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Einladungswettbewerb | 04/2018

Pergolenviertel Baufeld 9 in Hamburg

2. Preis

LH Architekten Landwehr Henke + Partner mbB

Architektur

YLA Ando Yoo Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

dreidesign

Visualisierung

Erläuterungstext

Der dem „Pergolenviertel“ zugrunde liegende städtebauliche Entwurf besticht durch die Setzung großvolumiger Baublöcke, die wie „Findlinge“ fast autistisch im Kontrast zur seicht hügeligen Landschaft der ehemaligen Kleingärten ihre eigenständige Identität entwickeln. Diese ist in den wesentlichen Zügen auch hinsichtlich ihrer Fassadenstruktur, Materialität und Farbigkeit einem Gestaltungsleitfaden weitgehend formuliert und wird in unserem Entwurf fortgeschrieben.

Das Baufeld 9 ist von drei besonderen Kriterien gekennzeichnet:
Baukörperlich ist das Volumen aus einem sechsgeschossigen, tiefen Riegel und einem dreigeschossigen U-förmigen Baukörper zusammengesetzt und bildet damit eine „figürliche Qualität“ aus. Programmatisch ist das Gebäude einem vielfältigem Mix unterschiedlicher Wohnungsgrößen, -formen und -standards als Wohnungseigentum zu widmen. Konzeptionell ist die Lage am „Anger“ der schallbelasteten Nordseite und am Grünzug der ebenfalls schallbelasteten Westseite eine besondere Herausforderung.

Leitidee ist im Sinne des Städtebaus eine ruhige und klare Ausdetaillierung des Baukörpers unter Berücksichtigung der jeweils sehr unterschiedlichen Lagebedingungen der einzelnen Gebäuderiegel. Dabei spielen folgende Kriterien aus unserer Sicht eine hervorzuhebende Bedeutung:

- Die Fassadengliederung rhythmisiert und proportioniert geschlossene und von Fensterflächen perforierte Bereiche blockhaft und unterstreicht damit die figürliche Qualität des Baukörpers.
- Die dekorativen Vermauerungen zwischen den Geschoßdecken greifen die Vorgaben aus der Gestaltungsrichtlinie auf und individualisieren Sie. In unregelmäßiger Weise werden einzelne Steine aus den Läuferschichten hervorgeschoben und formen damit eine „verspielte Vitalität“, die das blockhafte-autistische des Baukörpers mit einem „versöhnlich-individuellen“ Detail kontrapunktiert.
- Alle schallbelasteten Gebäudeseiten werden mit geschoßhoch verglasten Loggien versehen, die sich wie Fenster hinter den Stab-Brüstungen in die Fassadenebene integrieren und den “blockhaften“ Charakter des Bauvolumens im Kontrast zur Landschaft unterstreichen. So wird insbesondere an den der Landschaft zugewandten und aus der Ferne sichtbaren Gebäudeseiten wie auch im Straßenraum auf auskragende Bauteile verzichtet.
- Insbesondere an der Nordseite lassen sich in der großen Riegeltiefe durch verglaste Loggien die Schlafräume klassisch nach Norden und die Wohnräume nach Süden orientieren.
- Das zentrale nördliche Treppenhaus ist als Sicherheitstreppenhaus mit einer Schleuse versehen um den fehlenden zweiten Rettungsweg für die hier ausschließlich nach Süden orientierten Wohnungen zu kompensieren und eine Anleiterungserfordernis aus dem Innenhof zu vermeiden.
- An der „Schnittstelle“ zur Öffentlichkeit ist ein Gemeinschaftsraum für die Bewohner am südlichen Tordurchgang an der Quartiersstraße angeordnet und mit einer Aussenterrasse zum Innenhof ausgestattet.
- In der Nähe zu Fahrradwegen sind an der Nord-Süd sowie der Süd-Ost-Ecke des Gebäudes zentrale und ebenerdige, innenliegende Fahrradräume für die Bewohner angeordnet.

Erläuterung Freiraum

Peripherie
Die Freiräume zwischen dem neuen Baublock und seiner Nachbarbebauung sind im Norden, Süden und Westen von einer bewegten, extensiv gepflegten Wiesenfläche mit eingestreuten Laubgehölzen geprägt. Auf der Nord- und Ostseite ist ein 4 bis 8 m breiter Gartenstreifen mit Quartiersbäumen (Crataegus) geplant, der zwischen den Wohnräumen im Erdgeschoss und dem angrenzenden öffentlichen Straßen- bzw. Angerraum vermittelt.
Die Wiesenfläche im Süden ist außerdem mit Rasenmulden modelliert, um vor Ort Regenwasser versickern zu können. Vereinzelt aufgestellte Spielgeräte erweitern das Spielangebot im Hof.
Zwei Wege verlaufen an der Süd- und Nordgrenze des Baufeldes und verbinden das Quartier mit dem Wanderweg entlang des Saarlandstiegs.
Im Norden erschließt der Weg außerdem den nördlichen 6-geschossigen Gebäudekörper. Dabei verschwenkt er unter Berücksichtigung des Wurzelbereichs des zu schützenden Bestandsbaums an der nordwestlichen Grundstücksecke.
Der Verbindungsweg im Süden verschwenkt ebenfalls, um zwischen den Baublöcken einen best-möglichen Zuschnitt der Grünflächen und einen optimalen Abstand zu den Gebäuden herzustellen.

