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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2018

Entwicklung Burgruine Burgschwalbach

3. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

WANDEL LORCH GÖTZE WACH

Architektur

Weidinger Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Burgruine Burgschwalbach ist im Laufe der Zeit mit immer neuen Anforderungen stark architektonisch verändert worden. Der Entwurf will mit seiner Architektur den historischen Erhaltungszustand der Burg freilegen und sensibel ergänzen. So wird die komplette Bausubstanz, die nach dem 19. Jahrhundert errichtet worden ist, entfernt und sinnvoll durch neue Elemente ersetzt. Die neuen architektonischen Eingriffe setzen sich deutlich in der Formensprache und Konstruktion von den Ruinen der Burg ab, die Kubatur und Materialität greifen jedoch Elemente aus der historischen Substanz auf und spielen sie gewollt abstrakt.
Die Architektur versucht nicht das Historische zu ersetzen oder gar zu überspielen, sondern vielmehr an den notwendigen Stellen zu ergänzen und somit den historischen Zustand ablesbar zu machen und dessen Wirkung zu unterstützen.

Der vorliegende Entwurf der Burg, gliedert sich in drei Hauptebenen, die Zwingerebene, die Torhausebene und die Pallasebene.
Der Besucher erschließt die Burg, wie bisher über den Zwingerhof, um durch das Torhaus die Burg zu betreten. In diesem Durchgang kann er sich in dem Raum des Torwächters über die Burg informieren. Zentral für den Entwurf wird hier das ehemalige Pächter- und Torhaus. Dieses wird von den architektonischen Spuren der Zeit befreit, einzig denkmalgeschützte Elemente werden erhalten. Die historische Kubatur wird abstrakt abgeformt und in eine neue Gestalt übersetzt. Diese Setzung ermöglicht es den Pallas wieder völlig freizuspielen und eine Freitreppe seitlich des Pallas auszubilden um den Pächterhof von dort aus zu erschließen. Zudem gibt diese Position des Gebäudes den Blick auf die Burg wieder frei.
Das Niveau des Pächterhofes und das Untergeschoss des Pallas werden angeglichen um den Inneren Burghof durch den Pallas barrierefrei zu erschließen. Auf dem selben Niveau wie der Aufzug befinden sich auch zentral, sämtliche Besuchertoiletten, die der Veranstaltung, der Gastronomie und dem Tourismus dienen. Angrenzend an den westlichen Teil des Pallas kann der Besucher über eine große Freitreppe den Inneren Burghof erschließen. Mit dem sich darunter befindendem Stuhllager kann die Freifläche des äußeren Burghofs bespielt werden. Die an den Rosengarten des Äußeren Burghofes angrenzende Kapelle kann für Trauzeremonien genutzt werden. Das Untergeschoss des anschließenden Westbaus bietet Raum für Ausstellungen.

Materialität

Die Materialität, der neu eingefügten architektonischen Elemente abstrahiert das Bruchsteinmauerwerk der Burg in hellem Klinker und interpretiert so das alte Material neu. Auch die Konstruktion und das Klinkerdach sollen auf die zeitliche Herkunft der neuen Architektur verweisen. Die neue Bausubstanz soll sich so als neue bauliche Zeitschicht kenntlich machen, ohne die historischen Bausubstanz abzuqualifizieren. Auch die Fensterformate sollen sich durch ihre Größe und die liegende Gestalt deutlich in die heutige Zeit einordnen. Durch die reduzierte Gestalt der Fassade ergänzt der Neubau sensibel die erhaltenswerten Elemente der Burg und schafft es so den historischen Erhaltungszustand abzubilden.

Gastronomie

Durch einen Ausschank im Bereich der Ringmauer wird der Zwingerbereich in einen attraktiven Aufenthaltsraum mit einem wunderbarem Ausblick verwandelt. Gerade für Tagesgäste und Wanderer bietet dies eine erste Möglichkeit der Rast. Zudem befindet sich neben der Theke der Zugang zu einem Aufzug der den Pächterhof erschließt und autark genutzt werden.
Das Erdgeschoss des Pächterhauses wird von der Gastronomie genutzt und teilt sich auf in die Pächterstube und den großen Wirtsraum. Über einen Ausschank dient das Torhaus den Pächterhof an.

