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Offener Wettbewerb | 11/2018

Wohngebiet Bäumlesweg in Weil im Schönbuch

Quartierplatz mit Blick in den Anger

Quartierplatz mit Blick in den Anger

1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

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Landschaftsarchitektur

Thomas Schüler Architekten und Stadtplaner

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Am westlichen Stadtrand von Weil im Schönbuch entsteht eine flächensparende und klimagerechte Siedlung in einer besonderen landschaftlichen Lage. Diese Qualität gilt es zu betonen und zu einem Alleinstellungsmerkmal des neuen Quartiers zu machen.

Das Konzept schafft einen familienfreundlichen naturbezogenen Stadtteil, der über eine hohe Freiraumqualität Gemeinschaft, Identität und Kommunikation fördert und somit die Voraussetzung für eine hohe Wohn- und Lebensqualität im Quartier schafft.

Konzept

Die neue Stadterweiterung gliedert sich in eigenständige Baufelder die durch Grünfugen getrennt werden. Diese berücksichtigen sowohl die Kaltluftschneisen und übernehmen die Funktion der Regenwasserrückhaltung. Durch die Grünfugen entsteht eine gute Orientierung innerhalb des gesamten Quartiers und eine Steigerung der Wohnqualität.

Klare Raumkanten die sich zum Landschaftsraum hin treppenartig abstufen vermitteln räumlich zwischen den Siedlungsbereichen und schließen wie selbstverständlich die stadträumliche Lücke. Die vorgelagerten Gartenflächen dienen als Grabeland oder für Kleingärten und bilden den Übergang zu den Ackerbauflächen.

Die mittige Grünfuge bildet als parkartiger Grünraum das zentrale freiräumliches Element und führt den Landschaftsraum bis zum Seitenbachplatz heran. Über diese zentrale Grünfuge wird der Freiraum in das Gebiet hinein geführt und schafft einen fließenden Übergang zwischen Stadt freier Landschaft.

Jeder Siedlungsbereich besitzt einen grünen Innenbereich der sich in Form eines Quartiersangers zu den Grünfugen hin öffnet und so das Quartier mit der Landschaft verwebt. Die Anger münden in kleinen Platzsituationen, die hier den Mittelpunkt jedes Siedlungsbereichs ausbildet und als Treff- und Kommunikationsorte dienen.

Gliedernde Grünfugen

Das Konzept entwickelt sich aus dem angrenzenden Stadtgefüge heraus, führt die bestehenden Qualitäten des Bestandes fort und schafft ein neues Wohnquartier mit eigener Identität. Die stadt- und freiräumlichen Verknüpfungen erfolgen über die Wegebeziehungen, die wie selbstverständlich in das Plangebiet verlängert werden.

Hierüber werden sowohl alle Quartiersbereiche, als auch alle öffentlichen Einrichtungen, innerhalb und außerhalb des Plangebietes angebunden. Der Entreeplatz gegenüber der Seitenbachanlage führt in das Quartier hinein und bildet den Trittstein zur Hauptstraße und der Haltestelle der Schönbuchbahn.

Die Grünfugen werden naturnah ausgebildet und bieten gleichzeitig die erforderlichen Ausgleichsflächen für das Gebiet. Lockere Baumstellungen mit Obstbäumen greifen das Motiv der Streuobstwiesen auf und lassen die Landschaft in den Siedlungsraum hineinfließen.

Sie verzahnt sich landschaftlich mit den Ackerflächen und gestaltet ein natürliches Wohnumfeld. Die besondere Lage und der einzigartige Blick wird inszeniert und für alle Bewohner erlebbar gemacht.

Zentrale Quartiersplätze

Die Quartiersplätze bilden innerhalb der Baufelder jeweils die Mitte der einzelnen Baugebiete und dienen als Orte für gemeinschaftliches Leben. Bänke unter den Bäumen laden zum Verweilen ein und geben dem Platz den Charakter eines Wohnzimmers für die angrenzenden Bewohner des Quartiers. Als urbane Platzräume lassen sie vielfältige Nutzungsmöglichkeiten zu und integriert zentrale Spielflächen. Sitzstufen und terrassierte Ebenen schaffen Aufenthaltsbereiche mit hoher Verweilqualität und öffnen die Plätze mit Blick über den Anger hinweg wo sich naturnahe Spiel- und Aktionsflächenflächen befinden.

