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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2007

Neubau Terminalgebäude 'Schwedenkai' Seehafen Kiel

2. Rang

ppp architekten + stadtplaner

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept
Hafenstadt Kiel - Die Förde als unverwechselbares prägendes Element in der Stadt steht für Offenheit und Weite und begründet den einmaligen Wert der städtebaulichen Situation. Verkehr und Umschlag bedingen einen Hafenrand weitgehend frei von Bebauung. mit lediglich punktuellen hafenbezogenen Gebäuden Als Solitär freigestellt steht der Baukörper als Landmarke am Übergang von Hafen und Stadt. Im direkten Zusammenspiel bildet er die räumliche Begrenzung des Bootshafens in Verlängerung der Straße Holstenbrücke und gibt der Hafenstraße einen räumlichen Abschluß ohne den Blick aus der Stadt auf den Hafen zu verstellen. Die klare Ausrichtung auf die Kaimauer sowie die starke Vertikalität gibt dem Baukörper Kraft im Zusammenspiel mit den enormen Massen der im Hafen liegenden Schiffe.

Typologie
Die Nutzung als Terminal- und Bürogebäude bilden zwei Schwerpunkte. Das Gebäude findet seinen Ausdruck daher in der Ausbalancierung zweier architektonischer Elemente. Zum einen die horizontal lagernde Passagierhalle, die als Ort des Übergangs und Umstiegs und als Bindeglied zwischen Stadt und Hafen fungiert. Zum anderen ein kompakter achtgeschossiger Baukörper, in dem die über zwei Ebenen organisierten Büroeinheiten gestapelt sind. Ein Atrium verbindet die hufeisenförmig angeordneten Büroetagen. Es ermöglicht die natürliche Belichtung und Belüftung eines großen Anteils hochwertiger Büros und schafft einen Puffer zum Hafen. Den Abschluß des Baukörpers bildet das Restaurant. Zwischen Restaurant und Lounge befindet sich die Skybar, über die sich dem ankommenden Gast der Blick auf den Hafen öffnet. Lounge und Restaurant verfügen über vorgelagerte Dachterrassen mit Blick auf Hafen und Förde.

Eingangshalle
Passagiere, Restaurant- und Bürobesucher nutzen gemeinsam die repräsentative Eingangshalle, die sich zu Kaistrasse und Stadt öffnet. Terrassenförmig schieben sich flankierende Baukörper in die Halle und rahmen den Aufgang über die Rolltreppe in die Passagierhalle und zu den Aufzügen. Die Nutzungen der Fracht und PKW-Abfertigung befinden sich in den semitransparent verkleideten Baukörpern. Die LKW Fahrer verfügen über einen direkten separaten Eingang in die Abfertigung.
Taxen- und Busvorfahrt liegen unter Dach dem stadtseitig orientierten Haupteingang zugeordnet.

Erschließungskonzept
Dem vorgegebenen Schema folgend findet die Trennung der Verkehre zur Fähre und zum Haupteingang des Terminals statt. Die PKW- und LKW - Durchfahrt liegt unter dem aufgeständerten turmartigen Baukörper gewissermaßen einem Tormotiv zum Thema Transit. Busse und Taxen haben ihre Vorfahrt unter dem stadtseitigem Vordach – Einer Geste des Empfangens- die auch für Fußgänger und Besucher des Hauses von großer Bedeutung ist. Eine eindeutige Orientierung in der aufsteigenden Bewegung der Passagiere von der Stadt zum Wasser hin ohne Richtungswechsel vollzogen und mit ständigem Blickkontakt zu Schiffen und Stadt ermöglichen der gradlinige fließende Übergang von Eingangshalle und Passagierhalle zu den Schiffen.

Bauabschnitte
Im 1.Bauabschnitt wird bereits das komplette Dach der Passagierhalle sowie die tragenden Stützen der Halle errichtet. Es wird zunächst als Vordach genutzt und bildet den repräsentativen Zugang.
In einem 2.Bauabschnitt wird die Abfertigungshalle durch Einhängen der Deckenebene unter dem bestehendem Vordach ergänzt. Die Halle erfährt damit einen Flächenzuwachs von 700 qm. Die Erweiterung ist bei laufendem Betrieb problemlos möglich.

Energiekonzept
Ziel ist ein hoher thermischer Komfort für die Nutzer bei gleichzeitig geringen Betriebskosten für Strom und Wärme. Durch Nutzung der Potenziale des Gebäudes soll der technische Aufwand auf ein Mindestmaß reduziert werden. Der kompakte Baukörper und ein sehr guter wärmetechnischer Standard reduzieren die Wärmeverluste. Ein Zentrales Atrium dient als süd-ost orientierter thermischer Pufferraum und dient der passiven Gewinnung solarer Energie.

