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städtebaulich-freiraumplanerisches Workshopverfahren | 12/2017

Spreehafenviertel - Neue urbane Nachbarschaften

Masterplan

Masterplan

3. Preis

COBE Berlin

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

felixx

Landschaftsarchitektur

ARGUS Stadt und Verkehr

Verkehrsplanung

Ingenieurbüro Kraft Beratende Ingenieure für Wasserwirtschaft

Wasserbau

Erläuterungstext

SPREEHAFENVIERTEL – STÄDTEBAULICH-FREIMRAUMPLANERISCHES KONZEPT

1. SCHLUSSSTEIN UND LANGE LINIE
Städtebaulich betrachtet verstehen wir das neue Quartier als nördlichen Schlussstein, Kopf des Elbinselquartiers und Wilhelmsburgs vis-á-vis der Innenstadt mit Elphi und Michel. Gleichzeitig lesen wir es in der Kontinuität der Bebauung entlang der Harburger Chaussee und Hafenrandstraße.
Darauf reagieren wir zum einen mit einer sich nach Süden öffnenden Bebauung, die sich als Fortsetzung der großen Blockrandstrukturen und offenen Blöcke auf Wilhelmsburg liest.
Entlang der Harburger Chaussee und Hafenrandstraße entsteht hingegen eine Gebäudespange aus „Hafenhäusern“, die auf den Maßstab des Hafens reagiert und für das Gebiet schallschützende Qualitäten entwickelt.
Im Zwischenraum von Hafenhäusern und offenen Blöcken entspinnt sich der „Werkweg“ – ein Ort einzigartiger Atmosphäre und hoher lokaler Prägung mit der „Urban Factory“ auf der östlichen und dem „Maker House“ auf der westlichen Seite.
Der aus Süden an das Gebiet angrenzende Freiraumzug wird entlang des Ernst-August-Kanals umgeleitet, geht im Elbinsel-Wald auf und „diffundiert“ weiter in die offenen Höfe. Östlich konzentriert liegen die Sportflächen. Westlich gibt es einen Aufgang auf den Deich mit Blick über die Stadt. Dieser städtebauliche Gelenkpunkt wird auch baulich durch das „Maker House“ akzentuiert.
So entsteht ein abwechslungsreicher, kontinuierlicher Freiraum, der den Bedürfnissen unterschiedlicher NutzerInnen gerecht wird. Die Mehrzahl der unterschiedlichen Wohnungen für unterschiedliche Wohnbedürfnisse zeichnet sich durch einen Blick Richtung Wald und Kanal oder Hafen aus.

2. FÜNF-MINUTEN-STADT
Das Gebiet ist auf die Bedürfnisse von FußgängerInnen und RadfahrerInnen zugeschnitten. Voraussetzung dafür ist ein attraktives, engmaschiges Netzwerk aus Fuß- und Radwegen, das das gesamte Gebiet durchzieht. Das Quartier ist zudem durchsetzt von interessanten Anlaufpunkten und kleinen Attraktionen, wie dem Baumhaus, den Tischtennisplatten, den öffentlichen Dachterrassen, dem Wasserplatz etc., aktiven Erdgeschossen - schön gestalteten Plätzen und Außenanlagen, so dass das Zufußgehen und Fahrradfahren gefördert wird.
Eine zentral gelegene Bushaltestelle ergänzt die in der Umgebung vorhandenen.
Eine Bügelstraße erschließt das Quartier beidseitig der Georg-Wilhelm-Straße. Drei von vier Quartiersgaragen werden direkt von dieser bzw. der Harburger Chaussee angefahren. So werden große Bereiche des Quartiers vom Autoverkehr entlastet. Die kleinste Garage für das Mini-Dorf im Wald wird von der Bügelstraße bedient. Besucherparkplätze durchsetzen das Gebiet. Straßenbegleitend sind sie in Paketen von bis zu fünf organisiert, um der Dominanz des Autos im öffentlichen Raum entgegen zu wirken.
An den beiden Kreuzungspunkten werden verschiedene Verkehre (Bus, Rad, Fuß) gebündelt. Der am südlichen angelagerte „Micro Switchh“ komplimentiert den Umweltverbund.
Im Ergebnis wird das bestehende Netzwerk aus Fuß- und Radwegen über das Gebiet geschlossen. Zwei kombinierte Rad- und Fußgängerbrücken unterstützen die Vernetzung des Gebiets Richtung Süden, sind aber nicht zwingend.

