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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2018

Ersatzbau Landratsamt Miesbach - Neubau eines Verwaltungsgebäudes einschließlich Außenanlagen

Blick in den Innenhof

Blick in den Innenhof

Anerkennung

Leupold Brown Goldbach Architekten

Architektur

bauchplan ).(

Landschaftsarchitektur

knippershelbig GmbH

Bauingenieurwesen

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Ausgangslage/ Analyse

Am nördlichen Rand der Innenstadt von Miesbach entsteht der zentrale Standort des Landratsamts. Mehrere Abteilungen, derzeit noch über mehrere Standorte im Stadtgebiet verteilt, werden hier zusammengezogen und sollen in einem Neubau zwei bestehende Gebäude ergänzen. Mit der Maßnahme sollen interne Wege verkürzt werden, und eine einzige zentrale Anlaufstelle für Bürger geschaffen werden.

Das Planungsgebiet liegt von Süden aus der Altstadt kommend etwas erhöht und bildet ein wichtiges städtebauliches Bindeglied zwischen historischer Bebauung im Altstadt Ensemble und der angrenzenden teilweise moderneren Wohn- und Gewerbenutzung stadtauswärts. Der Neubau soll Orientierung schaffen im funktionalen als auch städtebaulichen Sinne. Von Norden kommend ist das neue Landratsamt der Auftakt in die Stadt und die Chance mit einer einladenden Geste ein Gesicht zur Stadt zu erzeugen.

Die schönen denkmalgeschützten Massivbauten der Rosenheimer Straße 1 sollen angemessen ergänzt werden. Ein Erhalt der Gebäudesubstanz an der Münchner Straße scheidet aufgrund der schlechten Bausubstanz aus, zudem würde deren Fläche bei weitem nicht ausreichen, um das geforderte Raumprogramm unterzubringen. Der Innenhof zwischen den Baukörpern dient derzeit als Funktionsfläche und erfährt durch die weitgestellten Baukörper keine ausreichende Rahmung. Der an sich schöne Baumbestand entfaltet wenig Wirkung.

Die Heterogenität der angrenzenden Bebauung mit einer sehr großen Bandbreite unterschiedlicher Körnungen zwischen kleinem Wohnhaus und großmaßstäblicher Schule stellt eine große Herausforderung dar. Durch das geforderte massive Raumprogramm wird ein hohes Maß an baulicher Dichte entstehen. Hierfür gesunde Arbeitsverhältnisse zu schaffen, ohne einen Konflikt mit den Bedürfnissen der angrenzenden Wohnbebauung zu erzeugen, ist die Herausforderung für den Entwurf.


Städtebauliches Konzept

Der Dialog mit der historischen Bausubstanz ist der wesentliche Aspekt des städtebaulichen Konzepts. Die neuen Gebäude gruppieren sich um den schönen Baumbestand und rahmen diesen zu einem öffentlichen Garten. Die Häuser schützen ihn vor der lauten Stadt und dem Autoverkehr. Als zentraler Außenraum verbindet der Garten alle Gebäude und Funktionen und wird zum grünen Atrium.

Die Neubauten selber werden - ähnlich wie der Bestand - in zwei Baukörper gegliedert. Beide Häuser sind Langhäuser mit Satteldach und orientieren sich damit an der örtlichen Bauweise. Das westliche Gebäude liegt parallel zur Straße und schützt den Garten. Mit weithin sichtbaren Giebeln nach Norden und Süden verankert es sich stolz im Stadtraum und wird zum Gesicht zur Stadt. Der niedrigere Baukörper steht im rechten Winkel dazu und ist etwas niedriger. Im Erdgeschoss zum Garten befinden sich die zentralen Funktionen wie Sitzungssäle. Der Baukörper treppt sich nach unten weich ab. Beide Häuser sind lediglich im Erdgeschoss durch einen Windfang im Zwischenraum verbunden, hier vernetzen sie sich mit der Umgebung. Durch leichte Knicke in der Fassade entstehen räumliche Aufweitungen im Stadtraum, die die Sperrigkeit der sehr großen Volumen vermeiden. Mit unterschiedlicher Höhenentwicklung und Staffelung wird nicht nur auf den begrenzten Raum des Grundstücks eingegangen, sondern auch die Abstände zu den Nachbarn gewahrt.


