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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2008

Schlossvorplatz Dresden - Pillnitz 2007

Ankauf

Schulz und Schulz

Architektur

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Der neue Schlossvorplatz Pillnitz - Das Entrée nach Pillnitz

Der ehemalige Schlossvorplatz, frĂŒhere Wirtschaftshof, heutige Parkplatz wird zum Ankunftsort. Er besetzt eine zentrale Stelle im rĂ€umlichen und funktionalen Gewebe von Dorf, Schloss und Park Pillnitz. Wie vor Jahrhunderten muss auch heute das bewegt, sortiert, organisiert und aufbereitet werden, was in großen Wagen das Schloss erreicht.

Dabei sind die materiellen BedĂŒrfnisse zur Bewirtschaftung der Schloss- und Parkanlage den touristischen Anforderungen nachgeordnet: Die Besucher und Besucherinnen sind heute das wertvollste Gut im Schlossbetrieb.

Vor diesem Hintergrund entfaltet sich der gestalterische und funktionale Ansatz des Entwurfes, der sowohl die BedĂŒrfnisse einer optimalen Besucherkonzeption erfĂŒllt als auch dem Ort wieder die ihm gebĂŒhrende stĂ€dtebauliche und historische Wertigkeit im Pillnitzer Gesamtensemble zuspricht.

Die ankommenden Besucher – Busreisende, FahrgĂ€ste der Weißen Flotte und Individualtouristen – werden an dieser Schnittstelle auf den Besuch in Pillnitz eingestimmt. Das Ziel ist, durch eine qualitĂ€tsvolle Gestaltung und optimale Abwicklung organisatorischer Notwendigkeiten vor der eigentlichen Besichtigung die positive Grundstimmung der Besucher und damit das Image der Anlage zu befördern.

Die FlĂ€che erfĂŒllt darĂŒber hinaus eine wichtige Funktion als „verlĂ€ngertes Foyer“ fĂŒr das am Platz liegende Schlosshotel sowie die staatlichen Einrichtungen der SĂ€chsischen Landesanstalt fĂŒr Landwirtschaft und der Hochschule fĂŒr Technik und Wirtschaft: alle HĂ€user erhalten mit der Neugestaltung neue, attraktive Eingangsbereiche.

Neues Wirtschaften auf dem Schlossvorplatz

Der neue Wirtschaftshof wird als einheitlicher Platzraum aufgefasst. Er erhĂ€lt einen durchgehenden Belag aus gesĂ€gtem Naturstein-Kleinpflaster in ungebundener Bauweise. Die richtungslose Verlegeart in „wildem Verband“ unterstreicht den Hofcharakter, der als Raum zwischen den GebĂ€uden des neuen Besucherzentrums, der Landesanstalt und des Schlosshotels keine Vorzugsrichtung aufweist.

Lediglich die an die Baumreihe angelehnte Fahrzone sowie die eigentlichen Bushaltebereiche werden im Großpflasterformat, jedoch materialgleich wie die PlatzflĂ€che ausgefĂŒhrt. Diese in Format, Detailverlegung und subtiler Höhendifferenzierung ausgefĂŒhrte OberflĂ€chenbefestigung dieser Bereiche gewĂ€hrleistet die technisch-organisatorischen Anforderungen hinsichtlich der Verkehrsorganisation, EntwĂ€sserung und Belastungsklassen fĂŒr den Schwerverkehr.

Die FlĂ€che zwischen dem neuen Besucherzentrum und Alter Wache bleibt uneingeschrĂ€nkt den FußgĂ€ngern vorbehalten, wĂ€hrend das Wenden und Ausfahren der Busse, die Vorfahrt zum Hotel sowie die tĂ€gliche Anlieferung fĂŒr den Hotelbetrieb auf der östlichen PlatzhĂ€lfte abgewickelt werden.

Die fußlĂ€ufigen Wegebeziehungen zwischen aus- beziehungsweise einsteigenden BusgĂ€sten an der Platzkante, Besucherzentrum und Zugang ins Schlossareal an der Alten Wache können somit gefahrlos und besucherfreundlich erfolgen.

