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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2018

Multitalent gesucht - Umbau Ossietzky-Hof: Sanierung und Umbau mehrerer WohngebÀude in Nordhausen

Perspektive Hof

Perspektive Hof

Anerkennung

Preisgeld: 8.200 EUR

ATELIER . SCHMELZER . WEBER Architekten PartGmbB

Architektur

QUERFELDEINS Landschaft | StÀdtebau | Architektur PartGmbB

Landschaftsarchitektur

TragWerk Ingenieure Döking+Purtak GmbH

Bauingenieurwesen

ErlÀuterungstext

Freiraum- und Erschließungskonzept

Der Ossietzky-Hof bindet nahtlos an den geplanten Stadtloop an. Die FußgĂ€ngerbereiche entlang der Dr.-Robert-Koch-Straße werden einheitlich umgestaltet. Der kleine Antrittsplatz vor dem Atelieranbau im Nordwesten bildet dabei den sichtbaren, attraktiven Startpunkt des Stadtloops und das neue Gesicht des Ossietzky-Hofs zur Kreuzung aus. Sitzgelegenheiten und Pflanzungen schaffen AufenthaltsqualitĂ€t und erweitern das Angebot des Anbaus nach außen. Eine Terrasse mit Treppenanlage und barrierefreier Rampe vermittelt östlich davon den Höhenunterschied zwischen Gehweg und den EingĂ€ngen der Dr.-Robert-Koch-Straße 12-18. Nördlich der bestehenden Gehölzreihe werden die StellplĂ€tze entlang der Dr.-Robert-Koch-Straße als Senkrechtparker bis zur Kreuzung ausgebildet. So entstehen 20 neue StellplĂ€tze in unmittelbarer NĂ€he zum Wohnhof. Die Quartierserschließung erfolgt ĂŒber die umgestaltete Carl-von-Ossietzky-Straße als Spielstraße im Einrichtungsverkehr. Die neue Ausfahrt auf die Dr.-Robert-Koch-Straße ermöglicht den RĂŒckbau der Fahrspur sĂŒdlich des WohngebĂ€udes. Im Nordosten entsteht die „Aktive Ecke“ mit Schnellladestation, Carsharing und drei barrierefreien StellplĂ€tzen. Ein kleiner Unterstand mit Paketstation, MĂŒllstandort und eine Mitfahrerbank vervollstĂ€ndigen hier das Angebot. SĂŒdlich der Aktiven Ecke entsteht eine „GrĂŒne Wand“ an der nördlichen Brandwand des GebĂ€udes Carl-von-Ossietzky-Straße 3-6. Die Vorzonen des GebĂ€udes werden als Retentionsraum umgestaltet. Eine neue Gehölzreihe gegenĂŒber des DRK zoniert den Raum. In Richtung Hof entstehen private GĂ€rten fĂŒr die Erdgeschosswohnungen. Nördlich der KiTa „Kleine Strolche“ werden vier öffentliche StellplĂ€tze im Straßenraum angeboten. GegenĂŒber werden 14 BewohnerstellplĂ€tze und eine Überdachung fĂŒr MĂŒll- und GerĂ€teabstellmöglichkeiten sowie eine Fahrradstation vorgesehen. Im SĂŒdwesten entsteht der geschĂŒtzte Quartiersplatz zwischen Kreativgarage und dem GebĂ€ude der Albert-TrĂ€ger-Straße 43. Hier können die Außensitze des CafĂ©s, Feste und Veranstaltungen unter freiem Himmel stattfinden. Der GrĂŒnraum westlich des GebĂ€udes wird zum Lebensraum und Versickerungszone umfunktioniert. Eine Einmuldung, die Ansaat von BlĂŒhwiesen und Gehölzpflanzungen sorgen fĂŒr eine natĂŒrliche AtmosphĂ€re im Übergang zu den GĂ€rten im SĂŒden. Aufkantungen an den Eingangszonen bieten Platz zum Verweilen. Der Wohnhof wird als gemeinschaftlicher Freiraum mit vielfĂ€ltigem Nutzungsangebot umgestaltet. Den Mittelpunkt bildet die offene WiesenflĂ€che die von zwei bewachsenen RasenhĂŒgeln umspielt wird. Kleine PicknickplĂ€tze laden zum Sitzen unter den neugepflanzten Obstgehölzen ein. Hier kann im Herbst geerntet werden. Eine neue Spiellandschaft fĂŒr die Kleinen, Trimm-Dich-Angebote und FlĂ€chen fĂŒr den Sport laden zum aktiven Erholen ein. Im Osten des Hofs entstehen flexibel nutzbare FlĂ€chen fĂŒr das Urban Gardening. Ein GewĂ€chshaus und GerĂ€teschuppen erweitern das Angebot. Im Norden des Hofs können die Hochbeete entlang der Erdgeschosszone gemeinschaftlich gepflegt werden – hier wachsen Blumen und KrĂ€uter. Eine Hobby-Imker-Station liegt geschĂŒtzt hinter dem Feuchtbiotop. Pflanzungen und Saaten werden unter dem Gesichtspunkt der BiodiversitĂ€t (z.B. Bienenweide,), Trockenheitsresistenz und Imagebildung ausgewĂ€hlt. Begehbare FlĂ€chen werden möglichst versickerungsfĂ€hig und mit nachhaltig ausgebildet. Um die dauerhafte Aneignung und Pflege der FlĂ€chen zu gewĂ€hrleisten, sollten die Bewohner des Ossietzky-Hofs in die intensivere Planung der FreiflĂ€chen mit einbezogen werden.

