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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2018

Synergy Park Lühn in Lingen (Ems)

1. Preis

LAVA - Laboratory for Visionary Architecture

Architektur

A24 Landschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Freiraumkonzept
Trotz seiner urbanen Dichte verflechtet sich der Technologie- und Gewerbepark Lingen mit der Firmenzentrale der Gerhard Lühn GmbH eng mit der umgebenden Kulturlandschaft. Ein urbaner Kern bündelt die Hauptgebäude und bildet die erste Entwicklungsstufe. In weiteren Entwicklungsstufen wird dieser Kern zu einem weitläufigen Campus mit Startup-Unternehmen aus der High Tech-Branche und Spezialfirmen aus dem verarbeitenden Gewerbe erweitert. So wird das Kerngeschäft der Gerhard Lühn GmbH um weitere Spezialgebiete ergänzt und entstehende Synergieeffekte genutzt. Der äußere Ring bildet mit seinem extensiven Agrarpark den Übergang zur offenen Landschaft. In der Ausbildung des Wegenetzes und der Dimensionierung der Grundstücksflächen wird die vorhandene Parzellierung der Agrarlandschaft weitergeführt und neu interpretiert.

Die neu gestaltete Bushaltestelle markiert als ikonographische Betonskulptur und wichtige Visitenkarte der Gerhard Lühn GmbH den südlichen Hauptzugang in das Gebiet. Eine einladende, platzartige Eingangssituation mit einer sanften Rasentopographie und dem Firmenemblem der Gerhard Lühn GmbH verbindet die Bushaltestelle mit dem zentralen Hauptplatz. Die Plaza bildet das öffentliche Zentrum des neuen Quartiers. Die Haupteingänge der vier Baukörper orientieren sich zum Platz und schaffen so einen belebten Ankunftsort und Treffpunkt bis weit in die Abendstunden. Ein Café mit Außengastronomie und Blick auf das zentrale Wasserspiel schaffen eine hohe Aufenthaltsqualität.
Sowohl der lärmintensive Anlieferungsverkehr mit den Rangier- und Lagerflächen als auch der ruhende Verkehr werden an die Ränder verlagert und somit visuell aber auch akustisch aus dem zentralen Bereich ausgeblendet. Der charakteristische Feldgehölzsaum entlang der B70 wird an mehreren Stellen ausgelichtet und gibt so den Blick auf das markante Gebäudeensemble frei. Nach Norden wird der Saum erweitert und schirmt die Werkhalle mit ihren weitläufigen Lagerflächen visuell ab.

Die Gebäude erhalten klare Vorzonen. Niveaugleiche Ringe aus großformatigen Betonplatten folgen dem gekrümmten Verlauf der Gebäudeformen und integrieren Fahrradbügel und Sitzelemente. Die einzelnen Nutzungsbausteine erhalten intimere rückwärtige Bereiche.
Die KITA orientiert sich mit einem großzügigen Spielbereich nach Süden und wird durch einen ringartigen Wall räumlich abgeschirmt. In die Topographie integrierte Spielelemente schaffen vielfältige Aktivitäts- und Aufenthaltsbereiche für verschiedene Altersstufen. Ein von allen Seiten gut einsehbares Atrium schafft im Gebäudeinneren einen zweiten Spielbereich für die ganz Kleinen.
Dem Verwaltungsgebäude wird ein stimmungsvoller Firmengarten mit Sitzgruppen zugeordnet. Ein lichter Birkenhain umspielt das Gebäude im Westen und unterstreicht mit seinem filigranen Habitus die Wirkung der Architektur.
Die Einzelbauten des Startup-Campus werden durch kleine ungezwungene Aktivitäts- und Begegnungszonen ergänzt und mit Wegeschleifen zusammengehalten. Während die Außenbereiche dem übergreifenden Austausch und gemeinsamen Aktivitäten dienen (mit den lärmintensiveren Nutzungen in den Randbereichen), werden in den Innenhöfen ruhigere Aufenthaltsbereiche angeordnet.