Lüftung
Halle und Atrium lassen sich über mittels Regelung gesteuerte Klappen unter Ausnutzung des thermischen Auftriebs quer lüften. Die Individuelle Lüftung der Büros ist über Lüftungsflügel möglich. Eine witterungsunabhängige mechanische Lüftung existiert in der Eingangshalle (Versammlungsstätte) sowie in der Kernzone der Büroetagen.

Sommerlicher Wärmeschutz
Die Büroetagen sind weitgehend verglast und verfügen über außenliegende windstabile Verschattungseinrichtungen (bis 30m/s). In der Passagierhalle kommt hochselektives Sonnenschutzglas zum Einsatz. Wassergeführte Erdsonden dienen der Kühlung sensibler Bereiche. Dies erfolgt über den Direktanschluß von Kapillarrohrmatten ohne Wärmepumpe zur Betonkerntemperierung. Mechanische Lüftung der in der Kernzone liegenden Besprechungsräume mit Spitzenlastkühlung runden das Konzept ab und gewährleisten hohen Komfort.

Brandschutz
In den Büroetagen des baurechtlich als Hochhaus einzuordnenden Gebäudes ist die Möglichkeit einer offene Bauweise mit zweigeschossigen Nutzungseinheiten geplant. Dies wird durch die Sprinklerung der Flächen ermöglicht. Der Verzicht auf massive Brüstungen wird durch eine dichtere Anordnung der Sprinklerung vor den Fassaden kompensiert. Die Entrauchung der hallenartigen Räume erfolgt durch Rauchgasventilatoren bzw durch die Abluftanlage Die Nachströmung erfolgt über Klappen in der Fassade. Die Steuerung der Fensterlüftung Büro/ Atrium erfolgt über eine BMA.

Fassade
Sehr guter wärmetechnischer Standard wird über eine Dreifachverglasung gewährleistet, opake Elemente mit Photovoltaikmodulen schaffen die Option für Energiegewinnung. Lüftungselemente hinter geschlossenen Paneelen ermöglichen witterungsgeschützte natürliche Lüftung und damit Nachtauskühlung der schweren Betondecken (Amplitudendämpfung). Durch die Reduzierung des Glasanteils der Büros wird ein übermäßiger Energieeintrag vermieden. Außenliegender windstabiler Sonnenschutz ist vor den Festverglasungen angeordnet . Das Erscheinungsbild des Hauses ist von grünem opaken bis transluzenten Glastönen geprägt. Im Inneren setzt sich dies in preiswerten Profilglaskonstruktionen die transluzent bis völlig blickdicht ausgebilldet werden können fort. Die Inneren Fassaden des Atriums erhalten aufgrund ihrer geringeren thermischen und witterungsbedingten Anforderungen eine einfachere Ausführung.

Tragwerk
Der kompakte Baukörper ruht auf einer Pfahlgründung. Die Pfähle können gegebenenfalls als Klimapfähle ausgebildet weren. Im Abstand von 6m werden die Lasten des Baukörpers im aufgeständerten Teil des Hauses über Wandscheiben die parallel zum Kai angeordnet sind durch die Passagierhalle und die Fahrzeugebene geführt. Die punktförmigen Lasten der Bürogeschosse werden über Unterzüge in der Decke der Passagierhalle aufgenommen. Der Fußboden der Halle wird an den Deckenrändern an den Unterzügen abgehängt. Die Bürogeschosse erhalten Flachdecken. Die Aussteifung quer zum Kai erfolgt über die Wandscheiben der Treppenhauskerne.

Wirtschaftlichkeit in Bau und Betrieb
Der kompakte Baukörper lässt eine Konzentration der Lastabtragpunkte zu was eine wirtschaftliche Form der Gründung darstellt. Ein wirtschaftliches Tragraster und die hohe Wiederholungsrate gleicher Geschoße ermöglichen einen effizienten Baubetrieb. Zeitlich versetzt getaktete Montage der Fassaden lassen zu, dass der Bau kurz nach Herstellung der letzten Decke geschlossen werden kann. Übereinander liegende Versorgungs-, Aufzugs- und Treppenhauskerne stellen eine kompakte und damit wirtschaftliche Lösung dar.
Eine gut gedämmte Gebäudehülle und die Nutzung passiver Potenziale des Hauses ermöglichen einen wirtschaftlichen Betrieb bei gleichzeitig hohem Komfort.

