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Offener Wettbewerb | 04/2018

Neubau des Studienzentrums der Montanuniversität Leoben

2. Preis

Pichler & Traupmann Architekten

Architektur

Lindle+Bukor / atelier für landschaft / studio for landscape

Landschaftsarchitektur

Gawaplan Ges.m.b.H

TGA-Fachplanung

Norbert Rabl Ziviltechniker GmbH

Brandschutzplanung

Dr. Pfeiler GmbH

Akustikplanung

Erläuterungstext

STÄDTEBAU
Das wunderschön an der Murschleife gelegene Grundstück steht im städtebaulichen wie landschaftlichen Spannungsfeld von gründerzeitlichem Blockraster, dem damaligen Stadterweiterungsgebiet „Josefee“, versus diesen brechender Flusskante der Mur. Wie so oft in gründerzeitlichen Stadtteilen blieb das Grundstück im Kollisionsbereich unterschiedlicher Raster beziehungsweise Kanten unbebaut.
Wir haben es also mit einer prototypischen Sondersituation der gründerzeitlichen Stadt zu tun – und mit einem Programm für einen Sonderbau, dem Studienzentrum der Montanuniversität!
Aus dieser Analyse heraus scheint klar, das Grundstück in eine vom gründerzeitlichen Raster befreite Zone der Sonderbauten und in eine innerhalb dessen strukturierte zu gliedern.
Direkt aus dem Blockraster der Stadt heraus führt die Kaiserfeldgasse und trifft mittig auf den Bauplatz. Was liegt also näher, als diese Straße in gerader Linie als städtebauliches Rückgrat zu verlängern und das Grundstück so in die zwei Zonen zu teilen? In ein dreieckiges, am Murufer gelegenes Feld zur freien Positionierung der Sonderbauten des Studienzentrums und in ein aus dem Raster generiertes Entwicklungsgebiet für zukünftige Verdichtung durch Forschungs- und Laborbauten der Universität.
Das Studienzentrum selbst ist wiederum geteilt in zwei prismatische Solitäre, dem Hörsaalzentrum und dem Mensa- und Bibliotheksgebäude, die schön am Wasser gelegen sind und eine freiräumliche Achse gemeinsam dorthin aufspannen.
Das gesamte Grundstück ist nach allen Richtungen hin offen durchwegt und kann von allen Richtungen begangen werden.

FREIRAUM
Die gestalterische und funktionale Ausrichtung des Freiraums wird im Spannungsfeld zwischen der Urbanität der Stadt Leoben und dem Naturraum der Mur konzipiert. Durch das Verschneiden und Ineinandergreifen dieser beiden Typologien wird die Murpromenade in den neuen Kontext integriert und zusätzlich aktiviert. Die Präsenz der Mur wird weit ins Grundstück gezogen, während gegenläufig die Stadtebene das Grün der Murkante punktuell durchstößt und Blicke öffnet.
Dies gelingt durch zwei einfache formale Gesten. Die Gebäudekontur wird als urbane Platzfläche Richtung Mur verschwenkt. Diese Aufweitung nimmt die Promenade auf, schafft Platz- und Aufenthaltsräume und öffnet stellenweise die Vegetation des Murufers.
Die beim Verschwenken entstehenden Zwickel zwischen den Gebäudekörpern werden genutzt, um die Ufervegetation der Mur weit ins Innere des Projektgebiets zu ziehen. Dabei übernehmen sie eine oberflächenentwässernde, raumstrukturierende und insbesondere auch leitende Funktion, die bis zum südlichen Zugang bei der Kaiserfeldgasse reicht. Auch Möblierungen in Form von Sitzbänken und Fahrradbügeln werden entlang dieser neuen „Murseitentäler“ positioniert und tragen damit zum Funktionscluster bei.
In der Wahl der Materialien und Ausstattungselemente werden historische Verweise auf das Berg- und Hüttenwesen gezogen. So sind die Querungen über die grünen Zwickel in massiven Holzbohlen ausgeführt; die niedrigen Zwickel unter den Auskragungen des Hörsaalzentrums mit erzhaltigem Steinbruch abgedeckt.
Auf der über das Murufer ragenden urbanen Platte sind Sitzflächen, teils mit Rückenlehne, teils als Plattform platziert, die sowohl Studierenden als Lerninseln oder Rückzugsorte dienen als auch der Öffentlichkeit zur Nutzung offenstehen. Der übergeordnete Verbindungsweg des Stadtkais wird im Bodenbelag mittels eines Farbwechsels hervorgehoben. Kleine Platzflächen an den Zugangspunkten von Stadt und Bahnhof, bei den Gebäudeeingängen und entlang der Mur sind Treffpunkte und bieten Platz für gastronomische oder temporäre Nutzung.
Überdachte Fahrradstellplätze werden ausreichend zwischen Hörsaalzentrum und „Alter Kaserne“ angeboten, wobei eine leichte Geländeabsenkung eine Unterbringung unterhalb der ersten Fensterreihe der ehemaligen Kaserne ermöglicht. Zusätzliche Stellplätze sind unter den Gebäudeauskragungen positioniert.

