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Offener Wettbewerb | 05/2018

Neubau Zentrale Wien Kanal

1. Preis

Pichler & Traupmann Architekten

Architektur

Woschitz Engineering ZT GmbH

TGA-Fachplanung

Norbert Rabl Ziviltechniker GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Entwurfsgrundsätze und Kernaussagen zum architektonischen Konzept:
Eine Arbeitsumgebung im Grünen – das wünscht man sich!

Ob das in einer gewerblich bzw. industriell geprägten Umgebung möglich ist?

Zwei Aspekte als Generatoren eines Projektes

Das Grundstück zur Errichtung der Zentrale für den Wien Kanal liegt fürwahr eingebettet in den technoid dominierten Kontext und ist umgeben von gewerblichen Typologien der klassischen Art.
Die Positionierung bewirkt eine Orientierung hin zu teils weniger ansehnlichen Abschnitten des unmittelbaren und auch des weiteren Umfeldes. Das Projekt reagiert in seiner eigenen Art auf diese Problemstellung. Es wurde also eine Bebauung entwickelt, die folgenden Aspekten gerecht wird: angenehmen Sichtbeziehungen und effizienter Organisation des Gebäudes.

Die Strategie lässt sich simpel darstellen:

Ein HAUS im PARK.

Das rechteckige Grundstück wird entlang seiner Längskanten gequetscht und dreht die Blickrichtung weg von einer Frontalsicht auf ein Gegenüber zu einer nuancierten Innenhaftigkeit. Des Weiteren werden noch halboffene Höfe als Freibereiche an den Breitseiten des Bauplatzes eingeschnitten.

Damit wird Raum gegeben für eine massive Bepflanzung in den freigehaltenen Zonen des Grundstücks. Diese Zonen werden quasi als parkähnlicher Landschafts- bzw. Grünraum ausgebildet. Die Bepflanzung reicht von dichter, waldähnlicher Baumbestückung über Alleeanordnung bis hin zu einzelnen Baumgruppen. Als Baumtypen sind Kiefern wegen ihres ausgeprägten aromatischen Duftes angedacht. Auch werden gartenmäßige Anlagenteile angelegt, teils stark duftende Blüten und Kräuterbeete angeordnet. Das Gebäude selbst befindet sich sohin inmitten eines Parkgeländes von unterschiedlichen Charakteren. Im westlichen Hof werden auch die Terrassenflächen teilbegrünt und bilden so einen graduellen Übergang von der Gebäude- zur Landschaftsform. Überdies wird hier ein großzügiger, gut nutzbarer Freibereich für Pausennutzungen geschaffen.

Die begrünten Freibereiche bilden einen visuellen und auch olfaktorischen Puffer zur Umgebung hin, ebenso einen klimatischen Puffer vor dem Gebäude. Die verbleibenden unbebauten Geländeteile dienen weiterhin dem Wasserhaushalt des Grundstücks und werden somit auch für die Versickerung der Niederschlagswässer verwendet.

Über die Einschnürung und die Einschnitte ist der Baukörper zu einer zeichenhaften Figur, zu einem X geworden, das sich in allen Facetten als optimaler Zuschnitt erweist:

• Die Lage der Hauptzugänge wird klar artikuliert: über die Einbuchtung des Vorplatzes von der Gesamtanlage her und über den Eingangsgartenhof vom Parkplatz bzw. in weiterer Folge vom ostseitigen S-Bahn-orientierten Zugangsweg her.
• Von einer zentralen Mitte aus wird das gesamte Objekt im Inneren über nur einen Kern erschlossen. Die Länge der Trakte wurde derart ausgelegt, dass sich die Fluchtweglänge für nur ein Stiegenhaus ausgeht. Das Stiegenhaus ist damit auch so positioniert, dass die kürzesten Wege zu den einzelnen Einheiten möglich sind. Aufgrund der Lage ist das Stiegenhaus zugleich natürlich belichtet und kann auch natürlich belüftet werden. In diesem Kernbereich sind auch die zugehörigen Kernfunktionen angeordnet und damit jeweils gut für alle zugänglich.
• Mit der Lage des Kerns und den hier zusammenlaufenden Trakten ist beste Orientierung gewährleistet. Tritt man aus dem Stiegenhaus oder dem Lift heraus, gibt es unmittelbare Einblicke in die jeweiligen Abschnitte.
• Ein wesentlicher Faktor dieses Baukörperzuschnitts ist die hohe Flexibilität. Durch die Geometrie sind verschiedene Kombinationen, Zuordnungen und Verschiebungen möglich. Das durchgängige Achssystem ermöglicht eine hohe Reversibilität und damit die Anpassung an geänderte Erfordernisse.


