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Offener Wettbewerb | 08/2018

Neugestaltung „Flankierende Plätze“ in Bitburg

1. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ort und Aufgabe
Die Altstadt Bitburgs wird durch einen Stadtring eingefasst, entlang der man zahlreiche Platzsituationen und Eingänge findet, die in die Altstadt führen. Im Nordwesten wird die Altstadt durch die Plätze „Am Markt“ und „Grüner See“ flankiert. Diese werden trotz ihrer prominenten Lage der Funktion als Stadteingänge, repräsentative urbane Plätze und qualitätsvolle Aufenthaltsorte nicht gerecht.
Mit der Neugestaltung werden diese beiden funktional und räumlich fragmentierten Platzsituationen gefasst, neu strukturiert und in den gesamtstädtischen Kontext integriert.

Stadträumliches Konzept
Um die Funktion der Plätze „Am Markt“ und „Grüner See“ zu erfassen, muss man sich zunächst der Struktur der gesamten Altstadt Bitburgs bewusst werden. Diese basiert auf dem römischen Kastell und seiner mittelalterlichen Erweiterung. Die historischen Strukturen sind in weiten Teilen trotz städtebaulicher Überformungen noch erkennbar. Die Ringstraße folgt in etwa dem Verlauf der abschnittsweise noch erhaltenen Stadtmauern.
Die zu bearbeitenden Plätze reihen sich in eine Platzfolge ein, die die Altstadt flankiert. Die verschiedenen Plätze sind durch ihre stadträumliche Lage - je nach Bestand und Bedarf - auch in ihrer Funktion unterschiedlich. Die bestehenden Grünstrukturen werden zu einer „Grünen Klammer“ ergänzt und heben die Altstadt stadträumlich hervorhebt. Durch eine gleichartige Pflasterung werden die Plätze sowohl entlang der Ringstraße als auch über die Fußgängerzone miteinander verknüpft.

Städtebauliche Konzeption und Infrastruktur
Die beiden Plätze „Am Markt“ und „Grüner See“ stellen wichtige Ein- und Übergänge in die Altstadt von Westen dar, unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrer Lage und Funktion voneinander. Verbunden werden sie über eine einheitliche Pflasterung und weitere Baumpflanzungen im Bereich des Ideenteils. In der Flucht der Eingänge in die Stadt werden Fußgängerüberwege im selben charakteristischen Pflaster über die Ringstraße „Am Markt“ / „Römermauer“ vorgeschlagen. Diese gewährleisten zum einen eine sichere und einfache Überquerung der vielbefahrenen Straße und zum anderen „vernähen“ sie durch das Hervorheben der Stadteingänge die umgebende Stadt besser mit der Altstadt.
Die Nebenstraße Am Markt, wird im Bereich zwischen Schaken- und Ludengasse – außer für die Anlieger – für den MIV gesperrt. Der Bereich zwischen Ludengasse und Karenweg wird zu einem verkehrsberuhigten Bereich mit Einbahnstraßenverkehr umgestaltet, in dem der Fußgänger Vorrang vor dem motorisierten Verkehr hat. Die Oberfläche wird als eine ebene, zusammenhängende Pflasterfläche ausgeformt. Alle mindestens geforderten Parkplätze inklusive der Behindertenparkplätze können auf beiden Flächen nachgewiesen werden. Die Beleuchtung der Bereiche folgt den Empfehlungen des Masterplans Licht. In die Bestandstopographie wird nicht eingegriffen.

Platzgestaltung „Grüner See“
Den „Grünen See“ dominieren die Reste der mächtigen römischen und mittelalterlichen Befestigungsanlage sowie der Kirchturm der Liebfrauenkirche. Angelagert am „Grünen See“ befinden sich zahlreiche wichtige städtische Funktionen wie der direkte Zugang zum Rathaus und zur Fußgängerzone, das auf der anderen Straßenseite gelegene Stadthaus und die Gebäude der Brauerei Simon, ein Wahrzeichen Bitburgs. Somit übernimmt der „Grüne See“ eine vorrangig repräsentative Funktion, die durch Aufenthalt und Dokumentation bei gleichzeitiger Wahrung multifunktionaler Ansprüche ergänzt wird. Die Gestaltung berücksichtigt dabei die wichtigen Wegeverbindungen zur Innenstadt. Die straßenbegleitenden Bestandsgehölze bleiben erhalten.
Der „Grüne See“ nimmt auch gesamtstädtisch eine übergeordnete repräsentative Funktion ein, da hier die Stadtmauer originalgetreu restauriert wurde und nun angemessen in Szene gesetzt werden kann. Dies wird durch die Umsetzung des Masterplans Licht in Form einer linearen Beleuchtung und die Hervorhebung des Verlaufs der Mauer durch ein hochwertiges Natursteinband erreicht. Die offene Platzfläche verleiht der Befestigungsanlage Raumwirkung. Das Wasserspiel auf der Platzfläche unterstützt den repräsentativen Charakter, lädt zum Spielen ein und weist auf die historische – und in der Ortsbezeichnung noch enthaltene – Funktion als Wassergraben hin. Bänke bieten Aufenthaltsmöglichkeiten und rahmen den Platz, der davon abgesehen frei von Möblierung bleibt. Seine Multifunktionalität bleibt somit erhalten. Die Außengastronomie des ansässigen Lokals kann sich weiter zum Platz hin öffnen und diesen im südlichen Teil bespielen. Die Stelen des Archäologischen Parcours fügen sich wie selbstverständlich in die Gestaltung ein. Die Parkflächen sind zurückhaltend im nördlichen Bereich entlang der Straße angeordnet und werden über die schon bestehende Zufahrt zur Tiefgarage erschlossen. Hier hat der Fußgänger dem motorisierten Verkehr gegenüber Vorrang.