Architektonisches Konzept

Ziel ist die gestalterische und funktionale Aufwertung der BestandsgebÀude unter Beachtung der individuellen Parameter der HÀuser sowie der nutzungsspezifischen Gesamtbetrachtung des Ossietzky-Hofs.
Die „flexible Mehrwertplatte“ wird mittels durchgesteckter TreppenhĂ€user im Erdgeschoss mit dem Innenhof verbunden. In den ersten beiden Etagen werden jeweils zwei Ebenen zu Maisonettwohnungen zusammengefasst und durch einen angrenzenden privaten Gartenbereich ergĂ€nzt. Besonders fĂŒr Familien wird dadurch im Ossietzky-Hof eine attraktive Wohnungstypologie etabliert. Eine neue vorgesetzte Balkonstruktur generiert großzĂŒgige Freibereiche auch in den oberen Geschossen und gliedert die vorhandene charakteristische Fassadenstruktur. Die Wohnungen können bei Bedarf zu grĂ¶ĂŸeren WGÂŽs zusammengefasst werden. Der Umbau zu Maisonette-Wohnungen wird mittels gerader TreppenlĂ€ufe geplant. Die zugehörigen neuen Öffnungen in den Bestandsdecken sichern sogenannte Auswechslungen. Die Öffnungslaibungen werden mit Stahlprofilen hergestellt, woran auch die neuen GelĂ€nder zu befestigen sind. Die neuen Balkonanlagen stehen als eigenstĂ€ndiges Tragwerk vor den Fassaden. Die Konstruktion ist aus Fertigteilen in sehr hoher QualitĂ€t und Dauerhaftigkeit vorgesehen. Die AnschlĂŒsse an die bestehende Rohbaukonstruktion dienen in erster Linie der horizontalen Aussteifung, welche in die Bestandsdecken mit eingeklebten Ankern einfach herzustellen sind. Über eine eigene GrĂŒndung werden die Lasten in den Baugrund eingeleitet. Die Grundrisse innerhalb der „optimierten Bestandsplatte“ bleiben in den Obergeschossen vollstĂ€ndig erhalten. Zur besseren Anbindung an den gemeinsam genutzten Hof werden auch hier TreppenhĂ€user im Erdgeschoss zweiseitig durchgesteckt. Die Ladenzonen im Erdgeschoss werden durch eine barrierefreie ebenerdige Erschließung der weiteren FlĂ€chen im Westen ergĂ€nzt. Hier entstehen RĂ€ume fĂŒr kleine Startups, BĂŒros oder Dienstleister mit guter Anbindung an den stĂ€dtischen Raum. Die „optimierte Bestandsplatte“ erhĂ€lt ebenfalls eine neue Balkonstruktur, welche auf Grund der sĂŒdlichen Himmelsausrichtung durch einen öffenbaren Wintergarten ergĂ€nzt wird. Innerhalb der kalten Jahreszeiten wird somit eine klimatische Pufferzone sowie zusĂ€tzlich nutzbarer Wohnraum generiert.
