öffentlicher Ort, schwellen- und barrierefrei, Vernetzung der Akademie mit dem Stadtraum, mit Nutzun-gen, die sowohl zur Akademie als auch zur Stadt gehören (Gastronomie und Shops).
• Das Forum als zentraler Raum, multifunktional nutzbar (Auditorium, Ausstellungen, Feste, Filmprogramm und Theater)
• Foyer- und Loungeflächen
• Education (Spiel- und Lernort) mit Angebot von Kursen (Zeichnen, Modellieren, Entwerfen, Fotografieren), Treffpunkt für Stadtspaziergänge und Exkursionen in Berlin und Umgebung (Aufsuchen von Orten, Aufsu-chen temporärer orts-spezifischer Interventionen, Workshops, Performances)
• Kommerzielle Nutzungen mit thematischem Bezug zur Akademie, Gastronomie

Untergeschoss
• Forum im räumlicher Einheit mit dem Erdgeschoss, multifunktional nutzbar (Auditorium, Ausstellungen, Feste, Filmprogramm und Theater), Foyer- und Loungeflächen, Café
• Konferenzbereich, zusammen mit dem Form als Tagungszentrum nutzbar
• Service- und Nebenräume
• Original- Fundamente (Bodendenkmal) als Bestandteil der zukünftigen Nutzung (Sicherung und Sichtbar-keit, Integration des Konferenzbereiches in die erhaltende räumliche Struktur)

Obergeschoss 1
• Fläche für Wechselausstellungen, teilbar

Obergeschosse 2 und 3: Coworking / Leitung Akademie / Institute / Ausstellung /Workshop
• Der eigentliche Arbeitsbereich der Akademie ist das kreative Herz des Gebäudes. Hier arbeiten die Leitung der Akademie, die kooperierenden Institute und Institutionen, externe Büros und Experten. Es geht hier um das Coworking im eigentlichen Sinne, das kreative Zusammenarbeiten aller Disziplinen, die für die Themen, Projekte und Programme der Akademie neue Dinge entwickeln. Dies kann dauerhaft oder tem-porär und projektbezogen sein.
• Im räumlichen Zentrum steht eine Fläche als Projektwerkstatt zur Verfügung. Die Projektwerkstatt ist gleichzeitig der Raum für den Austausch der "Arbeitenden" mit den Besuchern der Akademie, der Raum für Werkstatt-Ausstellungen, Workshops, Diskussionen und Symposien.

Dachterrasse
• Aussichtsterrasse, Ausstellungen, Theater und Performance, Kino


Betriebskonzept

Die Bauakademie soll den kreativen Umgang mit unterscherschiedlichen Veranstaltungsformaten und die flexible Kombination unterschiedlicher Formate ermöglichen. Der kreativer Umgang mit dem Raum setzt bauliche Rah-menbedingungen voraus, die den kreativen Umgang mit Formaten erlauben und fördern.

Die räumliche Organisation ermöglicht zeitlich parallel verlaufende Formate, die organisatorisch und thematisch sowohl unabhängig voneinander sein können als auch Teil eines zusammengehörigen Themenkomplexes sein können. Die Inhalte können parallel mittels unterschiedlicher Formate bearbeitet und präsentiert werden.

Vorträge und Konferenzen
• Erdgeschoss und Untergeschoss als Tagungszentrum. Veranstaltungen können parallel stattfinden, in Ver-bindung mit Restaurant, Cafe, Lounge
• Auditorium (Forum), Saal optional mit ansteigenden Sitzreihen (Teleskoptribüne), bis zu 300 Besucher, teilbar in 2 Säle
• Tagungs- und Seminarräume, 8 Räume für jeweils 24 Teilnehmer, weitere Räume optional (temporär) im Untergeschoss
• Tagungs- und Seminarräume im 2. und 3. Obergeschoss, in räumlicher Verbindung mit der Akademielei-tung und den kooperierenden Instituten und Büros

Feste und Empfänge
• Forum (Saal ohne ausgefahrene Sitzreihen, 250 m²), in Verbindung mit Restaurant, Cafe, Lounge
• Dachterrasse (1.750 m²)

