modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 09/2018

Aalen Süd / Union-Areal in Aalen

Lageplan

Lageplan

Anerkennung / Realisierungsteil

Preisgeld: 7.000 EUR

Ferdinand Heide Architekt

Architektur

Erläuterungstext

Konzept
Das Landratsamt als öffentliches Gebäude und kommunikative Arbeitswelt – Der offene kommunikative Charakter der inneren Organisation spiegelt sich nach außen in transparenten vielschichtigen Fassaden und in der durchgängigen hohen Halle wider, die von einer transluzenten Dachstruktur überdeckt ist. Diese signalisiert in ihrer Vielschichtigkeit den Anspruch des Gebäudes: Zur Stadt und zum Landratsamt steht das Dach weit über, formuliert eine Eingangsgeste und einen großzügigen Vorplatz. Als technoide Struktur mit Photovoltaik- Elementen, Oberlichtverglasungen, Lüftungsklappen, RWAs etc. ist es ferner ein signifikantes Symbol für die nachhaltige und energieorientierte Gestaltung der Behörde.

Städtebaulicher Ideenteil
Der Neubau formuliert die Schnittstelle zwischen Stadt und Grünraum. Das Haus ist eine viel- schichtige Struktur, die die ursprüngliche Bebauung widerspiegelt und sich entlang des Kocher entwickelt. Der besondere Charakter des Ortes und seine geschichtliche Entwicklung finden in der gewählten Gebäudetypologie Berücksichtigung:
Das Firmengelände war räumlich charakterisiert durch die schmalen – sich gegenüberstehenden – Gebäudevolumen, die eine Kante zur Straße und nach Innen einen schönen linearen Zwischenraum aufgespannt haben. Diese räumliche Situation findet eine Entsprechung in den additiv angeordneten neuen Gebäudevolumen der "Bürotrakte" des Landratsamts. Die "Bürotrakte" begrenzen eine öffentliche Erschließungshalle, die als lichtdurchfluteter vierge- schossiger Raum die kommunikative Mitte des Landratsamts darstellt. Galerie, Stege und Frei- treppen schichten sich nach oben, jeweils transparente Fugen zur Stadt und zum Park schaffen Querbezüge.
Ein neuer Weg entlang des Kocher verbindet den Vorplatz vor dem Neubau mit dem alten Landratsamt. Mittels eines kleinen neuen Steges der als auskragende Stahl-Holzkonstruktion entlang des Flusses gebaut wird, kann direkt unter der Bahnbrücke ein neuer Verbindungsweg beginnen, der in die bestehende Brücke vor dem Neubau mündet.
Der Neubau des Landratsamt und die städtebauliche Figur für die sukzessive Entwicklung der Flächen nördlich der Wilhelm-Merz-Straße ergänzen sich. Die bisher nur untergeordnet genutzten Flächen werden zu einem urbanen Stadtquartier entwickelt: Mit einer klassischen städtebaulichen Typologie aus einer geschlossenen Bebauungsstruktur, die die öffentlichen Erschließungsräume von den privaten Blockinnenbereichen (Gärten) trennt, wird ein im Charakter städtisches Quartier mit klaren Räumen und Kanten geschaffen. Drei Nord-Süd verlaufende als shared-space gestaltete "Straßenräume" spannen jeweils Baufelder auf, die straßenbegleitend mit i.d.R. fünfgeschossigen Gebäude geschlossen werden. Staffellungen sowie Höhenversprünge oder gar ablesbare Einzelmaßnahmen sind gewünscht und denkbar. In diese Bebauungsstruktur werden in die Erdgeschosszone Märkte und Einzelhandelsflächen eingewoben. Der Stellplatzbedarf des Quartiers und das Stellplatzdefizit des Landratsamtes werden in einem mehrgeschossigen Splitt- Level Parkdeck nachgewiesen, das rückseitig in die Blockrandstruktur eingebunden ist und auf kurzem Wege von der Straße direkt erschlossen wird.

Realisierung in Abschnitten
Das Quartier zwischen Ulmer Straße und Wilhelm-Merz-Straße kann sukzessive z. B. in vier Ab- schnitten realisiert werden. Idealerweise beginnt die Maßnahme mit dem Rückbau des Mode- hauses Röther an dessen Stelle die ersten zwei Bebauungsstreifen mit einer mittigen Er- schließung realisiert werden können.

Freiraumqualitäten
Während die Erschließungsflächen zwischen den Häuserzeilen niveaugleich aufgepflastert und mit partiellen Grünflächen und intergierten Besucherstellplatzen gestaltet sind, sind die rückwärtigen Gärten, die wegen der geringen Grundwassertiefe nicht mit Tiefgaragen unterbaut sind, von dichtem Grün und großkronigen Bäumen (teilweise Bestand) überstanden. Die Erdge- schosswohnungen haben hier jeweils einen unmittelbar vorgelagerten kleinen Privatgarten, an den sich das gemeinschaftliche Grün anschließt. Die zentrale neue Querung zwischen Ostertag - Areal und Kocher wird durch die straßenbegleitende Bebauung des Landratamts hindurch geführt und bildet an dieser Stelle den östlichen Eingang ins Landratsamt. Integraler Bestandteil des neuen Stadtraums ist das halböffentliche Foyer des Landratsamts. Seine ausgedehnte lineare Struktur scheint zunächst wenig flächeneffizient. Rein quantitativ ist das so, räumlich und funktional hingegen ist das Potential dieses halböffentlichen Raums enorm und eine Chance für die Entwicklung des Quartiers und einer zukunftsweisenden Behörde. Zusammen mit der Umweltachse Wilhelm-Merz-Straße und insbesondere zusammen mit den Grünflächen entlang des Kocher entsteht im Innern und in den Außenbereichen des Landratsamt ein öffentlicher Stadtraum, der fließend ineinander übergeht. Es gibt Räume und Angebote für Freizeitaktivitäten im Grünen, Veranstaltungen, Ausstellungen, Events, Informationen sowie Aufenthalts- und Kommunikationspunkte im Stadtraum.