WĂ€hrend im Normalbetrieb die zwei direkt an der Platzkante eingeordneten Busvorfahrten ausreichen werden, stehen zwei weitere StandplĂ€tze östlich der Kastanienreihe fĂŒr Spitzenzeiten zur VerfĂŒgung. Die Haltebereiche sind mit 15 Metern LĂ€nge fĂŒr jeden Reisebustyp ausreichend dimensioniert. Ein unabhĂ€ngiges Ein- und Ausfahren der Einzelfahrzeuge ist möglich. Der vorgesehene Einrichtungsverkehr erleichtert die Orientierung fĂŒr die Fahrer und ist im Alltagsbetrieb eindeutig kommunizierbar und konfliktfrei durchzufĂŒhren.

Wiesen-Inseln – Gras und alte BĂ€ume

In der PlatzflĂ€che liegen die „Wiesen-Inseln“, die als bewusst geformte grĂŒne Figuren sowohl den Kontrast zur strengen AxialitĂ€t des Barockparks verdeutlichen als auch die FlĂ€chen abbilden, die außerhalb des tĂ€glichen „Wirtschaftens und Bewegens“ liegen: Wie auf einem großen Gutshof formt der alltĂ€gliche Betrieb diese „Inseln der KontinuitĂ€t“, auf denen sich das Gras hĂ€lt und die alten BĂ€ume stehen.

PrĂ€gend fĂŒr den Hof ist der Altbaumbestand, der vor allem in Form einer Baumreihe aus fĂŒnf mĂ€chtigen Kastanien den Beginn der nach Osten fĂŒhrenden Lohmener Allee kennzeichnet.

Dieses wichtige historische Element – der Regent verließ die Schlossanlage durch eine Allee und nicht ĂŒber den Wirtschaftshof – wird in der originalen LinienfĂŒhrung bis zur Alten Wache ergĂ€nzt. Die hochaufgeasteten Kastanien erlauben in der FußgĂ€ngerebene einen ungehinderten Durchblick und schrĂ€nken trotz ihrer dominanten Stellung die rĂ€umliche Erlebbarkeit des Platzes nicht ein.

Die weiteren vorhandenen GroßbĂ€ume werden in die Gestaltung einbezogen: Sie sind Teil der Geschichte des Ortes und prĂ€gen die AtmosphĂ€re des Platzes wesentlich.

Wasser-Insel – Ein Elbausschnitt im Hof

Der direkte und ideelle Bezug zur Elbe ist fĂŒr Pillnitz ein wesentliches und den Ort stark prĂ€gendes Moment. So wie die Gestaltung der Schlossanlage eng mit dem Fluss verbunden ist, und ein Pillnitzbesuch ohne einen Blick auf die Elbe undenkbar ist, so belebend ist das Vorhandensein von Wasser auf einem Wirtschaftshof.

Vor der Kulisse der ersten ParkbĂ€ume befindet sich im westlichen, ruhigeren Platzbereich der „Elbspiegel“, ein Ausschnitt des Flusses, an der Hauptachse des Schlossparks in den Wirtschaftshof gespiegelt.

Als flacher, unregelmĂ€ĂŸig nasser Wasserplatz weist der Natursteinbelag in seiner LĂ€ngsstruktur auf die Hauptrichtung des Barockparks hin. Durch die Neigung der Einzelelemente im Belag ergeben sich unterschiedliche, flache WasserstĂ€nde – eine Anspielung auf die interessante Dynamik des nahen Stromes.

In Kombination mit Sitzmöglichkeiten im Schatten der alten BÀume entsteht hier eine attraktive Aufenthalts- und Wartezone.


Freiraummöblierung – schlichte FunktionalitĂ€t

Die Freiraumausstattung mit BĂ€nken, Papierkörben und Cafemöbeln erfolgt der historischen Anlage angemessen zurĂŒckhaltend jedoch in zeitgemĂ€ĂŸ-moderner AusfĂŒhrung. Die Anordnung von BĂ€nken im Schatten der AltbĂ€ume erhöht die AufenthaltsqualitĂ€t fĂŒr die Besucher.

