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Nichtoffener Realisierungswettbewerb im kooperativen Verfahren | 09/2018

Wohnbebauung Braugoldareal in Erfurt

Perspektive Schillerstrasse

Perspektive Schillerstrasse

1. Preis

Preisgeld: 85.000 EUR

Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA PartGmbB

Architektur

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

ERLÄUTERUNGEN
Stadtraum
Das ehemalige Brauereigelände soll zu einem lebendigen Stadtquartier in Erfurt entwickelt werden.
Aktuell zeigt sich das Areal zusammenhangslos mit fragmentarischer Blockrandbebauung und ehemals industriell genutzten Gebäuden sehr unterschiedlicher Bauzeit und -art.
Die Neuordnung für das Quartier greift die vorhandenen gründerzeitlichen Motive sowie die historischen Zeugnisse der „Industriestadt Erfurt“ auf. Straßenbegleitend wird dazu zunächst die Bebauung an der Robert-Koch-Straße und Semmelweißstraße ergänzt. Von der Schillerstraße lenkt ein neuer Gebäudeflügel von Nordwest ins Quartier. Im Südosten schafft der Platz im Abschluss der neuen Bebauung vor ehemals Sudhaus und Gärhaus an der Robert-Koch-Straße Aufweitung und Entree ins Quartier. Die besonderen historischen Gebäude der ursprünglichen Fabrikantenvilla und des vormaligen Sudhauses bilden Auftakte des postindustriellen Quartiersinneren.
Während also das Braugoldareal straßenbegleitend gerahmt wird - Straßenzüge und Vorgärten den Stadtraum vervollkommnen und Anschluss an die Umgebung suchen - entsteht gleichermaßen eine schützende Fassung für Solitärbauten im Zentrum. Die denkmalgeschützten Brauereigebäude in ihrer Formenvielfalt, unterschiedlichen Maßstäblichkeit und vorherrschenden Materialität von rotem Klinker bilden die Bezüge für drei neue Einzelgebäude, die diese Spezifika zeitgenössisch und nutzungsbezogen fortschreiben.
Erschließung | Topographie
Die Topographie im Areal wird im Wesentlichen beibehalten, so dass eine untere Ebene gen Nordost und eine obere Ebene gen Südost bestehen, die - in der Regel begrenzt durch die Gebäudekanten - in terrassenartige Staffelung gebracht werden. Dementsprechend erfolgen befahrbare Erschließungen auf der oberen und unteren Ebene ohne Querung und vorrangig für Ver- und Entsorgung bzw. für Rettungswege und Feuerwehr. Die Durchwegung des Braugoldareals ist Fussgängern und Radfahrern vorbehalten. In diesem Verständnis werden die Zufahrten zu den Tiefgaragen maximal am Quartiersrand organisiert. Die Tiefgaragen der Häuser an der Semmelweißstraße und Schillerstraße funktionieren autark. Die zentrale Tiefgarage bildet eine Besonderheit durch die Einbeziehung der vorhandenen Keller (Gärkeller, Kesselhaus) und Gebäudeteile (Produktionshalle) in Kombination mit neuen Untergeschossen (BF 2 und 3). Die Rampenerschließung wird effizient angelegt und ermöglicht gleichermaßen eine Nord-Süd-Erreichbarkeit für den ruhenden Verkehr.
Oberirdisch eröffnen westlich das Portal zur Semmelweißstraße sowie der östliche Durchgang zum Stadtpark eine querlaufende Durchwegung.
Baufelder | Gebäudenutzungen | Denkmalschutz
Die Solitäre im Quartier unterstützen die gewünschte Baufeldgliederung 1-3.
Baufeld 1 für Eigentumswohnungen
- umfasst den GRÜNEN WINKEL (Neubau) an Semmelweißstraße und Robert-Koch-Straße und das untere TERRASSENHAUS
(Neubau)
Baufeld 2 überwiegend für Mietwohnungen
- umfasst den SCHILLERFLÜGEL (Neubau) für sozialen Mietwohnungsbau, das PLATZHAUS (Neubau) für Mietwohnungen, das
