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Einladungswettbewerb | 01/2018

Entwicklung Flugbrunnenareal in Bolligen

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 39.000 EUR

brügger architekten ag

Architektur

extrā Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro IEM AG

Bauingenieurwesen

Grolimund & Partner AG

Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Abgeleitet aus dem heterogenen Kontext, entwickelt das Projektteam einen Überbauungsvorschlag mit drei Hauptelementen. Auftakt, Eintritt und Adressbildung übernimmt als Erstes ein neuer Solitärbau an der Kreuzung Flugbrunnen – Hühnerbüelstrasse, dem tiefsten Punkt der neuen Siedlung. End- und Ausgangspunkt bildet zweitens das von Anbauten befreite historische Schulhaus als höchster Punkt. Ganz dem Thema «Solis» – Sonne – verpflichtet, werden drittens vier aufgefächerte Ost-West orientierte Zeilenbauten auf den Westhang platziert. Nordseitig dieser vier Zeilen wird eine öffentliche Fusswegverbindung mit Begegnungs- und Spielbereichen ab Hühnerbühlstrasse bis zum alten Schulhaus aufgespannt. Mit einem sekundären Nord-Süd-Wegnetz wird die neue Wohnüberbauung mit der Nachbarschaft vernetzt. Die Erschliessung der Siedlung mit Fahrzeugen erfolgt ab Flugbrunnenstrasse.

Das Projekt schlägt vor, das historische Schulhaus mit bestehendem, östlichen Anbau von seiner südlichen Erweiterung aus den 60er Jahren zu befreien. Das markante Gebäude erhält so seinen solitären Charakter zurück und kann als Endpunkt der Siedlung eine zusätzliche Bedeutung gewinnen. Unverständlich ist die ganze nordseitige Freilegung des Erdgeschosses mit Tieferlegung eines neuen Zugangs/Lifts und Verzicht auf eine sinnvolle Terrassierung. Der vorgeschlagene Lifteinbau bedingt neue Split-Level-Decken, welche mit bestehenden Fenstern kollidieren. Die vorgeschlagene Nutzung mit KITA im EG und 1. OG sowie einer Kinderarztpraxis oder Ateliers im 3. OG und Wohnung im Dachgeschoss ist überzeugend. Die Jury bezweifelt, ob eine Bibliothek im 2. OG den Bedürfnissen des Marktes entspricht.

Der klaren Erschliessung folgt ein noch beliebig wirkender Siedlungsfreiraum zwischen den Zeilenbauten. Noch zu verfeinern ist das Zonierungskonzept der privaten und halböffentlichen Nutzungsbereiche in diesem Zwischenraum. Da ist einerseits eine offene Wohnseite mit dem Wunsch an einen klarer definierten, privat nutzbaren Aussenraum, andererseits fordert die geschlossene Schlafbereichsseite Abschirmung. Dieser Ausgangslage wird in der Ausgestaltung noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Nicht zu überzeugen vermögen die Ausgestaltung der Rasenspielfläche am Stegackerweg und die Revitalisierung des Flugbrunnenbachs. Kritisch hinterfragt wird die gewählte Lage der Bachöffnung im steilsten Terrainverlauf.

Das Bebauungskonzept enthält vier kompakte Zeilenbauten mit 60 Eigentumswohnungen. Diese sind nach einem einheitlichen Wohnprinzip organisiert und über natürlich von oben belichtete, zweispännige Treppenhäuser erschlossen. In der Mitte werden der Wohnungseingang und die Reduit-Sanitärräume angeordnet. Auf der Südwestseite befindet sich der grosszügige Wohn-Essbereich mit einer zweiseitig offenen Loggia. Diese ist entsprechend der Wohnungsgrösse unterschiedlich gross. Auf der Nordostseite werden in einem getrennten Schlafbereich sämtliche Schlafräume angeordnet. Damit erhalten alle Wohnungen einen klar getrennten Tag- und Nachtbereich mit gewisser Flexibilität in der Detailgestaltung. Zehn attraktive 2½- und 3½-Zimmer-Wohnungen sind als grosszügige Attikas ausgebildet. Die drei Zeilen der ersten Etappe sind 3-geschossig mit Attika. Die gleich organisierte Zeile der zweiten Etappe ist 4-geschossig plus Attika. Im Attikabereich Ost entsteht eine 5-Geschossigkeit, deren Bewilligungsfähigkeit noch zu überprüfen ist. Unverständlich ist die Positionierung der Etappe 5 zur Hühnerbühlstrasse mit der massiven Aufschüttung! Hier ist eine Tiefersetzung der ganzen Zeile zwingend. Zu prüfen wäre, ob durch eine Höhersetzung der zuoberst gelegenen Zeile und/oder teilweise mit einem zusätzlichen Geschoss eine optimierte topographische Einpassung und damit ein besserer Übergang zum Schulhaus erreicht werden könnte.

Der Solitärbau an der Kreuzung Flugbrunnen – Hühnerbühlstrasse übernimmt im Eingangsbereich eine öffentliche Funktion mit Besucher-Parkplätzen und multifunktional nutzbaren Gewerberäumen. In den drei Obergeschossen und der Attika werden 15 gut organisierte 2½- und 3½-Zimmer-Mietwohnungen angeboten.

Prägender Gestaltungsansatz des Projekts «Solis» ist die Staffelung der vier Zeilenbauten. Durch deren Auffächerung nach Süden gibt es keine ausschliessliche frontale vis-à-vis Situation, sondern ein hohes Mass an Privatsphäre. Die Gebäude werden in Massivbauweise mit hochgedämmter, hinterlüfteter Naturschieferverkleidung und horizontalen Geschossbändern aus Beton ausgebildet. Vertikale Betonelemente und raumhohe Fenster sollen die einzelnen Zeilen rhythmisieren. Die starke Gliederung und exklusive Materialwahl der Fassaden vermögen noch nicht zu überzeugen. Durch Anpassungen bzw. Einsatz von alternativen Materialien könnten die Baukosten optimiert werden.

Die Gebäude mit Eigentumswohnungen sind konsequent als Zweispänner geplant, was zu einer durchschnittlichen Flächeneffizienz führt. Die geplanten Grundrisse passen zur definierten Zielgruppe und weisen aufgrund der optimierten Aussenraumbezüge das höchste Ertragspotenzial auf. Die Attikageschosse bieten zusätzliches Ertragspotenzial.

Die neue Siedlung wird ab Flugbrunnenstrasse nur über eine östlich des Eckbaus gelegene Tiefgaragenzufahrt erschlossen. Damit ist auch klar, dass der Eckbau in einer ersten Etappe, zusammen mit den drei 3-geschossigen Zeilenbauten, erstellt werden muss. Mit einer zweiten Zufahrt würde einerseits eine Unabhängigkeit der Etappierung besser gewährleistet, andererseits könnten dadurch weniger lange unterirdische Fahrwege erreicht werden.

Fazit:
Das Projekt «Solis» überzeugt durch seine klare städtebauliche Haltung, seine massvollen Gebäudeeinheiten und dem einfach verständlichen Wohnkonzept. Durch die konsequente Süd-West-Hauptausrichtung erhalten alle Einheiten eine gute Wohnqualität. Leider setzt sich diese Qualität im Aussenraum noch nicht vollständig fort. Jedoch sind Ansätze und Möglichkeiten zu deren Weiterentwicklung und Differenzierung vorhanden.