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Offener Wettbewerb | 10/2018

Bundesgartenschau Erfurt 2021 – Ausstellungskonzept für den Petersberg

Perspektive Oberes Plateau

Perspektive Oberes Plateau

1. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

Heuschneider Landschaftsarchitekten PartGmbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Gestalterisches Gesamtkonzept
Zum Fest der Bundesgartenschau 2021 wird vor der eindrucksvollen Kulisse der Zitadelle Petersberg Gartenkunst und Geschichte inszeniert. Die historischen Festungsbauwerke bieten auf verschiedenen Ebenen facettenreichen Räume, die die Besucher in temporäre Ausstellungswelten entführen. Auf den unterschiedlichen Plateaus zeigen sich von leisen Tönen bis zu opulenten Gesten ganz unterschiedliche Atmosphären. Verbindendes Element sind die mächtigen Festungsbauwerke im Kontrast zu gärtnerischer Pflanzung mit leichten, raumbildenden Textilien.

Oberes Plateau
Die Besucher erreichen über die Straße Petersberg oder direkt mit dem Aufzug den Willkommensbereich auf dem oberen Plateau. Der Haupteingang des Gartenschaubereichs empfängt die Gäste mit großen Wechselflorflächen und einem grandiosen Blick über die Erfurter Altstadt. Hier präsentiert sich das zukünftige Landesmuseum mit einem Informationspavillon über den Fundamenten der Leonhardskirche in einem offen zugänglichen und repräsentativen Umfeld. Auf der anderen Seite bieten das Multifunktionsgebäude am Kommandantenhaus und die Kassenhäuser Information und Service.
Direkt nach dem Eingang erstreckt sich der großzügige Bereich der Epochengärten. Wie die realen Gärten der Außenstandorte zeigt der Ausstellungsbeitrag die historischen Stile der Gartenepochen nebeneinander und ineinander verwoben. Eine indigofarbene Bahn leitet die Besucher und führt durch die thüringer Garten(bau)kulturgeschichte. Vor hier tritt der Besucher in Gärten. Er erlebt wie die Renaissance in Reinform, mit Knoten-Parterres, Rabatten und Topiaria sich zu den ornamentalen Pflanzungen des Barocks wandelt. Üppige Broderiebeete bilden den Höhepunkt, bevor auch diese Epoche sich auflöst und ein Landschaftsgarten mit zurückhaltender Farbigkeit und idealisierten Natürlichkeit entsteht. Dabei bietet das blaue Band mit Informationen zur zeitlichen und gesellschaftlichen Einordung immer Halt und Orientierung. Es gibt viel Platz für die Präsentation der verschiedenen Außenstandorte. Indem dass keine Kompartimente festgelegt sind, kann sich hier jeder Standort nach seinen Möglichkeiten präsentieren. Den Schlusspunkt der Ausstellung bildet der große Platz vor der Peterskirche mit dem Eingang zur Defensionskaserne, Hauptgastronomie, der Ausstellung der Kübelpflanzen und dem interkulturellen Beitrag der Kirchen. Im Schutz der ehemaligen Kirche steht eine lange Tafel, an der diskutiert, zugehört und gefeiert werden soll. Der Religionsbeitrag legt sich um die Kirche und wird nord-östlich von dem blauen Band an die Epochengärten angebunden. Die zentrale Achse führt von hier über ein Wasserspiel und die Petersstraße zum mittleren Plateau.

Mittleres Plateau
Auf dem Mittleren Plateau werden pflanzliche Akzente gesetzt. Entlang der Asphaltflächen, gesäubert und neu markiert, werden verschiedene Antworten auf die neuen Anforderungen an das Stadtgrün gezeigt. Von hitzeresistenten Hochstämmen über Regenwasserversickerung bis zum Luftwäscher auf Algenbasis werden die Instrumente einer klimagerechte Stadtentwicklung nebeneinandergestellt. Dabei wird nicht nur die didaktische sondern auch die ästhetische und fröhliche Seite dargestellt. Über den Spielplatz oder die Treppenanlage führt der Weg in die nächste Ebene. Wem der Abstieg zu mühsam ist, erreicht den nächsten Teilbereich schwungvoll über eine Rutschenkaskade durch den Blütenhang.

