modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 12/2007

:agrohort – Lebensräume der Zukunft

2. Preis

HAHN HERTLING VON HANTELMANN

Landschaftsarchitektur

Dennis Wagner arch42

Architektur

Erläuterungstext

: agrohort Gesamtperspektive
In Klein-Altendorf soll zwischen Rheinbach und Meckenheim rund um das im Jahr 2002 von der Universität Bonn etablierte Kompetenzzentrum Gartenbau (KoGa) ein konzentrierter Projektstandort entstehen, in dem zukunftsbewandte Formen des Gartenbaus und der Landwirtschaft sowie eine anwendungsorientierte Forschung intensivst praktiziert werden können. Um der steigenden Bedeutung und gesellschaftlichen Relevanz dieser Themen (Lebensmittelbranche, Tierhaltung und Pflanzenproduktion) Rechnung zu tragen, soll dieses Areal einem interessierten Publikum öffentlich präsentiert und erfahrbar gemacht werden.
Entsprechend werden in naher Zukunft am Standort Klein-Altendorf mehrere Lehr- und Forschungsstationen der Universität Bonn zusammengezogen. Hierbei entsteht zusätzlicher Bedarf an Gebäuden und nutzbaren Freiflächen. Im Zusammenspiel mit anderen Standorten der Forschungs- und Produktionslandschaft aus Obstplantagen und Baumschulflächen in der Umgebung entwickelt ist eine überregionale Forschungs- und Produktionslandschaft im Begriff, sich zu entwickeln, für die :agrohort einen zentralen Schwerpunkt bildet.


Idee
Der Entwurf schlägt als zentrales Rückgrat der Anlage eine direkte Verbindung zwischen der bestehenden Obst- und Versuchsanstalt (OVA) und der Gutswirtschaft in Form eines markantes Landschaftsbandes vor. Dichte Baumreihen flankieren es in Nord- / Südrichtung und zeichnen es räumlich in der Landschaft nach. Das gesamte Areal rahmt zusätzlich im Übergang zur offenen Landschaft eine großzügig gesetzte Baumreihe, die dem Besucher Maßstäblichkeit und Weite vermittelt


Technische Kulturlandschaft
Zentraler Aspekt des Gesamtkonzeptes ist ein effizientes Flächenmanagement des Wettbewerbsareals. Die technische Kulturlandschaft wächst so aus der vorhandenen Kulturlandschaft heraus und entwickelt eine individuelle Ästhetik. Ein gleichmäßiges Raster als idealisiertes Maßsystem bildet die Grundlage für eine rational optimierte Nutzung und überzieht das gesamte Planungsgebiet. Die Landschaft wird zum flexiblen Arbeitsgerät, das auf die individuellen Forschungsparameter reagieren kann. Die Themen Landwirtschaft und Gartenbau vermitteln sich somit nicht nur durch Pflanzen, sondern ihre Kultivierung lässt sich ebenfalls in der Struktur der Landschaft ablesen. Eine begehbare Forschungslandschaft lädt als besonderer Baustein der Regionale 2010 zur Erkundung ein.


Erschließung
Die Haupterschließung des Areals erfolgt über die zentralen Asphaltstraßen des Bandes. Zwischen ihnen und einem äußeren Rundweg spannen sich in Ost-West Richtung verbindende Weg- und Sichtachsen auf. Zwischen ihnen, um je eine Rastergröße versetzt, verlaufen parallel die Erschließungsachsen der landwirtschaftlichen Nutzfahrzeuge. Der äußere Rundweg ermöglicht eine flexible Anbindung an das überregionale Wander- und Wegenetz. Die Eingangsbereiche zum :agrohort sind durch die Gebäudeensembles der OVA im Norden und der Gutswirtschaft im Süden klar definiert.


Nutzung und Bewirtschaftung
Das Landschaftsband stellt nicht nur räumlich eine direkte Verbindung zwischen OVA und Gutswirtschaft her, sondern ist gleichzeitig ein komprimiertes Informationsband für den Besucher: Das Band der Wissenschaften. An den Schnittstellen des Bandes mit den Wegachsen in Ost- West Richtung sind Platz- und Aufenthaltsflächen formuliert, die durch ein modulares System von Info-Tafeln wissenschaftliche Inhalte der Anbauflächen vermitteln. Entsprechend stellen die Felder innerhalb des Bandes als durchgängig öffentlicher Bereich die ‚natürlichen Ausstellungsobjekte’ dar. Von den Plätzen aus kann die Forschungslandschaft über die Wegachsen Richtung Westen und Osten vertiefend erkundet werden. In dem Bereich außerhalb des Bandes besteht jederzeit die Möglichkeit, sensible Bereiche (z.B. die sensiblen Bereiche der OVA) aus dem Publikumsverkehr herauszunehmen und entsprechend die Wegeführung mit einem mobilen Absperrsystem um zu lenken. Auftakt und gleichzeitig Abschluss der Platzabfolgen bilden jeweils OVA und Gutswirtschaft mit ihren begehbaren Dachterrassen.

Das klar strukturierte Grundnetz der Wege ermöglicht eine problemlose Überlagerung von Besucherströmen (u.a. Radfahrer, Skater) und der Bewirtschaftung durch Nutzfahrzeuge. Die 1 ha großen Feldmodule können entsprechend der Anforderungen beliebig weiter gerastert und untergliedert werden.
Die Wegachsen in Ost-Westrichtung bestehen neben dem Wirtschaftsweg (Breite 4,50 m) aus einem 1,50 m breiten Asphaltband. Eingelassene Betonsteine mit Zahlenmarkierung generieren eine Maßleiste, die zum Abstecken der einzelnen Feldgrößen dient und für den Besucher zur Orientierungshilfe wird. Bei Bedarf dienen die Markierungssteine als Anhaltspunkte für flexible Beschriftungsfelder. Die Forschungslandschaft wird mit der Maßleiste gemäß ihrer rationalen Nutzung ‚kartiert’.