Die Beleuchtung des Platzes beschrÀnkt sich auf funktional wichtige Zonen und verzichtet zugunsten der GesamtatmosphÀre auf Effekt- und Objektbeleuchtung.



Der Sammelparkplatz - StellplÀtze unter ObstbÀumen

Hinter der Landesanstalt entsteht ein klar strukturierter Parkplatz in einem Hain aus locker gestellten Pillnitzer ObstbĂ€umen: Beidseitig der Mittelachse, die vom vorhandenen Einfahrtstor auf der Dampfschiffstraße in direkter Verbindung auf den Mittelbau der Landesanstalt fĂŒhrt, liegen die StellplĂ€tze fĂŒr Pkw, FahrrĂ€der sowie der neue Car-Port der Hochschule.

Die nördliche HĂ€lfte ist mit circa 90 StellplĂ€tzen den Bediensteten der Landesanstalt vorbehalten. An Wochenenden können diese FlĂ€chen – inklusive einer Erweiterung von ungefĂ€hr 34 StellplĂ€tzen im sĂŒd-östlichen Teil Touristen zur VerfĂŒgung gestellt werden.

FĂŒr das Schlosshotel werden in kĂŒrzestmöglicher Entfernung von der Beherbergungseinrichtung ungefĂ€hr 77 StellplĂ€tze reserviert, die bei Bedarf vom ĂŒbrigen Parkplatz abgesperrt werden können. Die jeweils sechs BehindertenstellplĂ€tze fĂŒr das Hotel beziehungsweise die Landesanstalt werden im sĂŒdlichen Bereich vorgesehen und sind somit auf kĂŒrzestem Weg fĂŒr beide Einrichtungen erreichbar.

Weiterhin werden am öffentlichen Hintereingang der Landesanstalt 50 FahrradstellplĂ€tze fĂŒr Studenten und Mitarbeiter eingeordnet. Weitere 30 Fahrradparker können vor dem GebĂ€ude auf der Wiesen-Insel untergebracht werden.

Der Parkplatz kann je nach Bedarf auf die angegebene Stellplatzanzahl ausgebaut werden.


Wegeverbindungen – ankommen, informieren, besichtigen

Die fußlĂ€ufigen Verbindungen vom geplanten Parkplatz an der Lohmener Straße werden ĂŒber die Mittelachse des Parkplatzes oder auf Parkwegen durch den Obstgarten gefĂŒhrt. Kleine Sitz- und RuheplĂ€tze laden hier zum Picknick bei Ankunft oder vor der Abfahrt ein. Alternativ steht der Weg entlang der zukĂŒnftig verkehrsberuhigten Dampfschiffstraße zur VerfĂŒgung.

Die historische Mauer an der Lohmener Straße wird am GebĂ€ude der Landesanstalt geöffnet, um den direkten Zugang vom und auf den Parkplatz herzustellen. Die Straße wird im Kurvenbereich zugunsten eines verbreiterten Fußweges auf einen Querschnitt von ungefĂ€hr 7 Meter reduziert.


Das Besucherzentrum – Leitidee

Der ursprĂŒngliche Charakter des Anfang des 18. Jahrhunderts erbauten WirtschaftsgebĂ€udes soll als Teil des historischen Ensembles Schlossvorplatz Pillnitz erhalten bleiben. Die Nutzung als Empfangszentrum soll in die bestehende Struktur integriert werden, ohne dem SelbstverstĂ€ndnis des Ortes als ehemaliges Kammergut des Schlosses entgegenzustehen.

Ziel des Entwurfes ist es, die historische Gestalt der alten Scheune in den neuen Kontext zu ĂŒberfĂŒhren, um eine neue ausgewogene Einheit auszubilden.


StÀdtebau

Die Scheune orientiert sich zum historischen Schlossvorplatz. Die zweiflĂŒgeligen Holztore sind die prĂ€genden Elemente der Platzansicht. Der Entwurf bezieht sich auf dieses vorgefundene Bild. Die geöffneten Tore dienen als Eingangsbereiche fĂŒr die vier neuen Nutzungsschwerpunkte. Die klare Erschließungssituation erleichtert die Orientierung des Besuchers und schafft zahlreiche BezĂŒge zwischen Besucherzentrum und Schlossvorplatz. Die „offenen“ Scheunentore prĂ€gen die einladende AtmosphĂ€re des Ortes.