Gesamt gesehen lässt sich das X im Park somit als qualitätsvolles Arbeitsumfeld im wahrsten Sinne des Wortes verstehen.

Ausführungen zu Statik, Bauphysik, Baumaterialien und Konstruktionsweisen:

Das Gebäude wird in Massivkonstruktion (Stahlbetonstützen und –decken) errichtet. Das Untergeschoß folgt in der geforderten Größe der Figur der oberirdischen Geschoße, sodass die Lastabtragung direkt über dessen tragende Bauteile erfolgen kann. Für die darüber hinausgehenden Wand- und Stützenteile sind Einzelfundamente – je nach Bodenbeschaffenheit auch über Pfahlgründung – angedacht. Die einfache Schichtung der Geschoße lässt eine sehr wirtschaftliche Herstellung erwarten. Die Decken in STB-Bauweise sind bauteilaktiviert und somit Teil des Energiekonzepts des Objektes.

Wirtschaftlich ausgelegt ist auch die Fassadenkonstruktion:
Massive Parapete bilden unkomplizierte Abschlüsse und Absturzsicherheit. Diese sind als hinterlüftete Fassaden ausgebildet. Darüber gibt es ein durchlaufendes Fensterband mit zick-zack-förmigen Abschnitten, die den Achsrastern der Räume folgen. Hier sind die möglichen Zwischenwandanschlüsse vorgesehen. Der kleine Abschnitt dient als Lüftungselement, während die großflächige Glasscheibe als Fixglas vorgesehen ist. Ein außenliegender Sonnenschutz wird vorgesehen.

Die Böden sind als Doppelbodensysteme vorgesehen und ermöglichen dadurch flexible Leitungsführungen und ergo gute Anpassbarkeit je nach Nutzungen.
Die Zwischenwände werden als Systemtrennwände, zu den Gängen hin - in Abstimmung mit dem Nutzer – teilweise in Glas ausgeführt.

Für die optimale Raumakustik werden im Einklang mit den bauteilaktivierten offenen STB-Decken Akustikbaffeln eingesetzt.


Ausführungen zum TGA-Konzept und zur Nutzung der Abwasserwärme zur Energiegewinnung


ENERGIEKONZEPT

Die Versorgung des Gebäudes mit Heiz- und Kühlmedium erfolgt über eine hocheffiziente Wärmepumpenschaltung.
Die Hauptenergiegewinnung erfolgt aus dem Abwasser des 90 Meter langem Kanalstückes an der Großmarktstraße.
Es wird versucht, die notwendige Antriebsenergie (bilanziell gesehen) für Heizung, Lüftung, Klimakaltwasser über eine PV-Anlage vor Ort so weit als möglich zur Verfügung zu stellen, damit für diese Systeme möglichst wenig Energie von außen zugeführt werden muss.

ENERGIEAUFBRINGUNG

Die freien Dachflächen des Gebäudes werden mit einer PV-Anlage mit einer Gesamtleistung von ca. 145 kWpeak ausgestattet. Somit kann pro Jahr mit einem Ertrag von mindestens 145 MWh elektrischer Energie aus erneuerbarer Quelle gerechnet werden.

