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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2018

Generalsanierung Gasteig in München

ein 1. Preis

Preisgeld: 210.000 EUR

wulf architekten

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Visualisierung

Erläuterungstext

Der Gasteig heute

Etwas in die Jahre gekommen, aber vor allem schwer zu erfassen thront der Gasteig am Ufer der Isar - zerklüftet gegliedert, im Ausdruck mal offen mit geschlossenen Bändern, mal tektonisch, unterbrochen von Treppenkernen und Vorsprüngen. Der Gasteig braucht vor allem eins: Klarheit.
Klarheit im Ausdruck, in der Erschließung, in der Nutzung und der Orientierung. Klarheit, die den Gasteig verständlich und damit bürgeroffen macht, Klarheit, die dem Gasteig neue Identität gibt.
Ausserdem muss der Bestand auch auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden, funktional und bautechnisch. Dies erfordert teilweise grundlegende Eingriffe.

Maßnahme

Mit einer einfachen aber effektiven architektonischen Maßnahme soll der Gasteig gedeutet, geordnet und ergänzt werden: Die Überlagerung der Fassade mit einer Reihung von Türmen verleiht dem Gasteig nicht nur neue Identität und Klarheit im Ausdruck und fasst das Gebäude als eine Einheit zusammen, die Türme leisten auch funktionale Reparatur nach dem Prinzip der „dienenden“ und „bedienten“ Räume.

Den Bestand umdeuten

Als Elemente sind die Türme jedoch keine Fremdkörper, sondern verstehen sich als Fortführung und Ergänzung der bestehenden Treppentürme in der Fassade. Geschlossene, bestehende Fassadenteile werden integriert in ein ganzheitliches Fassadenbild, die Vertikalität überspielt unklare und schwer verständliche Ecken und Versprünge.
Der Ausdruck wird von einer gedrungenen Erscheinung in eine aufstrebende Kultur-Kathedrale umgedeutet, mit städtebaulich weitreichender Ausstrahlung und hohem Identifikationswert.

Funktionale Reparatur

Die neuen Türme leisten neben der veränderten Wirkung im Ausdruck hauptsächlich funktionale Ergänzung für Rettungswege, Technik und Tragwerk und beinhalten neue Fluchttreppenhäuser, um Foyers und Säle parallel und flexibel zu bespielen, neue zusätzliche Technikverteilung, und das neue Tragwerk der Aufstockung. Der ohnehin schon sehr kompakte und verdichtete Grundriss kann so entzerrt und neu geordnet werden, ohne zusätzliche Einschränkungen der bautechnisch notwendigen Anpassungen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Gasteig ist eine Erfolgsgeschichte von Kultur-Instituten unterschiedlicher Körnung und inhaltlicher Prägung an einem Ort. Das Ziel, die Besucher der unterschiedlichen Einrichtungen noch stärker mit dem Angebot vertraut zu machen, wird in diesem Entwurf über ein alle Bauteile überspannendes Foyer neu gelöst. Man trifft sich in einem von Licht und Lufträumen gefluteten, mit Treppenanlagen durchzogenen Raum.
Da wird viel erreicht, für das Gemeinsame, für die einzelnen Institute.
Die schon heute starke Struktur der Stadtbibliothek wird als Lernlandschaft weiter ausformuliert, im Erdgeschoss von drei Seiten zugängig, die Kulturvermittlung besuchernah an der richtigen Stelle. Die weiteren Raumsequenzen sind gut zoniert und mit abgrenzbaren Bereichen an den Außenfassaden. Nur im Untergeschoss fehlt der Nachweis einer Belichtung für dort nachgewiesenen Arbeitsräume.
Die Räume der Hochschule für Musik und Theater liegen dagegen richtig positioniert an den neuen Innenhöfen und gut angebunden an den Foyerbereich. Der Bereich der Volkshochschule ist noch nicht optimal gelöst.
Das ist schon beachtlich, wie die Verfasser aus der baulichen Substanz mit anscheinend wenigen Justierungen eine richtig überzeugende Antwort finden. Der Besucher der Einrichtung gewinnt Orientierung und der große, offen gestaltete Versammlungsraum fokussiert gleich im Zugangsbereich auf das Tagesaktuelle – informell, niederschwellig.

