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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2018

Innovatives und Interdisziplinäres Lehr- und Lernzentrum Medizin (i2L2med) des Universitätsklinikums Düsseldorf

ein 3. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

pbr Architekten Ingenieure

Architektur

Kuttner und Kahl Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Entwurfsleitende Idee
Der Neubau fügt sich als kompakter rechteckiger Solitär mit drei Geschossen in die orthogonale Baustruktur von Klinikum und Universität ein. Ein zweigeschossiger Rückschnitt in der Kubatur bildet im Norden die Adresse zum Klinikum mit dem Haupteingang in Richtung Magistrale. Nach Süden hin strahlt das Gebäude mit einem großen Schaufenster zu Grünzug und Universität aus. Im Inneren des Hauses entwickelt sich eine Lernlandschaft, die aus einer Komposition aus eher diskret geschlossen wirkenden Räumen für das Studium an Körperspenden, prominent frei eingestellten Räumen für Hörsäle und Seminarräume und einer begeh- und besitzbaren Treppenskultur entsteht. Um diese Körper herum fließen offene Zonen für Studentenarbeitsplätze, die ein optimales Spektrum an Möglichkeiten für angeleitetes und selbstbestimmtes Lernen bieten.

Architektonisches Konzept
Das Gebäude fügt sich in den Duktus der weißen Stadt des Klinikums. Konstruiert als Stahlbetonbau mit tragenden Wänden, Stützen und Decken sowie mit vorgespannten Stahlbetonbindern für weitgespannte Konstruktionen, erhält es vor den offenen Foyer- und Lernzonen eine zweigeschossige Verglasung mit Pfosten-Riegel-Konstruktionen aus Aluminium, durch die der Blick besonders nach Süden und Westen weit in den Grünraum fällt. Die geschlossenen Übungsräume für die Anatomie auf der östlichen Seite und das Trainingszentrum im 2.OG werden vor den Fenstern mit einem weißen semitransparenten „Mesh“ wie mit einer Gaze verhüllt, die als vorgehängte zweite Haut die Funktion des Sonnenschutzes übernimmt. Dadurch können einerseits die Blicke von innen nach außen fließen und andererseits werden die Einblicke von außen elegant verwehrt. Im Inneren werden Materialien in ihrer ursprünglichen Erscheinung eingesetzt: die Böden mit geschliffenem Estrich, die besitzbare Treppenskulptur aus Sichtbeton mit Holzauflage, die eingestellten Hörsäle mit einer Holzschale verleihen dem Haus einen robusten und authentischen Charakter, der eine unaufgeregte Arbeits- und Aufenthaltsqualität bietet.

Innenraum
Die zur Versorgung des Gebäudes erforderlichen Haustechnikräume werden im Hinblick auf kurze Leitungsführungen angeordnet. Mit Ausnahme der Lüftungszentralen liegt die gesamte Haustechnik im Untergeschoss, wo sie teilweise direkt (Trafos, MSP) und teilweise über einen Flur von außen erschlossen werden können. Die Lüftungszentrale ist als Dachzentrale ausgebildet. Von hier aus können die Hauptabnehmer Prosektur, Präpsaal, Seminar auf der Ostseite und Trainingszentrum und Hörsäle auf der Westseite direkt angefahren werden. Zur Einhaltung der Formaldehydwerte wird für den Präpsaal ein „Box³- System“ eingesetzt. Dieses ist räumlich und technisch wie „eine Box in einer Box in einer Box“ aufgebaut und berücksichtigt das Zusammenspiel von Box 1, dem abgesaugten Präparationstisch, Box 2, dem Raum und seiner Versorgung und Box 3, der Peripherie, der technischen Versorgung und baulichen Begrenzung sowie der betrieblichen Organisation von Box 2.

Freiraumplanung
Das Gebäude des Lehr- und Lernzentrums ist als kompakter Baukörper südexponiert und richtet sich mit einer großzügigen Freifläche zu dem im Süden befindlichen Grünzug. Auf subtile Weise ist der befestigte Platzbereich des studentischen Miteinanders über Blickbeziehungen mit dem angrenzenden Grünraum verwoben. Der freie Blick in den Parkstreifen gewährleistet eine Großzügigkeit und Weite der Flächenarrondierung. Die Freiflächen des Lernzentrums sind ein Ort der beiläufigen Begegnungen, ein Treffpunkt des informellen Austausches ebenso wie ein Ort für die Pausengestaltung, für Aktionstage und Musestunden in Freien. Der Freiraum wird in Verbindung mit den Foyerflächen zum weiteren Herzstück des sozialen Lebens. Eine abwechslungsreiche Möblierung bietet differenzierte Aufenthaltsangebote.Eine lineare Rasterung der Pflasterfläche streckt sich von der Vorfläche des Eingangsbereichs zu den südlich orientierten Freiflächen. Der gesamten Freiflächenbereich der befestigten Flächen erhält einen markant Stadtboden, der die Kubatur des Gebäudes auf einen eleganten Teppich stellt. Die transparente Fassadengestaltung unterstützt die sich durchdringenden Räume. Der Vorplatz findet somit seine Fortsetzung in der Formulierung eines Foyer- und Terrassenbereichs. Dieser zentrale Kommunikationsort spiegelt das Leben der Schule nach außen, er ist mit Ausstellungs- und Aktionsflächen im Foyer und der Terrassenfläche gleichsam das Herz des Lernzentrums.Eine elegant geschwungene Wegeverbindung setzt einerseits die parkähnliche Wegeführung des vorhandenen Grünzuges fort und lehnt sich andererseits an die topografische Ausformung des Geländes. Die Wegeverbindung spannt das Gebäude zwischen den Quartieren ein, so dass eine übergreifende Anbindung gewährleistet ist.