ENERGIEVERTEILUNG UND ABGABE

Das Gebäude wird für die Beheizung mit Unterflurkonvektoren ausgestattet, die eine komfortable Quelllufteinbringung in den Raum ermöglichen.
Zur Erreichung einer hohen Behaglichkeit und zur Sicherstellung des hygienischen Luftwechsels werden Zentrallüftungsgeräte vorgesehen. Die Zuluft der kontrollierten mechanischen Be- und Entlüftung wird über entsprechende Lüftungsregister vorkonditioniert, welche gleichzeitig in das hocheffiziente Wärmerückgewinnungssystem durch die Koppelung mit den Wärmepumpen eingebunden sind. Die Einbringung der Zuluft erfolgt hauptsächlich über Quellluftauslässe bei den Konvektoren, welche ein Höchstmaß an Behaglichkeit und Zugfreiheit garantieren. Durch die Einbindung der Lüftungsregister in das Wärmepumpensystem kann eine annähernd 100%ige Energierückgewinnung realisiert werden.

WÄRMEPUMPENTECHNOLOGIE

Für die Konditionierung des Objektes wird eine hocheffiziente wassergekühlte Wärmepumpe/Kaltwassersatz vorgesehen, welche mit einer Heizleistung von mind. Insgesamt100 kW betrieben werden kann. Als Wärmequelle wird das Abwasser des Kanals benützt, ebenso als Rückkühler in den Sommermonaten. Zusätzlich ist die Wärmepumpe/Kaltwassersatz mit einem einkreisigen Schraubenverdichter in Invertertechnologie ausgestattet, welcher drehzahlgeregelt betrieben werden kann. Der ESEER liegt aus diesem Grund deutlich über 7,0, der SCOP wird deutlich über 6,0 liegen, was höchste Energieeffizienz ermöglicht.


VERMEIDUNG SOMMERLICHE ÜBERWÄRMUNG

Grundsätzlich werden Verschattungseinrichtungen vor den transparenten Bauteilen vorgesehen.
Zur Kühlung der Büroflächen wird eine Betonkernaktivierung zur Kühlung realisiert, welche eine höchst mögliche Behaglichkeit bei der Klimatisierung des Raumes gewährleistet.
Zusätzlich wird in den Besprechungsräumen zur Betonkernaktivierung Kühlsegel installiert um die gesamte Kühllast abdecken zu können.
Die Frischluft, welche über die mechanischen Be- und Entlüftung in die Räume eingebracht wird, wird in den Sommermonaten gekühlt und teilentfeuchtet.
Da die Anforderung an die Büroflächen je nach Himmelsrichtung unterschiedlich sein kann, wird durch ein Vier- Leitersystem und einer intelligenten Regelung sowohl eine Kühlanforderung als auch eine Heizanforderung gleichzeitig ermöglicht.


FORCIERTES BELEUCHTUNGSSYSTEM

Zur Ausführung gelangen hocheffiziente LED-Leuchten (DALI tauglich). Die tageslichtabhängige Steuerung der Leuchten in den Klassen übernehmen kombinierte Präsenz- und Lichtfühler, welche die Beleuchtungsstärke automatisch an die Umgebungsbedingungen und an die jeweilige Sehaufgabe an der Arbeitsfläche anpassen. Die Anpassung geschieht gruppenweise für fenster- und gangseitige Beleuchtung. In WC und Nassgruppen erfolgt die Lichtsteuerung über Bewegungsmelder.
Für die Beschattung werden an der Fassade Lichtfühler platziert (Stockwerks- bzw. Bauteilweise).
Über Funktaster und Funkregler wird die Flexibilität der Büroaufteilung in einem gewissen Raster elektrotechnisch ermöglicht.

ENERGIEMONITORING

Zur optimierten Betriebsführung wird ein Energiemonitoringsystem eingesetzt, welches die wesentlichen Energieflüsse aufzeichnet und Rückschlüsse auf Optimierungspotential schließen lässt. Das Energiemonitoringsystem wird in die ZLT der MSR-Technik integriert. Die wesentlichen Datenpunkte wie Temperaturen und Zählwerte liegen auf der ZLT auf und können von dort in Echtzeit oder als Trend eingesehen und ausgewertet werden. Anzeigetafeln informieren die Nutzer über die wichtigsten Daten.

