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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2018

Entwicklung Burgruine Burgschwalbach

Lageplan mit Darstellung der Wegeführung

Lageplan mit Darstellung der Wegeführung

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 20.000 EUR

Heinrich Lessing Architekten

Architektur

BIERBAUM. AICHELE. landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Gestalterische Konzeption

Das Konzept kommt ohne Anbauten aus. Substanzielle Eingriffe werden erst auf den zweiten Blick sichtbar. Der Besucher betritt das Innere der Burg auf dem Fels, der ursächlich für den Bau der Burg an diesem Ort ist. Die Führung der Treppenanlage und des Aufzuges werden aus dem Fels herausgearbeitet. Es entsteht ein Raumkontinuum, dessen Atmosphäre durch die Einzigartigkeit des örtlichen Materials und der zeitgenössischen Ergänzung mit Beton geprägt wird. Dort wo es notwendig ist, wird Material hinzugefügt. Abgebrochenes Material wird – soweit möglich - zur Ergänzung wiederverwendet. Materialergänzungen erfolgen in nachvollziehbarer Weise und erscheinen als zeitgenössischer Eingriff. Leitmotiv bleibt der ursprüngliche Charakter der Burg mit ihrer Material- und Raumwirkung.


Erschließungskonzept

Die topographische Situation, die den Ort für die Burg als Wehranlage besonders macht, ist heute das, was der Anspruch der Barrierefreiheit überwinden muss.
Macht man sich auf den Weg zur Burg, so folgt man steilen Zuwegungen, die dann in den Torzwinger münden. Der Fußweg aus der Ortsmitte wird dazu kultiviert. Das Betreten der Burg erfolgt über die historische Abfolge von Toren und Wegen. Das Raumerlebnis folgt der Logik der Verteidigungsanlage. Hinter dem Tordurchgang erreicht man den ersten Hof, der Vorplatz des neuen Eingangs zum Palas wird. Die strategisch günstige Position der neuen Treppenanlage und des Aufzuges bestimmen diesen neuen Zugang, der den bestehenden Eingang zum Palas nutzt.


Erschließung der Burganlage und Gestaltung der Freiräume

Die unteren Treppenläufe werden auf dem Felsgrund im Grundriss hintereinandergestellt. Der Treppenraum wird durch den Fels und das bestehende Mauerwerk gebildet. Das historische Mauerwerk ist überall sichtbar. Durch die historischen Fensteröffnungen wird der Raum mit Tageslicht versorgt. Die neue Treppenanlage ermöglicht Orientierung nach Innen und Außen und macht die BesucherInnen mit der Materialität, den Ebenen und der besonderen Atmosphäre der Burg bekannt. Die Verknüpfungen von Innenhof und den Terrassen auf Ebene 4 mit den Veranstaltungsräumen erlauben flexible Veranstaltungsformate. Das neue Erschließungssystem ist vor allem Teil eines Rundweges durch die gesamte Burganlage, eine „Promenade architecturale", die von der sich ändernden Materialwirkung, Belichtung und Wegeführung entlang des Felsens lebt.


Innenräumliches Konzept und Gastronomie

Die Bearbeitung der Oberflächen in den Innenräumen der Burg orientiert sich an der Fassung der spätmittelalterlichen Höhenburg. Die einzigartige und archaische Erscheinung der Räume innerhalb der mächtigen Wände ist hier Leitmotiv. Der Veranstaltungsraum auf Ebene 3 erhält einen belastungsfähigen Holzdielenboden aus geseifter Eiche, der Holzboden auf Ebene 4 wird bei gleicher Oberflächenbehandlung überarbeitet. Das Lichtkonzept der Veranstaltungsräume sorgt für eine freundliche Atmosphäre und unterstützt die prägende Wirkung des Materials. Leuchten, die Decke und Gewölbe betonen und gleichzeitig ein konzentriertes Licht auf Tische und Böden bringen, verstärken den Raumeindruck. Leitgedanke des Belichtungskonzeptes ist ein die Räume betonendes, über das Material reflektierendes Licht.


Brandschutz

Durch die neue, von den Nutzflächen getrennte Treppenlage kann auf allen Ebenen ein zweiter Rettungsweg gewährleistet werden. Ab Ebene 4 dient die bestehende Turmtreppe als zweiter baulicher Rettungsweg. Fenster bis zu einer Höhe von 7m können über tragbare Leitern angeleitert werden. Auch das Büro des Gastronoms ist über ein Rettungsfenster zum Zwingerhof hin anleiterbar. Eine Brandmeldeanlage sorgt für zusätzliche Sicherheit.