Platzgestaltung „Am Markt“
Die Fläche „Am Markt“ wird freiräumlich dem neugestalteten Konrad-Adenauer-Platz zugerechnet, jedoch größtenteils durch die Ludengasse von diesem getrennt. Während der Konrad-Adenauer-Platz parkartig geprägt ist und vor allem Funktionen wie Aufenthalt und Kinderspiel aufnimmt, ergänzt die Fläche „Am Markt“ diesen Bereich durch die Funktionen Erinnerung und Dokumentation. Sie bietet eine urbanere, durch den Baumhain jedoch grün geprägte Aufenthaltsqualität. Bestandsbäume werden weitestgehend erhalten und durch Neupflanzungen ergänzt. Durch eine großzügige Natursteinbank wird der ehemalige Verlauf der – hier mittelalterlichen - Stadtmauer nachgezeichnet. Sie wird, analog zu der beleuchteten Stadtmauer am „Grünen See“, durch ein lineares Leuchtelement in Szene gesetzt und bodengleich fortgeführt. In ihrer Oberfläche sind die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der Stadt Bitburg abzulesen. Das von Sebastian Langner entworfene Mahnmal findet, wie von dem Künstler angedacht, im nördlichen Bereich der Fläche seinen angemessenen Platz. Die genaue Positionierung wird im Nachgang mit dem Künstler festgelegt. Diese Orte der Erinnerung und Dokumentation liegen in einer von einer metallenen Intarsie eingefassten Fläche aus wassergebundener Wegedecke. Dieser Materialwechsel unterstreicht die Besonderheit des Ortes.
Der bestehende Pavillon, das Vereinsheim der Radsportfreunde Bitburg, wird in die Platzgestaltung integriert. Die Freifläche kann vom Verein multifunktional genutzt werden. Fahrradstellplätze werden auf der Teilfläche südlich der Ludengasse angeboten. Hier findet eine Stromtankstelle für E-Bikes ihren Platz. An zentraler Stelle ist dort der Behindertenparkplatz verortet. Weitere Parkplätze befinden sich am südlichen Ende der Nebenstraße „Am Markt“.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der städtebauliche Ansatz, die beiden Platzbereiche mit einer funktionalen Differenzierung auf der Basis eines einheitlichen Bodenbelags unterschiedlich zu gestalten wird sehr überzeugend vorgetragen. Der Platz »Grüner See« wird als große multifunktionale Fläche geplant, der ehemalige Graben wird durch die Baumreihe als eigener Raum herausgebildet Die Gliederung des Platzes in einen Bereich mit Betonplatten sowie einen der Mauer vorgelagerten Streifen aus Naturstein mit einem Leuchtstreifen inszeniert die Stadtmauer großzügig und angemessen. Die Parkplätze werden in einfacher und flexibler Weise unter der Baumreihe am westlichen Rand angeordnet, was eine hohe Nutzungsflexibilität der Platzfläche ermöglicht. Die Konzentration auf die nördliche Zufahrt entlastet den Vorplatz vor dem Rathaus und entflechtet die Verkehre. Positiv gewürdigt wird die Vernetzung der Platzfläche an den beiden Übergängen über die Bundesstraße zur Stadthalle. Die südliche Wegeverbindung zur Innenstadt könnte jedoch etwas prägnanter ausformuliert sein. Das Wasserspiel wirkt an dieser Stelle etwas beliebig und kann nicht überzeugen.
Der Platz »Am Markt« wird konsequent als eigenständiger Stadtraum herausgearbeitet. Dabei nimmt die Gestaltung geschickt die Rundung des Pavillons auf und führt diese in eine Platzumrandung aus, die mit der Materialität aus Metall betont wird. Durch die Herausnahme des Straßenverkehrs erhält die Fläche des Marktes auch eine attraktive Größe. Die Gestaltung des Bodenbelags mit wassergebundener Decke und Baumhain ist eine gute multifunktionale Lösung, die eine hohe Aufenthaltsqualität verspricht. Die lange Natursteinbank als zentrales Sitzelement, welches den Verlauf der ehemaligen Stadtmauer nachzeichnet, ist ein sehr schönes, überzeugend vorgetragenes Möblierungselement. Das geplante Mahnmal wird selbstverständlich und sensibel in die Gestaltung des Platzes integriert.
Die Arbeit zeigt in sehr sensibler Art und Weise die unterschiedlichen Potenziale der beiden Plätze auf und arbeitet diese in überzeugender Art aus. Die funktionalen Anforderungen werden mit einer klar formulierten Haltung in eine zeitgemäße Gestaltung überführt. Die Plätze erhalten eine spezifische Ausprägung und fügen sich dennoch selbstverständlich in den städtischen Kontext ein. Obwohl die Arbeit die geforderten Stellplätze nicht vollständig nachweisen kann, stellt sie einen sehr wertvollen, überzeugenden Beitrag zur gestellten Aufgabe dar und ist wirtschaftlich realisierbar. Die Lösung ist gestalterisch hochwertig und gleichermaßen flexibel.