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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2018

Wohnanlage Karl-Wagner-Straße in Bad Aibling

3. Preis

UA URBAN ARCHITECTURE

Architektur

Erläuterungstext

Wohnanlage Karl-Wagner-Straße

Städtebauliche Strategien und Einbindung

Das neue Quartier entlang der Karl-Wagner-Straße verwebt sich dank der offenen Struktur eng mit der Nachbarschaft und behält den parkartigen Charakter mit prägendem Baumbestand bei.
Drei Baufelder, welche sich von Süden nach Norden nacheinander realisieren lassen, gliedern das Areal. Eine Aufweitung des Straßenraums bildet einen kleinen Quartiersplatz aus und wird durch den Gemeinschaftsraum und den Zugang zum Kindergarten belebt. Trotz der vergleichsweisen hohen städtebaulichen Dichte entsteht durch präzise gesetzte Kubaturen und der differenzierten Höhenentwicklung ein offenes, helles Quartier, dass sich mit Durchblicken in die Umgebung einfügt. Die freie Anordnung der Baukörper nimmt auch besonders Rücksicht auf den wertvollen Baumbestand um den parkartigen Charakter des Areals beizubehalten. Notwendige Entnahmen von Bestandsbäumen werden durch Ersatzpflanzungen ausgeglichen. Die Körnung vermittelt zwischen der etwas kleinteiligeren Bebauung des angrenzenden Wohngebiets und den großmaßstäblicheren gewerblichen Bauten.

Bauabschnitte

Das Gebiet wird in drei Bauabschnitten von Süden nach Norden entwickelt. Im ersten Abschnitt wird das Wohngebäude mit 15 Wohnungen an der Münchener Straße errichtet, dass durch seine Tiefe den Schallschutz für das restliche Areal unterstützt und dank der Ost-West-Ausrichtung nur eine geringe Anzahl von Aufenthaltsräumen zur Straße aufweist. Im zweiten Abschnitt werden die Bestandshäuser Nr.1/3/5/7 durch drei typlogisch identische Baukörper ersetzt. Dieser Typus wird über einen breiten offenen Laubengang erschlossen und bietet neben einer effizienten Ausnutzung der Verkehrsfläche einen Kommunikationsraum für die Bewohner. In diesem Bauabschnitt wird der erste Bauabschnitt der Tiefgarage mit 77 Stellplätzen errichtet. Im dritten Bauabschnitt werden zwei tiefere Bautypen mit einer innenliegenden Erschließung realisiert. Der Kindergarten, der Gemeinschaftsraum und das Gästeappartement werden in dem Gebäude entlang der Maxlrainerstraße untergebracht und unterstützen den Quartiersplatz. In diesem Bauabschnitt wird die Parkgarage mit weiteren 45 Stellplätzen auf insgesamt 118 Stellplätzen vergrössert. Es werden in drei Bauabschnitten insgesamt 86 Wohnungen, ein Gästeapartement, ein Gemeinschaftsraum und die Kita errichtet.


Grundstück und Erschließung

Der neue soziale Raum im Quartier wird durch eine Reduktion des Autoverkehrs erreicht. Ziel ist eine gleichberechtigte Nutzung der öffentlichen Räume für Fussgänger, Radfahrer und den motorisierten Verkehr. Die bestehende Strasse wird in eine verkehrsberuhigte Zone / Shared Space / öffentlicher Platz verwandelt und wird zu einem Treffpunkt für die Bewohner und externe Besucher. Die Tiefgarage wird von der Maxlrainer Strasse erschlossen und weitere Stellplätze für die Kita entlang der Fahrgasse angeboten. Die Erschliessungen der Gebäude orientieren sich in den Freiraum und insbesondere der grosszügige Laubengang erlaubt die Kommunikation der Bewohner ebenso wie Raum für Aktivitäten. Unterstützt wird dies auch durch geschützte und differenzierte Übergänge vom Quartierplatz zu den jeweiligen Gebäuden.


Schallschutz

Die primäre Ost-West-Orientierung des Baukörpers an der Münchener Straße sorgt dafür, dass nur eine geringe Anzahl von Fenstern in Schlaf- oder Aufenthaltsräumen sich zur Lärm zugewandten Seite befinden. Diese Wohnungen werden mit zusätzlichen Massnahmen, z.B. aussenluftunabhängiger Lüftung, Schallschutzfenstern sowie einer massiv ausgeführten Aussenwand unterstützt. Weiterhin wird durch die Tiefe des Gebäudes der Schallschutz für das Areal unterstützt und die Schallausbreitung in das Gebiet hinein vermindert.