ARCHITEKTUR
Das Gebäude der drei Hörsäle findet sinnfällig eine nahezu gleichseitige Dreiecksform, die dadurch gleichermaßen mit dem Gebäude der ehemaligen Kaserne, der verlängerten Kaiserfeldgasse sowie dem Murufer kommunizieren kann. An den drei Ecken ist der Körper jeweils unterschnitten beziehungsweise aufgehoben, sodass der Fluss der Passanten und Studierenden ihn ungehindert umspülen kann und auch gedeckte Eingangsbereiche vorfindet.
In den drei Ecken ist jeweils ein Hörsaal positioniert, einer davon erst ab dem ersten Obergeschoß. Eine luftige Halle durchzieht das Gebäude und vermittelt so die den Studierenden, der Hochschülerschaft und dem Studiendekanat vorbehaltenen Geschoße. Eine Dachterrasse krönt diesen Weg durch das Haus.
Das Gebäude von Mensa und Bibliothek findet den Grundriss eines nahezu rechtwinkeligen Dreiecks, wobei die Hypotenuse die lange Kante am städtebaulichen Rückgrat bildet. Es ist ruhig, lagernd gestaltet und öffnet sich mit der Restaurantterrasse zum Fluss.
Die Obergeschoße, aufgestockt als weiterer Bauabschnitt, sind der Bibliothek vorbehalten, die durch eine kaskadenförmige Treppenflucht einfach, aber räumlich anspruchsvoll erschlossen wird. Eine Dachterrasse mit Murblick bildet hier ebenfalls den Abschluss der Raumfolge.

FUNKTION
Die drei Hörsäle sind platzsparend um ein zentrales, zweigeschoßiges Foyer organisiert. Dieses kann von zwei Seiten betreten werden – die urbane Platte fließt sozusagen hindurch. Die beiden größeren Hörsäle landen direkt auf der Erdgeschoßebene, während die zweite Foyerebene über einen galerieartigen Steg jeweils am oberen Ende der ansteigenden Reihen andockt. Der kleinste Hörsaal hingegen ist um ein Geschoß angehoben und daher erst von dieser Ebene erschlossen. Die studentischen Projektzonen und Lernbereiche sowie die Büros der Hochschülerschaft und des Studiendekanats finden auf den drei über den Foyerebenen gestapelten Flächen großzügig Platz. Diese sind um ein zentrales, vom Foyer ausgehendes, Atrium angeordnet und in jeder Hinsicht flexibel und frei bespielbar und daher auch für zukünftige Belegungsänderungen gerüstet.
Die Mensa ist zweigeteilt organisiert und besteht aus einer funktional aufgereihten Küchen- und Versorgungstruktur entlang des „Rückgrats“ sowie einem sich zum Fluss orientierenden Speisesaal.
Ebenso klar ist die Bibliothek, die in zweiter Phase aufgestockt wird, organisiert: Die dienenden Räume sind ebenfalls entlang dieser Achse aufgefädelt, durchdrungen jedoch von der verbindenden kaskadenförmigen Treppenflucht, während die Freihandaufstellung und die Lesesäle auf je zwei Ebenen zum Flussraum hin orientiert sind.

ÖKONOMIE UND ÖKOLOGIE
Die kompakten Gebäudeformen der beiden Gebäude mit einem daher jeweils günstigen Verhältnis von Oberfläche zu Volumen garantieren per se wirtschaftliche Kosten in Betrieb und Errichtung. Dadurch kann ebenfalls von vorne herein von einem ökologisch schonenden Ansatz gesprochen werden, da Ressourcen und Energie gespart werden. Der ökologische Ansatz wird vom Energiekonzept, das die Nutzung von Geothermie – allenfalls sogar des Murwassers – vorsieht, deutlich unterstrichen.

B: Energiekonzept:

HEIZUNG/KÜHLUNG
Die Beheizung der Gebäude und Lüftungsanlagen soll über eine Fernwärmeversorgung (Stadtwärme Leoben) erfolgen. Es ist jedoch angedacht, diese nur zur Spitzenabdeckung heranzuziehen und die Grundlast über eine Wärmepumpe aus Geothermie (Tiefenbohrungen) oder Wassernutzung der nahe gelegenen Mur abzudecken.
Für die notwendige Kältebereitstellung kann eine Kältemaschine mit Nutzung der Tiefenbohrungen oder des Wassers aus der Mur vorgesehen werden.
Die Lüftungsanlagen können mit einer adiabatischen Abluftkühlung bereits vorgekühlt werden um die Kälteversorgung effizienter auslegen zu können.
Die Säle werden über die Lüftungsanlagen beheizt und gekühlt.
Die Bibliotheksflächen, Büroflächen und Allgemeinflächen werden über Flächenkühlung und Flächenheizung (Bauteilaktivierung) temperiert.

LÜFTUNG
Die Lüftungszentrale ist zwischen den beiden Gebäuden im Untergeschoss angeordnet.
Die Erschließung der senkrechten Schächte in den Gebäuden erfolgt über unterirdische Verbindungs-Kollektorgänge.
Die Hörsäle werden mit Zuluft- und Abluftanlagen ausgeführt. Die Zuluft wird unter den Sitzreihen eingebracht. Die Abluft im Deckenbereich abgesaugt.
Die Zuluft- und Abluftmengen sind variabel und werden nach Belegung bzw. den CO2-Werten der Hörsäle geregelt.
Die Küchenlüftung der Mensa und des Speisebereichs wird mit einer eigenen Zuluft/Abluftanlage ausgeführt.
Der Bibliotheksbereich der Obergeschosse wird mit einer Lüftungsanlage in der Technikzentrale im 4.Obergeschoss be- und entlüftet.
Die Garage wird mit einer Brandrauchentlüftung und CO-Lüftung ausgeführt.

C: Baurecht:

Nachweis der Gebäudeabstände: Da die einzelnen Bauteile sich auf demselben Bauplatz befinden (Alte Kaserne) bzw. befinden werden, sind die Gebäudeabstände nicht nach Absatz 1 des § 13 des Steiermärkischen Baugesetzes zu ermitteln, sondern können gemäß Absatz 7 verringert werden. Dies wird jedoch nur in geringem Maße in Anspruch genommen und höchstens nur insoweit, als es die Belichtungserfordernisse der OIB-Richtlinien zulassen.