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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2018

Generalsanierung Gasteig in München

Anerkennung

Preisgeld: 50.000 EUR

Boltshauser Architekten AG

Architektur

Sergison Bates architects

Architektur

MAURUS SCHIFFERLI, LANDSCHAFTSARCHITEKT

Landschaftsarchitektur

Ferrari Gartmann AG

Bauingenieurwesen

Waldhauser + Hermann AG

TGA-Fachplanung

Gruner AG

Brandschutzplanung

applied acoustics GmbH

Akustikplanung

Reflexion

Lichtplanung

Nightnurse Images AG

Visualisierung

promaFox AG

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Mit dem Wettbewerbsbeitrag zum Umbau des Gasteigs soll der neue Konzertsaal der Münchner Philharmonie ein neues Gesicht zur Stadt erhalten. Volumetrisch wird die Fassade beim Kopfbau stark beruhigt und vertikal gegliedert. Mit der großzügigeren Verglasung und den fassadenbündig formulierten Dachgeschossen wird eine klare Ausrichtung zur Stadt gesucht. Neu sind über Innenhöfe belichtete Dachgeschosse entstanden, die Charme und Ruhe durch den neu gestalteten grünen Dachlandschaftsgarten gewinnen. Die Topographie der Dachlandschaft führt das Thema der vorhandenen Lichthöfe weiter und referenziert auf den Außenbereich des Erdgeschossniveaus. Durch die neu gewählte, feingliedrige Dachkonstruktion kann das neue Dachrestaurant mit einem zur Stadt ausgerichteten Aussenbereich direkt über dem Konzertsaal zu liegen kommen.

Durch die Deckung der bislang offenen Passarelle in Richtung U-Bahnstation entsteht eine großzügige Eingangshalle, die beidseitig vom Platz wie auch von der U-Bahnstation erreicht werden kann und somit zum neuen Dreh- und Angelpunkt der Anlage wird.
Die für den Ort prägende, monumentale Höhenüberwindung von der Ludwigsbrücke auf das Plateau des Gasteig wird neu ausformuliert. Künftig führt eine breite Rampentreppe die Besucher zur Platzfäche des Haupteingangs.

Für den bestehenden Konzertsaal des Gasteigs wird ein Umbau vorgeschlagen. Der vorgeschlagene Saalentwurf ist bezüglich Volumen und Sitzplatzzahl mit dem heutigen Saal vergleichbar. Durch die zentraler angelegte Bühne verringern sich die Sicht- und Hörabstände für alle ZuhörerInnen auf günstige Masse (< 30m), und durch die neue Saalgeometrie entsteht eine fast ideale Weinberggeometrie welche alle Plätze mit nützlichen Refexionen versorgen kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Aufgabe der Generalsanierung des Gasteig - der Wiederaufbau eines markanten
Gebäudes, das auf den Rohbau zurück gebaut wird - stellt die Frage
des Bezugs zwischen Neubau und Bestand mit hoher Brisanz. Der Entwurf
zeichnet sich durch einen respektvollen Umgang mit dem Bestand, durch eine
selektive Übernahme und konsequente Überarbeitung von architektonischen
Themen, Material und Struktur des Bestands aus und liefert so eine kohärente
Antwort auf die gestellte Frage. Das Thema des Entwurfs ist die Optimierung
des Bestands durch eine gezielte feinfühlige Anpassung an die veränderten Anforderungen
wie Saalgröße, räumliche Zuordnung etc. Es werden damit die Potenziale
und die Grenzen der Arbeit im und am Bestand ausgelotet.

Die städtebauliche Situation bleibt fast unverändert erhalten, die Volumina der
Anlage werden im Grenzbereich des geltenden Baurechts leicht verändert.
Die große Freitreppe im Südwesten ordnet die Zugangssituation zum Celibidache-
Forum in großzügiger Weise neu. Durch das Einfügen des Foyers entsteht
eine eher introvertierte Platzsituation mit angenehmer Atmosphäre, die durch
den Erhalt der vier Bestandsbäume und neu gepflanzte Bäume geprägt wird.
Eine Aufwertung des rückwärtigen Zugangs erfolgt nicht. Die Anlieferung erscheint
verkehrstechnisch machbar, bleibt aber umständlich.