3. STADTKANTE
Eine der großen Herausforderungen des neuen Viertels ist der Umgang mit Verkehrs- und Hafenlärm. Dazu haben wir die Idee einer Stadtkante entwickelt, die die dahinter liegende Bebauung und die Freiräume weitestgehend vom Schalleintrag schützt. Dazu wird gen Norden, zur Georg-Wilhelm-Straße, zum Gewerbegebiet und den Sportflächen im Osten eine geschlossene Kante ausgebildet.
Das Quartiersinnere hingegen ist von einer offeneren und kleinteiligeren Bebauung geprägt.
Durch die nach Süden gerichteten Bebauungs-Finger werden vielfältige Bezüge zum Wald und zum Kanal möglich. Eine Vielzahl der Wohnungen zeichnet sich so durch eine Ost-West-Orientierung aus. Die ruhigen Höfe bieten den BewohnerInnen geschützte Bereiche zum Gärtnern, Spielen und Entspannen.
In jeder Entwicklungsphase kann die „Stadtkante“ zuerst realisiert werden.
Ergänzend zur Stadtkante tragen bauliche Maßnahmen (durchgesteckte Grundrisse, Loggien, Prellglasscheiben etc.) zum Schallschutz bei.

4. STADTWILDNIS
Das Gebiet ist heute geprägt vom Baumbestand und von der Nähe zum Wasser. Für uns ist es Ziel, diese besonderen Qualitäten zu erhalten und zu entwickeln. Dazu schieben sich von Süden her grüne Finger in das Gebiet, die die Bebauung gliedern und strukturieren.
So entsteht ein großes neues Freiraumsystem, das sich mit bestehenden Grün- und Freiräumen in der Nähe vernetzt. Dieses wird ergänzt durch die eher nachbarschaftlich geprägten Freiräume der grünen Höfe.
Die Freiraumgestaltung ermöglicht verschiedene „grüne“ Zielsetzungen und Ökosystemleistungen gestalterisch zu verbinden: z.B. Regenwassermanagement und Mikroklima, Identitätsbildung, Regeneration und Biotopwirkung.

4.1 Grünes Biotop
Die Qualität des Waldes liegt auf der Hand. Wir respektieren dies und erhalten so viel wie möglich. Dazu konzentriert sich die Bebauung im nördlichen Teil des Grundstücks. Der Erhalt von 15.000 m² Wald ist nicht nur gewährleistet, sondern wird sogar gedoppelt. Große Teile des Waldes bleiben unberührt. Es werden lediglich die bereits heute genutzten Wege fortgeschrieben, so dass auch die bestehende Flora und Fauna gewahrt bleibt und zu gesunden Lebensverhältnissen für alte und neue BewohnerInnen im Viertel beiträgt. Der Platz am Wasser und seine Bebauung wird auf einer heute bereits versiegelten Fläche realisiert.
Lediglich das Mini-Village stellt einen Eingriff dar, der durch seinen geringen Fußabdrücke jedoch minimal ist. Diese Setzung erfolgt bewusst an der tiefsten Stelle des Waldes, um in den dunklen Jahreszeiten und Stunden ein Gefühl der Sicherheit zu gewährleisten.
Um die Biotopwirkung zu vergrößern, werden die Freiflächen nördlich und südlich des Kanals über zwei Brücken miteinander verbunden. Diese Brücken erlauben natürlich auch eine Vernetzung der Nachbarschaften nördlich und südlich des Kanals. So werden Kanal und Wald zum zentrierenden Ort.

4.2 Wohn-Biotop
Nördlich des Grünen Biotops liegt das Wohn-Biotop. Die dreiseitigen, offenen, grünen Wohnhöfe orientieren sich zum „Grünen Biotop“. Die Höfe verstehen sich als kultivierte grüne Landschaften, die halb-private und private Freiräume, Terrassen, Fahrradinfrastrukturen, Spielplätze, Gemeinschaftsgärten und Retentionsteiche mit einander verbinden.
Durch die Minimierung und räumliche Konzentration der Parkgaragenflächen unter den Bauten kann eine große Anzahl großer Bäume erhalten bleiben.

4.3 Lokales Regenwassermanagement
Bis zu 80% der Dachflächen können als extensive Gründächer realisiert werden. Sie dienen der Regenwasserrückhaltung, minimieren den städtischen Heat Island-Effekt und bilden Habitate für Vögel und Insekten.
Das in den Wohnstraßen anfallende Regenwasser wird in offenen Wadis oder Riolen mit Schmuckgittern gesammelt und so Teil der Freiraumgestaltung. Das Regenwasser wird so rückgehalten und im Falle der Wadis durch Pflanzen gefiltert. Die bepflanzten Wadis sind sowohl im trockenen als auch wasserführenden Zustand ansprechend.
Im Starkregenfall kann das Regenwasser in größere Retentionsflächen im Wald überfließen.
Das im öffentlichen Srtaßenraum anfallende Regenwasser wird in die bestehende Sile geleitet und von dort in Reinigungsanlagen bevor es sich in den Kanal ergießt.