Ausstellungen
• Ausstellungsfläche im 1. Obergeschoss (1.600 m²) für eigenproduzierte Wechselausstellungen oder Über-nahmen nationaler / internationaler Institutionen, Ausstellungsdauer 3 Monate
• Ausstellungsfläche im 2. Obergeschoss (500 m² + 300 m² Foyerfläche) für Werkstatt-Formate, die einen Einblick in laufende Projekte der Akademie geben, für "Experimente" und Workshops mit einer Dauer von 1 Tag / 1 Wochenende bis zu 4 Wochen.
• optional Forum (Saal ohne ansteigende Sitzreihen, 250 m²)
• optional Dachterrasse (1.750 m²)

Kino, Theater, Performance
• Forum (Saal mit ansteigenden Sitzreihen, 300 Besucher), in Verbindung mit Restaurant, Cafe, Lounge
• Dachterrasse (1.750 m²)

Education
• Bibliothek, Mediathek: Kurse, Seminare, Workshops, Stadtspaziergänge, Exkursionen (EG, 320 m²)
• optional Forum (mit oder ohne ansteigende Sitzreihen, 250 m²)
• optional Werkstatt (2. OG, max. 500 m²)
• optional Dachterrasse (1.750 m²)

Projektarbeit
• Flächen für Büroarbeit, Besprechungen, Werkstattarbeit der Akademieleitung, der kooperierenden Insti-tute im 2. und 3. Obergeschoss (1.100 m² und 1.000 m², teilbar in jeweils 4 unabhängig voneinander er-schlossene Einheiten), ständig kooperierende und projektbezogen kooperierende Institute (Zielgröße je-weils 50% der Arbeitsplätze bzw. zur Verfügung stehenden Fläche)
• Interdisziplinäre Zusammenarbeit unter inhaltlicher und organisatorischer Verantwortung der Akademie-leitung. Beteiligung von Instituten und Experten verschiedenster Disziplinen wie Architektur, Stadtpla-nung, Landschaftsplanung, Ingenieurwissenschaften, Design, Bildende Künste, Kunst- und Baugeschichte, Archäologie, Ökologie, Mobilitätsforschung, Kultur- und Gesellschaftswissenschaften und anderen.
• Work-in-process Präsentationen für den Dialog mit der Öffentlichkeit oder Work-in-process Präsentatio-nen als Kommunikationsplattform der kooperierenden Institute, mit einer Dauer von 1 Tag / 1 Wochen-ende bis zu 4 Wochen, Fläche für Workshops und Präsentationen 500 m².

Gastronomie und Shops, externe Betreiber
• Restaurant mit Flächen für Außengastronomie im Erdgeschoss (320 m² + Außenbereich)
• Café im Untergeschoss (Tagungszentrum)
• Café optional / temporär auf der Dachterrasse
• Shops , Galerien, Offene Werkstätten (480 m²)

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser zeigen sich fasziniert von der rational strukturierten Körperhaftigkeit der Schinkelbauten und der Vielfalt von Qualifikationen, die Schinkel verkörpert.

Es gelingt Ihnen dabei im Sinne eines Programmwettbewerbs eine Art von Layout für sinnvolle Nutzungszuordnungen zwischen innen und außen sowie unten und oben im Gebäude zu entwickeln, das funktionale Spielräume offen hält, aber leicht in gebaute Strukturen umsetzbar ist.

Dem Ort wird klare Referenz erwiesen durch die Zuordnung von Foyerbereichen auf allen Ebenen hin zum Schinkelplatz aber auch durch einladende Zonierung im EG und eine Programmierung des Dachs als alternative Aussichts- und Aufenthaltsebene.

Die Stapelung von räumlich präsenten, großzügigen und funktionalen Nutzungsangeboten im Kern kann das Gebäude für Besucher über alle Ebenen ohne weitere Rauminszenierungen attraktiv machen.

Insgesamt gelingt es dem Beitrag, eine Balance zwischen raumnutzungsbezogener Programmierung und architekturtypologischer Ordnung ĂĽberzeugend zu halten.