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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2018

Sanierung und Erweiterung des Jahn-Museums in Freyburg

3. Rundgang

Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA PartGmbB

Architektur

Erläuterungstext

Das neue Museum ist ein räumliches Ensemble, in dessen konzentriertem Blickpunkt Friedrich Ludwig Jahns historische Wohnhäuser mit Garten stehen. Abgerundet wird dieses Ensemble durch Neubauteile, die als Hybride zwischen Pavillon und gebauter (Dach)Landschaft entwickelt wurden.
In diesem Verständnis ist das neue Jahn-Museum ein Haus, das differenziert in Erscheinung tritt und dadurch dem Bestand Respekt zollt als auch Eigenständigkeit in der neuen Fügung erlangt.
Die Topographie des Geländes unterstützt dieses Konzept: auf der ursprünglichen Kellerebene „umarmt“ der Neubau das alte Haus, so dass an der Schlossstraße ein neuer ebenerdiger Eingang entsteht. Auf der Erdgeschossebene stellt sich der Neubauteil besonders zum Garten als frei stehender eingeschossiger Pavillon dar, während er sich von der Schlossstraße und vom Berg kommend als Aussichtsplateau anbietet.
Der Haupteingang zum Jahn-Museum bietet sich den Besuchern im Neubau mit einer großzügigen Öffnung an der Schlossstraße an. Ein kleiner Vorplatz in unmittelbarer Nähe zur Gartentreppe mit Pforte weitet den Straßenbereich hier auf, so dass ein Sammlungsbereich mit Aufenthalts- und Wartemöglichkeiten auch für Besuchergruppen entsteht.
Sodann wird ebenengleich das Foyer mit Ticketverkauf und Shop erreicht, an das sich die Bibliotheksräume im Kellergewölbe und die Wechselausstellung in der Neubautiefe anschließen. Richtung Südhang werden Depoträume mit ihren spezifischen Anforderungen organisiert. Die Mündung an der südlichen Stützmauer bietet über einen Lichthof - in den Konturmauern des vormaligen Kegelhäuschens - die Chance einer natürlichen Belichtung für Arbeitsplätze bzw. ein Schaudepot an dieser exponierten wie introvertierten Stelle.
Neben den kubischen Einbauten für die Nebenfunktionen zoniert der plastische Treppenblock Foyer und Wechselausstellungsbereich. Gleichzeitig lenkt er um die atmosphärisch eindrucksvollen Naturbruchsteinwände der künftigen Bibliothek und lädt zum Gartengeschoss ein. Bereits auf der Treppe vervollkommnet sich dem Besucher das Bild des Jahn-Hauses mit der Sicht auf die historische Giebelseite durch die großzügigen Fensteröffnungen des Neubaus. In der offenen Fuge wird ein barrierefreier Übergang zum Erdgeschoss des Bestandshauses mit der Dauerausstellung vorgeschlagen. Gegebenenfalls und unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange kann hier eine witterungsgeschützte Lösung umgesetzt werden. Im Neubau setzt sich die Wegeführung geradlinig an den Büros vorbei zum Pädagogikraum fort und mündet im Café mit Panoramablick.
Konferenz- und Pädagogikraum sind zusammenschaltbar und mittels einer mobilen Trennwand über den Flur bis zum Garten zu erweitern. Auf diese Weise können Innen- und Außenraum fließend genutzt werden. Über den Garten gibt es eine weitere Zugangsmöglichkeit zum Jahn-Haus. Die Erschließung der Dauerausstellung über die Fuge und eine raumhohe Flurtür eröffnen eine ungestörte Konferenz- und Schulungsnutzung im Pavillon, der bedarfsweise autark über die Gartenpforte erschlossen werden könnte.