4.4 Sportflächen
Die Sportflächen konzentrieren sich im östlichen Bereich. Die Tennisfelder sind um 7 Grad gedreht und die Fußballfelder 11,88.

5. GEMISCHTE STADT
Mit 1495 Wohnungen werden Menschen ganz unterschiedlicher Bedürfnisse ihre Heimat im neuen Spreehafenviertel finden. Darauf reagieren wir mit einer Palette an Bautypen: Offener Block, Hafenhaus, Garage, Maker House und Punkthaus, die wiederum ganz unterschiedliche Wohn- und Arbeitsformen, als auch Eigentumsformen erlauben. Vom klassischen Mietwohnungsbau, über gemeinschaftliche Wohnformen, Mikro-Appartements, Atelierwohnungen oder Baugruppenprojekte – gefördert oder freifinanziert.
Unterschiedliche Bedürfnisse der BewohnerInnen zeichnen sich auch in der sehr unterschiedlichen Gestaltung der Freiräume ab: vom wild belassenen Wald, zum bewohnten Wald, den grünen Höfen, dem Boulevard, dem Werkweg und dem Platz am Wasser.
In der Zusammenschau entsteht ein abwechslungsreiches, lebenswertes und lebendiges, gemischtes und grünes Quartier.

6. BEHUTSAMES WACHSTUM
Das Spreehafenviertel ist phasiert entwickelbar und in allen Phasen sind geförderte und freifinanzierte Wohnungen realisierbar. Die Stadtkante erlaubt dabei in jeder Phase den notwendigen Schallschutz.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorgeschlagene Entwurf stellt eine solide Antwort auf die Lage und die Rahmenbedingungen des Gebietes dar. Das Konzept definiert sich durch vielfältige Elemente, die zwar von der Jury anerkannt werden, gleichwohl aber das Zusammenspiel der verschiedenen Typologien in Frage stellen. Die kleinteiligen Gewerbe- und Einzelhandelsstrukturen, insbesondere am sogenannten „Werkweg“, werden
zwar als lebendig aber als nicht standortgerechte Lösung empfunden. Gerade die Ausbildung von zwei publikumsaffinen Gebäudeseiten sowohl zur Harburger Chaussee als auch zum Werkweg erscheinen nicht angemessen und am Standort so nicht realisierbar, schaffen aber gleichzeitig große Abhängigkeiten innerhalb des Entwurfes, der ohne den Werkweg nicht funktioniert. Die vornehmliche Positionierung der Gewerbeeinheiten in den Erdgeschosslagen im Bereich der nördlichen Bauten hat zur Folge, dass die Entwurfskonzeption wenig gut nutzbare Gewerbeflächen generiert; zu viele gewerblich genutzte Flächen sind zu kleinteilig und liegen in direkter Nachbarschaft zu Wohneinheiten. Die vorgeschlagenen Wohngrundrisse im nördlichen Gebäuderiegel zur Harburger Chaussee sind zudem unter lärmtechnischen Gesichtspunkten schwierig.

Die zwei gewählten Hochpunkte entlang der Harburger Chaussee können ebenfalls hinsichtlich der schwierigen Lärm- und Immissionsbedingungen am Standort nicht überzeugen. Sowohl die Geometrie der Bauten als auch deren Nutzungsvorschläge werden kritisch diskutiert. Gleiches gilt für die Anordnung der Sportplätze, die sehr stark hinsichtlich Lärm mit der anliegenden Wohnbebauung im Konflikt stehen.

Das vorgeschlagene Verkehrskonzept schafft stadträumlich ungünstige Übergänge zu den Innenhöfen, Stellplätzen und Park. Die Bügelstraße steht im Widerspruch zu dem zusammenhängenden Grünraum und der Verbindung zwischen den Innenhöfen und dem Ernst-August-Kanal. Darüber hinaus wird die Unwirtschaftlichkeit des einseitigen Erschließungsbügels und die flächenintensiven Wohnwege kritisch gesehen. In Bezug auf eine stufenweise Realisierung entstehen Abhängigkeiten zwischen den Bauabschnitten bzw. der einzelnen Gebäudetypologien. Für eine erste Realisierungsstufe sind die Hafenhäuser entlang der Harburger Chaussee zwingend zu realisieren, um den notwendigen Schallschutz für die südlich angrenzende Wohnbebauung zu erzielen.
Axonometrie, Übersicht

Axonometrie, Übersicht

Im Wäldschen

Im Wäldschen

Im Wäldschen

Im Wäldschen

Am Kanal

Am Kanal

Im Hof

Im Hof

Wonhweg mit Wadi

Wonhweg mit Wadi

Baumhaus

Baumhaus