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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2018

Neue Mitte Baumheide in Bielefeld

4. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

ksw | kellner schleich wunderling

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

i d e e
begleitet von der baulichen kante des marktkauf-baus, spannt sich zwischen freizeitheim und stadtbahn-allee ein platz, dem das gegenüber fehlt. als schiefe ebene der natürlichen hanglage folgend werden die raumtrennenden niveauversprünge
zum rabenhof hin aufgehoben: die fläche lässt sich somit multicodiert für unterschiedlichste öffentliche anlässe
barrierefrei bespielen. die stadtloggia nimmt die funktion der fehlenden platzkante in der perspektivischen verkürzung wahr, ohne eine trennende wirkung zu entfalten und dient darüberhinaus als witterungsgeschützte wartezone für alle busfahrgäste und
linearer, vielfältig zu nutzender bewegungsraum. auf kurzem, direktem wege erreichen passanten von dort aus den neuen zugang zur bahn-haltestelle, der zugleich als
nicht kommerzialisierter begegnungsort mit sitzstufen gestaltet ist. der nutzungsmix aus zugangsbauwerk und aufenthaltsort lässt mit einer guten beleuchtungsführung einen mobilitätshub erwarten, der auch im dunkeln angstfrei begangen werden werden kann.
die außenbewirtschaftung der bäckerei bietet sich auf der neu geschaffenen einladenden platzfläche ebenso an, wie das
wasserspiel, das für jung und alt gleichermaßen seine anziehende und belebende wirkung entfaltet.
die überhöhung des kirchenraumes der katholischen kirche maria königin nimmt den bezug zur quartiersmitte bereits vorweg. über die donauschwabenstraße hinweg wird die kirche als zentrale einrichtung der neuen mitte in der neugestaltung des öffentlichen raumes angesprochen, um ihren sonderstatus hervorzuheben.
mit der partiellen überdeckelung der trogstrecke erhält das markthaus auch von der donauschwabenstraße aus einen wertigen auftritt für fußgänger und radfahrer. die östliche seite des gebäudes mit der durchfahrbaren, eingehausten
anlieferzone wird lediglich mit einer buchenhecke eingefasst und damit optisch aus dem öffentlichen raum ausgeblendet.
oberstes prinzip der entwurfsidee ist der sparsame, effektvolle umgang mit den ressourcen zugunsten einer hochwertigen veredelung des öffentlichen raumes :
der beibehalt der spundwände, der fernwärmeleitung und der mögliche betrieb der stadtbahn in der bauphase gewähren die finanziellen mittel für eine ganzheitliche, baulich-räumliche fügung der neu hinzuzufügenden wie vorhandenen
architektonischen elemente, die in materialität und zurückhaltender ausprägung, gepaart mit natürlicher haptik und wertigkeit sorgfältig aufeinander abgestimmt, authentisch und erinnerbar die neue mitte als aufenthaltsort prägen
mögen.
die identität des ortes wird mit einer sparsamen künstlichen lichtführung unterstrichen. eine zurückhaltend flächige illuminierung wird, wo notwendig (verkehrssicherungpflicht), gezielt ergänzt mit nach unten abstrahlenden l_e_d
bestückten leuchten mit niedriger lichtpunkthöhe.
fernwirksam erhellt die individualbeleuchtung in der stadtloggia, den aufzugshäusern und der bahnstation, deren licht durch das rund der station nach oben entweicht, effektvoll.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit der Stadtloggia entlang des Rabenhofes wollen die Verfasser einen Platzraum ausbilden, in dessen von der rechtwinklig auflaufenden Ost-West-Allee gebildeten Winkel, ein kreisrundes Auge den Blick in die Tiefe der Stadtbahn öffnet.
Die raumbildende Qualität wird kontrovers diskutiert; einerseits schafft eine solche Pergola eben gerade keine Raumkante, andererseits erscheint das Bauwerk in Gänze unmaßstäblich – die in den Erläuterungen beschriebene Bündelung von „Menschen und Ereignissen“ gelingt so nicht.
Die Haltestelle wird im westlichen Bereich bis auf das „Auge“ geschlossen, im Osten verbleibt überwiegend der offene Trog, eingebettet in den um den Marktkauf hierarchielos umlaufenden Platzteppich, die mit dem Belag verbundene Wertigkeit ergießt sich bis vor den Getränkemarkt. Das „Auge“ wird als Figur etwas zwanghaft in Pavillons, Sitzmöbel, Wassersprudel übersetzt, die Geste der Sitzstufentreppe im Süden ist dysfunktional.
Die Haltestelle wird als gut einsehbarer Ort ohne Nischen und Verstecke „aufgeräumt“, unterstützt durch die Umgestaltung der östlichen Eingangsbereiche zur Vermeidung von Angsträumen.
Der zusätzlich vorgeschlagene Aufzug auf der Südseite hätte den Verzicht auf die unglücklich geführte Bestandsrampe auf der Westseite der Straße Rabenhof ermöglicht. Die Treppe im Auge scheint zu schmal (zudem könnte durch ihre Lage die Revision des Trafos im Technikbereich schwierig sein), der Aufgang nach Norden ist wegen des abgesenkten Bahnsteigs nicht lang genug. Aussagen zur Materialität und Innengestaltung der Haltestelle werden vermisst.

Im Platz selber finden sich kleine Intarsien, hier können einige Pkw parken, konsequenterweise nicht mehr im heutigen Umfang.
Eine Baumreihe vor der Fassade kaschiert die abgetreppten Zugangssituationen in den Marktkauf-Komplex.
Beide Fahrtrichtungen der Buslinien halten an der Stadtloggia und haben dort ihren Pausenbereich mit der erforderlichen Infrastruktur. Die einseitige Anlage erzeugt unnötige Schleifen für die Busse und ist auch für die Nutzer nur schwer nachvollziehbar.
Das Umfeld des Freizeitzentrums wird insgesamt eher grün geprägt, ein wünschenswerter Kontrast zum steinernen Süden. Parkplätze entfallen und werden konsequent im Straßenraum als Senkrechtparker unter Baumreihen ersetzt.
Alle Wegeanbindungen in die Umgebung werden aufgegriffen und fortgesetzt, der Weg in Richtung Kirche und der Weg an der Bahn werden zusätzlich durch eine Aufpflasterung der Straßenkreuzung betont. Die Notwendigkeit einer Ergänzung an den Gebäuden südlich des Wettbewerbsgebietes wird kontrovers diskutiert.
Die Belange der Barrierefreiheit sind beachtet.
Leider fehlt eine Kostenschätzung, so dass zu Wirtschaftlichkeit keine Aussagen getroffen werden können.
Insgesamt eine Arbeit mit wertvollen Beiträgen zur Lösung der gestellten Aufgabe; die Geste der Stadtloggia jedoch wirkt überdimensioniert und stadträumlich problematisch.