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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2018

Herrengarten in Siegen

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 17.000 EUR

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der neue Herrengarten – das Grüne Herz von Siegen

Mit dem wiedergewonnenen Herrengarten entsteht ein urbaner, multifunktional geprägter Freiraum mit einem hohen Anteil an Grünflächen. Die Zonierung in einen steinernen Stadtraum und einen grünen Gartenraum bietet abgestufte Nutzungsmöglichkeiten und Raumerlebnisse. So entwickelt sich der Herrengarten von einem äußeren, belebten Bereich zu einem inneren, ruhigen Bereich. Um den grünen Binnenraum vor allzu hektischem Straßenleben zu schützen, wird er von einem flachen Rahmen abgeschirmt. Mit dieser zwar deutlichen sichtbaren, jedoch auch transparenten und überwindbaren Grenze wird das Motiv des Gartens aufgegriffen, der sich zur Umgebung als ein besonderer Raum definiert.
Die Nutzung der Räume soll hauptsächlich öffentlich geprägt sein. Da sich in der unmittelbaren Umgebung bereits vielfach gastronomische Angebote etabliert haben, sollen diese im Herrengarten nicht im Vordergrund stehen. Vielmehr soll der Ort dem nichtkommerziellen, individuellen Aufenthalt und gemeinschaftlichen Aktivitäten zur Verfügung stehen.

Der Stadtraum – eine aktive Zone
Die den grünen Binnenraum umgebenden Flächen sind relativ urban geprägt. Sie dienen als Bewegungsraum, sichern die notwendigen Rettungswege, bieten aber auch Platz für Feste und andere Aktivitäten. Ebenso sind hier Fahrradständer, Ladestationen für E-Bikes sowie Flächen für Außengastronomie eingeordnet. Die Oberflächen sind mit einem robusten Naturstein belegt, der in hellen Farbschattierungen ein lebendiges Bild erzeugt.

Der bewegte Rahmen – ein urbanes Multimöbel
Der Binnenraum wird von einem „bewegten Rahmen“ umschlossen. Durch sein vertikales und horizontales Spiel, d.h. die Veränderlichkeit in Höhe und Breite, ist er nicht nur eine schützende Grenze des Gartenraumes, sondern wird selbst zu einem vielfältig nutzbaren Stadtmöbel. Höhere und niedrige Abschnitte variieren, sie schaffen jeweils Abschirmung oder Transparenz, teilweise ist ein ebenengleicher Eintritt in den Gartenraum möglich.
Der Rahmen ist von innen und außen gleichermaßen erreichbar und nutzbar. Die unterschiedliche Breite schafft ein Angebot verschiedener Aufenthaltsmöglichkeiten. Wichtigste Funktion ist die einer komfortablen Sitzbank. Dazu sind in die Oberfläche abschnittsweise Holzoberflächen integriert, ebenso gibt es teilweise Rückenlehnen. Die aufgeweiteten Zonen sind darüber hinaus als Liegefläche, Picknickort oder auch Mini-Bühne nutzbar. Als Material des Rahmens ist ein heller Betonstein mit geschliffener Oberfläche vorgesehen. Ein horizontal integriertes Lichtband betont die Linearität und stellt den gestalterischen Bezug zum Siegufer her.


Der Gartenraum – die grüne Mitte
Im Innenraum des Herrengartens entwickelt sich eine großzügige Grünfläche, die die bestehenden Platanen integriert. Der weit geschwungene Rasen zeigt ein leichtes topografisches Spiel und gleicht somit auch die unterschiedlichen Bestandshöhen aus. Vom Baumplateau als dem höchsten Punkt schwingt er sich nach Osten zum Wasserplateau und senkt sich dabei leicht ab. Ergänzend zu den Aufenthaltsmöglichkeiten auf dem umlaufenden Rahmen sind auf der Rasenfläche flexibel aufstellbare Liegen eingeordnet.
Ein umlaufender Weg erschließt den Rahmen von innen und ermöglicht unterschiedliche Perspektiven auf die Anlage. Die Oberfläche aus wassergebundener Decke unterstreicht den Gartencharakter.
Als Reminiszenz an die historische Anlage werden auch gärtnerische Akzente gesetzt. Einige Abschnitte des Rahmens werden von gemischten Stauden- und Gräserpflanzungen begleitet. In diese sind als Sommer- bzw. Kübelpflanzen einzelne historisch bezeugte Solitärs integriert (Feigen, Granatäpfel, Agaven). Auch mit der Aufstellung von kleinen Spielobjekten in Form von Granatäpfeln wird ein Bezug zum historischen Garten hergestellt.
Im östlichen Bereich entsteht ein kleiner Hain aus weiß blühenden Kirschen. Der Blütenhain ist ein heller, farbiger Kontrapunkt zu den schattigen Platanen und gibt dem Wasserplateau eine besondere Raumatmosphäre.