Der Laubengang des „neue Bestandsblocks“ wird durch eine individuelle BegrĂŒnung aufgewertet. Im Erdgeschoss wird ein multifunktional nutzbares CafĂ© mit Bezug zum Innenhof angeordnet. Die weiteren FlĂ€chen im Erdgeschoss werden als vermietbare Apartments, VereinsrĂ€ume oder Co-Working-Spaces attraktiv gestaltet. Ein zusĂ€tzliches Treppenhaus stellt die barrierefreie Erschließung aller Geschoss sicher. Daher eignet sich besonders dieser GebĂ€udeteil fĂŒr Menschen mit Handicap. Rentner – WGÂŽs sind ebenso willkommen wie Familien oder Mehrgenerationsstrukturen. Durch die optionale Zuschaltbarkeit einer kleineren 1-Raum-Wohnung wird ein großes Nutzerspektrum abgedeckt. FĂŒr den Einbau von großzĂŒgigen Wohnungen und des CafĂ©s im Erdgeschoss des ehemaligen Schwesternwohnheimes werden die tragenden WĂ€nde durch Stahlrahmenkonstruktionen ersetzt. Die rĂ€umliche Aussteifung des GebĂ€udes ist damit weiterhin gegeben. Der Anbau der neuen vertikalen Erschließung mit Aufzug wird ĂŒber einen Massivbau realisiert.
Das Ossietzky – Forum kann optional, auch in einem 2.Bauabschnitt, realisiert werden. Es betont die besondere Ecke des Blocks und vermittelt zwischen dem Ossietzky – Hof und dem angrenzenden Stadtraum. Es bildet fĂŒr beide Seiten einen Auftakt und stellt besondere FlĂ€chen fĂŒr Kunst und Kultur bereit. Der optionale Anbau des Forums zur stĂ€dtebaulichen Schließung der „offenen Ecke“ ist als eigenstĂ€ndiger Massivbau vorgesehen. Vorgespannte Deckenelemente als Fertigteile ĂŒberspannen die GebĂ€udebreite stĂŒtzenfrei, so dass die Erdgeschosszone vielfĂ€ltig nutzbar ist.
Die Kreativgarage wird in die Umgestaltung des Gemeinschaftshofes einbezogen und erhĂ€lt einen direkten Bezug zum Quartiersplatz. Eine offene Struktur sowie vielfĂ€ltige Nutzungsmöglichkeiten werden diesen Ort beleben. So finden hier z.B. eine Selbst - Schrauber - Werkstatt fĂŒr Fahrradfahrer, eine Band- und Konzertraum sowie ein Jugendtreff Platz.

