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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2018

9. SĂ€chsische Landesgartenschau 2022 in Torgau

Skulpturale Holzplattform zwischen den WasserflÀchen

Skulpturale Holzplattform zwischen den WasserflÀchen

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

A24 Landschaft

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Natur Mensch Geschichte
Torgau kann auf eine ĂŒber 1000-jĂ€hrige Geschichte zurĂŒck blicken. Auch heute ist diese noch im Stadtbild prĂ€sent – der einzigartige Altstadtkern Torgaus prĂ€sentiert sich als nahezu vollstĂ€ndig erhaltene kurfĂŒrstliche Residenzstadt der Renaissance. BĂŒrgerschaftliche Weitsicht hat die Stadt vor den Fehlern vieler anderer StĂ€dte bewahrt. Ein BĂŒrgerverein gestaltete die Glacisanlagen zusammen mit namhaften Landschaftsarchitekten der damaligen Zeit, wie Peter Joseph LennĂ©, zu einer weitlĂ€ufigen Parkanlage um und bewahrte sie so vor weiterer Bebauung. Im Laufe der Jahr-hunderte entwickelte sich der Glacis von der inszenierten Natur des Landschaftsgartens zur „echten“ Natur mit zahlreichen Biotopen und reichhaltiger Flora und Fauna. Die ĂŒppigen und weitlĂ€ufigen naturnahen Parkanlagen bilden heute einen wohltuenden Kontrast zur ansonsten steinernen Residenzstadt - ein Dialog zwischen Kulturgeschichte und Natur. Hier wird unmittelbar in der Stadt intensives Naturerleben möglich.

Die Landesgartenschau knĂŒpft an die gĂ€rtnerische Tradition Torgaus an. Sie verbindet eine explizit naturnahe Gestaltung mit bĂŒrgerschaftlichem Engagement und Kultur- und Freizeitnutzungen und verknĂŒpft so beispielhaft Naturschutz, Denkmalschutz und Naherholung miteinander.

In der Freiraumstruktur Torgaus zeichnen sich mehrere ringförmige Entwicklungsstufen ab. WĂ€hrend der innere Ring entlang der mittelalterlichen Stadtmauer geprĂ€gt ist von der Historie der steinernen Renaissancestadt, ist der Ring des Glacis geprĂ€gt von ĂŒppiger Natur. Ein dritter Ring der Produktion mit ehemaligen Industrie- und GewerbeflĂ€chen, KleingĂ€rten und neuen BĂŒrger-gĂ€rten lagert sich außen entlang der Infrastrukturtrassen an. Entsprechend der rĂ€umlichen Gliederung werden drei differenzierte Rundwege geschaffen: eine Landschaftspromenade durch den Naturraum des Glacis, ein Aktivparcour durch den Jungen Garten und eine Stadtpromenade rund um die historische Altstadt. FĂŒr den Besucher ergeben sich dadurch klar differenzierte Routen mit ganz unterschiedlichen Erlebniswelten.

Bahnhofsvorplatz
Der Bahnhof ist wichtiger Verkehrsknoten und Ankunftsort in Torgau. Als ErgĂ€nzung zu den bereits neu gestalteten Verkehrs- und InfrastrukturflĂ€chen mit Fahrrad-, Bus- und Pkw-StellplĂ€tzen wird ein neues Stadtentree ausformuliert. Ein offener steinerner Vorplatz mit Wasserbecken schafft einen klaren ersten Bezugspunkt in der Stadt. Die angrenzende GrĂŒnflĂ€che wird unter weitgehen-dem Erhalt der BestandsbĂ€ume ĂŒber neue Wegeverbindungen direkt an den Bahnhof angebunden.
Ein Baumdach bildet den rĂ€umlichen Endpunkt der historischen Allee in die Stadt und schafft einen schattigen Verweilort mit langem Sitzelement. Von hier aus betritt man ĂŒber die BrĂŒcke des schwarzen Grabens den naturnah gestalteten Bereich des Glacis und taucht in eine vom Wasser geprĂ€gte, ĂŒppig grĂŒne Gegenwelt ein. Ein eindrucksvoller Kontrast.