Pallas

Der Innere Burghof kann temporär überdacht werden und so als Foyer für den anschließenden Veranstaltungsaal im Pallas genutzt werden. Mit dem Saal wird der Pallas von den baulichen Eingriffen nach dem 19. Jahrhundert befreit und der ursprüngliche Erhaltungszustand der historischen Bausubstanz kommt wieder zu Tage.
Der Saal erstreckt sich so großzügig über die beiden Geschosse. Die Proportionen des Saales werden so auch in Relation zur heutigen Zeit gesetzt. Der Raum wird lichtdurchflutet durch die vielen Fensteröffnungen die mit zeitgemäßen zweiflügeligen Fenster und dazu passenden Rahmen neu eingefasst werden und markieren die Eingriffe in die Burg durch klare Einbettung in die heutige Zeit. Die tiefe Laibung der südlichen Fenster werden zu Austritten ausgebildet und ermöglichen so Ausblicke über die Burg ins Tal. Durch die Zweigeschossigkeit des Saales wird der Blick auf das Tonnengewölbe der Decke freigelegt. Der Saal ist bewusst schlicht mit hellem Putz materialisiert. Das Tonnengewölbe der Decke wird durch Putzprägungen zudem intensiviert.

So kann der Saal optimal für heutige Ansprüche genutzt werden und präsentiert zeitgleich das Innere des Pallas durch die moderaten Eingriffe in seinem Erhaltungszustand wieder. Das östliche und westliche Wirtschaftsgebäude nehmen alle dienenden Funktion des Saales auf, um diesen in seiner vollen Gänze wahrnehmen zu können. Durch eine Bodenverglasung, wird dem Besucher ermöglicht, den historischen Backofen zu.

Das Pächterhaus wird zum Repräsentanten der Idee des Freilegens der Zeitschicht und des Ergänzens einer neuen schlichten architektonischen Zeitschicht. Die Konzeption sieht vor die historische Annäherung an die Burg beizubehalten und dem Besucher einen authentischen Ort erfahrbar zu machen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der konzeptionelle Ansatz, die ab dem 19. Jahrhundert errichtete Bausubstanz zu entfernen und durch neue Elemente sinnvoll zu ersetzen sowie sich dabei von Formensprache und Bauweise des Bestand abzusetzen, wird gewürdigt. Allerdings wird dieser Ansatz aus Sicht der Jury nicht mit ausreichender Konsequenz umgesetzt. Beim Eingriff in das Pächterhaus werden nicht nur Ausbauten des 20. Jahrhunderts, sondern auch bauhistorisch relevante Substanz entfernt. Ebenso sind die Eingriffe in die Ringmauer denkmalpflegerisch und gestalterisch nicht unkritisch. Der neue errichtete, monolithisch wirkende Baukörper überzeugt aufgrund seiner schlichten und angemessenen Kubatur wie auch seiner Materialität. Aussagen zur genauen bautechnischen Ausführung wären hierbei wesentlich und zu präzisieren. Der neue Baukörper nimmt sich gegenüber dem Palas deutlich zurück und ordnet sich diesem unter. Der neugeschaffene, geschoßübergreifende Innenraum des Palas hat eine starke innenräumliche Kraft, ist aber in seiner gestalterischen Ausbildung nicht vollständig überzeugend. Kritisch wird die Positionierung des Aufzuges gesehen. Die vorgeschlagene Betonung des Fußweges von der Schlossstraße über die Vorburg hin zum Burgzwinger entspricht nicht der historischen Wegeführung, verbindet Ort und Burg jedoch attraktiv und auf kurzem Weg. Des Leitthemas der »Rosenränge« bedarf es an dieser Stelle nicht. Die Lage der Parkplatzanlage direkt vor der Burg ist nachteilig. Im Bereich der Burg werden keine Aussagen zur Gestaltung und zur Barrierefreiheit in den Freianlagen dargestellt. Diese und weitere Aussagen zum Ideenteil bleibt die Arbeit schuldig. Die Reduktion der Veranstaltungsräume kann zu Einschränkungen des Betriebskonzepts führen. Davon abgesehen wurde das Raumkonzept weitgehend umgesetzt. Der Vorschlag eines Trauzimmers ausschließlich im Außenbereich ist nicht ausreichend. Die barrierefreie Erschließung über den Aufzug hat im Vergleich zur Treppenanlage keinen gleichwertigen Erlebniswert. Mit Blick auf die Barrierefreiheit sind die Stufen zum ersten Gastraum kritisch zu sehen. Insgesamt wird die Umsetzung der Barrierefreiheit in diesem Projekt eher kritisch gesehen. Der bauliche Brandschutz hingegen erscheint gut umsetzbar. Der Bau des unterirdischen Erschließungs- und Nebenraumbereichs im Pächterhof ist mit relativ hohem Aufwand verbunden. Die Eingriffe im Palas hingegen erscheinen wirtschaftlich maßvoll umsetzbar. Bezüglich der ökologischen Qualität stellt die Jury keine besonderen Merkmale fest. Der bauliche Brandschutz erscheint gut umsetzbar. Insgesamt ist der Entwurf aufgrund seiner gestalterischen Zurückhaltung und des konzeptionellen Ansatzes eines Rückbaus ein wichtiger Beitrag für die Diskussion über den Umgang mit der historischen Burganlage.