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Mehrfachbeauftragung | 10/2018

Umgestaltung des Stempelparks im Käfertaler Zentrum

Blick in den Stempelpark

Blick in den Stempelpark

2. Preis

BIERBAUM. AICHELE. landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Gestalterische Grundidee

Unser Gestaltungskonzept für den Stempelpark sieht die Schaffung einer klaren Struktur hinsichtlich Formensprache und Nutzung vor. Hierbei nehmen wir große Rücksicht auf den Baumbestand und verstehen diesen auch als Kontinuum in der Historie des Parks. Durch eine grundsätzliche Programmierung der einzelnen Flächen schaffen wir den Rahmen für die Entwicklung des Parks im Zuge eines intensiven Partizipationsprozesses mit Nutzern und Anwohnern. Unser Gestaltungskonzept versteht sich dabei als Rückgrat und Impulsgeber für die Zukunft der Grünanlage.

Wegekonzept

Unser vorgeschlagenes Wegekonzept wird zum prägenden Element für die klar ablesbare und dennoch natürlich weiche Formensprache des neuen Parks. Der Quartierspark erhält hierdurch einen selbstbewussten Auftritt mit einem hohen Wiedererkennungspotential im Gefüge der Parkanlagen der Stadt Mannheim. Klare Laufwege und Blickbeziehungen schaffen nicht nur Orientierung innerhalb des Parks sondern bewirken zugleich eine intensive Vernetzung mit dem Umfeld und den bestehenden sowie entstehenden Nutzungsangeboten in den Randzonen. Das Kulturzentrum übernimmt hier als möglicher Impulsgeber für die Nutzungen im Park eine besondere Stellung und wird daher gestalterisch eng in die Freifläche eingebunden.
Unser Konzept sieht die Erhaltung der bestehenden Zugänge zum Park und die Herausarbeitung dieser in Abhängigkeit ihrer jeweiligen Bedeutung und Hierarchie vor. Für den Hauptzugang von der Mannheimer Straße wird eine platzartige Auftaktsituation als `Empfangszone´, erster Orientierungspunkt und Verteiler vorgeschlagen. Sitzangebote formieren diesen Bereich zu einem Verweilpunkt für Parkbesucher wie auch passierende Quartiersbewohner. Die Auftaktzone zum Park wird zum vernetzenden Element und zum einladenden Kommunikator mit dem Umfeld. Für den Zugang zum Gelände der Unionskirche wird die Inszenierung und Freistellung der prägenden historischen Mauer vorgeschlagen. Für eine größere Offenheit und Kommunikation mit der Parkanlage ist hierbei auch die Aufweitung des Durchgangsbereiches mit Integrierung einer abschließbaren Toranlage vorstellbar.
Die sich von den Zugängen entwickelnde geradlinige Wegeführung setzt sich über die gesamte Parkanlage fort. Eine für den Nutzer jederzeit sofort erfassbare Unterscheidung in der Wegehierarchie erfolgt durch Wegebreite und Materialität. Die Nebenwege vernetzen sich mit dem Hauptweg, und definieren vier großzügige in sich abgeschlossene und klar ablesbare Freiraumbereiche. Diese werden durch unsere vorgeschlagene Nutzungsprogrammatik unterschiedlich codiert.


