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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2018

Neugestaltung des Domplatzes in Frankfurt am Main

Domplatz

Domplatz

2. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

BIERBAUM. AICHELE. landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Jourdan & Müller PAS

Architektur

werk3 architekturvisualisierungen

Visualisierung

Erläuterungstext

GESTALTERISCHE GRUNDIDEE

Nach dem Wiederaufbau des Dom-Römer-Areals auf Grundlage des historischen Altstadtgefüges vor der Zerstörung im 2. Weltkrieg findet mit der Neugestaltung der Plätze um den Kaiserdom die städtebaulichen Neuordnung des Altstadtareals einen sinnfälligen Abschluss. Der Entwurf nimmt Bezug auf die historische Platzfolge der Altstadt und deren Nutzungsgeschichte. Die vorgeschlagene Gestaltung schafft ein räumliches Kontinuum vom Römer bis zum Dom und transformiert Domplatz und Weckmarkt in ihrer heutigen Platzfigur / mit den heute gegebenen Raumkanten zu lebendigen, lebenswerten und nachhaltigen Platzräumen. Hierbei wird sowohl den Anforderungen der Denkmalpflege, der Inszenierung des Doms als wichtigen stadtgeschichtlichen Ort mit großer touristischer Bedeutung sowie den modernen Anforderungen an einen urbanen Stadtraum mit seinen kulturellen, sozialen und ökologischen Aufgaben Rechnung getragen.


DAS STADTRÄUMLICHE ENSEMBLE

Der Stadtraum rund um den Dom steht im Kontext der Platzfolge entlang des wiederhergestellten Krönungswegs. Alle drei Plätze sind dabei in besonderem Maße durch die umgebenden Gebäude thematisch und räumlich geprägt und vornehmlich dem Fußgänger vorbehalten. Der nördliche Platzraum als neuer Domplatz bildet den Abschluss dieser Platzfolge und gemeinsam mit dem Römerberg den thematischen Anfangs- und Endpunkt der damaligen Krönungszeremonie der deutschen Kaiser.
Der Freiraum um den Dom gliedert sich hierbei in zwei Bereiche, welche auf unterschiedlichen Niveaus liegend unterschiedlich durch den Dom geprägt werden. Den höher liegenden Bereich bildet der Domplatz mit den direkt daran anschließenden Zugängen in den Dom. Der tiefer liegende Weckmarkt weist durch die derzeitige Bebauung im Gegensatz zur historischen Platzfläche einen straßenähnlichen und stärker begrünten Charakter auf.


DER DOMPLATZ

Der nördliche, an den Dom direkt angrenzende Bereich bildet den eigentlichen Domplatz. Dieser Bereich wird daher im Kontext der mit ihm in Verbindung stehenden Plätze und seiner thematischen Prägung als Teilbereich der historischen Krönungszeremonie entwickelt und als klar ablesbarer, befestigter Stadtplatz gestaltet. Der Dom mit seiner großen historischen und stadtgeschichtlichen Bedeutung erhält hierdurch einen großzügigen und durch die bestehende Bebauung klar umgrenzten und zugeordneten Freiraum.
Die hinsichtlich der Formensprache und Ausstattung sehr reduzierte Platzgestaltung stellt den Dom als Hauptakteur klar in den Mittelpunkt. Die Platzgestaltung ist als Geste der Verbeugung vor dem Bauwerk zu verstehen. Keine überambitionierte Gestaltung, keine ausgefallene Möblierung oder gar wichtigtuende Flächenzonierung soll vom Dom ablenken. Die sich vor seinem Hauptzugang und dem Kaiserportal eröffnende Fläche steht gestalterisch in der Tradition historischer steinerner Stadtplätze und bildet die Bühne für städtisches Leben und den Raum zur multifunktionalen Aneignung. Der Domplatz bietet damit dem Dom wie auch dem Nutzer, Bürger und Touristen, gleichermaßen den notwendigen Freiraum und zeichnet sich als frei überquerbarer und hoch frequentierter städtischer Raum frei von Fahrverkehr aus.
Die offene Platzgestaltung ist in der heutigen städtebaulichen Figur begründet, wohlwissend, dass der Dom zu früheren Zeiten in einem ganz anderen, viel engerem und kleinteiligerem städtebaulichen Kontext stand. Als Hinweis hierauf und den ursprünglichen Verlauf des als Verbindungsachse seinerzeit wie auch heute wichtigen Krönungswegs sieht der Entwurf die Abbildung der Konturen der St. Michaelskapelle durch eine differenzierte Oberflächenbearbeitung des Belagsmaterials vor. Die genaue Lage der Grundmauern muss im Rahmen von Grabungen noch festgestellt und nachgeführt werden. Das gestalterische Gesamtkonzept würde durch eine Lageänderung jedoch nicht geschwächt.