Das Baumplateau – im Schatten der Platanen
Die Platanen bleiben auf ihrem leicht erhöhten Standort erhalten und schaffen somit einen topografischen Akzent. Von diesem „Bellevue“ bietet sich ein weiter Überblick, in die Aufkantung ist gartenseitig eine bequeme Sitzbank eingearbeitet. Temporär steht dieser Ort für eine Nutzung als Bühne bei kleinen Veranstaltungen zur Verfügung.

Das Wasserplateau – ein urbanes Spiel
Am Übergang zwischen Garten- und Stadtraum setzt das Wasserplateau einen spielerischen Akzent. Als eine von verschiedenen Seiten begehbare Fläche ist dieser Ort ein verbindendes Element zwischen der äußeren und inneren Zone, zwischen Garten und Stadt. Die Rasenfläche schließt hier ca. 20-30cm niedriger an, um eine benutzbare Sitzkante anzubieten.
In die steinerne Oberfläche ist ein lineares Schema der ehemaligen Kanäle im Herrengarten eingearbeitet, austretend aus niedrigen Sprudelquellen fließt das Wasser als ein flacher Film über den Stein und bietet dabei spielerische Erlebnisse.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser gestalten mit einer einfachen Geste ihre Vorstellung des »grünen Herzens« von Siegen. In den steinernen Stadtraum legen sie – von einem dreidimensional »bewegten« Rahmen gefasst – die grüne Mitte, die durch die Zäsur der niedrigen Mauer das klassische Thema des »hortus conclusus« in die Moderne übersetzt und zu einem Garten wird. Der Ansatz überzeugt wegen seiner Prägnanz und Schlichtheit in hohem Maße. Die in Höhe und Breite variierende Figur des Rahmens greift die städtebaulichen Bezüge auf und antwortet sorgfältig auf das jeweilige Gegenüber mit niveaugleichen Öffnungen und holzbeplankten Banksituationen. Das umlaufende Möbel ist, da es nach außen und innen über Platz bzw. Rasen aufragt, beidseits und vielfältig nutzbar. Parallel zu einem schmalen inneren Rundweg aus wassergebundener Decke bieten bandartige Stauden- und Gräserpflanzungen den gewünschten Blühaspekt bei guter Pflegbarkeit und noch zu belegender ökologischer Qualität. Damit entsteht eine hohe Aufenthaltsqualität für die verschiedensten Nutzer, ergänzt durch eine erhöht liegende Bühne an den Bestandsplatanen und eine spielerische Wasserinstallation am Nordende des Möbels. Ergänzend zu dem Rahmen sollen Liegen auf der Wiese frei positioniert werden können, kleine Granatäpfel schaffen ein höchst bescheidenes Spielangebot. Neben den Bestandsplatanen schafft ein Hain aus Zierkirschen einen Akzent an der Wasserspielfläche. Die Baumstellungen sind im Zusammenhang mit dem Wasserspiel zu überprüfen. Insgesamt sind die Flächen dank fehlender Nutzungsdeterminierung in hohem Maß multifunktional nutzbar und bieten ausreichend Raum für Veranstaltungen, auch in dem umlaufenden Band der Natursteinflächen in farblich leicht abgesetztem Passepflaster. Dazu gehört auch die nicht explizit erwähnte Tanzfläche, die sich in die Gestaltung integrieren lässt. Die teils noch vage vorgetragenen Absichten bieten Raum für eine intensive Partizipation der Bevölkerung. Gleiches gilt für die Detailqualität, insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung der umlaufenden Bank und des Betonpodestes unter den Platanen. Alle Bereiche sind barrierearm gestaltet, die Übersichtlichkeit schafft ein hohes Gefühl der Sicherheit im öffentlichen Raum. Die funktionalen Belange von Feuerwehr und Infrastruktur sind berücksichtigt. Der Entwurf bewegt sich im Kostenrahmen, für den Unterhalt sind keine besonderen Herausforderungen zu bewältigen. Insgesamt liegt mit der Arbeit ein robustes und starkes Grundkonzept vor, dass gemeinsam mit den Nutzern zum Leben erweckt werden kann und einen wichtigen Beitrag für die Lebensqualität in Siegen leistet.