Das Band der Wissenschaften mit seinen Platzabfolgen, die Baumreihen in der Landschaft und die Weg- und Sichtachsen als Verbindung von Band und Rundweg mit ihren Maßleisten bilden ein klares räumliches Leit-und Orientierungssystem zur Erkundung der verschiedenen Bereiche dieser Kulturlandschaft.

Landschaftsraum Graben
Der Steigerbach wird naturnah ausgebaut und fungiert als Landschaftsrücken der Anlage und verbindet sie über ihre Grenzen hinaus mit der Umgebung. Durch das Wegenetz innerhalb des Areals wird dieser Raum ebenfalls erlebbar.


OVA
Die nördliche Anbindung des Gebietes erfolgt über die L 158 und erschließt vordergründig die OVA. Das Band der Wissenschaften artikuliert sich an der L 158 über die gesetzte Baumreihe und führt die Besucher zum neuen Verwaltungsgebäude, welches in zentraler Lage die bestehenden Gebäude der OVA sowie die neue Gemüse- und Gerätehalle als auch den Gewächshauskomplex räumlich kommuniziert.

Verwaltungsgebäude und Gewächshauskomplex stellen durch ihre Lage den nördlichen Auftakt bzw. Abschluss des Bandes dar. Beide Gebäude stehen auf einer ‚Intarsie’ im Band, welche sich in seiner Materialität von der Umgebung bewusst unterscheidet. Ein Regenrückhaltebecken empfängt den Besucher auf einer repräsentativen Platzsituation und sorgt gleichsam für eine individuelle klimatische und energetische Versorgung des Gewächshauses. Durch den Wassergraben wird so der sensible Bereich ohne die Notwendigkeit einer baulich-räumlichen Trennung realisiert und der inhaltliche Aspekt repräsentativ artikuliert.

Im Erdgeschoss der Verwaltung befindet sich ein Info-Bereich, welcher als Erweiterung des angrenzenden Seminarbereiches flexibel nutzbar ist. Eine begehbare Dachterrasse ermöglicht die Wahrnehmung des gesamten OVA Ensembles innerhalb des Bandes der Wissenschaften.


Gutswirtschaft
Südlich erfolgt die Anbindung des Gebietes und des Landschaftsbandes über die Landstraße Klein-Altendorf, welche den Gutshof gleichermaßen erschließt als auch vom Wettbewerbsgebiet trennt.

Um der räumlichen Trennung entgegen zu wirken, sieht der Entwurf analog zur OVA eine weitere ‚Intarsie’ vor, die über die Landstraße hinaus mit dem bestehenden Hof der Gutswirtschaft ein harmonisches Ensemble bildet. Das nördlich rahmende Bauvolumen der ‚Intarsie’ bildet die Maschinen- und Werkstatthalle, die durch die gegenüberliegend organisierten Gebäudekörper ein Portal zum weiteren Band der Wissenschaften darstellt und einen klaren Raum zum Gutshof definiert. Zusammen mit dem neuen Wohngebäude und einem weiteren Regenrückhaltebecken entsteht so ein räumlich-inhaltliches Ensemble, welches der Bedeutung des Gutshofes im Zusammenhang mit dem Wettbewerbsareal Rechnung trägt.

Im Erdgeschoß des Wohnpavillons befinden sich ein Info- bzw. Seminarbereich und ein öffentlicher Zugang zur Dachterrasse.

In den beiden Seitenflügeln des Gutshofes erscheint die Organisation einer permanenten Ausstellung der Gesamtanlage :agrohort sinnvoll. Das Haupthaus stellt baulich und historisch den repräsentativen Teil des Ensembles angemessen als Verwaltung dar. Der südwestliche Teil des Seitenflügels bietet sich durch seine separate Erschließung und direkte Anbindung an das neue Weideland als Lager und Gerätehalle an.

Der vorwiegend sensible Tierkomplex ist über das Band erschlossen, liegt jedoch, räumlich getrennt, frei in der neu entstehenden Weidelandschaft.

Die neue Verwaltung der OVA sowie der Wohnpavillon der Gutswirtschaft sind monolithische Gebäudetypen, welche als steinerne Gebäudekörper Bezug auf die Architektursprache des Gutshofes nehmen. Die Hallen sind über Stahlkonstruktionen mit Holzverkleidungen in ihrer Textur und Materialität der Sprache der ländlichen Scheunen geschuldet.


Realisierung
Als erster Realisierungsschritt ist das Landschaftsband als Rückgrat für den :agrohort zwischen OVA und Gutswirtschaft vorstellbar. Die sich bereits im Besitz des Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW befindlichen Grundstücke bilden hierfür die Basis. Von ihm aus können etappenweise und flexibel alle weiteren landschaftlichen (Wegachsen/Rundweg) sowie architektonischen Elemente, bis zu einer späteren Erweiterung über den Rundweg hinaus, realisiert werden. Die Regionale 2010 ist ein Auftakt für diesen Forschungsstandort, der Entwurf bietet mit einem konzentrierten Einsatz der Finanzmittel ein flexibles Gerüst für eine nachhaltige und jederzeit erweiterbare Entwicklung dieses Areals.