obere TERRASSENHAUS (Neubau) für Mietwohnungen, die SCHWANKHALLE (Bestand) für den Nahversorger sowie Mietwohnungen in den oberen Niveaus, die VILLA MACCHINA („Scheibenvillen“ im ehemaligen Maschinenhaus) für Wohneigentum, die SÜDZEILE (Neubau an der Robert-Koch-Straße) für Mietwohnungen, das PATIOHAUS (Maisonette- und Etagenwohnungen im ehemaligen Gärhaus) für Mietwohnungen und Sondernutzungen. Die neue Organisationsform des Hauses um das innenliegende verglast überdachte Patio mit umlaufenden Galerien sowie das zusätzliche besondere Raumangebot im Obergeschoss des südlichen Querhauses (bspw. für Gemeinschaft, Konferenz, Sport/Hobby/Werkstatt o.ä.) offeriert besondere Wohnformen z.B. für gemeinschaftliche Wohnangebote - generationsübergreifend, betreut, junges Wohnen oder Wohnen für Studierende.
Baufeld 3 für Eigentumswohnungen
- umfasst das LOFTHAUS (Bestand ehemaliges Sudhaus) für grosszügige Eigentumswohnungen bzw. im Erdgeschoss
Gastronomie sowie das APARTMENTHAUS (Neubau) für Eigentumswohnungen, partiell mit Geschossüberhöhungen und Garten-
und Dachterrassenabindung bzw. Loggien
Der Charakter der denkmalgeschützten Gebäude soll dabei im Wesentlichen erhalten werden.
Architektur | Erscheinungsbild
Die straßenbegleitende Bebauung schreibt die gründerzeitliche Stadtanlage fort. Dabei wird in der Materialität die Intention höherwertiger edler Putzfassaden straßen- und hofseitig fortgeführt. Dadurch wirken die Klinkerbauten im Innern des Quartiers kontrastierend - der industriellen Historie im Areal wird damit Ausdruck verliehen. Die neuen Solitärbauten werden spezifisch nach Lage, Ausrichtung und Nutzung in plastischen Volumen ausgebildet - in Verwandschaft zu ihren historischen Nachbarn. Das Spiel von Wand- und Öffnungselementen und deren Formen transformiert Gestaltungselemente von Pilastern, Lisenen, Zierleisten und -verbänden.
Freiflächen
Die Freiflächen stützen das Konzept der zwei Welten von rahmender Fassung und innerem Kern. Die ergänzte fassende Blockrandbebauung führt die tradierten Elemente von repräsentativem Vorgarten und rückwärtigem Gemeinschaftsgarten fort. Im Inneren entwickelt sich zwischen den Mauern- und Terrassenrelikten eine postindustrielle Landschaft. In industrielle Reliktbeläge eingelegte verbindende Platzflächen, vegetative Pufferzonen, gemeinschaftliche Landschaftsintarsien, private Gartenfelder, einladende Spielzonen und inszenierte Retentionsbereiche entwickeln ein unverwechselbar melangiertes Freiraum- Pattern von hoher innerer Durchlässigkeit, einladender Aufenthaltsqualität und eigenständiger Bildprägung. Der vorhandene Baumbestand ist weitgehend integriert. Die inneren Platz- und Wegeflächen können für Anlieferung befahren werden, sind aber ansonsten Fußgängern und Radfahren vorbehalten. Die erforderlichen TG Zufahrten sowie Feuerwehrzufahrten und Aufstellflächen sind unscheinbar in das innere Pattern integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Arbeit 1002
Städtebaulich überzeugt der Entwurf durch die klare Gliederung von geschlossenem Blockrand und den sieben Einzelbaukörpern im Blockinneren. Dabei werden vier Bestandsgebäude geschickt durch drei Neubauten ergänzt.
Der zentrale Gedanke von Öffnungen zur Schillerstraße und zur Robert-Koch-Straße setzt die historischen Gebäude effektvoll in Szene. Entlang des Geländeversprungs in Ost-West-Richtung wird eine Fußverbindung geführt, die die Trennung zwischen den unterschiedlichen Geländeniveaus bildet. Bestimmendes Element des Entwurfs ist der Platz mit Tamariskenhain, der über den Parkdecks in der ehemaligen Produktionshalle entsteht. Dies schafft eine gute Maßstäblichkeit der Räume und sehr vielfältige Blickbeziehungen, die einer Abfolge von vier Plätzen in Nord-Süd-Richtung eine hohe räumliche Qualität verleihen.
Punktuell führt die 5- bis 8-geschossige Bebauung im Blockinnenbereich zu einer deutlichen Überschreitung der Abstandsflächen.
