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Einladungswettbewerb | 07/2018

„Am Bahnhof“ in Kolbermoor

Bahnhofsvorplatz

Bahnhofsvorplatz

1. Preis

Preisgeld: 11.700 EUR

Auer Weber

Architektur

grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner partnerschaft mbb

Landschaftsarchitektur

PSLV Planungsgesellschaft Stadt-Land-Verkehr GmbH

Verkehrsplanung, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept / Nutzungsverteilung
Das Bahnhofsgebäude und der neu gestaltete Vorplatz bilden den Auftakt der städtebaulichen Neuordnung entlang der Haßlerstraße, die eine Abstufung von öffentlicher Infrastruktur im Osten zu privater Wohnnutzung im Westen des Planungsgebiets vorsieht. Dazwischen befinden sich das neue Parkhaus in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof und eine Fläche für gewerbliche Nutzung im Übergangsbereich zum Wohngebiet.

Bahnhof
Wir schlagen vor, das Vordach der entlang der Nordfassade des Bahnhofs angeordneten Wartehalle Richtung Westen zu erweitern, wo dieses zugleich die Überdachung für 200 Fahrradstellplätze und -boxen bildet. Nun stehen Bahnhofsgebäude, Heimat- und Industriemuseum sowie die ehemalige St.-Anna-Apotheke als Solitäre an einem gerahmten Platz, der künftig alle öffentlichen Verkehrsarten – Bus, Rad, Bahn – in einem Punkt konzentriert. Gestärkt durch die flankierenden Bauten der BRK-Fahrzeughalle und der neuen Fahrradüberdachung bleibt das Bahnhofsgebäude die städtebauliche Dominante am Platz.
Der Bahnhofsplatz kann durch die neue, starke Fassung als einfacher, übersichtlicher und offener Platz gestaltet werden. Ein weit ausladender Baum (z.B. Zelkove oder Flügelnuss) bildet die neue Mitte und ist Treffpunkt für Wartende, Besucher und An- und Abreisende. Neben den beiden in gegenüber des Bahnsteigs angeordneten Bushaltebereichen liegen die Drop-Off und Taxi-Stellplätze vor dem Bahnhofsgebäude.

Apothekergarten
Im Süden schließt der neue, nun öffentlich nutzbare „Apothekergarten“ an. Über die Absenkung von etwa 1,5m gelangt man hier in einen geschützten, grünen und ruhigen Ort für Besucher und Anwohner. Der Garten kann, neben seiner Funktion als kleiner, öffentlicher Park, im Rahmen der zukünftigen Nutzung der ehemaligen St. Anne Apotheke (z.B. Café, Jugendtreff, Kulturwerkstatt etc.) vielfältig bespielt werden.

Parkhaus
Westlich an den Bahnhofsvorplatz angrenzend und somit vom Bahnhof auf kürzestem Weg erreichbar befindet sich das neue Parkhaus. Wir schlagen vor, es entgegen der Vorgaben der Auslobung nicht vom Kreisverkehr zu erschließen, sondern direkt über die Haßlerstraße, die in diesem Bereich mit einer Linksabbiegerspur erweitert wird. Dadurch kann der mit Büros und Dienstleistungseinrichtungen zu entwickelnder Bereich zwischen Kreisverkehr und Parkhaus zugunsten großzügig gestalteter Freiflächen von Durchgangsverkehr freigehalten werden. Die Ausfahrt erfolgt über die Ostseite des Parkhauses und mündet in die Nord-Süd-Verbindung.

Gewerbe, Dienstleistung, Wohnen
Durch die Verlegung der Parkhauszufahrt kann der verkehrsfreie Bereich nördlich des Kreisverkehrs jetzt als gut dimensionierter Quartierszugang ausgestaltet werden.
Im Westen des Parkhauses, zur lärmbelasteten Haßlerstraße, schlagen wir eine eher geschlossene, lineare Bebauungsstruktur vor mit Ausnahme der größeren Aufweitung im Bereich des Kreisverkehrs. Ein weiteres Bebauungsband entlang der Bahnlinie besteht aus versetzt zu den südlichen Baukörpern angeordneten Zeilen und Hochpunkten. Da die Bahngleise im Norden keine große Lärmquelle darstellen (nur ein- bzw. abfahrende Züge im halbstündlichen Takt) können hier größere Abstände zwischen den Häusern gewählt werden, die stärker auf die lockere, durchgrünte Bebauung nördlich der Gleise reagieren. Diese eher kleinteilige Körnung wird noch verstärkt durch moderate Hochpunkte, welche durch ihre größeren Gebäudetiefen vielfältig zonierte Innenhöfe zwischen den Gebäuden entstehen lassen, die fließend ineinander übergehen. Die Hochpunkte der bahnseitigen Baukörper werden aufgrund der unkritischen Verschattungssituation um ein Geschoss höher als die südlichen Hochpunkte ausgebildet. Die Wohnungen erhalten ihre Zugänge über die innen liegenden Hofräume und eine Tiefgaragenzufahrt im Bereich der westlichen Grundstücksgrenze.
Die Wohnhöfe bieten die Möglichkeit für die Anwohner sich zum ungezwungen Beisammensein: Man kann auf einer der zahlreichen Sitzgelegenheiten unter Bäumen zusammensitzen, sich mit anderen Familien am Spielplatz verabreden oder sich auf den großen Dachterrassen zum Grillen treffen. Die nötigen Feuerwehrzufahrten und Radstellplätze sind möglichst unauffällig in die Gestaltung integriert.