Die Ränder des Areals schaffen eine Übergangszone zu den angrenzenden Feldfluren mit hohem Freizeitwert. Feldstrukturen und lineare Wegesysteme bilden das Grundgerüst des neuen Typus Landschaftspark. Frei verteilte Baumgruppen aus Feldgehölzen und Obstbaumsorten (wie Acer campestre und Pyrus calleryana) schaffen angenehm schattige Orte inmitten der weiten Wiesenflächen. Als zusätzliche Schicht durchziehen Rundwegeschleifen aus farbigen EPDM-Belägen den gesamten Campus und erlauben unterschiedlich lange Lauf- und Wanderrouten. Sie nutzen die Weitläufigkeit des Areals und seine landschaftlichen Qualitäten. Frei verteilte Picknickdecks, Sportfelder (wie Basketball, Beachvolleyball und Bolzplatz) sowie Fitness-Stationen lagern sich an den Wegebändern an und bilden attraktive Treffpunkte in der Mittagspause oder in den Abendstunden. Selbstpflücker- und Gemeinschaftsgärten und ein eigener Kräuter- und Gemüsegarten für das benachbarte Restaurant schaffen intensiv bewirtschaftete Inseln inmitten der extensiven Agrarlandschaft. Der freizuhaltende Korridor entlang der Erdleitungen wird wie selbstverständlich in den landschaftlichen Parksaum integriert.

Es entsteht ein dichtegewebtes Campusareal mit atmosphärisch ganz unterschiedlichen Teilbereichen.


Erschließung
Die Erschließung des Areals erfolgt über eine effiziente Verkehrsführung. Flächenintensive Stichstraßen mit Wendehammer werden vermieden. Die Hauptzufahrt erfolgt über den ausgebauten Knoten Süd. Lkw- und Pkw-Verkehrsströme werden weitestgehend voneinander getrennt.
Der Lkw-Verkehr wird über die Erschließungsstraße parallel zur B70 abgewickelt, mit Anbindung an die Werkhalle und die rückwärtigen Lagerflächen, und verlässt über die Ausfahrt am Knoten Nord das Gebiet in Richtung Lingen und Knoten B213.
Der Pkw-Verkehr wird über eine einzelne Ringstraße durch das gesamte Gebiet geleitet. Diese einfache Verkehrsführung erlaubt eine konfliktfreie Trennung der Verkehrsströme und hält den inneren Kern des Areals frei vom motorisierten Verkehr.
Der ruhende Verkehr wird nördlich der Werkhalle in einer mehrgeschossigen Parkgarage für 300 Pkw untergebracht (in der ersten Ausbaustufe als ebenerdige Stellplatzflächen auf dem Baugrundstück). Dezentral werden straßenbegleitend und in einer Tiefgarage des Lühnbau-Verwaltungsgebäudes weitere 100 Pkw und eine E-Ladestation untergebracht.
Eine großzügige Verkehrsinsel am Verkehrsknoten Süd integriert die neue Bushaltestelle und schafft eine einladende Eingangssituation in den zentralen Campusbereich.