Das räumliche Angebot des Foyers wird im Erdgeschoss deutlich erweitert. Von
hier aus sind die Räume der Kulturvermittlung direkt zu erreichen, das Hauptfoyer
im 1. Obergeschoss - das eigentliche Zentrum des Kulturhauses - durch
eine doppelte Treppenanlage. Die räumliche Qualität der neu gewonnenen Eingangsbereiche
überzeugt in diesem Entwurf trotzdem nicht, vermisst werden
gestalterischer Ausdruck und Aufenthaltsqualität. Im 1. Obergeschoss werden
entsprechend der vorhandenen Struktur die meisten der Veranstaltungsorte
durch das zum Celibidache-Forum offene Foyer erschlossen.

Die Stadtbibliothek wird innerhalb der vorhandenen Räumlichkeiten mit teils unzufriedenstellendem
Ergebnis umgeplant. Die Innenraumaufteilung wirkt unaufgeräumt
und entspricht nicht den Nutzungsanforderungen. Die Wegeführung
bleibt wenig attraktiv. Der Hauptzugang im 1. Obergeschoss wird funktional kritisch
gesehen.

Die Arbeit bietet Potentiale für eine gute Akustik in der Philharmonie. Die neu
gewonnene Symmetrie des Philharmonie-Saals wird begrüßt. Die Fassung des
Podiums unterstützt sowohl das gegenseitige Hören der Musiker als auch eine
kompakte Schallabstrahlung in das Publikum. Die Abstände zu den hinteren Zuhörern
werden deutlich verringert. Ansätze für ausreichende Seitenreflexionen
für den mittleren Teil des Parketts sind vorhanden. Der Deckenreflektor ist eher
schematisch dargestellt. Die Anordnung von vielen Sitzplätzen hinter der Bühne
ist unerwünscht.

Die Struktur des Saaldachs wird komplett erneuert, zugunsten einer räumlichen
Lösung, welche die Nutzung dieser Fläche ermöglicht. Hier werden die Veranstaltungsräume
der Volkshochschule und die Restaurants ‚gast‘ und ‚à la carte‘
spektakulär untergebracht. Dieser Vorschlag wurde lange diskutiert und erscheint
fraglich, da er mit hohen Kosten verbunden ist. Positiv bewertet wird der
gut nutzbare, große Dachgarten, der auch von den Freibereichen der Restaurants
zugänglich ist und Ausblick auf die Stadt in allen Richtungen bietet.

Innerhalb der vorhandenen Struktur erhalten die Räume der Hochschule für
Musik und Theater eine neue sinnvolle Anordnung, die Proberäume bleiben jedoch
ohne das gewünschte natürliche Licht. Ebenfalls neu strukturiert werden
die Räume der Volkshochschule, wobei eine klare Identität innerhalb der Anlage
vermisst wird.

Die Fassaden werden unter Wiederverwendung des Bestandsmaterials erneuert.
Die Struktur der Fassaden richtet sich nach dem vorhandenen Bestand. Sie
findet zwar einen eigenen, zeitgemäßen Ausdruck, bleibt jedoch hinter dem
Möglichen zurück und lässt einen stärkeren und selbstbewussten Auftritt vermissen.
Die Entfernung der strukturstiftenden Treppenhäuser aus der Fassade
der Philharmonie zugunsten einer begradigten Rasterfassade wird kritisch gesehen.

Der Beitrag stellt einen robusten und konsequent durchgearbeiteten Entwurf
dar, das Ergebnis bleibt jedoch räumlich insgesamt unter den Erwartungen und
formal in seiner kontrollierten Haltung verhaftet. Die Ausarbeitung einer jeweils
eigenen Identität der verschiedenen Institute bei gleichzeitiger Ausbildung einer
gemeinsamen Vermittlungsebene bleibt unterentwickelt und zeigt die Grenze
der Leistungsfähigkeit des Bestandes.