Glacis
Das ehemalige Glacis bildet das RĂŒckgrat des stĂ€dtischen GrĂŒnsystems und eine wichtige Freiraumverbindung zwischen Bahnhof und Elbe. Die sternförmige napoleonische Festungsanlage ist noch heute im Stadtbild gut ablesbar. Da die strengen Naturschutz- und Denkmalschutz-auflagen großflĂ€chige Eingriffe verhindern und einen sensiblen Umgang mit den Bestands-strukturen erfordern, wird das historische Wegenetz behutsam heraus gearbeitet und durch punktuelle Eingriffe akzentuiert. So werden die unterschiedlichen landschaftsrĂ€umlichen Situationen gestĂ€rkt und eine Abfolge ganz unterschiedlicher AtmosphĂ€ren geschaffen.
Das Glacis teilt sich in einen nördlichen von offenen WasserflĂ€chen geprĂ€gten und einen sĂŒdlichen waldartigen Bereich.
Die Teiche der Eisbahnwiese bleiben in ihrer Grundform unverÀndert. Drei Holzdecks schaffen punktuelle Schnittstellen zum Wasser und treten in einen engen Dialog zueinander. Ein Holzsteg durch die sumpfartigen Feuchtwiesen endet als breites Holzdeck an der nördlichen Uferkante.
Der den See in zwei HĂ€lften teilende kĂŒnstlich angelegte Damm wird als besonderer Ort zwischen den WasserflĂ€chen inszeniert. Ähnlich verkeilter BaumstĂ€mme stapeln sich ineinander geschobene Holzpodeste zu einem markanten, weithin sichtbaren Freiraummöbel, das unterschiedliche Aufenthaltssituationen und Blickpunkte aufs Wasser zulĂ€sst. In rĂ€umlicher NĂ€he zum Damm erhĂ€lt der neu geschaffene Auenspielplatz bespielbare Strukturen aus Holz, die in abstrahierter Form der Gestaltsprache von Biberbauten nachempfunden sind.
Der dichte und schattige Charakter des Waldparks wird erhalten und bildet einen interessanten Kontrast zu den offenen und sonnigen WasserflĂ€chen. Pilz-, Farn- und MoosgĂ€rten verdichten den Charakter des Waldes in atmosphĂ€rischen Garteninseln. Der zentrale Waldspielplatz bildet ein markantes Objekt im Wald, ein bekletterbares BĂŒndel aus TotholzstĂ€mmen mit Plattformen und Netzen.
Den sĂŒdlichen Endpunkt des Glacis mit weitem Blick ĂŒber die Elbauen bildet ein großes Holzdeck, das auch als Rastpunkt am ĂŒberregionalen Elberadweg dient.

Junger Garten
Der sogenannte Junge Garten schafft neue sonnige FreirĂ€ume fĂŒr eine aktive Freizeitgestaltung, als GegenstĂŒck zum dichtbewaldeten Glacis mit seinen vielen limitierenden EinschrĂ€nkungen. Aufgespannt zwischen der Straße Am Stadtpark, dem Kleingartenareal und den Bahngleisen entsteht ein neuer Aktivpark auf ehemalig genutzten GewerbeflĂ€chen und weitlĂ€ufigen RuderalflĂ€chen. Ein Nutzungsmix aus Trendsportarten und urbanen GĂ€rten spricht insbesondere die Lebenswelten junger Menschen an.

Ein großzĂŒgiger Eingangsplatz schafft mit seinen erhaltenen BetonoberflĂ€chen und den heraus geschnittenen Belags- und VegetationsflĂ€chen einen rauen, urbanen Kontrast zur NatĂŒrlichkeit des Waldparks. Eine artifizielle FlĂ€che aus farbigem EPDM-Fallschutzbelag bĂŒndelt verschiedene Sportfelder, wie ein Multifunktionsspielfeld und eine Beachvolleyballanlage. Eine große Kletter- und Boulderwand bildet einen prĂ€gnanten Abschluss zu den benachbarten Gewerbebauten. Die umgenutzte ehemalige Fertigungshalle ergĂ€nzt mit einem ParkcafĂ© und VereinsrĂ€umen das vielfĂ€ltige Freizeitangebot. Den westlichen Abschluss zu den bestehenden Wohnbauten bildet ein ruhiger Puffer mit GemeinschaftsgĂ€rten fĂŒr urbane Agrikultur.
Ein zentrales Gartenband verbindet als öffentliche Fuge durch die KleingĂ€rten den urbanen Auftaktplatz mit dem rĂŒckwĂ€rtigen Ruderalpark. Ein abwechslungsreicher Rhythmus aus BĂ€umen und GrĂ€sern, Picknicktischen und Spielelementen sowie FahrradabstellplĂ€tzen gliedert die Parkachse. Die Enden betonen zwei markante HolztribĂŒnen mit Blick auf die Sportfelder und den Skatepark. Eine zweite Achse verlĂ€ngert den bestehenden Stichweg in den Park und bindet eine großzĂŒgige FlĂ€che fĂŒr gemeinsames experimentelles GĂ€rtnern an. Ein mĂ€andrierender Weg verbindet die beiden GartenbĂ€nder mit dem Repitzer Weg und Elbdeich. Der Endpunkt am Deich wird als kleiner Aussichtsbalkon aus Holz ausgebildet. Der Parkweg bewegt sich entlang des Ruderalwaldsaums mit Blick in den offenen Wiesenraum. Er verbindet verschiedene Stationen auf der Wiese, wie Biotope, Spielelemente und gefaltete Picknickdecks.