Im Jahn-Haus findet die Dauerausstellung ihren Platz - hauptsächlich im Erdgeschoss, teilweise im Dachgeschoss. Die Substanz und Treppenerschließung werden erhalten. Entfernte Originalwände, die zum räumlichen Verstehen des Ursprungshauses fehlen, könnten unter denkmalpflegerischer Korrespondenz durch Komponenten des neuen Ausstellungskonzeptes eingefügt werden. Alt & Neu blieben auch hier lesbar und würden trotzdem ein räumliches Ganzes.
Durch die stark ansteigende Schlossstraße wird das Schwerlastdepot ebenerdig von dort zur Belieferung erreicht. Der große Aufzug im Zentrum erlaubt als vertikale Verbindung eine Splittung der Depots auf zwei Ebenen - er funktioniert als „Durchsteiger“ für die Belieferung der tieferen Kellerdepots sowie zur barrierefreien Erreichbarkeit aller Ebenen.
Das historische Jahn-Haus steht im Zentrum des Museumsensembles. Klar zeichnet es sich allseits erkennbar ab. Unterstützt wird diese räumliche Wirkung durch die Materialwahl, die Alt von Neu klar unterscheidet und trotzdem atmosphärische Brückenschläge sucht: Im Äußeren treten die Neubauteile durch Stampfbeton in Erscheinung. Mit seinen unregelmäßigen, leicht welligen Schichten in erdigen Farbtönen korrespondiert er mit dem schroffen Bruchsteinmauerwerk. Der helle Terrazzoboden mit Kalksteineinschlüssen und die helle Decke mit den runden Oberlichtern bilden einen freundlichem Kontrast im Eingangsbereich. Eschenholz für die Raumboxen und Möbel in diesem Bereich sowie der hölzerne Treppenblock ergänzen den Farb- und Materialkanon. Die Holztreppe bildet den Auftakt zum Wandel der Materialbelegung im Neubauteil. Mit zunehmendem Licht und nutzungsbezogen sind im Gartengeschoss Boden und Decke holzbekleidet, während die Innenwände im Farbkontrast die schwebende Wirkung der Decke unterstützen.
Konstruktiv wird der Neubauteil eigenständig als Stahlbetonkonstruktion mit Stahl- bzw. Stahlbetonstützen errichtet. Der Sonnen- und Blendschutz kann durch einen beweglichen außen liegenden Edelstahlbehang gewährleistet werden. Zu Zwecken des Brandschutzes werden Trennelemente wie Türen zu den Depots und verdeckte Brandschutzvorhänge (zum Altbau EG) eingesetzt.
Die Wegeführung wird durch die Lichtinszenierung gefördert, die prinzipiell vom Licht ins Licht führt. Die großen Öffnungen zum Eingang, Panorama und Garten als natürliche Lichtquellen werden ergänzt durch Oberlichter und Leuchten wie die Lichtfuge zum Altbau sowie die objekthaften Deckenleuchten im Gartengeschoss. Objekt, Vitrinen- und spezifische Beleuchtungssysteme gem. der Ausstellungskonzeption ergänzen diese Basis. Die Museumsfunktionen werden gestalterisch einprägsam durch ihre räumliche Einordnung unterstützt z.B. die Bibliothek in introvertiert konzentrierter Lage im ehrwürdigen Gewölbe, Schulungsräume offen und licht zum Garten, Café mit toller Aussicht und selbstverständlich die Dauerausstellung in authentischen Originalräumen.
Die Freiflächen entwickeln sich aus dem vorgefundenen Bestand, sanieren die denkmalgeschützten Bereiche und integrieren in zurückhaltendem Duktus das neue Gebäude und die neuen Wegeverbindungen durch den Museumsbereich in die vorgefundenen Strukturen. Der Ehrenhof mit seinem denkmalgeschützten Bestand und seinen ihm eigenen Schichten wird nach einer noch zu erstellenden denkmalpflegerischen Zielsetzungen in Wert gesetzt.
Mit marginalem Spiel der Höhen wird auch der Freibereich weitgehend barrierefrei erschlossen. Die historischen Wege zum Schloss werden adaptiert. Die Schlossbergstrasse wird als verkehrsberuhigter Bereich mit einheitlichem Pflasterbelag und gliedernder Mittelrinne entwickelt. Mit Rampe und Stufe wird vor dem neuen Eingang eine einladende wie barrierefreie Vorzone geschaffen. Fahrräder werden dezent an der alten Gartenmauer verortet.