Nutzungskonzept

Als Herzstück der neuen Parkanlage wird die bestehende großzügige Grünfläche im Zentrum als freie Rasen- und Wiesenfläche herausgearbeitet. Ohne weitere Einbauten oder gebaute strukturgebende Elemente verleiht diese dem gesamten Stempelpark eine große Weite und wird explizit zur freien Aneignung durch den Nutzer vorgesehen. Durch den üppigen Baumbestand in den Randbereichen entstehen kontrastierend zur offenen sonnigen Mitte schattigere Zonen als Rückzugsort für heiße Sommertage.
Räumlich getrennt aber hinsichtlich der Nutzung in Verbindung stehend schlägt unser Freiraumkonzept für die im Osten liegende Fläche eine intensiv gestaltete Spiel- und Aktivnutzung mit unterschiedlichen Aufenthaltsfunktionen für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene jeder Altersstruktur vor. Der Park wird als Familienpark verstanden welcher unter anderem durch dieses vielfältige Angebot den generationsübergreifenden Austausch, die Kommunikation und das Zusammenleben aller Bewohner des Quartiers unterstützt und fördert. Bei der konkreten Ausgestaltung der Fläche wird daher eine intensive Beteiligung der Nutzer und Anwohner angestrebt um eine möglichst große Identifikation mit dem Park zu erreichen. Zur Orientierung für diesen gemeinschaftlich geführten Entwicklungsprozess schlagen wir Sportangebote und motorisch und kognitiv fördernde Elemente wie Kletterparcours oder Geschicklichkeitsspiele vor. Vielfältige Sitzangebote runden das Angebot ab. Moderne Trends wie Calisthenics oder Parcours können gleichermaßen in das Konzept integriert werden wie klassische und traditionelle Spielangebote.
Mit bewusst groß gewähltem Abstand zu dieser aktiven Zone schlagen wir im Westen der zentralen Grünfläche die Installation eines Nachbarschaftsgartens im Sinne des Urban-Gardening vor. Der Nutzgartenbereich wird durch eine rahmende Pflanzung sowie eine Zaunanlage gegenüber den sonstigen Parknutzungen leicht geschützt und introvertierter ausgestaltet. Die innen liegende Fläche kann als Gemeinschafsfläche wie auch durch einfache Parzellierung in zugewiesenen Einzelflächen bewirtschaftet werden. Eine zugeordnete Kleinarchitektur bietet abgeschlossene Unterstellmöglichkeiten für Gartengeräte und verhilft der angegliederten Aufenthaltsfläche mit Sitzangeboten zu einer geschützten Lage mit hoher Aufenthaltsqualität.
Den vierten großen Nutzungsbereich bildet die südlich liegende Freifläche. Im Spannungsfeld zwischen Kulturzentrum, Hauptparkzugang und Hauptweg erwarten wir auf dieser Fläche eine hohe Nutzungsintensität mit dem Anspruch an eine flexible Nutzbarkeit. Diese Freiheit bietet eine großzügige platzartige Aufweitung. Ob durch Aneignung im Rahmen von Veranstaltungen im Kulturzentrum, durch Märkte, Stadtteilfeste oder Flohmärkte, die Fläche bietet eine entsprechende Plattform für das gesellschaftliche Leben im Stadtteil. Der direkt anschließende Kleinkinderspielbereich bringt hierbei insbesondere jungen Familien eine hohe Qualitätssteigerung in der Freizeitgestaltung, bietet er doch jederzeit eine gute soziale Kontrolle der spielenden Kinder.


Grünkonzept

Wir verstehen den Park als natürlich geprägte Grünanlage. Unser Konzept verfolgt daher das Ziel die bestehenden Strukturen aufzuwerten, zu ergänzen und zukunftsträchtig zu entwickeln. Eine Extensivierung der Pflege ist im Zeitalter der leeren Stadtkassen und geringen Pflegebudgets dabei ein wichtiges Gebot. Dennoch übernimmt die Pflanzung gerade in der Struktur und Gliederung des Stempelparks eine wichtige Rolle. Für den äußeren Rahmen schlagen wir einen Gehölz-, Kleingehölz und Bodendeckersaum vor. Die vier Hauptaufenthaltsbereiche werden entsprechend ihrer Nutzungscodierung differenziert behandelt. Während die grüne Mitte durch eine großzügige Rasenfläche im Wechsel mit Wiesenzonen in den Randbereichen charakterisiert ist, erfolgt in dem intensiven Spielbereich eine Beschränkung auf Bäume.
Besonderes Augenmerk legen wir auf den nahezu vollständigen Erhalt des Baumbestandes. Durch behutsame Eingriffe wird dieser für eine zukunftsweisende Entwicklung ausgedünnt und in anderen Bereichen durch neue Baumpflanzungen ergänzt.
Die Auswahl der Gehölze sowie die Artenzusammensetzung der Wiesen- und Staudenstrukturen erfolgt unter den Bewertungskriterien Biodiversität, Bienenweide und Vogelnähgehölz. Der Stempelpark übernimmt somit nicht nur als Erholungsfläche sondern auch als ökologisch wertvolle Fläche und Lebensraum im Stadtgebiet eine wichtige Rolle.
Partizipation
Für die Entwicklung eines Stadtteilparks und die spätere Akzeptanz der Nutzer ist Einbindung dieser im Planungsprozess aus unserer Sicht eine unbedingte Notwendigkeit. Wir verstehen unser Parkkonzept daher als Rahmen mit einer grundsätzlichen Nutzungscodierung der Einzelflächen. Das Konzept bietet große Freiheiten für einen gemeinsame Entwicklung und Ausdetaillierung mit den Bürgern. Auch ggf. in der Zukunft sich ergebende neue Nutzungsanforderungen an den Stempelpark können ohne Verlust des Gesamtkonzeptes und der grundsätzlichen Parkerscheinung und Ausprägung verträglich integriert werden.