Fließend verbindet sich der Eingangsbereich mit dem Foyer vor dem großen Saal der Philharmonie. Die bauliche Verkürzung des Saals ist eine Maßnahme, die Verlagerung des Bühnenbereiches näher in den Raum auch – dennoch reichen die hier angeführten Veränderungen nicht aus, um nachhaltige räumliche Verbesserungen zu erzielen. Nachteilig sind die Raumbreite, die Proportion des Raumes, die Asymmetrie im Raum, die Stimmung im Auditorium – das Rendering liefert keine überzeugende Lösung.
Potentiale für eine gute Akustik in der Philharmonie sind erkennbar. Die Einfassung des Podiums, die Direktschallversorgung in den oberen Rängen und ausreichende Seitenreflexionen für den mittleren Teil des Parketts erscheinen jedoch noch nicht ausgereift.

Im Foyer gibt es eine knappe Verbindung in das Untergeschoss, dem Straßenniveau – und von der Straße aus eröffnet sich, das zeigt eine Perspektive, ein Blick auf ein Gebäude, das über richtig große Verglasungen, eingewebte Loggien einen ganz eigenen, offenen Einblick in den Kulturbetrieb liefert. Aus einer repräsentativen Fassade ist – wieder mit scheinbar wenigen Veränderungen – ein Gerüst geworden, eine gliedernde Struktur aus Mauerwerkstürmen. Das vertikale stadtbildprägende Motiv der heutigen Fassade wird zur Serie, die vertikalen tiefen Pfeiler sind Abgrenzung und Filter – eine entwurfliche Strategie, die das Gebäude an dieser herausragenden Stadtposition je nach Blickrichtung in eine geschlossene Mauerwerksfassade verkürzt.
Das alles prägt schon heute den Gasteig - anders, statischer, staatstragender – also eine eigenwillige neue Interpretation.

Dieser neue Ausdruck, der in Zukunft das ganze Ensemble umspannen soll, führt zu kontroversen Diskussionen in der Jury. In Frage gestellt wird die Überzeichnung durch die zinnenartige Überhöhung, die gleichzeitig das Kulturell- Sakrale adressiert – also unverzichtbar. Unverständlich und hinterfragt wird von Teilen der Jury die Methode, in Mauerwerkspfeiler notwendige Erschließungen oder technische Installationen zu verlegen – eine Anleihe an eine gestrige Architekturauffassung, die baulich-strukturelle Bedingungen gestaltbestimmend einsetzte? Auch das ist Teil der architektonischen Haltung des bestehenden markanten Kopfgebäudes – also ein Querverweis auf das was ist und zudem äußerst effizient. Auf der Straßenebene werden Mauerwerksbögen zitiert. – Also, alles in allem zumutbar? Überzeichnet?
Vielleicht/vermutlich liegt in der aufgeladenen, eigenwillig-experimentellen Aussage die große Stärke?

Im Innenraum könnte mit den kreisförmigen Möblierungselementen eine durchgängige Formensprache entstehen, die in einen spannenden Kontrast zur rechtwinkeligen Struktur der Außenhaut tritt. Das Foyer ist bereits im Erdgeschoss mit Funktionen belebt.

Zweifelsohne von Qualität sind die großen Verglasungen zwischen den massiven Bauteilen, die dem Ensemble in allen Bereichen Licht, Ausblick, Einblick verschaffen.
Sicher ist, dass die Maßnahmen im Außenbereich die Anbindung an den Straßenraum gut und qualitätsvoll herstellen: eine weitgezogene Treppenanlage hinauf zum Celibidache-Forum. Die Treppenskulpturen mit integrierten Sitzmauern und Bäumen öffnen das Forum in großzügiger Weise zur Stadt. Es entsteht eine neue Freiraumqualität, die mit dem Wasserspiel noch verstärkt wird. Als angenehme Geste wird der neue Eingangsplatz mit direktem Zugang zur Philharmonie von der Straße ‚Am Gasteig‘ empfunden. Die unterschnittenen Bereiche östlich, die die Zugänge zur Bibliothek unterstützen, sind sorgfältig ausgearbeitet.
Die Anlieferung ist nicht besser als heute und so nicht gelöst. Die Lkw- Zufahrt rückwärts über eine Rampe in die Anlieferung erscheint schwierig.

Ein dichter, interessanter Entwurfsansatz, der eine hohe Qualität in den Gebäuden sichert, in den Instituten intern und in den gemeinsamen Bereichen. Im Umgang mit der Hülle polarisiert die Arbeit. Sie hält eine Kontroverse aufrecht, die das Ensemble seit vielen Jahren im Stadtgefüge an exponierter Lage auszeichnet.
Lageplan

Lageplan

1.OG

1.OG

Schnitt

Schnitt

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Modell

Modell