Zwei lange objekthafte, in der Formensprache reduzierte Sitzelemente bieten dem Besucher Aufenthaltsmöglichkeiten. Beidseitiges Sitzen ermöglicht die Erlebbarkeit des gesamten Platzes ohne Rückräume zu erzeugen. In notwendiger Distanz lässt sich der Dom in seiner gesamten Größe betrachten. Gleichzeitig besteht durch die Nähe zu den Platzrändern die Möglichkeit, Details wie die Wandreliefs und Portale des Doms und der umliegenden Bebauung zu erleben.
Der gastronomische Bereich des Haus am Dom wird unter der von der Braubachstraße auf den Platz führenden Baumreihe angeordnet.
Der sich nach Osten fortsetzende Bereich des Domplatzes weist, anders als der durch die Besucher des Sakralbaus stark beeinflusste und frequentierte `Hauptplatz´ einen atmosphärisch ruhigeren Charakter auf. Der Dom tritt von der Platzkante zurück und der beginnende Domgarten tritt räumlich und atmosphärisch in Erscheinung. Der im Zentrum der befestigten Fläche positionierte Brunnen reiht sich in die dem Krönungsweg folgende Anordnung von Brunnen ein und trägt, sich selbst in seiner Gestalt sehr zurücknehmend, zu einer besonderen Atmosphäre und Aufenthaltsqualität dieses Platzbereichs bei. Gleichzeitig übernimmt der Brunnen eine Orientierungsfunktion, ist Erkennungsmerkmal, lenkt Bewegungsrichtungen und gibt dem dynamischen Raum Zusammenhalt.
Unterstützt durch diese zwei entschleunigenden Elemente Domgarten und Brunnen wird die Rückseite des Quer- und Längsschiffes mit ihrer feineren und verspielteren Ausgestaltung hervorgehoben und besonders erlebbar gemacht.
Aufenthalt am und auf dem Platz ist am Brunnenrand, auf einem die nördliche Platzkante fassenden Sitzelemente und der denkmalgeschützten Bastion sowie in der dem Hotel vorgelagerten Außengastronomie möglich.


DER WECKMARKT

Den zweiten Hauptbereich im Umfeld des Domes bildet der Weckmarkt. In der Historie Platzfläche für Handel stellt sich der Weckmarkt heute in seiner stadträumlichen Figur weniger als Platz sondern vielmehr in einer linearen sich aufweitenden straßenartigen Struktur mit starker Prägung durch den motorisierten Verkehr dar. Der Dom tritt hier aufgrund des Höhenunterschiedes in seiner raumbildenden Wirkung etwas zurück, dafür die Mauer des Domgartens als räumliche Kante stärker in Erscheinung.
Der Entwurf greift die heutige städtebauliche Struktur grundsätzlich auf, stärkt und schärft den gassenartigen Charakter und formiert den Raum zu einem grünen Stadtraum mit hoher Aufenthaltsqualität. In Anlehnung an die den südlichen Gebäuden vorgelagerte Bestandsbastion wird der Vorgartenbereich der an der nördlichen Kante liegenden Wohnbebauung angehoben und durch eine Sandsteinmauer abgefangen. Hierdurch entsteht eine klare Zäsur mit deutlich ablesbarer Kante zwischen privatem und öffentlichem Raum.
Die zwischen den zwei Niveaus des Domplatzes und des Weckmarktes vermittelnden Übergangsbereiche werden durch langgezogene Stufen und entsprechender Gefälleausbildung fließend mit einem steinernem Belag überwunden. Die Barrierefreiheit wird dabei gewährleistet. Die leicht akzentuierenden Kanten der Treppenstufen umschreiben dabei gleichzeitig den gassenartigen Freiraum des neuen Weckmarktes.