Konstruktion, Materialität und Nachhaltigkeit

Die verwendeten Baumaterialien werden größtmöglich lokal, umweltschonend und recyclingfähig bzw. wieder verwendbar sein. Der Baustoff Holz bindet CO2 und verbraucht in der Produktion deutlich weniger Energie als konventionelle Baustoffe und ist zudem ein erneuerbarer Baustoff. Gleichzeitig ist ein späterer Rückbau problemlos möglich, da ein Großteil der Abfälle recycelt oder thermisch verwertet werden kann. Daneben spielen aber auch weitere Aspekte wie Behaglichkeit im Innenraum durch diffusionsoffene Bauweise, die hochwertigen und fertigen Oberflächen sowie die rasche und wirtschaftliche Montage eine Rolle.

Durch die Entwicklung der beiden Grundtypen (Laubengang und innenliegende Erschliessung) mit tragenden Fassaden und Mittelwänden wird eine standardisierte Typisierung der Konstruktion erreicht. Die erzielte Reduktion auf eine geringe Anzahl von unterschiedlichen Elementen sowohl im Bereich des Tragwerks als auch bei der Fassade erlauben einen hohen Grad an industrieller Vorfertigung, z.B bei standardisierten Deckenelementen mit wirtschaftlichen Spannweiten. Ein rascher und problemloser Baufortschritt sowie eine überdurchschnittliche Fertigungsqualität kann damit umgesetzt werden und verringert die Bauzeit. Insbesondere bei dem zweiten und dritten Bauabschnitt bedeutet dies für die Bewohner und Nachbarn eine Entlastung. Das Treppenhaus wird als optimierte Stahlbetonkonstruktion ausgeführt und übernimmt die Aussteifung des Baukörpers.
Das Holz wird sowohl im Innen- als auch Aussenraum direkt erfahrbar sein. Die Deckenelemente werden unterseitig in Sichtqualität ausgeführt und können auf Wunsch weiss lasiert werden. Im Aussenraum prägt das Holz an der Fassade den Gesamteindruck der Anlage entscheidend. Für die Dauerhaftigkeit der Fassade wird eine modifiziertes Holz nach der Accoya Methode vorgeschlagen.

Die eingesetzten Materialien, die Vorfertigung sowie der sparsame Einsatz an Haustechnik gewährleisten langfristig geringe Errichtungs- und Betriebskosten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die vorgeschlagene Anordnung von sechs neuen Baukörpern lebt von der Einfachheit der einzelnen Baukörper und fügt sich in seiner Körnung und Orientierung gut in die bestehende Nachbarschaft ein. Nur zwei grundsätzliche Haustypen schaffen eine spannende Raumfolge, die das gesamte Quartier durchzieht und einen neuen Identifikation stiftenden Freiraum für die neuen Bewohner schafft. Dieser wird leider durch die je nach Tageszeit wohl recht frequenzreichen Stellplätze der Kindertageseinrichtung etwas geschwächt. Die teilweise vom Quartiersplatz abgewandt liegenden Hauseingänge widersprechen ebenfalls dieser Idee eines zentralen Begegnungsraums. Trotz der freien Gebäudeanordnung können die Abstandsflächen zu Nachbargrundstücken an drei Stellen nicht eingehalten werden (westliche Grenze, nördliche Grenze, südliche Grenze). Die Zufahrt der Tiefgarage ist unterdimensioniert, Stellplätze mit direkter Einfahrt von der Maxlrainer Straße sind nicht möglich. Die vorgeschlagene Grundrisstypologie bietet gut zonierte Wohnbereiche mit einer zentral organisierten Loggia. Die auf den Geschossen scheinbar unterschiedlich angeordneten Loggien sind in den Grundrissplänen nicht erkennbar und würden konstruktiven Mehraufwand nicht ausschließen lassen. Die außen liegende Erschließung in einigen Baukörpern wird kontrovers diskutiert. Auch die Belichtung der einseitig orientierten Wohnungen ist im Laubengangtyp nicht genauso gut zu bewerten, wie in den sehr gut strukturierten Wohngrundrissen der zentral erschlossenen Baukörper. Durch den hohen Grad an Vorfertigung ist eine kurze Bauzeit und damit verbunden eine geringe Beeinträchtigung der Nachbarschaft während der Bauphase zu erwarten. Die Realisierbarkeit innerhalb des engen Kostenrahmens des geförderten Wohnungsbaus ist zu prüfen. Insgesamt stellt die Arbeit einen vielversprechenden Beitrag zur Lösung der Aufgabe dar und kann durch ihre Einfachheit eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung der Bauaufgabe bilden.