Organisation Landratsamt
Die Abteilungen des Raumprogramms werden auf die einzelnen linearen Gebäudevolumen ver- teilt und über die open-space-Zonen der Galerien miteinander verzahnt. Die Zellenbüros sind auf einem Fassadenraster von 1,25 m aufgebaut, welche bei leichten Trennwänden eine hohe
Flexibilität bieten. Gleichzeitig ermöglicht die lineare Anordnung sowie die final nicht definierte Länge der Häuser für die An- und Zuordnung von Abteilungen eine große Varianz. Von be- sonderer Bedeutung für die tägliche Verwaltungsarbeit und Kommunikation im Haus ist die offene Anordnung der Büros über vier Etagen. Blickkontakte verbessern die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern und für Besucher die Orientierung. In den Obergeschossen des Hauses wird der Luftraum des Foyers als eingeschnittener Lichthof zum Außenraum. Diese Bereiche bieten den open-space-Zonen auf den Galerien einen zusätzlichen Außenraumbezug und gleichzeitig unmittelbar angrenzende Außen-/ Grünräume.

Brandschutzkonzept
Der durchgängige hallenartige Erschließungsraum bedarf eines besonderen Fluchtwegekon- zepts: In engen Abständen in den Volumen der "Baukörper" befinden sich jeweils notwendige Treppenhäuser mit direkt Ausgängen nach draussen. Die Treppenräume können auf jedem Geschoss vom inneren Foyer als auch von den vorlagerten Fluchtbalkonen erschlossen werden. D.h. der erste und zweite Rettungsweg aller Büroräume führt – immer in zwei entgegengesetzte Richtungen – zunächst über den außenliegenden Fluchtbalkon ins Treppenhaus.

Wirtschaftlichkeit
Grundsätzlich verspricht die einfache konstruktive Fügung und die additive Struktur des Hauses eine wirtschaftliche Konstruktion. Insbesondere der komplette Verzicht auf eine Unterkellerung sowie die elementierten und vereinheitlichten Fassadenbauteile unterstützen das Streben nach Wirtschaftlichkeit. Nicht nur für die Energieeffizienz, sondern auch für die Wirtschaftlichkeit ist es von Bedeutung, dass nicht alle Fassadenelemente der Längsseiten (die seitlichen Wände sind ohnehin massiv und geschlossen) geschosshoch verglast sind, sondern dass in der Regel jedes zweite Element aus einem geschlossenen Paneel mit einem deutlich besseren Wärmedurch- gangskoeffizienten besteht.

Architektonisches Konzept / Materialität
Der Charakter des Hauses wird geprägt durch Vielschichtigkeit und Transparenz. Diese entsteht durch den Wechsel von Gebäudevolumen und Gebäudefugen in der Fassadenabwicklung und durch die geschosshohen Schiebelemente mit Holzlamellen, die einerseits Sonnenschutz bieten, anderseits dem Flucht- und Reinigungsbalkon im Wechsel mit einem Geländer als Absturz- sicherung dienen. Alle geschlossenen Wandflächen des Gebäudes tragen ebenso eine horizontale Holzverkleidung, die einen Materialkontrast zu den Metall-Glas-Konstruktionen der sonstigen Fassaden bietet. Die Vielschichtigkeit der Fassaden findet sich auch in der filigranen Dachstruktur über der Halle wieder. Lichteinfall von oben, Durchblicke zu den oberen Gartenhöfen und zum Himmel bestimmen den Charakter des Foyers.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf nimm in überzeugender Weise die Blick- und Wegebeziehungen zum bestehenden Land-ratsamt auf. Mit seinen linearen Strukturen fügt er sich bestens in die orthogonale Struktur des städ-tebaulichen Konzepts des Ideenwettbewerbs ein, schließt dieses zum Kocher hin ab und schafft in diesem Bereich einen spannenden Landschaftsraum zum Wasser und Grün. Das Gebäude überrascht mit einem spektakulären Innenraumvolumen, an das sich nutzungsmäßig variable Bürostrukturen über drei Obergeschosse hin anschließen. Es sind aber gerade die räumliche Ausdehnung des Gebäu-des und sein spektakulär ausgedehntes Atrium, die heftige Zweifel an der Angemessenheit der Lösung begründen. Die Jury erwartet von einem Landratsamt, das unterschiedliche, auch sich in schwierigen Lebenssituationen befindliche Bürger/-innen, betreut, einen deutlich zurück genomme-neren, angemesseneren Auftritt.
Die Arbeit besticht durch einen einmalig großzügigen Grünraum entlang dem Kocher. Aus der Fort-führung des Seitenkanals entsteht sogar eine grüne Kulturinsel mit interessanten Holztreppen ent-lang des Landratsamtes. Der zweite Gewässerarm wurde im Preisgericht kontrovers, aufgrund des heißen Sommers und dem damit verbundenen geringen Wasserstandes im Kocher, diskutiert.
Das geplante Wohngebiet wird folgerichtig mit einem breiten Steg, der zwischen Landratsamt und Parkierungsgeschoss liegt, mit dem wunderbaren Flusspark entlang des Kochers verbunden.
Die Arbeit stellt, was die Freiraumqualität und ökologische Aspekte anbelangt, einen wertvollen und einmaligen Beitrag dar.
Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 3.OG

Grundriss 3.OG

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Längsschnitt

Längsschnitt