Architektur

Die Baukörper selber sind in der stark horizontal gegliedert. Dadurch entsteht eine leichte äußere Erscheinung im Kontrast zu den schweren historischen Massivbauten mit Lochfassaden. Große Glasflächen sorgen für optimal tagesbelichtete Innenräume und Sichtbezüge nach außen. Einem Raster von 1.25 m folgend, entstehen jeweils zwei Bürospangen die durch ein Tageslichtatrium und geschossgebundene zentrale Nebenräume aufgeweitet werden. Es entsteht eine spannungsvolle polygonale Form welche trotz der strengen Rasterung eine spannende Innenwelt erzeugen.


Innere Organisation

Die Aufteilung in zwei Gebäude erzeugt eine räumliche Trennung die zu einer klaren Eingangssituation führt und dennoch eine öffentliche Durchwegung zulässt. Der Verbindungsbau erzeugt einen großzügigen Zugangsbereich und lässt schwellenweise Privatheit zu. Die Funktionen im EG beinhalten ein großes Foyer im Haupthaus sowie im Querbau den Konferenzbereich zum Garten. Sondernutzung liegen gut erschlossen an der Riezlerstraße und belasten den Garten nicht mit KFZ Bewegungen. In den Obergeschossen ist jedes der Häuser in je zwei Bereiche aufgeteilt: an das Atrium und die offene Freitreppe angeschlossen befindet sich ein sehr offener und öffentlicher Bereich mit Wartezonen, Sitznischen und direktem Schalterbetrieb - Konferenzkapseln bilden einen Puffer zur privaten Arbeitsflächen welche an der Fensterfront verortet sind. Somit können Zonen der Privatheit geschaffen werden ohne dem Innenraum den hellen, lichtdurchfluteten Charakter zu nehmen. Im Nebenbereich wird bewusst eine engere Struktur verfolgt. Einzelbüros und privatere Nutzungen sollen Bürgern schon in den Wartebereichen das Gefühl von Sensibilität geben und erzeugen eine ruhigere und intimere Umgebung. In einem Kern sind die Funktionselemente wie Nasszellen, Garderobe, Putzraum und Kopierbereich untergebracht.


Außenanlagen

Die polygonale Formensprache der Gebäude setzt sich im Freiraum fort. Grün bepflanzte Inseln treten in Dialog mit den architektonischen Grundrissen, sodass Innen und Außen einen gemeinsamen Raum formen. Eingeschnittene Sitzkanten erzeugen eine hohe Aufenthaltsqualität. Die grünen Inseln an den Straßenecken dienen als Botschafter und laden die Öffentlichkeit in den Hof ein.


Konstruktion

Das Tragwerk des Landratsamtes ist als vorgefertigte Holz-Beton-Skelettkonstruktion in Elementbauweise vorgesehen. Durch die Ausbildung von tragenden Trennwänden quer zur Fassade können die Fassaden- und die Flurwandachsen weitestgehend von Tragelementen frei ausgebildet werden. Holzstützen sind in die vorgefertigten Trennwandelementen integriert und dienen als Auflager für die vorgefertigten Deckenelemente. Die Bereiche zwischen den Stützen sind nicht tragend ausgebildet und können bei Umnutzungen flexibel verändert werden.

Bei den notwendigen Deckenspannweiten von 7-8 m sind hinsichtlich Brandschutz konventionelle Holzbausysteme nicht mehr ohne weiteres sinnvoll möglich. In der Regel kommen dann Holzkastenelemente oder Massivholzplatten mit Beschwerung zur Schwingungsdämpfung sowie Holz-Beton-Verbund-Decken zum Einsatz. Diese beinhalten jedoch keine passiv nutzbare thermische Masse für ein nachhaltiges Energiekonzept. Hierfür wurde eine „umgekehrte Konstruktion“ als verschraubte Holz-Beton-Verbunddecke mit Brettstapelelementen und darunterliegenden Betonrippen konzipiert. Die Elemente werden in der Werkstatt schubsteif miteinander verschraubt und montagefertig auf die Baustelle geliefert. Die Betonbinder werden durch ein textiles Maschengewebe aus korrosionsfreien Carbonfasern bewehrt und bieten ausreichend passive thermische Speichermasse für den sommerlichen Wärmeschutz. Die Deckenunterseite wird bereits im Werk akustisch wirksam Werk ausgerüstet, die Elektroinstallation an den Decken erfolgt als leicht zu verändernde bzw. zu recycelnde Sichtinstallation.