Unteres Plateau
Entsprechend der historischen und aktuellen Stellung des Gartenbaus in Thüringen und besonders in der Blumenstadt Erfurt, erhält der Erwerbsgartenbau einen fulminanten Auftritt. Den Besucher erwartet hier nicht eine kleine Parzelle eine Gemüsegartens, der Gartenschaubeitrag nutzt die volle Fläche zwischen den Bastionsmauern aus. Er erinnert zum einen daran, dass alle Menschen von den Pflanzen leben und stellt die Vielfalt, auch die gestalterische, von Gemüse vor. In drei Pavillons werden die Themen dargestellt und bieten den Verbänden die Möglichkeit sich zu präsentieren. Pflegeintensive Flächen werden hier mit extensiven Ansaatflächen kombiniert, die bis in den Festungsgraben des Ravelin Anselm hereinreichen.
Im Graben finden sich abgetrennte Bereiche, die gemeinsam mit den Bürgern bespielt werden. Neben einem Biergarten und Kinderspielbereich liegen auf der Streuobstwiese kleinere Beiträge, die ungestaltete Freiräume zwischen den hohen Festungsmauern zulassen. Die außergewöhnliche, grabenartige Topografie ermöglicht an dieser Stelle eine besondere Inszenierung, die auch experimenteller Gartengestaltung einen Halt gibt. Leichte, textile Stoffe verhüllen halbtransparent den Raum und bieten neue Eindrücke. Das Material besitzt eine eigene, leichte Formensprache geprägt von pflanzlichen Fasern und Farben und bildet einen starken Kontrast zur wuchtigen Bastion. Das Aussehen des Festungsgrabens wird so komplett verändert.
Weiter nach hinten löst sich dieses starke Bild auf und geht in eine Streuobstwiese über. Um den Ravelin herum öffnet sich dem Besucher die große Festwiese. Das Publikum blickt in Richtung des Oberen Plateaus auf die Bühne. Dabei bilden Festungsmauer und blühender Hang eine eindrucksvolle Kulisse. Jede Veranstaltung zeigt eindrücklich das Bild der Gartenschau in der Zitadelle Petersberg.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf schlägt eine klare, der Funktionen zugeordnete räumliche Strukturierung vor. Daraus entstehen zwei Haupträume, die er mit klaren Bildern belegt, den Epochengärten auf dem oberen Plateau und den dem Thema Erwerbsgartenbau im Festungsgraben. Auf dem oberen Plateau übernimmt der Entwurf weitgehend die räumliche Gliederung der Planung der Daueranlagen. Mit stempelartigen Bildern zu Barock-, Renaissance- und Landschaftsgärten erzeugt er für die Besucher leicht verständliche Bilder von exemplarischen Gartenepochen. Ein markantes, „indigofarbenes Band“ verbindet die verschiedenen Gartenepochen und erklärt interaktiv deren kulturhistorische Entwicklung. So verwandelt sich das obere Plateau im BUGA Jahr zu einem prägnanten Eyecatcher mit einer üppigen Blütenpracht. Der Vorbereich zur Defensionskaserne wird überzeugend auf der einen Seite mit Kübelpflanzungen und auf der anderen Seite mit einer großzügigen mit Schirmen überstellten Gastronomieterrasse ausformuliert. Die südlichen und insbesondere östlichen Flächen der Peterskirche werden angemessen „ruhig“ als Kirchengärten gestaltet, dessen religiöse Zentren ein Andachtspavillon und eine „interreligiöse Tafel“ am Ende des „indigofarbenen Bandes“ sind. Im Festungsgraben entsteht eine ansprechende Interpretation des Erwerbsgartenbaus. Einerseits wird die Vielfalt der Erfurter und in Deutschland bedeutenden Saatgutproduktion nachgezeichnet, andererseits entsteht ein typischer Landschaftsausschnitt wie man ihn aus dem regionaltypischen Erwerbsgartenbau kennt. Dieser Beitrag ist identitätsstiftend für die Erfurter und einmalig in der jüngeren Gartenschaugeschichte. Dieser Wettbewerbsbeitrag überzeugt insgesamt durch klare und prägnante Ideen, die der Ausstellung auf dem Petersberg ausreichend Kraft verleihen. Jedoch fehlen leider Aussagen zu einigen Bereichen, wie zum Verkehrsgarten auf dem mittleren Plateau, zur Anbindung an die Bühne oder zum Willkommensbereich.
Lageplan Oberes Plateau

Lageplan Oberes Plateau

Fußgängerperspektive blaues Band

Fußgängerperspektive blaues Band

Perspektive Erwerbsgartenbau

Perspektive Erwerbsgartenbau

Lageplan Erwerbsgartenbau

Lageplan Erwerbsgartenbau

textile Schleier gliedern die ehemaligen Festungsgräben

textile Schleier gliedern die ehemaligen Festungsgräben