Erschließung
Äußere Erschließung: Der Haupteingang mit Vorplatz im Norden ist die Adresse das Hauses, von hier wird es für Studierende und Lehrende erschlossen. Er bindet das bis nach Süden hindurchführende Foyer an, das dort mit einem Nebeneingang die fußläufige Anbindung an den Grünzug herstellt, über den auch die Mensa der Universität auf kurzem Wege zu erreichen ist. Die Anlieferung der Prosektur ist sehr diskret im Untergeschoss untergebracht. Eine Rampe führt östlich des Neubaus in die Tiefe zu dem unterirdischen und mit einer Pergola überdeckten Wirtschaftshof, der dadurch dem Blickfeld der östlich angrenzenden Nachbarn entzogen ist. Hier ist auch ein separater Eingang für das technische Personal der Prosektur vorgesehen. Ebenfalls an der Ostseite sind im UG die Haustechnikräume für ELT mit direktem Zugang und ein Eingang zur Haustechnik zu erreichen. Ein abwechslungsreich gestaffelter und bepflanzter Distanzstreifen gewährt zudem Raumtiefe an dieser Grundstücksseite. Die Fahrradstellflächen sind witterungsgeschützt dem Eingangsbereich zugeordnet. Fahrradboxen befinden sich in westlicher Anordnung am Vorplatz neben den behindertengerechten Stellplätzen. Innere Erschließung: Der Neubau wird über vier Treppen an den Gebäudeecken zur Entfluchtung und die offene Treppenanlage im Zentrum des Hauses erschlossen. Ein Lastenaufzug mit Anbindung an die Prosektur im UG und EG sowie ein Personen- und Lastenaufzug am Foyer über alle Geschosse sorgen für die barrierefreie Erschließung und die Ver- und Entsorgung.

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
Das Gebäude wird nach den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens geplant. Wesentliche Parameter der ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekte sind bereits im frühen Entwurfsstadium berücksichtigt. Hervorzuheben ist dabei die große Kompaktheit und Flächeneffizienz des Hauses, die eine große Wirtschaftlichkeit in Erstellung und Betrieb erwarten lässt. Eine hohe Umnutzungsfähigkeit auf Grund der Konstruktion und der Raumhöhen garantiert eine langfristige, flexible Nutzung der Immobilie und geringe Umbaukosten. Der visuelle Komfort ist durch eine sehr gute Tageslichtverfügbarkeit der Nutz- und Verkehrsflächen gegeben. Teilweise transparente Innenwände in den Büro- und Trainingszentrumsflurwänden und die lichtdurchflutete Halle als kommunikative Mitte lassen Tageslicht tief ins Innere des Gebäudes fallen. Durch den außenliegenden Sonnenschutz mit Tageslichtlenkung und einen innenliegenden Blendschutz, sowie verschiedene Kommunikationsflächen werden optimale Arbeitsbedingungen für die Nutzer des Hauses geschaffen.