Der ruhende Verkehr wird zugunsten der Aufenthaltsqualität im direkten Domumfeld im östlichen Bereich gebündelt. Lediglich die temporär genutzte Anlieferungszone für das Dom-Römer-Areal wird im Straßenraum verortet. Die Ladezonen könnten abends von den Anwohnern als Stellplätze genutzt werden.
Große Bäume überstellen den dadurch frei werdenden und räumlich definierten öffentlichen Raum. Die Neupflanzungen ergänzen dabei den Bestand des Domgartens und des Weckmarktes und bilden so einen lockeren, auch die Mauer des Domgartens überspielenden Baumhain. Der Weckmarkt steht damit in seiner Aufenthaltsqualität und insbesondere mit den kleinklimatischen Verhältnissen im Kontrast zum oberen Domplatz.
Der Weckmarkt ist weniger touristisch geprägt und wird vorrangig für die Bewohner im Umfeld und Passanten gestaltet. Der Freiraum soll zu einem belebten und durch die Weiterentwicklung der Ladenkonzepte aus dem Umfeld mit Galerien, Ateliers und kreativ arbeitenden Büros, zu einem durch diese Nutzungen geprägten Straßen- und Stadtraum entwickelt werden. Hierfür werden in Ergänzung der Ladenangebote auf der gegenüberliegenden Gassenseite so genannte `Kulturbuden´ geplant. Die `Buden´ verstehen sich als Zitat der ehemaligen, nahezu die gesamte Mauer des Domgartens begleitenden Verkaufsstände. Die modular aufgebauten und in Ihrer Materialität in hochwertigen bronzefarbenen Metalloberflächen gestalteten `Buden´ dienen im Stile der Pariser Bouqinisten als Lager- und Verkaufsfläche. Rückseitig an die Mauer des Domgartens angelehnt und mit einer Tiefe von ca. 1m werden sie erst mit Öffnung der Klappläden zum Verkaufsstand in innerstädtischer Toplage. Konzeptionell wird so eine städtisch gesteuerte temporäre Vermietung an kreativ Arbeitende möglich, welche sich normalerweise die hohen Mieten in dieser Lage nicht leisten könnten oder dort keine Ladenflächen finden. Die `Kulturbuden´ bieten eine sehr hohe Flexibilität hinsichtlich Größe, Anzahl und Nutzung, auch eine jahreszeitlich wechselnde Vermietung ist denkbar. Ganz besonders würden diese jedoch zu einer großen Aufwertung des Weckmarktes, zu einem neuen Angebot für Bürgerinnen und Bürger wie auch für Touristen und zu einer inhaltlichen Neubelebung und Stärkung des öffentlichen Freiraums beitragen.


DIE MATERIALIEN

Die vorgeschlagene Materialität der Platzbereiche orientiert sich stark am Umfeld, insbesondere dem Dom-Römer-Areal. Der befestigten Flächen rund um den Dom werden hinsichtlich des Belages als fließende, ruhige Basis gestaltet. Die einzelnen Platzräume definieren sich über die räumlichen Kanten und sonstigen vorhandenen und neuen Gestaltungselemente. Für sämtliche Bereiche wird daher ein Basaltnatursteinpflaster mit geflammter und gebürsteter Oberfläche in Reihenverlegung vorgeschlagen. Die Platzflächen erhalten hierdurch einen flächigen Charakter. Für den Domplatz wird die Verlegung des aus dem Straßenraum des Dom-Römer-Areals ankommenden Großpflasters vorgeschlagen. Abweichend hiervon wird für den Domplatz eine stärkere Charakterisierung der Fläche als Altstadtbelag durch eine unregelmäßigere Bearbeitung der Kanten vorgeschlagen.
Im Bereich des Weckmarktes wird durch einen Formatwechsel auf Basalt-Kleinstein und die Drehung der Pflasterrichtung der Gassencharakter unterstrichen. Der Fahrbahnbelag ist in farblich auf den Pflasterbelag abgestimmtem und angeschliffenem Asphalt vorgesehen.
Auch die Ausstattungs- und Gestaltungselemente wie Sitzelemente und Brunnen sind in Basaltlava gesägt und gebürstet geplant und bilden so einen harmonischen Bestandteil dieser Materialfamilie. Die Sitzelemente erhalten bereichsweise eingelassene Sitzauflagen aus Holz welche sich mit der Zeit durch Vergrauen ebenfalls in das Farbkonzept einordnen.