Innenhof
Die Hoffläche gliedert sich in den 4 m breiten gebäudenahen Gartenstreifen, der privat genutzt wird, den gepflasterten Erschließungwegen und der zentralen Gartenfläche, die als Gemeinschafts- und Kinderspielfläche gestaltet wird.
Die private Gartenzone liegt 50 cm höher als die gemeinschaftliche Hoffläche und ist durch Klinkermauern und –stufen abgegrenzt. Hier können die BewohnerInnen des EG ihre Gärten selbst gestalten und bepflanzen. Als Nutzungsangebot werden Holzdecks vor den Wohnräumen vorgeschlagen.
Die zentrale Hoffläche ist durch eine leicht gewellte und begrünte Topografie zoniert und erlaubt auch das störungsfreie Durchqueren des Hofes vom Wohnquartier zum Hamburger Stadtpark und umgekehrt.
An den 5 Gebäudeeingängen im Hof und den 3 Treppenhäusern auf der Nordseite des Baublocks sind Fahrradabstellplätze für Besucher angeordnet.

Pflanzkonzept
Als großkroniger Leitbaum des Baufelds 9 haben wir die heimische Traubeneiche (Quercus petrea) ausgewählt, die stadtklimatisch für diesen trockeneren Standort gut geeignet ist. Er wird auf den nicht unterbauten Flächen gepflanzt. Die Eicheln reichern das Nahrungsangebot für Tiere an und werden gerne von Kindern zum Basteln gesammelt.
Der im gestalterischen Leitbild vorgegebene Quartiersbaum Rot- / Weißdorn bildet als kleinkroniger Baum die zweite Ebene im Baumgerüst der Aussenanlagen. Da das Baufeld 9 im Süden des Pergolenviertels liegt, sind hier Blütenfarben von blaßrosa bis weiß vorgesehen.
Die dritte Gehölzebene wird dort, wo Sichtschutz notwendig ist, durch frei wachsende Straucharten, wie Hortensie, Hartriegel und Flieder gebildet.
Die peripheren Flächen sind mit Wiesenansaaten begrünt, während die Grünflächen im Hof mit Strapazierrasen und eingestreuten Blumenzwiebeln angesät sind.

Material
Auf allen Erschließungsflächen des Baufelds 9 ist wie vorgegeben ein kleinteiliges Betonpflaster im Reihenverband geplant. Die Überfahrt zur Tiefgarage verläuft über den Gehweg ohne Absetzung durch einen Bordstein und wird durch Pflasternägel markiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser der Arbeit 1253 entwickeln gemäß den Gestaltungsrichtlinien einen ruhigen Block mit „gebänderten“ horizontale Fassaden. Im Bereich der Fensterbänder werden reliefartige Füllungen als Ziermauerwerk vorgeschlagen. Der obere Attikaabschluss erhält ebenfalls ein abgewinkeltes Ziermauerwerk. Insgesamt beschreiben die sockeltiefen Fenster eine relativ ruhige und geordnete Fassade. Im Innenhof werden Balkone mit z.T. Loggien des Nordbaukörpers angeordnet. Die Außenfassaden erhalten mit Ausnahme der Südfassade verglaste Loggien, welche sicherlich auch Anforderungen des Schallschutzes gut aufnehmen können.
Die „Hybridausbildung“ der Loggien und Balkone nach Süden werden baukörperlich/bauphysikalisch eher kritisch gesehen – obgleich die Nutzbarkeit – Privatsphäre gegeben ist. Die Erschließung des Blocks erfolgt folgerichtig von Norden (3 Zugänge), die übrigen Eingänge der Häuser werden vom Innenhof erschlossen und tragen zur Belebung bei. Lediglich die Stadthäuser werden von Osten erschlossen.
Insgesamt sind die Grundrisse – auch die Ecklösungen (Brandüberschlag) gut organisiert. Über 8 Treppenhäuser werden 2-5-Spänner wirtschaftlich erschlossen, wobei die Entfluchtung (Feuerwehr) überprüft werden muss. Die überwiegend durchgesteckten Wohnungen entsprechen den Vorgaben. Die 3 Stadthäuser sind im Osten richtig verortet, welches den Vorteil einer kleineren Freifläche nach Westen zum Innenhof ermöglicht.
Die Tiefgaragenzufahrt befindet sich in der Südostecke – kann aber im Zusammenhang mit der Fassadenlösung (Reinigungsbalkone) nicht überzeugen. Auch muss die Rampenlänge überprüft werden. Die Arbeit leistet einen soliden Beitrag zum urbanen Wohnen im Pergolenviertel. Jedoch können die Fassaden kein emotionales Bild entwickeln – die atmosphärische Anmutung überzeugt nicht.
Der hohe Anteil der Grünflächen sowie die klare Definition von Privatgärten und Gemeinschaftsflächen ist positiv zu bewerten. Die gestalterische Herausarbeitung einer grünen Remise mit vielen Baumpflanzungen schafft eine vielfältige Raumstaffelung. Die Höhenstaffelung im Übergang von Privat- zu Gemeinschaftsflächen schaffen subtil, fein differenzierte Freiräume. Der Innenhof ist barrierefrei erschlossen.
Die Integration einer Photovoltaik- Anlage auf den Dachflächen ist positiv zu bewerten.