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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2018

Ausbau der Burg Hülshoff zu einem Literatur- Kulturzentrum in Havixbeck

Perspektive Außen

Perspektive Außen

Anerkennung

Peter Bastian Architekten BDA

Architektur

BIMBERG Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Für das Herzstück des neu geschaffenen Literatur- und Kulturzentrums schlägt der Entwurfsverfasser die Errichtung dreier unterschiedlich großer Glasboxen im Dialog mit der umgebenden historischen Bausubstanz vor. Die beiden Veranstaltungsboxen werden als Haus-in-Haus Konzept in die frei geräumten aber ansonsten weitgehend belassenen Speicher gestellt.

Die Eingangs- und Foyerbox wird auf das Baufeld des ehemaligen Speichers gestellt.
An dieser Stelle bietet sich der Eingang in der Achse des Hauptzugangs zur Vorburg idealerweise an. Ansonsten bleibt der Platz der Vorburg bis auf die drei bestehenden großen Bäume leer und bleibt hierbei gleich einem typographischem Weissraum bewusst unbespielt.
Ergänzt werden die oben erwähnten Hauptnutzräume um eine im süd-östlichen Bestandsgebäude angeordnete Gastronomie. Der Gastraum kann hierbei bei Bedarf um den grosszügigen Aussenraum vor dem Gebäude erweitert werden.

Die „Neue Ökonomie“ beherbergt zukünftig die Wohn- und Arbeitsräume des Residenzprogramms, erweitert um die Droste Forschungsstelle sowie die Verwaltung des Kulturzentrums.

Die Rentei wird in weiten Teilen zurückgebaut. Der ehemalige Melkstall bleibt hierbei vom Rückbau ausgespart und wird eingebettet in eine „poetische“ Wiese- einer neuen Nutzung als „Freilichtbühne“ zugeführt. Hier wird der Zukunftsort Literatur mit der westfälischen Parklandschaft verwoben.

Die Eingangssituation zur Gesamtanlage Burg Hülshoff wird klarer definiert. Hierzu wird das Werkstattgebäude zunächst zurückgebaut. Es entsteht eine multifunktionale, bespiel- und befahrbare Hoffläche, welche von den Bestandsgebäuden und einem Eichenhain als Raumkante gerahmt wird und sich zur Burg hin öffnet. Ein halbhohes Hortensienbeet dient als leichter Filter zum denkmalgeschützten Bereich und liegt auf einem Platzbereich mit wassergebundener Decke, der mit einer Skulptur o.ä. den Knotenpunkt der Alleen und als Auftaktpunkt/Transitraum zwischen Alt und Neu markiert.

Der neue Parkplatz am östlichen Rand des Plangebietes umfasst 108 Stellplätze (inkl. erforderlicher Behindertenstellplätze) sowie 3 Stellplätze für Busse. Fahrradstellplätze inkl. Ladestationen für E- Bikes werden in erforderlicher Anzahl in kleineren Gruppen über die Anlage verteilt. Die übrigen geforderten Stellplätze werden auf der Parkplatzanlage in Richtung Villa Schonebeck nachgewiesen. Die Einfriedung des Geländes zum öffentlichen Fuß/Radweg bleibt weiterhin erhalten. Eine geänderte Einfriedung findet sich als Toranlage an der südlichen Hecke nahe der neuen Ökonomie.


Umgang mit denkmalpflegerischen Belangen

Ein behutsamer Umgang mit den bestehenden Baukörpern ist neben der Erfüllung funktionaler Belange Leitgedanke für den vorgeschlagenen Entwurf.
Das Herzstück des neuen Kulturzentrums sind die in die Bestandsgebäude eingestellten, grosszügig verglasten Boxen, die die Veranstaltungs- und Tagungsräume beherbergen. Ihre Transparenz garantiert einen Blick auf die sie umgebende historische Bausubstanz. Diese wiederum wird als historisches Erbe respektiert und nur dort wo unbedingt notwendig behandelt. Gleichzeitig können sich die Nutzer der Boxen –falls gewünscht- mit Vorhängen, die in Material und Beschaffenheit ebenfalls akustisch wirksam sind, gleichsam entkontextualisieren und so den Blick nach innen richten.

Als autarkes, jedoch nicht selbstgenügsames Fragment regen die Boxen weitere literarische oder intellektuelle Prozesse an. Die sanierungsbedürftigen Decken der ehemaligen Heuböden werden behutsam rückgebaut, das vorhandene hölzerne Dachtragwerk ertüchtigt. Der beeindruckende Dachstuhl wird erfahrbar gemacht.