Schlachthofareal und Bastion VII
Das brachliegende Areal des Schlachthofs wird zu einem zentralen Veranstaltungsort von stadtweiter Bedeutung. Die neue Stadthalle und das benachbarte Zielhaus schaffen einen wichtigen touristischen Anlaufpunkt in unmittelbarer NĂ€he zum neu errichteten Wasserwanderrastplatz, zu den Schiffsanlegestellen und zu den WohnmobilstellplĂ€tzen. Der Haupteingang in die Stadthalle verlĂ€ngert sich als Platzteppich aus Natursteinplatten bis auf die leicht erhöhte Bastion der Stadtmauer mit Panoramablick ĂŒber den Fluss.
Zur Gartenschau wird hier der zentrale Festplatz mit HauptbĂŒhne, Gastronomie und GĂ€rtnermarkt verortet. In der Nachnutzung bietet die rĂŒckwĂ€rtige FlĂ€che Raum fĂŒr 135 baumbestandene Pkw-StellplĂ€tze. Eine Picknickwiese schafft eine rĂ€umliche Distanz zum Parkplatz und erhĂ€lt einen platzseitigen Abschluss aus einer breiten Betonbank.
Die Bastion VII bildet ein wichtiges stadtrĂ€umliches Gelenk innerhalb der Querverbindung zwischen Innenstadt, Schlachthof und Glacis bis zum Hauptzugang in den Jungen Garten. Die historischen Gewölbe werden zu einem stimmungsvollen Gastronomiestandort ausgebaut und erhalten einen Vorplatz fĂŒr Außengastronomie und temporĂ€re Veranstaltungen im Freien. BastionsgĂ€rten mit Informationen zur Stadtgeschichte unterstreichen die historische Bedeutung des Ortes und schaffen einen ansprechenden Nebeneingang in das GartenschaugelĂ€nde.

Historische Stadtpromenade
Die lose verstreuten baulichen Attraktionen der Altstadt wie das Schloss Hartenfels oder das Alte Rathaus am Markt werden rĂ€umlich miteinander verknĂŒpft und in eine durchgehend attraktive Wegeverbindung rund um den historischen Stadtkern eingebunden. Die charakteristische Abfolge von öffentlichen FreirĂ€umen und StadtplĂ€tzen vom Friedrichplatz ĂŒber den Rosa-Luxemburg-Platz bis zum Denkmal der Begegnung direkt an der Elbe wird qualifiziert und durch neue Bausteine ergĂ€nzt. Die SchlossgĂ€rten und Aussichtsbalkone am Elbufer werden als wichtige flankierende Stationen in das Gartenschaukonzept eingebunden und lassen die weit zurĂŒck reichenden gĂ€rtnerischen Traditionen Torgaus mit einfließen.

Gartenschau
Die Gartenschau erhÀlt zwei HaupteingÀnge: einen vom Bahnhof in das kompakte KerngelÀnde aus Glacis und Junger Garten und den anderen am Festplatz an der neuen Stadthalle. Viele NebeneingÀnge und AusgÀnge verzahnen das GartenschaugelÀnde mit der Stadt. Der Junge Garten wird als EventflÀche mit Hauptgastronomie und Blumenschau in der ehemaligen Produktionshalle genutzt.

Die langjĂ€hrige gĂ€rtnerische Tradition als Zentrum fĂŒr pharmazeutisches und botanisches Wissen drĂŒckt sich in vielfĂ€ltigen KrĂ€uter- und ArzneigĂ€rten aus. Produktive GĂ€rten loten die Möglichkeiten urbaner Nahrungsmittelproduktion in der heutigen Zeit aus und GemeinschaftsgĂ€rten knĂŒpfen an das tief verankerte Bewusstsein fĂŒr bĂŒrgerschaftliches Engagement an. Die handwerklichen Traditionen werden im Glas- und Keramikgarten, sowie in den Forst- und PapiergĂ€rten spielerisch umgesetzt. Im Pilzgarten kann auf das Know-how der modernsten Pilzfabrik Europas zurĂŒckgegriffen werden. TemporĂ€re SchattendĂ€cher aus Photovoltaikpanelen schließen den Bogen vom Mittelalter in die heutige Zeit und lassen eine Gartenschau mit vielfĂ€ltigen historischen aber auch zeitgenössisch relevanten Themen entstehen. Die klar differenzierten Freiraumsysteme helfen bei der Orientierung und Fortschreibung der Freiraumstrukturen und erzeugen ein charakteristisches Stadtbild, das Torgaus Blick in die Zukunft richtet ohne die wichtigen historischen BezĂŒge zu verlieren.
Freiraumplanerisches Strukturkonzept M 1:2.000

Freiraumplanerisches Strukturkonzept M 1:2.000

Dauernutzung M 1:1.000

Dauernutzung M 1:1.000

Ausstellungskonzept M 1:1.000

Ausstellungskonzept M 1:1.000

Schnitt Aktivpark Junger Garten Teilbereich B M 1:200

Schnitt Aktivpark Junger Garten Teilbereich B M 1:200

Aktivpark Junger Garten

Aktivpark Junger Garten