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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2018

Multifunktionskomplex Gesamtschule Osterfeld

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

KUEHN MALVEZZI

Architektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

Gruner GmbH, Köln

Brandschutzplanung

HeGe Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

SCHARNIER
Der kreisrunde Baukörper schafft einen starken Ort im Dienst der Umgebung: der Stadtraum wird neu geordnet. Das Bauwerk wirkt als Scharnier, das zwischen Öffentlich und Privat, Schule und Wohnen in Osterfeld vermittelt. Es bildet einen Vorplatz, der einladend ist und sich räumlich klar vom Schulhof unterscheidet. Die konzentrierte Form des Bauwerks macht es im Verhältnis zur Schule eigenständig, während Material und Farbe direkt auf den historischen Schulbau Bezug nehmen. Mit dem ansteigenden Dach schafft der Neubau einen Akzent, der zwischen dem Altbau der Schule und dem deutlich höheren Eckgebäude an der Heinestraße vermittelt.

INTEGRATIVE FIGUR
Die monolithische Figur integriert kompakt und wirtschaftlich vielfältige Nutzungen. Das Haus wendet sich an die Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Alter und Herkunft, indem es die Nutzungen Hierarchie-frei und mit einer Reihe von Synergien anordnet. Die großen Öffnungen folgen den spezifischen Nutzungen und räumlichen Sequenzen im Inneren. Über das abwechslungsreiche Spiel der Öffnungen in der Ziegelfassade kommuniziert das Bauwerk allseitig mit dem Stadtraum.

ADRESSEN
Die Hauptadresse des Bauwerks liegt ebenerdig und gut sichtbar am Platz zur Westfälischen Straße. Die tiefe Leibung schützt den Haupteingang und dient als Vordach. Aula und Stadtteilbibliothek sowie Volkshochschule werden hier öffentlich durch ein großes gemeinsames Foyer erschlossen und werden zugleich über ein kleineres internes Foyer direkt von der Schule erreicht. Das Jugendzentrum erhält auf der Nordostseite seine autonome Adresse, um direkt auf die Dachterrasse zu gelangen, die zugleich Vorplatz und Garten des Jugendzentrums ist.

IDENTITÄT
Die eigenständige Figur des neuen stadträumlichen Akteurs erhält ein vertrautes Kleid: Das Bauwerk tritt dem Ensemble öffentlicher Gebäude bei, die mit ihren markanten Ziegelfassaden die Protagonisten im Oberhausener Stadtbild sind und zu denen auch die beiden Altbauten der Gesamtschule und das St. Marien Hospital gehören. Der Farbton des Ziegels orientiert sich am gedeckten Ton der Schulbauten und hebt sich durch den Verband zugleich dezent davon ab: der Sägezahnverband folgt in seiner Struktur der kreisförmigen Bewegung und unterstützt so die Figur des Neubaus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen als Grundkonzept einen der geometrischen Primärkörper vor – einen Zylinder. Diese Urform führt automatisch zu einer Solitärstellung, die in ihrer städtebaulichen Fügung in dem Kontext gut situiert ist. Im Zusammenspiel mit dem bestehenden, historischen Kopfbau der Schule entsteht ein gut proportionierter Platz, dem städtische Qualitäten zugesprochen werden können. Um diese Qualität erreichen zu können, muss allerdings das Verhältnis zwischen öffentlichen Platzbereich und privatem Schulgelände diskutiert werden. Der Zugang in den Zylinder liegt richtig zur Westfälischen Straße. Im rückwärtigen, an das bestehende Schulgebäude angrenzenden Bereich entstehen allerdings, der Geometrie geschuldet, Resträume mit Tendenz zu „Schmuddelecken“. Der Zugang zum Jugendbereich liegt zu versteckt auf der Rückseite und ist entsprechend wenig einladend für diejenigen Jugendlichen, die die Jugendarbeit bisher noch nicht erreichen konnte.
Die starke geometrische Grundfigur führt zu Zwängen in der Grundrissgestaltung. Im Erdgeschoss liegen die Spange des Saales, die beiden Unterrichtsräume und der kleine Veranstaltungsraum gut. Die Foyerbildung auf beiden Seiten erscheint ausreichend. Bemängelt wird der bescheidene Auftritt der Bibliothek im Eingangsbereich. Die Bibliotheksnutzung ist hier nicht erkennbar oder spürbar. So selbstverständlich wie die Geometrie im Erdgeschoss gelöst ist, so schwierig wird sie im 1. Obergeschoss. Die rechteckige Geometrie des Saales führt hier zu wenig befriedigenden Resträumen, die zudem auch funktional keine Lösung bieten. Anders wieder die Geometrie im zweiten Obergeschoss. Hier wird allerdings der Vorschlag der über Stufen abgetreppten Leseinsel kontrovers diskutiert. Ebenfalls gut gelöst ist der Grundriss des dritten Obergeschosses mit dem großzügigen Angebot der Außenterrasse.
Die Lage des Jugendbereiches im obersten, dritten Geschoss wird allerdings nicht befürwortet, da sie wenig einladend ist und als Hemmschwelle für manche Jugendliche gewertet werden muss. Zudem besteht die Sorge, dass die Treppe selber als schlecht kontrollierbarer Aufenthaltsbereich genutzt werden könnte.
Das Setzen der Öffnungen in der Fassade erscheint nicht ausreichend. Manche Räume, die an der Außenwand liegen, haben keine Belichtungsmöglichkeit. Gleiches gilt in noch stärkerem Maße für die innenliegenden Raumbereiche der Bibliothek im zweiten, besonders im ersten Obergeschoss.
Kritisiert wird zudem, dass die unterschiedlichen Nutzungen des Gebäudes nicht in adäquater Weise in der Fassade ablesbar sind. Hier wären eine deutlichere Differenzierung und teilweise auch größere Öffnungen wünschenswert gewesen.
Ein wesentlicher Kritikpunkt ist auch die nicht geregelte Kontrollmöglichkeit des Bibliotheksbereiches. Mit der Treppe und dem Aufzug ist ein unkontrolliertes Verlassen der Bibliothek möglich.
Insgesamt ein mutiger, vom städtebaulichen Konzept Qualität voller Ansatz, der in seiner Funktionalität aber Mängel aufweist.