Innovatives und interdisziplinäres Lehren und Lernen
Die Funktionsbereiche sind strukturiert und sehr übersichtlich angeordnet. Im Osten befinden sich die Bereiche, in denen mit Körperspenden gearbeitet wird. Im UG liegt hier die Prosektur mit der direkten Anlieferung von außen. Hier werden Leichen präpariert und konserviert, ohne dass neugierige Blicke von außen möglich sind. Die Belichtung der Arbeitsräume erfolgt über eine großzügige Abgrabung nach Süden. Im EG liegen in direkter Zuordnung darüber der große Präparationssaal sowie der OP-Bereich. Die Anbindung für den Transport der Körperspenden aus dem Lager im UG erfolgt über einen separaten Lastenaufzug. Der Präparationssaal hat eine zweigeschossige Raumhöhe, wodurch zusammen mit dem Box³-System die Einhaltung der Formaldehydwerte optimiert wird. Über dem Präpsaal sind im 2. OG der Mikroskopiesaal und die beiden großen teilbaren Seminarräume angeordnet. Die Büroräume der Verwaltung liegen im 1. OG über dem OP-Bereich mit einem schönen Ausblick nach Süden in den Grünraum. Auf der Westseite des Hauses sind die Hörsäle und die kleinen Seminarräume angeordnet, die über die Lehrveranstaltungen hinaus den Studierenden auch zum freien Lernen zur Verfügung stehen und durch Galerien für freie Arbeitsplätze erweitert werden. Im 2. OG darüber ist das Trainingszentrum in den gewünschten Raumzusammenhängen angeordnet. In der übersichtlichen Struktur bieten die kleinen Räume kompakt und mit Blicken in den Außenbereich oder in Innenhöfe beste Voraussetzungen für das Praxistraining. Das Herzstück des neuen Gebäudes ist die Treppenskulptur, über die beide Seiten des Hauses bis zum 2. OG zentral erschlossen und zu einer Einheit verbunden werden. Die Treppe streckt sich von Norden nach Süden durch den Grünraum und bietet Sitzstufen zum Aufenthalt in beide Richtungen. Unter der Treppe sind im EG die Garderobenschränke für die Umkleiden des Präpsaals angeordnet. Der Innenraum ist geprägt von Blickverbindungen über die Geschosse, Ausblicken nach draußen und ruhige Zonen nach Westen sowie kommunikativen Bereichen an der Treppe. Hier befinden sich im Bereich des Haupteingangs auch der Cafeteria-Stützpunkt und die Snackautomaten. Das Aufenthaltsangebot im Inneren wird im Außenbereich durch fest installierte Arbeitstische auf der Terrasse im Süden ergänzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem Entwurf gelingt es, mit einer einzigen architektonischen Geste das ganze Programm auf selbstverständliche Weise abzubilden. Nur minimale Eingriffe in das klar strukturierte orthogonale Ordnungsmuster wie den geometrischen Unterschnitt an der Universitätstrasse und eine gelegentliche Aussparung der Decken in Bereichen größerer Öffentlichkeit erzeugen ein lebendiges Spiel von Innenraumvolumen, die bis zu den Außenfassaden wirken. Besonders hervorzuheben ist der gelungene Versuch, zwei gleichwertige Vorderseiten zu bilden. Was zur Universitätsstraße der zweigeschossige Vordachbereich bildet, findet zur Parkseite seine Entsprechung in dem großen Schaufenster zum Grünzug. Wie selbstverständlich spannt sich zwischen diesen beiden Räumen die Magistrale auf. Mit diesen wenigen Maßnahmen ist das architektonische Thema des Gebäudes formuliert.

So liegt es dann auf der Hand, der Magistrale mit einer Sitztreppe eine wichtige sozialräumliche Bedeutung zu geben. Die zwei Hörsäle auf der einen Seite, die großen Flächen der Anatomie auf der anderen Seite: alle Raumbereiche haben auf selbstverständliche Art eine prioritäre Lage. Auf der Ostseite wird der große anatomische Bereich angeliefert, hier ist es nicht ganz verständlich, warum eine so große Bodenaussparung notwendig ist. Einige Funktionsbereiche sind auch falsch in der Anatomie angesiedelt. Die Technik auf dem Dach schränkt einen Anschluss an das Foyer ein.

Aus landschaftsarchitektonischer Sicht überzeugt die Arbeit durch die angemessene Grünfuge zwischen Neubau und dem bestehenden temporären Hörsaalgebäude im Bestand. Die Proportionen und Größen der beiden befestigten Platzräume, Haupteingang und südliche Terrasse, sind ausgewogen und funktional gewählt.

Das Projekt liegt auf der Ebene der Energie im Mittelfeld. Gründe hierfür sind auf der einen Seite die gute Gebäudehüllzahl und auf der anderen Seite die zum Teil nicht optimale Tageslichtnutzung (fixes perforiertes Metallblech). Auch auf der Ebene Ökologie befindet sich das Projekt im mittleren Bereich. Dort stehen sich ein geringer Aushub und ungünstige Materialwahl (Stahlbeton, viel Glas und Metallblech) gegenüber.

Die Arbeit liegt bei BGF und BRI leicht über dem Durchschnitt und bei dem Verhältnis Fläche zu Volumen im Durchschnitt. Das Raumprogramm ist in den Flächen im Wesentlichen erfüllt. Die Arbeit weist jedoch große Erschließungsanteile auf.

Insgesamt gelingt es dem Gebäude, trotz seiner pragmatischen Organisation, durch die geschickte Licht- und Wegeführung eine heitere Atmosphäre zu schaffen, einen Ort, an dem sich sozialer Austausch, Wissenschaft und Lehre vorbildlich begegnen. Das Gebäude hat eine exquisite Ausstrahlung.