Das Pflaster des Aussenraumes wird in den Innenraum gezogen, innerhalb der Boxen wird ein Bitu- Terrazzo vorgeschlagen.

Die Gastronomie nutzt die ehemaligen Geräteschuppen am süd-östlichen Rand der Vorburg. Der Gastraum wird im Erdgeschoss angeordnet, die dienenden Räume weichen zum Teil in das Obergeschoss aus, das über Kleingüteraufzüge etc gut erschlossen werden kann. Im Obergeschoss werden die zwischenzeitlich vorhandenen Gauben wieder ergänzt. Somit genügen diese Räume den Arbeitsstättenrichtlinien.

Die energetische Ertüchtigung der vorhandenen Bauteile erfolgt mittels einer Innendämmung der Fassade und des Dachs sowie neuer Fenster- und Torelemente.
Dieser Ansatz der energetischen Ertüchtigung wird auch für die „Neue Ökonomie“ verwandt. In den zylindrischen Bauteilen wird die vertikale Erschliessung angeordnet. Im Erdgeschoss werden die Appartements für das Residenzprogramm angeordnet, an den Köpfen des Gebäudes sind die Gemeinschaftsflächen positioniert. Zu gleicher Ebene ist das Droste Institut lokalisiert.

Im Obergeschoss befinden sich Räume für die Verwaltung, Besprechungsräume und grosszügige Lagerflächen.

Die Fassaden der „Neuen Ökonomie“ werden denkmalverträglich und allen bauphysikalischen Anforderungen gemäss modifiziert. Sie bleibt weiterhin rundherum befestigt. Der durch die aufgebrachte Dämmung im Innenbereich entstehende Höhenunterschied wird barrierefrei über eine schlicht „schwebende“ Rampe an der Ostseite über das historische Pflaster erschlossen. Zur Hoffläche hin werden die nördlichen Fenster der Bewohnerzimmer durch halbhohe Heckenblöcke geschützt.
Die gesamte Anlage ist barrierefrei gestaltet. Die wenigen Nutzflächen in den Obergeschossen der Vorburg respektive der „Neuen Ökonomie“ werden über Aufzüge angefahren. Bei Pflaster- und sonstigen Bodenbelägen wird auf eine barrierefreie Ausführung geachtet.

Energetischer Standard/Nachhaltigkeit/Technische Gebäudeausrüstung
Die neu implementierten Bauteile basieren auf einer modularen Ordnung, die aus den verschiedenen Funktionsbereichen differenziert abgeleitet werden. Durch diesen Ansatz wird das Bestreben nach einem wirtschaftlichen und energiesparenden Grundlayout unterstrichen.

Die Verwendung dauerhafter, alterungsbeständiger Materialien mit geringem Reinigungs- und Renovierungsaufwand sowie die weitestgehende Verwendung repetitiver Bauelemente tragen massgeblich zur Reduzierung der Investitions- und Betriebskosten bei.
Das wesentliche Prinzip des Technikkonzeptes ist die umweltfreundliche, klimaschonende Verwendung von Energie und der sparsame Umgang mit Trinkwasser. Der neueste Stand der Technik kommt jeweils zum Einsatz, hier näher beschrieben werden die drei wichtigsten Hauptgesichtspunkte.


Wärmeversorgung/ Kälteversorgung

Die gläsernen Konferenzräume werden über die Lüftungsanlage beheizt oder gekühlt. Hierzu wird als Direktverdampfersystem eine hocheffiziente Wärmepumpe eingesetzt.
Zur Sicherstellung eines hohen Komforts im Sommer wird die Zuluft zu den Konferenzräumen über die beschriebene Wärmepumpe auch gekühlt. Ziel ist es, bei Außentemperaturen bis 32 °C die Konferenzräume auf angenehme 22°C zu kühlen.
Durch das Haus-in-Haus Konzept sind sowohl die Heiz- als auch die Kühllasten reduziert.
Das sehr große Umgebungsvolumen der Speicher braucht nicht beheizt werden, sondern wird durch die Abwärme der Veranstaltungsboxen lediglich temperiert.


Lüftungskonzept

Die Konferenzräume werden über einen Bodenkanal mit konditionierter Außenluft versorgt. Je Person wird ein Außenluftvolumenstrom von 36 m3/h angestrebt. Hierdurch wird der CO2-Gehalt auf etwa 1.000 ppm gehalten (Grenzwert ASR 3.6). Die Einbringung der erwärmten oder gekühlten Luft erfolgt über Quellluftauslässe im Boden. Durch den Überdruck wird die Luft über geeignete Durchlässe in die Hallen geführt und über eine Abluftansaugung der Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage zugeführt.
Das Lüftungsgerät erhält einen Rotationswärmetauscher mit einem Wärmerückgewinnungsgrad von mindestens 75 %.
Sanitär- und sonstige innenliegende Räume erhalten entsprechend den Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung mechanische Lüftungsanlagen.