Energetisches Konzept

Die vorhandene FernwĂ€rmeversorgung erlaubt eine optimale Ausgangssituation zur Realisierung der angestrebten sehr guten Hofbilanz. Die energetische Aufwertung durch eine allseitige WĂ€rmedĂ€mmung und ökologische nachhaltige Fassadenbekleidung verbessert die Gesamtbilanz. Bei der Auswahl der Materialen werden ausschließlich Produkte verwendet, welche vollstĂ€ndig recycelbar sind. Auf Verbundmaterialen wird verzichtet.
Die Integration von AufstellflĂ€chen fĂŒr Photovoltaikanlagen auf den GebĂ€udedĂ€chern sowie an den sonnenexponierten Seiten unterstĂŒtzt die Quartiersinterne Strombilanz und die damit verbundene energetische Versorgung der E-MobilitĂ€ts-Infrastruktur. Der Feuchteschutz nach DIN 1946-6 muss fĂŒr neu sanierte Wohnungen gewĂ€hrleistet sein. Um diesen sicherzustellen wird die Installation von Nachströmelementen im Fensterbereich in Verbindung mit einer QuerlĂŒftung der Wohnungen vorgeschlagen. Bei den innenliegenden BĂ€dern und KĂŒchen ist eine Kombination von Abluftanlagen und Nachströmelementen sinnvoll. Zur Optimierung der 1-Rohr-Heizanalge wird eine indiControl System verwendet. Mit diesem System wird der Heizwasservolumenstrom in den einzelnen HeizstrĂ€ngen, in AbhĂ€ngigkeit der tatsĂ€chlich geforderten Heizleistung der Heizkörper geregelt. RegelgrĂ¶ĂŸe ist die Spreizung zwischen Vor- und RĂŒcklauf. Bei geringer Anforderung sinkt die Spreizung, der Volumenstrom wird wieder erhöht. Durch den reduzierten Volumenstrom wird auch die WĂ€rmeabgabe ĂŒber die Heizungsrohre reduziert.Das anfallende Regenwasser auf den DachflĂ€chen wird gesammelt und in separaten unterirdischen Zisternen im Hof gespeichert. Somit kann eine Verwendung fĂŒr die BewĂ€sserung der Urban Gardening FlĂ€chen sinnvoll umgesetzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit ĂŒberzeugt durch ihre große gestalterische Einheitlichkeit, was - nach Abbruch der Bestandbalkons-durch neue, elegante Fassadenlösungen erreicht wird. Dabei steht eine Konstruktion aus Fertigteilen als eigenstĂ€ndiges Tragwerk vor der Fassade. Alle GebĂ€ude tragen gemeinsam mit ihren dunklen Holzverkleidungen und den genannten Balkonen zum Gesamteindruck bei. Das ergibt eine klare Aussage und ein elegantes Erscheinungsbild. Das Projekt zeigt ein hohes Potential zur VervielfĂ€ltigung/ModularitĂ€t bezĂŒglich der FassadenertĂŒchtigung und gibt sinnfĂ€llige Antworten bezĂŒglich der ökologischen QualitĂ€t der neuen HĂŒllkonstruktionen. GrundsĂ€tzlich sind die Maßnahmen zur energetischen ErtĂŒchtigung nachvollziehbar, ebenso ist der Umgang mit den bestehenden Bauteilen im Wesentlichen angemessen.

Die „flexible Mehrwertplatte“ bildet Maisonette-Wohnungen mit hoher WohnqualitĂ€t, aber auch (zu) hohem konstruktivem Aufwand. Behindertengerechtigkeit wird dadurch nicht erreicht.

Die „optimierte Bestandsplatte“ wird im Erdgeschoss ĂŒber eine Terrasse barrierefrei erschlossen.

Der „neue Bestandsblock“ erhĂ€lt ein neues Treppenhaus mit Aufzug, die Wohnungen entlang des Laubengangs werden durch Zusammenlegung vergrĂ¶ĂŸert.

Die klare Aussage in den GebĂ€udekubaturen wird durch einige ErgĂ€nzungsbaukörper vervollstĂ€ndigt. So erhĂ€lt die optimierte Bestandsplatte einen Anbau, dessen Nutzung als Atelierhaus ĂŒber 5 Etagen etwas beliebig erscheint. Ferner komplettieren Fahrradgarage und QuartiersgewĂ€chshaus die FreirĂ€ume im Hof. In der SĂŒdwestecke ist ein Quartiersplatz angeordnet, der in seiner Lage von der Jury jedoch unterschiedlich bewertet wird. Diese öffentliche Schnittstelle sollte besser einen Beitrag zum öffentlichen Stadtraum, insbesondere
dem geplanten „Loop", leisten.

Insgesamt ein sehr gut durchgearbeiteter, gestalterisch ĂŒberzeugender Entwurf, dessen Eignung fĂŒr den konkreten Standort und die sozialrĂ€umlich differenzierte Programmatik der Auslobung dennoch zweifelhaft bleibt.