Grüne Fuge
Südlich des neuen Kreisverkehrs und der Haßlerstraße greifen wir das historische Bild wieder auf: Ursprünglich gab es hier eine lange, traufständige Bebauung, die nach Süden mit einem breiten baumüberstandenen Platz den Abschluss des Quartiers gebildet hat. Diese „Grüne Fuge“ stellen wir wieder her und schaffen gemeinsam mit den beiden neuen traufständigen Gebäuden, die die Körnung der umliegenden Gebäude wieder aufgreift, einen klaren Eingang in das südlich gelegene Quartier. Zugleich ist die „Grüne Fuge“ auch ein Puffer des Wohnquartiers zu dem lebendigen Bahnhofsareal.

Rad- und Fußverkehr, Erschließung
Vom Bahnhof aus kommend erreicht man nun nach Süden die Innenstadt sicher über die Bahnhofsstraße und den nun verkehrsfreien Vorbereich vor dem ortsbildprägenden Haus gegenüber der St.Anna-Apotheke. Von dort kommt man über die „Grüne Fuge“ direkt zu den Schulen, der Kirche und den weiteren öffentlichen vielbesuchten Bauten im Südwesten. Alternativ kann man den an die Radstellplätze anschließenden Übergang nutzen um zum neuen Parkhaus, dem Fuß-und Radweg in der Rainerstraße oder über den „Bahnweg“ zu dem neuen Stadtquartier im Westen zu gelangen.
Die Radwege führen ebenfalls sicher und soweit möglich auf eigenen Schutzstreifen direkt zu den Fahrradstellplätzen am Bahnhof. Für die Abfahrt mit dem Rad kann der „fünfte Arm“ der Busse mit genutzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

In der städtebaulichen Konzeption sind drei unterschiedliche Bereiche erkennbar, der Bahnhofsvorplatz, das Parkhaus mit der Bebauung entlang der Haßlerstraßeund der nördliche Abschluss der Innenstadt. Die Grundentscheidung, das Gebäude der St.Anna-Apotheke zu erhalten, wirkt sich deutlich auf die räumliche Organisation des Bahnhofsplatzes aus. Die Zufahrt von der Bahnhofstraße mündet in einen gut proportionierten West-Ost orientierten Platz. Sehr selbstverständlich wird die neue Wartehalle am Bahnhofsgebäude nach Westen verlängert und bildet mit den angebotenen überdachten Fahrradstellplätze einen räumlichen Abschluss, der durch die Setzung eines einzigen großwüchsigen Baumes eine hohe räumliche Qualität erwarten lässt. Nach Süden wird eine deutliche grüne Hangkante ausgebildet, die eine Blickbeziehung zu den markanten Gebäuden der Innenstadt zulässt und zugleich einen öffentlichen Garten um die St.Anna-Apotheke anbietet. Die Nutzbarkeit dieses Gartens wurde kontrovers diskutiert. Die Organisation der Busanbindung funktioniert selbstverständlich, wobei die Ausfahrt auf den Kreisel unterdimensioniert und zu steil erscheint. Taxis und Drop Off-Stellplätze funktionieren. Der Baum vor der Rettungswache ist so nicht möglich. Die Schließung derFörsterstraße zur Bahnhofstraße für motorisierten Verkehr wird begrüßt. Die damit geschaffene Flächebildet einen angenehmen Übergang zum Bahnhofsplatz.
Die Fußwegeanbindung von Norden nach Süden durch die Unterführung und nach Ost wie West ist gut gelöst. Das Parkhaus hat eine angenehme Distanz zur Tonwerkunterführung, ist kompakt, wirkt jedoch etwas dominant. Es ist mit den bestehenden Grundstücksverhältnissen realisierbar. Die Split-Level-Erschließung ist sinnvoll, jedochwird das Untergeschoß im Norden im Hinblick auf mögliche Konflikte mit dem Bahnkörper hinterfragt.Die Zufahrt von der Haßlerstraße ist sehr problematisch, die Ausfahrt in die Tonwerkunterführung ist nicht möglich. Alternativ ist jedoch die Zufahrt von Westen durch den Gewerbehof denkbar. Dies könnte durch leichte Modifikation der Gebäudestellung ermöglicht werden. Auch die Querung für die Schulkinder ist vor dem Hintergrund einer geänderten Erschließung des Parkhauses vorstellbar.
Trotz der Zweireihigkeit der Bebauung entlang der Haßlerstraßesind die Baukörper gut proportioniert und gegliedert und bilden abwechslungsreiche, sichimmer wieder weitende Wohnhöfe, die eine gute Nutzbarkeit und hohe Wohnqualität erwarten lassen. Die vorgeschlagene Nutzungsmischung ist vorstellbar. Die Angemessenheit der baulichen Verdichtung sollte überprüft werden. Mit der unverkrampften, baulichen Anbindung der Innenstadt südlich der Haßlerstraße rundet sich der insgesamt positive Eindruck der Arbeit ab.
Lageplan

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