Die wesentlichen Messpunkte sind:
Energiemenge und Leistung PV-Anlage
Energiemenge und Leistung elektrische Verbraucher (Beleuchtung, Wärmepumpe, etc.)
Energiemenge, Leistung und Temperaturen aus Abwasserwärmerückgewinnung
Energiemenge, Leistung und Temperaturen Verdampferseite Kaltwassersatz/Wärmepumpe
Energiemenge, Leistung und Temperaturen Kondensatorseite Kaltwassersatz/Wärmepumpe
Energiemenge, Leistung und Temperaturen Heizungsabgänge (WW, FBH, etc.)
Energiemenge, Leistung und Temperaturen Klimakaltwasserabgänge (FBK, KR, etc.)
Energiemenge, Leistung und Temperaturen WRG Lüftungen

WARMWASSERBEREITUNG

Die Bereitstellung von Warmwasser wird grundsätzlich dezentral realisiert da die Warmwasserentnahme in den Nassgruppen bei Bürogebäude grundsätzlich sehr gering ist.


Aussagen zum baulichen Brandschutz:

Das Gebäude ist derart ausgelegt, dass pro Geschoß zwei Brandabschnitte gebildet werden, die mit einer mechanischen Abschottung (Brandschutzvorhänge bzw. Brandschutzschiebetore) im Brandfalle getrennt werden. Die Trennung erfolgt an den engen Stellen des Volumens, um die Flächen der Schottungen gering halten zu können. Die Brandabschnitte sind kleiner 1600 m² und 60 m. Geschoßweise Brandabschnittsbildung erfolgt über massive Parapete. Von den Brandabschnitten gelangt man jeweils ins Hauptstiegenhaus, das zugleich als Fluchttreppenhaus nach Tabelle 2a ausgelegt ist. Vom Stiegenhaus gelangt man über das Zwischenpodest im Untergeschoß, das direkt an den Parkbereich angeschlossen ist, ins Freie.
Die Trakte wurden so angelegt, dass die maximalen Fluchtweglängen von 40 m aus allen Teilen des Gebäudes eingehalten werden können. Das Gebäude wird mit einer Blitzschutzanlage versehen, mit einer Fluchtwegskennzeichnung und mit tragbaren Feuerlöschern ausgestattet.

Aussagen zum Regenwassermanagement:

Um den Anspruch zur Schonung unserer Ressourcen gerecht zu werden, werden die anfallenden Regenwässer in einer Zisterne gesammelt und mittels automatischer Umschaltung und Doppelverrohrung zu den WC Spülkästen, als Brauchwasser wiederverwendet.
Ebenso wird über die Zisterne die automatische Bewässerung der Außenanlagen versorgt.
Die nicht genutzten Regenwässer werden über Versickerungskörper im Bereich der begrünten Freianlagen in den Erdboden abgeführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche und architektonische Lösung ist sehr überzeugend, der Baukörper prägt eine starke Identität für den Ort.
Das Nutzungskonzept ist sehr funktional und flexibel mit einer gut durchdachten Gesamtanordnung der Nutzungsbereiche und sehr vielen hochwertigen innenräumlichen Qualitäten.
Empfänge und Sekretariate sind in jedem Geschoss zentral zur kommunikativen Mitte angeordnet, ebenso die Sozialbereiche, Treffpunkte und Bürosonderflächen.
Die in jedem Geschoss angeordneten Freiräume haben eine hohe Aufenthaltsqualität und sind allen Mitarbeitern zugänglich.
Die Zonierung der Außenräume und die Ankunftssituation sind gut gelöst. Die innere Wegeführung und die Erschließung aus der zentralen Mitte sind funktional. Das Projekt berücksichtigt zwei Eingänge, von Norden und vom Parkplatz. Dieses prinzipiell als positiv erachtete Konzept ist jedoch nicht klar durchgearbeitet. Der Eingang vom Parkplatz erscheint als zu klein.
Das Haustechnikkonzept ist gut durchdacht und plausibel. Allerdings wird das Brandschutzkonzept kritisch hinterfragt.
Bei dem Projekt handelt es sich um ein sehr funktionales und auch wirtschaftliches Gebäude.