Materialien

Für Beläge und Ausstattungselemente werden robuste und beanspruchbare Materialien vorgeschlagen. Auch ist für ein durchgehend ruhiges Erscheinungsbild die Reduktion auf wenige verschiedenen Materialien notwendig. Wege sind in Abhängigkeit von der Nutzungsintensität und Wichtigkeit in der Erschließungshierarchie in eingefärbtem Asphalt, bzw. farblich abgestimmter Wassergebundener Wegedecke vorgesehen. Zur Kostenminimierung wird auch der Hauptweg abschnittsweise wassergebunden vorgeschlagen, jedoch mit integriertem `Schlechtwetterband´ aus Asphalt. Die platzartigen Wegeaufweitungen und Aufenthaltszonen erhalten einen Belag aus Kies bzw. Wassergebundener Wegedecke. Für die Spielflächen ist die Verwendung von natürlichen Materialien in Kombination mit konstruktiv notwendigen Stahlteilen angedacht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Über die konsequente Neuordnung des Wegenetzes differenzieren die Verfasser im Stempelpark neue Teilräume, thematisch codiert, mit jeweils spezifischer Nutzung besetzt.
Die Zugänge sind angemessen behandelt, der Park präsentiert sich von allen Richtungen her mit einladenden Gesten. So entstehen klare Zuordnungen, Achse und Blickverbindungen, die eine gute Orientierung und Übersichtlichkeit versprechen.
Die wassergebundenen Decken werden grundsätzlich begrüßt, die Unterscheidung zu den Asphaltbelägen ist grafisch aber nicht immer klar lesbar.
Sehr positiv wird der gut geschnittene grüne Rahmen des Parks beurteilt, der die Anlage räumlich fasst und zu allen angrenzenden Bereichen ausreichende Abschirmung bietet.
Die Darstellung der nördlichen Nebenerschließung der Kulturhalle fehlt.
Der aktiv zu nutzende Spiel- und Sportbereich liegt richtig im östlichen Parkteil. Diskutiert wird die enge Verknüpfung der Angebote für ältere Kinder und Jugendliche mit denen für Senioren.
Die Hundewiese wird im Stempelpark generell hinterfragt.
Der Eingang des Kulturhauses ist über die Wegeachse von der Mannheimer Straße zwar auffindbar, die Grünfläche zum Parkplatz des Nahversorgers angenehm breit. Fraglich ist jedoch das Verhältnis dieser Flächen zueinander – hier wäre eine klarere Haltung, ein stärkerer Auftakt für die Kulturhalle wünschenswert. Die Lage des Kulturplatzes und seine Verschneidung mit dem aufgeweiteten Eingangsbereich des Kulturhauses ist weniger gut gelungen.
Die Platzierung des Kleinkinderspielplatzes wird kontrovers diskutiert: positiv wird die Nähe zum Kulturhaus, kritisch dagegen die deutliche Nachbarschaft zum neuen Parkplatz gesehen.
Insgesamt überzeugt die Arbeit mit ihrem Grundsatz, eine zentrale grüne Parkfläche zu entwickeln, die von den Rändern her gefasst und bespielt wird. Leider scheint aber der Bereich zwischen Kulturhaus und Mannheimer Straße nicht klar genug geordnet und lässt die wichtigste städtebaulich-funktionale Verbindung schwach wirken.
Lageplan

Lageplan

Städtebauliche Herleitung und Strukturierung des Parks

Städtebauliche Herleitung und Strukturierung des Parks