Beleuchtung

Im Gebäude werden ausschließlich LED-Leuchten verwendet. Hohe Reflexionsgrade an den Decken und Wänden (Böden) gewährleisten eine minimale Bestückung (Wattage) der Leuchten.
Die Veranstaltungsboxen erhalten eine gleichmäßig leuchtende LED-Lichtdecke.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Eingangsbereich wird durch den Abbruch der Rentei geöffnet. Die Qualität der von den Verfassern als „poetische Wiese“ bezeichneten Freifläche ist an dieser präsenten Stelle in Frage zu stellen. Die Reduzierung auf eine Baumreihe, die zum Park und zur Burg führt, ist jedoch nicht nachvollziehbar. Wie der Melkstand als Relikt im Freien dauerhaft erhalten werden soll, wird offen gelassen.

Die Stellplätze werden richtigerweise in der Nähe der Straße angeordnet, damit wird ein wohltuender Abstand zum Park geschaffen, der Blick auf die Kulturlandschaft bleibt frei. Ob jedoch die große Wendeanlage an dieser Stelle richtig verortet ist, ist fraglich.
Der Wirtschaftshof ist mit der östlichen Baumgruppe gut räumlich gefasst und wohltuend zurückhaltend. Auch der Hof der Vorburg selbst ist ruhig und angemessen gehalten.
Die Zuordnung der unterschiedlichen Funktionsbereiche zu den einzelnen Gebäudegruppen erscheint schlüssig. Ebenso die Konzentration der Funktionen auf das Kerngelände. Die funktionale Gliederung der Vorburg überzeugt, die Möglichkeit, Teilbereiche separat zu nutzen, wird begrüßt. Ebenfalls überzeugt der behutsame Umgang mit der Fassade und der Dachlandschaft der Vorburg.

Das Herausbrechen der Zwischendecken erzeugt einen großzügigen Raumeindruck, der zu Lasten der Lesbarkeit der ursprünglich vorhandenen Geschossebenen geht. Die eingestellten Glaskuben wurden im Hinblick auf Ausdruck, Raumstimmung und Nutzbarkeit kontrovers diskutiert. Ihre glatte / cleane Anmutung als dem Ort nicht angemessen kritisiert. Die konsequente Trennung von Bestand und ergänzenden Einbauten wird positiv beurteilt. Dagegen löst der Glaskubus auf dem Vorplatz Kritik aus. Die Notwendigkeit und seine Funktion werden bezweifelt, wenngleich die Beschränkung auf ein formales Ergänzungselement verstanden wird. In der neuen Ökonomie überlagert die dichte Nutzung bedauerlicherweise den ursprünglichen Raumeindruck. Die barrierefreie Erschließung ist gewährleistet.

Im Ergebnis ein zurückhaltender, dem Denkmal gerecht werdenden Entwurf, der eine klare Konzeption zur Grundlage hat. Aufgrund des weitgehenden Verzichts auf Neubauten und der klaren konstruktiven Trennung von Bestand und Einbau verspricht der Entwurf eine wirtschaftliche und nachhaltige Realisierung.
Perspektive Innen

Perspektive Innen

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Ansicht Nord hinter der Hauptburg

Ansicht Nord hinter der Hauptburg

Ansicht Nord vor der Hauptburg

Ansicht Nord vor der Hauptburg

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht West

Ansicht West

Schnitt A

Schnitt A

Schnitt C

Schnitt C

Schnitt D

Schnitt D

Schnitt D`

Schnitt D`

Schnitt E

Schnitt E

Schnitt E`

Schnitt E`

Schnitt F

Schnitt F

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt

Neue Ökonomie Erdgeschoss

Neue Ökonomie Erdgeschoss

Neue Ökonomie Obergeschoss

Neue Ökonomie Obergeschoss

Neue Ökonomie Obergeschoss

Neue Ökonomie Obergeschoss

Neue Ökonomie Ansicht Ost

Neue Ökonomie Ansicht Ost

Neue Ökonomie Ansicht Süd

Neue Ökonomie Ansicht Süd

Neue Ökonomie Ansicht West

Neue Ökonomie Ansicht West