Durch die Setzung unterschiedlicher Gebäudetypologien werden verschiedene Wohnmilieus geschaffen; zum einen urbanes Wohnen an den zentralen Plätzen des Baufelds 2 und geschütztes Wohnen im begrünten Blockinnenraum der Baufelder 1 und 3. Dies widerspiegelt die Typologie von Zweispännerwohnungen im Blockrand, Mehrspännerlösungen in den Solitärbauten und Laubengang im Patiohaus des ehemaligen Gärhauses.
Die Idee des Parkens im Gewölbe und in der ehemaligen Produktionshalle führt den historischen Kellerbestand einer sinnvollen Nutzung zu. Durch die Nutzung des ehemaligen Maschinenhauses als Villa Macchina und durch die Ausbildung von Maisonettewohnungen im Aufbau der ehemaligen Schwankhalle sowie durch die Gewerbenutzung im Untergeschoss gelingt ein sensibler Umgang mit dem denkmalgeschützten Gebäudebestand.
Die Gestaltung der Fassaden und die differenzierte Höhengliederung der einzelnen Baukörper thematisieren die Neubauten, indem eine zeitgemäße Ergänzung des Quartiers gelingt und die Identität des Bestands gewahrt bleibt.
Mit 19.268 m2 Wohnfläche und 226 Wohneinheiten erreicht der Entwurf eine überdurchschnittliche Flächeneffizienz. Herausragend ist die hohe Anzahl möglicher Stellplätze mit 340 Stück. Dadurch ergibt sich
voraussichtlich eine im Verhältnis zu den Mitbewerbern gute Wirtschaftlichkeit.
Die Kompaktheit der Baukörper entspricht dem Grundsatz des geringen Bauflächenverbrauchs und stellt damit ein gutes Verhältnis von Nutzflächen zu Gebäudevolumen sicher.
Die insgesamt sorgfältige und vertiefte Durcharbeitung lässt Potenzial für eine gute Fortentwicklung und Ausarbeitung des Entwurfs im Falle einer Realisierung erwarten. Bei der weiteren Planung ist auf eine stärkere Ausdifferenzierung von öffentlichen und privaten Außenflächen zu achten. Damit ist dem Bedürfnis der Bewohnerschaft nach Ungestörtheit und Sicherheit im Außenraum Geltung zu verschaffen.
Ergänzende Anmerkungen aus Sicht der Denkmalpflege:
Der Beitrag wird denkmalpflegerisch als sehr akzeptabel eingeschätzt, allerdings werden in der weiteren Bearbeitung Verbesserungen in städtebaulich-denkmalpflegerischer Hinsicht empfohlen.
Gelungen ist der Umgang mit der hist. Industriearchitektur (Erscheinungsbild und Substanz); so z. B. Patio- Lösung des Gärhauses sowie Wahrung des Mansarddaches und innerer Strukturen. Die architektonische Integrität des hist. Bauwerks bleibt erhalten. Hier sind in der weiteren Bearbeitung nur punktuelle und absehbar überschaubare Verbesserungen nötig. Das Maß der Eingriffe in die Kelleranlagen erscheint akzeptabel, vor allem weil man die konkrete Einbeziehung dieser Räume in die Nutzung als positiv einschätzen sollte. In städtebaulich- denkmalpflegerischer Hinsicht (Verhältnis Alt- und Neubebauung, Wahrnehmbarkeiten) wird der Beitrag grundsätzlich gelobt. Hervorzuheben ist die kontrastierende Fassadenmaterialwahl für die Bauten in Innen- und Blockrandbereich und auch die wichtige Reminiszenz an die Ensemblesilhouette durch Erhaltung des Kesselhausturmes. Überarbeitung wird hinsichtlich des achtgeschossigen Hochpunktes empfohlen, weil er die hist. Dominate des Areals, das Sudhaus, mindert. Weiterhin wird empfohlen, das Auftaktgebäude an der Schillerstraße hinsichtlich seiner städtebaulichen Einpassung in die dortige straßenbegleitenden Baustrukturen zu überprüfen.
Ergänzende Anmerkungen aus Sicht des Brandschutzes:
Durch den Entwurf werden gute Zufahrtsmöglichkeiten für Feuerwehrfahrzeuge auf dem Areal ausgewiesen. Im Baufeld 3 muss bei der weiteren Planung die Sicherstellung des 2. Rettungsweges für das 5- bzw. 7-geschossige Gebäude noch ein Lösungsvorschlag erarbeitet werden. Die Sicherstellung der 2. Rettungswege im Bereich der Semmelweisstraße / Robert-Koch-Straße ist mit der vorhandenen Straßenraumgestaltung nicht über Rettungsgeräte der Feuerwehr darstellbar.
Modell

Modell

Lageplan

Lageplan

Grundriss

Grundriss