Barrierefreiheit

Vom barrierefreien Zugang über die Paul-Morant-Straße, der Fortführung der Schlossstraße sowie dem Fußweg an der südlichen Hangseite, erreicht der Besucher den Vorplatz am Torzwinger, dem Tor zur Burg. Um ein annähernd barrierearmes Erreichen der Veranstaltungsebene zu ermöglichen, wird der sehr steile Weg bis in Höhe des Wächterhauses verzogen. Dadurch verringert sich das Wegegefälle von vorher ca. 20% auf nur noch ca. 8% bis 5% am Wächterhaus. Den Besuchern kann somit eine mindestens barrierearme Erschließung angeboten werden. Im Inneren der Burg wird die barrierefreie Wegeführung durch den Aufzug hergestellt, der zusammen mit der neuen Treppenanlage ein zurückhaltender und selbstverständlicher Teil der Burg wird und alle wichtigen Ebenen erschließt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit geht behutsam und sensibel mit dem Denkmal um und beschränkt die baulichen Eingriffe auf wenige strategische Maßnahmen. Der Entwurf sucht und findet Kontinuität hinsichtlich des Erscheinungsbildes, der Szenographie der Erschließung der Burganlage und der Materialität. Das Pächterhaus wird volumetrisch, strukturell und teilweise auch materiell erhalten. Im Bereich der Burg wird eine zurückhaltende Gestaltung mit Natursteinoberflächen vorgeschlagen, die im Wechselspiel mit der Burg eindrücklich wirkt. Die im Text getroffenen Aussagen zur barrierearmen Erschließung der Freianlagen sind jedoch nicht plausibel dargestellt. Die Anordnung der Parkplätze an der Paul-Morant-Allee wäre mit erheblichen Eingriffen in die Topografie verbunden und insofern fragwürdig. An der verlängerten Schlossstraße stören die Parkplätze die Erlebbarkeit des landschaftlich reizvollen alten Steinbruchs.
Das Raumprogramm wird in allen wesentlichen Funktionen erfüllt, teilweise leicht unterschritten. Die entscheidende strukturelle Maßnahme ist die neue vertikale Erschließung im nördlichen Bereich des Palas, die über ein neues Eingangsfoyer mit Ausstellungsraum an den äußeren Burghof angebunden wird und alle Ebenen einschließlich Pächterhof erschließt. Die Tagesgastronomie ist kompakt im ehemaligen Pächterhaus untergebracht, die Eventangebote sind gut verortet und unabhängig von den touristischen Nutzungen organisiert. Durch die Begrenzung der Eingriffe und fehlende Neubauten wird das Raum- und Funktionsprogramm wirtschaftlich umgesetzt. Die reduzierte Eingriffstiefe und die geplante Wiederverwendung von historischem Baumaterial sind ressourcenschonend. Es sind keine relevanten Defizite oder Probleme hinsichtlich der technischen Funktionalität erkennbar. Die Arbeit verzichtet auf große Gesten und überzeugt durch einen sensiblen Umgang mit der historischen Bausubstanz und durch differenzierte, angemessene Lösungen. Die Materialpalette korrespondiert mit dem Bestand und stärkt die atmosphärischen Qualitäten der Ruine. Das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis ist angemessen und überzeugend. Im Zuge einer weiteren Bearbeitung müssten aus Sicht der Jury insbesondere folgende Hinweise berücksichtigt werden: Die Aussagen zur Gestaltung und zum Erlebnischarakter der Außenanlagen innerhalb der Ringmauern müssten noch verdeutlicht werden. Dabei wäre auch zu prüfen, inwieweit über das (eingeschränkte) Angebot im Westbau hinaus barrierefreie Aussichtsplätze ggf. in Verbindung mit Außensitzplätzen der Gastronomie geschaffen werden können. Im Palas müssten der Aufwand für den Einbau der Erschließungselemente sowie die Breite und Auffindbarkeit des barrierefreien Zugangs in Ebene 0 optimiert werden.
Lageplan - Landschaftliche Einbindung

Lageplan - Landschaftliche Einbindung

Fernwirkung der Burgruine Burgschwalbach

Fernwirkung der Burgruine Burgschwalbach

Lageplan - Burg

Lageplan - Burg

Schwarzplan

Schwarzplan

Fernwirkung der Burg

Fernwirkung der Burg

Piktogramme

Piktogramme

Erschließung

Erschließung

Schnitt Abbruch Feldniveau

Schnitt Abbruch Feldniveau

Fußgängerperspektive aus dem Innenhof in den neuen Eingangsbereich

Fußgängerperspektive aus dem Innenhof in den neuen Eingangsbereich

Grundriss des Pächterhauses mit Tagesgastronomie und Servicebereich

Grundriss des Pächterhauses mit Tagesgastronomie und Servicebereich

Grundriss des Veranstaltungsbereichs mit Trauzimmer und Veranstaltungshof

Grundriss des Veranstaltungsbereichs mit Trauzimmer und Veranstaltungshof

Grundriss der neuen Erschließungebene mit Ausstellungsbereich

Grundriss der neuen Erschließungebene mit Ausstellungsbereich

Ansicht des neuen barrierefreien Zugangs

Ansicht des neuen barrierefreien Zugangs

Detailausschnitt Grundriss | Gastronomie und Treppenraum

Detailausschnitt Grundriss | Gastronomie und Treppenraum

Detailschnitt | Gastronomie und Treppenraum

Detailschnitt | Gastronomie und Treppenraum

Blick in den Veranstaltungsraum

Blick in den Veranstaltungsraum