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Einladungswettbewerb | 11/2017

Neugestaltung Wohnumgebung des Alterszentrum am Schäflisberg in St. Gallen

1. Rang

Preisgeld: 4.000 CHF

Jeanette Geissmann Architektin

Architektur

Mettler Landschaftsarchitektur

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Allgemein
Der Lösungsvorschlag sieht im 3.OG eine Öffnung des Aufenthaltsbereiches an der Südwest-Ecke vor. In beiden Geschossen findet ein Abtausch des Wohn- und Essbereiches statt. So wird das Wohnen konsequent an der offenen Westseite organisiert, wo gleichzeitig mit einem direkt angrenzenden Gartenzimmer der Übergang in den Aussenraum gelöst wird. In den Appartements wird mittels weniger Eingriffe eine gleichwertige Bettsituation erreicht.

Im Aussenraum werden auf der Westseite jedem Geschoss der eigene auf Demenz ausgerichtete Gartenbereich zugeordnet. Diese sind über einen Weg miteinander verbunden. Die Ostseite ist nach wie vor nur den Bewohnern des 3.OG vorbehalten. Hier findet nur eine rudimentäre gestalterische Aufwertung statt.

Innenraum, Übergangszone
1 Appartement wird aufgelöst. 4 Appartements erhalten durch marginale Umgestaltung eine neutrale Vorraumzone und somit die Möglichkeit für eine flexible und bessere Nutzung als Einzel- und insbesondere als Zweibettzimmer. Im 3.OG wird ein zusätzliches Appartement durch die Verbindung zum bestehenden Einzelzimmer vorgeschlagen. Schlussendlich resultiert eine maximale Bettenzahl von 18 gegenüber heute von 19.

Im 3. OG wird das südwestliche Appartement aufgehoben und somit Raum für den Wohnbereich geschaffen. Die Essbereiche werden in beiden Geschossen gegen Osten orientiert. Zur Optimierung der Lichtverhältnisse und besseren Sicht auf den östlichen Gartenbereich, werden die massiven Balkonbrüstungen zurückgebaut. Den gegen Westen orientierten Wohnbereichen wird je ein Wintergarten vorgelagert. Durch deren zueinander verschobene Platzierung ist ein niveaugerechter Zugang zum Aussenraum gewährleistet.

In den zentralen Zonen befinden sich neu Teeküche, Wäscheschränke und Versorgungsmöglichkeiten. Die unterschiedliche Gestaltung der Wohn- und Essbereiche trägt zur Stimmungsvielfalt bei. Das bestehende Beleuchtungskonzept soll erhalten bleiben und im Wohnbereich partiell erweitert werden. Im Wohnbereich des 2.OG ist ein Tagesbett mit Vorhang vorgesehen.

Durch den Abtausch von Ess- und Wohnbereich wird die Möglichkeit geschaffen, den Wohnbereich in eine ruhigere Zone, ohne die Zugänge zu den Bewohnerzimmern, zu legen. Die an die Wohnbereiche unmittelbar angrenzenden und somit direkt begehbaren verglasten Wintergärten ermöglichen es den Bewohnern sich schrittweise in den Aussenraum zu wagen oder einfach die Natur geschützt zu erleben. Insgesamt vermag das Projekt durch das Einfühlen in den Lebensraum und in die Abläufe von demenziel Erkrankten zu überzeugen.

Aussenraum
Der Entwurf zeichnet sich durch einen subtilen Umgang mit den vorgefundenen baulichen Erschwernissen, sowie einer fundierten Analyse mit dem Thema demenzkranke Menschen aus. Die beiden Gartenseiten werden gleichwertig bearbeitet und bilden konzeptionell einen logischen Schluss. Die östliche Seite wird pragmatisch, unter Berücksichtigung der bestehenden Höhen und Vegetation solide bearbeitet, der Teich bildet einen integralen Teil der Gestaltung. Der westliche Gartenteil bildet das verbindende Passstück zwischen dem 2. und 3. Obergeschoss. Die architektonische Gestaltungssprache wird übernommen und landschaftlich weiterentwickelt.

Der ebene, direkte Ausgang im 2.OG, flankiert von einer kleinen Betonmauer, führt die Bewohner zur bestehenden Aussichtsterrasse, welche mit einer situationsgerechten Neugestaltung aufwarten kann. Die Höhendifferenz zur oberen Etage wird durch Rampen mit integrierten Aufenthaltsmöglichkeiten sichergestellt. Diese Verbindung hat nur sekundären Charakter, wird doch die obere Ebene direkt vom Ausgang im 3.OG erschlossen. Eine emotionale und sensorische Förderung der Bewohner wird mit Hochbeeten, Wasserbecken und stimmigen Staudenbepflanzungen erreicht.

Die Projektierung nutzt die komplexen topographischen Verhältnisse, sowie die anspruchsvollen Vorgaben des Themas demenzkranker Menschen geschickt aus und schlägt ein massgeschneidertes Zwischenstück vor. Die Weg- und Ortsbeziehungen fügen sich stimmig in den baulichen und freiräumlichen Kontext ein, sie drängen sich nicht auf und fördern so das Gefühl der Sicherheit. Die Stützmauer, mit ihrer Doppelfunktion von Hangbefestigung und Hochbeet wird positiv bewertet, obwohl die rechtwinklige Arbeitsausrichtung der Rollstühle suboptimal ist. Der Pflegeaufwand für die grossflächigen Staudenbepflanzungen sowie die zahlreichen obstabwerfenden Bäume wäre zu überprüfen.

Insgesamt überzeugt das Projekt mit dem subtilen Umgang des Arbeitsthemas und dem schlüssigen Lösungsansatz der Topographie-Aufgabe. Die räumlichen Besonderheiten am Rande der Altstadt, sowie die Vorgaben der Architektur werden miteinbezogen, entwickeln sich aber zu einer eigenständigen landschaftsarchitektonischen Ausdrucksform. Differenzierte Gartenbilder werden angespielt, andere bewusst offengelassen, vielfältige offene Nutzungen angeboten und räumliche Intimität annonciert. Das Projekt schreibt auf selbstverständliche Weise die Geschichte des Ortes weiter und schafft die Synthese zwischen Anpassung und Eigenständigkeit.

Fazit
Die Lösungsvorschläge im Innen- wie im Aussenbereich zeugen auf eine intensive Auseinandersetzung mit dem Leben an Demenz erkrankter Menschen. Für beide Wohngruppen werden auf angemessene und überzeugende Art und Weise gleichwertige Wohn- und Lebensbedingungen geschaffen. Den Verfassern gelingt es in eindrücklicher Manier, die Komplexität der Aufgabenstellung mit dem richtigen Mass an Eingriffstiefe und Wirkung zu lösen.