DIE BELEUCHTUNG

Das Beleuchtungskonzept zielt darauf ab den Dom zu inszenieren und die neu gestalteten Freiflächen harmonisch und zurückhaltend in das Umfeld einzubinden. Es wird vorgeschlagen die bestehende Illumination des Doms so zu stärken, um dessen vielschichtige Architektur herauszustellen und vom Platz aus erlebbar zu machen. Die Fassaden der umgebenden Bebauung erhalten hingegen keine zusätzliche Beleuchtung, wodurch sich der Dom als Hauptakteur klar auf dem Platz positioniert. Das reflektierende Licht übernimmt die Ausleuchtung der Freiflächen im direkten Domumfeld, sodass hier keine zusätzlichen Leuchten erforderlich sind. Die restliche Beleuchtung der Platzflächen ist mittels Mastleuchten in Reihung entlang der Außenkanten vorgesehen. Als Leuchtenmodell wird eine sich selbst zurücknehmende, neutrale zylindrische Leuchte vorgeschlagen. Aufgrund der selbstverständlichen Unterordnung ist jedoch auch ein abweichendes Leuchtenmodell, beispielsweise das Modell aus dem Dom-Römer-Areal vorstellbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorliegende Entwurf interpretiert den Stadtraum um den Dom als Abfolge von drei thematisch unterschiedlich besetzten Räumen und schafft so differenzierte, klug gesetzte Antworten auf die so unterschiedlichen stadträumlichen und funktionalen Anforderungen.

Im Norden und Osten des Doms wird eine steinerne Fläche vorgeschlagen, die mit drei langen, an den richtigen Stellen platzierten Bankelementen und einem Brunnen hinreichende Aufenthaltsqualität versprechen. Der Außenbestuhlung vor dem Restaurant im Haus am Dom sollte allerdings mehr Raum zugestanden werden. Sehr kritisch wird aus stadtklimatischen Gründen die Entfernung des Platanenhains gesehen, ohne dass eine adäquate Neupflanzung hierfür erfolgt. Allerdings ist das Baumcarré – vermutlich aufgrund der Lage der Straße – heute falsch platziert und so ermöglicht seine Entfernung die ‚Heilung‘ der Situation und die Freilegung des Reliefs am Dom.

Als Ersatz verdichtet der Verfasser im nördlichen Bereich des Weckmarkts die Baumpflanzung, gibt ihnen eine schattenspendende Funktion für einen lauschigen Platz und bindet so den Bereich des historischen Domgartens und ehemaligen Friedhofs mit dem Vorfeld der Wohnbebauung aus den 1950iger Jahren zusammen. Hier wäre aber doch eine punktuelle Zäsur wünschenswert, da die vorgeschlagene Baumsetzung die Blickbeziehung vom Domplatz aus auf die gegenüberliegende Ladenzeile stört.

Der zukünftig zu erwartenden erhöhten Verkehrsbelastung auf dem Weckmarkt trägt die Arbeit durch die Einordnung einer Asphaltfahrbahn Rechnung. Durch eine Verschwenkung der Bordführung wird erreicht, dass der derzeit sehr beengte Gehweg vor den Galerien großzügig aufgeweitet wird zu dem Preis, dass der Fußgängerbereich auf der Nordseite verschmälert werden muss. Hier mahnt das Preisgericht eine sorgfältigere Vermittelung an.

Die Verbindung vom Domplatz in Richtung Main wird in einer Kombination aus einer barrierefreien Rampe und selbstverständlich eingefügten Stufenpaketen hergestellt. Die am Rand des Domgartens vorgeschlagenen Kulturbuden stellen zwar ein ergänzendes Angebot auf der Kulturmeile dar, ihre Praktikabilität an dieser Stelle wird jedoch angezweifelt.

Insgesamt überzeugt der vorliegende Entwurf durch die Interpretation des Stadtraums um den Dom als Abfolge unterschiedlicher Stadträume und stellt trotz vereinzelter Schwächen einen wertvollen Beitrag für die Gestaltung des Domplatzes dar.
Lage im Stadtraum

Lage im Stadtraum

Stadträumliche Analyse

Stadträumliche Analyse

Lageplan

Lageplan

Schnitt

Schnitt

Kulturbuden

Kulturbuden

Verlegedetail Brunnen

Verlegedetail Brunnen