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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2018

Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park, Umbau und Herrichtung Marinehaus Berlin Mitte

Foyer

Foyer

2. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

NAK Architekten GmbH

Architektur

Müller-Werther Finke Architekten GbR

Architektur

Erläuterungstext

Auszug:

Erhalt statt Abbruch:
Das Konzept des Entwurfs basiert auf der Überzeugung, dass das Marinehaus in seinem jetzigen Zustand eine eigenständige und unverkennbare Identität besitzt. Wir verstehen das Haus als eine Collage ganz unterschiedlicher sich kontrastierender, aber vor allem starker Raumqualitäten. Diese Qualitäten werden durch verschiedene Konstruktionsweisen, Materialien und Oberflächen definiert. Wir möchten die starke Identität des Marinehauses bewahren. Mit behutsamen Eingriffen in die Substanz soll ein Ort von Relevanz für die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft geschaffen werden.
Unser Ziel ist es dem Besucher und Nutzer die bewegte Geschichte des Marinehauses im Wandel vom Repräsentations- zum Zweckbau bewusst zu machen und diese Geschichte durch unserer Eingriffe weiterzuschreiben.
Wir haben vier Raumbereiche identifiziert, die für uns den Charakter des Gebäudes definieren:
Vor allem das Foyer repräsentiert unseren Umgang mit der Bausubstanz. Wir wollen nicht nur die, den Raum stark gliedernden Backsteinpfeiler und Putzreste des abgebrochenen Kreuzgewölbes aus der Bauzeit des Gebäudes erhalten, sondern glauben, dass der Charakter des Raumes gerade durch das Zusammenspiel mit den etwas deplatziert wirkenden Betonpfeiler aus der Umbauphase definiert wird. Im Foyer werden die gestalterischen und konstruktiven Kontraste der zwei unterschiedlichen Bauphasen besonders deutlich.
Das unter Denkmalschutz stehende Haupttreppenhaus soll als Erschließung der öffentlichen Nutzungen in den Obergeschossen erhalten bleiben. Es wird denkmalgerecht saniert. Die später eingefügten Zwischenpodeste werden abgebrochen, um die ehemalige repräsentative Wirkung des großzügigen Treppenraumes wieder herzustellen.
Die Betonskelettkonstruktion, die nachträglich in den abgebrochenen mehrgeschossigen Saal gebaut wurde, zeigt am deutlichsten die gestalterischen Widersprüche innerhalb des Gebäudes. Wir glauben, dass genau diese Widersprüche in Konstruktion, Material und Oberfläche dem Haus seine Qualität und Identität verleihen.
Die Stahl-Fachwerkträger im Dach stehen wie das Haupttreppenhaus unter Denkmalschutz und sollen erhalten werden. Sie dienten ursprünglich als Unterkonstruktion für das Tonnengewölbe des Veranstaltungssaals und waren nicht sichtbar. Ein wesentlicher Bestandteil unseres Entwurfskonzeptes besteht darin, die Fachwerkkonstruktion zu erhalten und für die Nutzer erfahrbar zu machen. Die gesamte Dachkonstruktion wird im Bereich des Veranstaltungssaals zu einem wesentlichen sichtbaren Gestaltungselement.


Nutzungen:
Das Raumprogramm für das Marinehaus sieht verschiedene sich ergänzende Nutzungen vor. In der Auslobung werden spezifische Anforderungen an die dafür vorgesehenen Räume definiert. Die oben beschriebenen charakterprägenden Bereiche des Gebäudes lassen sich aufgrund von Proportion, Material, und Oberfläche sehr gut den einzelnen Nutzungen zuordnen.

Sichtbeziehungen:
Die Vision für das Projekt sieht ein offenes Haus vor, das die Bürger teilhaben lässt und Raum für Diskussionen, Präsentationen und Partizipation bietet. Diese Idee wollen wir räumlich unterstützen. Wir erhalten die vorgefundenen Lufträume und ergänzen sie durch neue. Es entstehen spannende Blickbeziehungen. Die Räume und Nutzungen werden auch über die Geschosse hinweg visuell eng mit einander verknüpft.

Veranstaltungssaal:
Anders als in der Auslobung vorgeschlagen, ordnen wir den Veranstaltungssaal nicht im Dachgeschoss an. Der Saal wäre im räumlichen Gesamtgefüge des Gebäudes isoliert, da das Haupttreppenhaus im 3. Obergeschoss endet. Um die Bedeutung des Treppenhauses als Haupterschließung zu bewahren, haben wir den Saal deshalb im 3. Obergeschoss angeordnet. Als Reminiszenz an den abgebrochenen Saal des Marinehauses wird er durch ein Tonnengewölbe gefasst. Das Tonnengewölbe wird als Glaskonstruktion ausgebildet. Dieses bietet diverse Vorteile:
Durch große Oberlichtfenster auf der Hofseite des Gebäudes wird der Saal natürlich belichtet.
Die künstliche Beleuchtung kann außerhalb der Raumhülle des Saals angeordnet werden. Die Klarheit des Raumes bleibt erhalten und wird nicht durch technische Einbauten gestört.
Das Glas erfüllt die Anforderungen an den Brandschutz. Die denkmalgeschützten Fachwerkträger müssen nicht brandschutztechnisch ertüchtigt werden. Die Eleganz der schlanken Stahlprofile und deren Verbindungen bleiben erhalten.
Das Tonnengewölbe bildet die thermische Hülle. Der darüber liegende Dachraum bleibt Kaltbereich. So kann das beheizte Volumen bei unveränderter Kubatur des Gebäudes deutlich reduziert werden.
Der Entwurf des Veranstaltungssaals spiegelt am deutlichsten unser Streben nach einer behutsamen gestalterischen und funktionalen Ergänzung der vorhandenen Raumstrukturen wider.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf erzählt durch einen sehr feinfühligen Umgang mit dem Bestand die wechselvolle Historie des Gebäudes. Die bestehende Struktur des Marinehauses mit den unterschiedlichen Schichten seiner Substanz bleibt erhalten und wird vom Verfasser als Collage interpretiert, der neue Schichten hinzugefügt werden. Auch Widersprüche in der heterogenen Struktur des Gebäudes werden vom Verfasser als identitätsprägend verstanden und sichtbar belassen.
Die bestehenden Lufträume werden erhalten und durch neue ergänzt. Es entstehen Durchblicke von Geschoss zu Geschoss, die sich wie ein Netz durch das Gebäude ziehen. Der Weg durch das Gebäude wird dadurch auch zu einem Spaziergang durch seine Geschichte.
Wichtigstes neu hinzugefügtes Element des Entwurfes ist der neue Saal unter dem Dach. Er zitiert mit seiner gewölbten, transparenten Decke den ehemaligen Ballsaal des Gebäudes und macht gleichzeitig auch das imposante Dachtragwerk zu einem Teil dieses neuen Raumes.
Das geforderte Raumprogramm ist geschickt in den bestehenden Räumen untergebracht. Hohe Räume der älteren Gebäudeteile werden für große Werkstatträume, Gastronomie und Proberäume genutzt. Die offene Stahlbetonskelettstruktur der 1920er Jahre wird für Co- Working Spaces genutzt die hier flexibel aufteilbar sind. Die belassene Materialität der unterschiedlichen Konstruktionen schafft für jeden Nutzungsbereich eine eigene Identität.
Der Entwurf überzeugt insgesamt durch einen sensiblen und angemessenen Umgang mit dem Bestand.
Saal und historisches Tragwerk

Saal und historisches Tragwerk

Blickbeziehungen

Blickbeziehungen

Funktionen

Funktionen

Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2