An den Plätzen können sich kleine gewerbliche Einheiten oder Wohn-Arbeitssituation befinden, die hier für eine Belebung und Kommunikation sorgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Idee ist die behutsame Arrondierung des Ortsrandes mit drei Quartiersbereichen, die innerhalb eines übergeordneten Gesamtkonzeptes eigene Identitäten entfalten und durch Grünfugen getrennt sind. Es gibt eine Vielfalt an einprägsamen Orten, die dem Quartier eine eigene Gestalt und klare, neue Adresse geben, ohne jedoch einen Kontrapunkt zum bestehenden Ort zu setzen.
Eine differenzierte Erschließungsstruktur fügt sich sehr gut in das bestehende Straßennetz ein und knüpft an den richtigen Stellen an. Es entstehen keine durchgehenden Straßenverbindungen, was sehr begrüßt wird, nicht zuletzt auch, weil Schleichverkehr unbedingt vermieden werden soll. Die Verkehrsbelastung ist durch die ausdifferenzierten Anknüpfungspunkte gut verteilt. Die Dimensionierung der Erschließungsberei-che erscheint in einigen Bereichen allerdings zu gering zu sein, ebenso ist die Darstellung der Parkierung zu schematisch. Die Anbindung des landwirtschaftlichen Verkehrs funktioniert sehr gut. Die Wegebeziehungen für den Fuß- und Radverkehr zum Weiler Norden sind überzeugend – es gibt eine attraktive Ost-West-Querung durch das Quartier, ohne eine Hauptstraße zu tangieren.
Mit rund 30 Prozent öffentlichen Grünflächen weist der Entwurf einen sehr hohen Wert auf, die Netto-wohnbaufläche ist vergleichsweise gering. Dies wird kontrovers diskutiert und kritisch gesehen, da eine wirtschaftlich tragfähige Umsetzbarkeit für die Gemeinde in Frage gestellt wird und die öffentlichen Freiflächen nicht zuletzt auch von der Gemeinde instand zu halten wären. Gleichwohl setzt diese Lösung mit einem hohen Grünanteil in den Nord-Süd verlaufenden Fugen und den gut dimensionierte Lüftungsschnei-sen die Planungshinweise zum Klima hervorragend um. Eine verträgliche Verdichtung des robusten Konzepts ist ohne Verlust an städtebaulicher Qualität jedoch gut denkbar.
Die Abtreppung des Siedlungsrandes fügt sich sehr gut in die städtebauliche Figur des Gesamtortes ein und bildet grundsätzlich einen gelungenen Abschluss zur freien Landschaft. Diese städtebauliche Idee führt jedoch zu Grundstücksrestflächen, was städtebaulich verständlich ist, jedoch zu Flächen führt, die in öffentlichen Besitz übergehen müssten. In Bezug auf die Umlegung und Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer wird dies kritisch gesehen.
Die Mischung der Typologien ist gut gelungen. Große Qualitäten entfalten die gut dimensionierten Wohnhöfe, es wird ein Übergang zwischen öffentlichen, gemeinschaftlich genutzten und privaten Freiräumen geschaffen. Die Höfe stehen für Gemeinschaft und Nachbarschaft und lassen durch ihre Lage, Ausrichtung und Größe eine lebendige Nutzung erwarten. Durch die Grünfugen, die sich wie Finger in den Siedlungskörper hineinziehen, entstehen viele innere Ränder, die eine sehr hohe Wohnqualität erwarten lassen. Der nördliche Siedlungsrand wird fast ausschließlich durch freistehende Einfamilienhäuser definiert, die eine relativ monotone Reihung bilden, was kritisch gesehen wird.
Die städtebauliche Setzung des Kirchenstandortes im Übergang zur Ortsmitte sehr gut gelungen - auch wenn Modell und Plan im Detail nicht übereinstimmen. Der Standort überzeugt städtebaulich auch in Bezug auf die gute Erschließung, auch durch die Nähe zum ÖPNV.
Die gut lesbare Darstellung des Entwurfes unterstreicht die Qualität, lediglich die Botschaft der Perspektive wird hinterfragt, da sie, ganz anders als der städtebauliche Entwurf einen städtischen Charakter vermittelt, die an diesem Ort nicht gewünscht ist. Die Definition der Bauabschnitte ist gut gewählt und damit gut um-setzbar.
Das städtebauliche Konzept liefert viele überzeugende Antworten auf die gestellte Aufgabe. Es entsteht ei-ne städtebauliche Arrondierung, die sowohl in Bezug auf den Städtebau als auch in Bezug auf das Wohnen, die Bildung von Nachbarschaften und die öffentlichen, gemeinschaftlichen und privat genutzten Räume sehr hohe Qualitäten erwarten lässt.
Lageplan 1:1000

Lageplan 1:1000