Entwicklungsstufen
Das Gebiet kann in mehreren Entwicklungsstufen realisiert werden. Den Kern bildet das Ensemble aus vier Baukörpern: das Verwaltungsgebäude und die Werkhallen der Gerhard Lühn GmbH, das Service- und Startup-Gebäude und die KITA. Als visuell markanter Kern mit Fernwirkung definiert dieser das Herz des neuen Stadtteils. In einer ersten Erweiterungsstufe kann das Startup-Gebäude um weitere Bausteine zu einem High Tech Campus erweitert werden. Der äußere Ring kann sukzessive durch weitere Baukörper ergänzt und verdichtet werden. Die grobmaschige Struktur aus Agrar- und Parkflächen erlaubt eine flexible Parzellierung und einfache Nachverdichtung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf beruht auf dem Campus-Gedanken, der prägnante, frei geformte Baukörper für die Lühn Bau GmbH gut sichtbar als Auftakt des neuen Gewerbestandortes vorsieht. Um diese Gebäude, die eine starke Corporate Identity aufweisen, gruppieren sich flexibel klein- bis großteilige, robuste Gewerbe- und Büroflächen, angelagert an eine umlaufende Ringerschließung. Diese städtebauliche Struktur schafft überzeugend einen robusten Rahmen für ein in jedem Bauabschnitt sehr gut strukturiertes und nicht unvollständig wirkendes Gebiet, und einen Campus, der die Potentiale des Standorts nutzt und allen Baufeldern gute Adressen bietet. Die räumliche und funktionale Vernetzung mit der Landschaft durch Geh-, Rad- und Freizeitwege wird ausdrücklich begrüßt. Zu klären ist, wie das Gebäude an der Südspitze, neben der richtig platzierten und gut gestalteten Bushaltestelle gelegen, seine besondere Lage und Bedeutung als Auftakt voll ausschöpfen kann. Dieser so präsente Auftakt kann die Besonderheit der freien Form vertragen und bedarf in jedem Fall einer exzellenten architektonischen Ausformung. Zu prüfen ist die Länge der Fassaden nach Osten, die in der jetzigen Form zu abschottend wirken. Als weiteres scheint das drei- bis viergeschossige, nordöstlich an das Start-up-Gebäude anschließende innere Baufeldüberfrachtet. Hier könnte fast zwingend eine zusätzliche südliche Erschließung und eine lockerere Bebauung Abhilfe schaffen, gerade auch, weil die Flächenausnutzung insgesamt überraschend hoch ist. Zu korrigieren ist die Lage der Gebäude im Nordwesten in der Baubeschränkungszone. Zu lösen sind die Anlieferung der Gebäude für Lühn-Verwaltung und das Start-up sowie die Anordnung von Gästestellplätzen. Sehr positiv wird der architektonische Ausdruck der wankelförmigen Gebäude gesehen, der dem gesamten innovativen Ansatz entspricht und auch in ihrem Inneren mit den gläsernen Atrien sehr gut nutzbare Räume mit einem hohen Potential für gemeinschaftliche Nutzung und Kommunikation schafft. Dies gilt sowohl für das Verwaltungsgebäude als auch für die Start- Up-Gebäude und auch für den Kindergarten. Die gestalterische Integration der Werkhalle über die große Dachfläche ist eine der großen Qualitäten des Entwurfs, mit der eine überzeugende Antwort für die Aufgabe gefunden wurde, allen Mitarbeitern der Firma eine gemeinsame Identität zu geben. Die Nutzung des Dachs zur Energiegewinnung ist die konsequente Antwort auf den mit dem Projekt bedingten großformatigen Flächenverbrauch und als wirksamer Beitrag zu einer energetisch nachhaltigen Standortentwicklung. So schafft der Entwurf ein schlüssiges Konzept vom städtebaulichen Ansatz über die raumund identitätsprägende Architektur bis zu den Details von bildhaften und doch technisch gut überlegten Fassaden und energietechnischen Details. Tatsächlich kann so ein Technologie- und Gewerbepark für das Handwerk 4.0 in Zukunft aussehen und Raum für unterschiedliches Arbeiten und auch für Freizeit verbinden. Da wünscht man sich doch tatsächlich eine Erweiterung nach Süden. Insgesamt bildet der Entwurf einen hervorragenden Beitrag zum Wettbewerb, der sowohl für die städtebauliche als auch die hochbauliche Dimension den Rahmen für eine zugleich Identität bildende und funktionale Bebauung schafft.
Freiraumkonzept M 1:1000

Freiraumkonzept M 1:1000

Freiraumkonzept M 1:500

Freiraumkonzept M 1:500