Flexibilität
Die Schichtung der geforderten Nutzungseinheiten von ca. 1200 qm in zwei Ebenen sowie die Erschließung über zwei Kerne ermöglichen eine flexible Aufteilung in vier eigenständige Einheiten von 250 bis 350 qm mit jeweils einem eigenen Versorgungskern. Im zentralen Bereich sind unterschiedliche Grundrißlösungen bis hin zur Nutzung der zentralen Flächen in jedem Geschoß unter Verzicht auf den über zwei Geschossen reichenden zentralen Empfangsbereich möglich. Die Büroflächen weisen übliche Achsmaße(1,50m) und eine Aufteilung in Zonen von 4,20m, 4,50m, 5,00m und 6,20m auf und lassen damit unterschiedliche Nutzungen für Zellen-, Gruppen-, Kombi-, oder Großraumbüros zu. Regelmäßige Anordnung von Heizkörpern und die Versorgung über Bodenkanäle sowie das Konzept der Flachdecken im Bürobereich stützen die Flexibilität des Konzepts

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebaulichen Linien werden eingehalten. Die Altstadt wird durch eine Torsituation abgegrenzt, dennoch wird die Kaistraße nicht zu sehr eingeengt. Das Gebäude setzt als Solitär auf der Hafenfläche eine deutliche Landmarke und bildet gleichzeitig im Zusammenspiel mit dem Schmidtbau und dem Hafenhaus einen städtebaulichen Dreipunkt.
Der Baukörper setzt sich nicht in Kontrast zum Hafenhaus, sondern bildet mit diesem ein Ensemble.
Als räumlicher Abschluss der Stadt mit seiner Lage direkt am Wasser wird jedoch die Blickbeziehung vom Bootshafen aufs Wasser und in die Hörn hinein beeinträchtigt.
Funktion:
Äußere Erschließung: Die klare Eingangssituation mit Vorfahrt gewährleistet sowohl für Fußgänger wie auch für den Fahrverkehr eine eindeutige Wegeführung und unmissverständliche Orientierung. Die Gestaltung und Organisation der Eingangshalle ist konsequent und großzügig, die Funktionsüberlagerungen Terminal/Büro/Restaurant sind gut vorstellbar und können qualitativ und quantitativ gut nebeneinander abgewickelt werden.
Hervorzuheben ist der separate Truckerzugang direkt in den dafür geschlossenen Bereich. Der angedockte Übergang von der Kaistraße mündet logisch und klar in die Abfertigungs- und Wartehalle.
Innere Erschließung: Die Orientierung innerhalb der Eingangshalle ist durch die terrassierten Wartebereiche eindeutig. Die Abfertigungsebene dagegen hat wesentliche funktionale Mängel. Die Nebenräume behindern in Sicht in Richtung Pier, die Flächen sind zum Großteil nicht definierte Verkehrsbereiche und Wartebereiche, die terrassierten, als Wartebereiche ausgewiesenen Flächen sind abgekehrt vom Zugang zu den Schiffen und ohne Blickbeziehung zu diesen.
Für Kreuzfahrtpassagiere ist die Aufenthaltsqualität nicht ausreichend. Die introvertiert orientierten Warteplätze innerhalb der Eingangshalle sind vom seeseitigen Geschehen abgekehrt und entsprechen nicht der Erwartungshaltung der Reisenden. Das Ein- und Auschecken kann nicht verfolgt werden.
Die Büroetagen in ihrer inneren Organisation sind optimiert durch ihre U-förmige 2-Band-Struktur. Die Sichtbeziehung zur Stadt und zum Wasser ist in jedem Fall gegeben.
Nebenräume und Erschließung sind zur Kaistraße orientiert.
Die teilweise Ausrichtung der Büros in ein Atrium ist an dieser Stelle fragwürdig, eine variable und flexible Nutzung der Büroflächen ist gut möglich und dargestellt.
Gestaltung:
Der Baukörper hat eine klare, den Hafenraum beherrschende Form.
Die Fassade ist signifikant im Stadtraum und wird die eigene Identität unterstreichen und die Qualität des Hafenhauses erreichen. Das Staffelgeschoss mit dem optionalen Restaurant ist wichtiger gestalterischer Bestandteil.
Ökologie:
Das Energiekonzept wird vom Preisgericht gewürdigt. Das Atrium ist wesentlicher Bestandteil des Energiekonzeptes, insgesamt aber wegen der Sichtverhinderung (indirekte Sicht) fragwürdig. Die Vorhangfassade mit außenliegendem beweglichem Sonnenschutz wird bei den klimatischen Bedingungen funktionale Schwächen mit sich bringen.
Wirtschaftlichkeit:
Der Entwurf mit dem Atrium und der 3-geschossigen Eingangshalle liegt eher im unwirtschaftlicheren Bereich der Arbeiten.
Erweiterbarkeit:
Die Erweiterbarkeit der Abfertigungsebene in Richtung Kaistraße wird als suboptimal angesehen, wegen der noch stärkeren Abkehr der Warteflächen vom Geschehen auf dem Wasser.