Die Anordnung der Nutzungen resultiert aus dem stÀdtebaulichen Konzept. Das Besucherzentrum und der Verkaufsbereich stehen im direkten Bezug zu Ein- und Ausstieg der BusgÀste.

Das Restaurant ist dem ruhigeren, platzartigen Bereich des ehemaligen Wirtschaftshofs zugeordnet. Es entsteht ein attraktiver Bereiche zum Verweilen. Auch der direkte Bezug zwischen WirtschaftsflĂ€chen und der GĂ€rtnerei im Westgiebel der Scheune ist berĂŒcksichtigt.


GebÀudekonzept

Durch die Sanierung soll die innenrÀumliche IdentitÀt der historischen Scheune wiederhergestellt und zum Ausdruck gebracht werden.

NachtrĂ€glich eingebaute Bauteile werden zurĂŒckgebaut. Die ursprĂŒngliche Struktur der Scheune wird freigestellt und durch zurĂŒckhaltende, zeitgemĂ€ĂŸe Einbauten möbliert und funktional ergĂ€nzt. Die öffentlichen Funktionen, das Restaurant und das Besucherzentrum, befinden sich im hallenartigen Innenraum und bilden das neue HerzstĂŒck des historischen GebĂ€udes aus.

Damit einher geht das gezielte Verdichten der vorgefundenen Struktur. Die NebenrĂ€ume des Restaurants, TechnikflĂ€chen, Verwaltungs- und LagerflĂ€chen werden in die Höhe „gestapelt“. Die rĂ€umliche Gliederung ist geprĂ€gt von Kompaktheit und Übersichtlichkeit. Zwei LastaufzĂŒge gewĂ€hrleisten die vertikale Erschließung.


Konstruktion und Materialien

Die GebĂ€udehĂŒlle wird zurĂŒckhaltend verĂ€ndert. Das VerhĂ€ltnis zwischen alten und neuen Elementen ist ausgewogen. Die vorhandene Fassade wird repariert. Die historischen Tore und Fenster werden aufgearbeitet und durch neue Verglasungen aus Sonnenschutzglas ergĂ€nzt. Der Dachstuhl wird saniert und in Teilbereichen ausgetauscht. Die vorhandene Bieberschwanz-Tonziegeldeckung wird nach Möglichkeit wiedereingebaut. FlĂ€chenbĂŒndige Dachfenster ergĂ€nzen die historischen Federmaus- und Hechtgauben.

Das Innere wird auf die Tragstruktur zurĂŒckgebaut und mit LeichtbauwĂ€nden ergĂ€nzt. Die exakten, weißen OberflĂ€chen und die zeitgemĂ€ĂŸe Detailausbildungen stehen im bewussten Gegensatz zu den historischen Materialien. Die großzĂŒgige Verglasung und die „offen“ stehenden Scheunentore sorgen fĂŒr ausreichende natĂŒrliche Belichtung und prĂ€gen die AtmosphĂ€re des Innenraumes.


Energie und Ökologie

Die GebĂ€udehĂŒlle wird unter Wahrung des Erscheinungsbildes zur Reduzierung der Transmissionsverluste energetisch optimiert. Die LĂŒftungswĂ€rmeverluste werden reduziert, in dem die fĂŒr die KĂŒche erforderliche LĂŒftung mit WĂ€rmerĂŒckgewinnung versehen und auf die WCs erweitert wird.

Die gute natĂŒrliche Belichtung der Aufenthaltsbereiche verringert in Verbindung mit tageslichtabhĂ€ngiger Beleuchtung den Strombedarf. Bedarfsgerechte Anlagensteuerung und wassersparende SanitĂ€rtechnik tragen zur Kompensation der energetisch-ökologischen Nachteile des Altbaus bei.

Die Technik wird in die Altbaustruktur integriert. Sichtbare Elemente wie Heizungsradiatoren oder Leuchten werden in adĂ€quater Gestaltung zugefĂŒgt.