Auf Grund des umfangreichen Einsatzes von Holz können im Bauwerk ca. 1.400 m³ CO2 gebunden werden, was dem CO2 Ausstoß eines Mittelklasseautos bei 140 Erdumrundungen entspricht.


Klima- und Energiekonzept

Mit der Holzbauweise und Betonfertigteilrippen sowie Isolierverglasung wird ein hoher Nutzerkomfort erreicht. Externe solare Wärmelasten werden durch die auskragenden Balkone und den außenliegenden Sonnenschutz wirksam reduziert. Über die zweiseitige Belichtungsmöglichkeit über Fassade und Atrium wird eine optimale Tageslichtversorgung der Büros erreicht. Eine kontinuierliche Frischluftversorgung wird über in opake Fassadenelemente integrierte, dezentrale Dauerluftelemente gewährleistet, vor denen Plattenheizkörper positioniert sind, zur Erwärmung der eintretenden Frischluft als komfortable Grundlüftung. Durch Überströmelemente in den Trennwänden gelangt die Abluft in die Flurzonen und ins Atrium. Über eine zentral angesteuerte Jalousieklappe kann der thermische Auftrieb im Winterfall auf die gewünschte Grundlüftungsmenge geregelt werden. Bei sinkendem Kaminauftrieb in der Übergangszeit wird ein unterstützender Ventilator zugeschaltet. In Kombination mit Stoßlüftung über die Fensterflügel wird eine optimierte Luftqualität mit minimalem Stromenergiebedarf für Luftförderung gewährleistet.

Über Öffnungsflügel wird eine verstärkte natürliche Querlüftung und damit eine Nachauskühlung der Büroräume im Sommer erreicht. Die Betonrippenträger unter den Holzdecken fungieren als thermische Speichermasse, die passiv gespeicherte Temperatur sorgt im Tagbetrieb über Strahlung für angenehm empfundene Raumtemperaturen.

Die individuelle Raumtemperierung im Winter erfolgt über die Plattenheizkörper an den Fassaden. Die Rücklauf¬leitungen der Heizkörper werden mäanderförmig im Estrich geführt, wodurch ein gutes Drittel der Wärmeabgabe über die Fußböden erfolgt und so behagliche Strahlungs¬wärme mit einfacher Bedienung und sehr guter individueller Regelbarkeit kombiniert wird. Die Wärmeversorgung des Gebäudes erfolgt über den Anschluss an das Biomasseheizkraftwerk der Schule.
Ein weiter Baustein zur Schonung der Energieressourcen wäre die Nutzung von Sonnenenergie über dachintegrierte sehr flach montierte Photovoltaikmodule. Durch eine optimierte Auslegung der Photovoltaikanlagen kann ein hoher Teil des erzeugten Stromes selbst im Gebäude genutzt werden, was die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaikanlagen deutlich verbessert.


Ideenteil

Im nördlich an das Landratsamt anschließende Grundstück werden in einem 2. Bauabschnitt Wohnhäuser untergebracht. Als dreigeschossige Langhäuser mit Satteldach führen sie bezüglich Körnung die von Norden ankommende Zeilenstruktur fort. Das untere quergestellte Gebäude bildet den südlichen Abschluss und das Gegenüber zum Landratsamt. Eine bewusste räumliche Distanz sorgt für ein angenehmes Wohnen trotz der dichten und hohen Bebauung des Verwaltungsgebäudes und für optimal belichtete Freiräume im Süden. Der Freiraum zwischen den Gebäuden ist ein Gemeinschaftsgarten, die gebäudenahen Bereiche Gärten und private Terrassen. Lineare Heckenelemente zonieren öffentliche Bereiche und Privatgärten. Die Stellplätze konzentrieren sich östlich entlang der Riezlerstraße. Dadurch entsteht eine weitgehend verkehrsfreie Kommunikationszone zwischen Landratsamt und Wohnbebauung. Die Häuser sind so angeordnet, dass darunter ein effizientes Tiefgaragenlayout entsteht.
Blick in den Innenhof

Blick in den Innenhof

Grundriss EG

Grundriss EG

Ansicht Süd

Ansicht Süd