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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2018

Neubau Geschäftsstelle der GWG in Tübingen

Perspektive

Perspektive

3. Preis

Braunger Wörtz Architekten

Architektur

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Architektur & Zeichnung Wolfram Gothe

Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebau und Freiräumliches Konzept

Zwischen dem neu entwickelten Güterbahnhofsareal und der südlich angrenzenden Südstadt mit insgesamt unterschiedlichsten Geschossigkeiten bildet das Grundstück mit dem Neubau der GWG-Geschäftsstelle eine wichtige städtebauliche Nahtstelle.
Die direkt dreiseitig angrenzenden Verkehrsanlagen mit Fussgängerbereichen markieren ein von Öffentlichkeit umspülten Ort, direkt entlang der Grundstücksgrenzen.
Eine steinerne polygonale Gebäudeform, in der städtebaulichen Flucht des westlich angrenzenden Nachbarn, arrondiert nun diesen öffentlich und verkehrlich umspülten Ort – polygonal vermittelnd und verbindend als haptischer Handschmeichler mit spannungsvollen Raumbildungen.
Während entlang der Ludwigstraße der neue Baukörper bewusst kein hartes „Gegenüber“ zu der Nachbarbebauung formuliert und Raum lässt für die Fußgängerströme in und um das Gebäude, weicht dieser entlang der Eisenbahnstraße deutlich zurück mit einem kleinen öffentlichen Freibereich unter Einzelbäumen, der zum Verweilen einlädt und schließlich in einem halböffentlichen Innenhof mündet. Dort wird eine beruhigte freie Fläche angeboten für die erforderlichen Stellplätze, für Feste und den Mitarbeiter-Freibereich, eingebettet in viel Grün.
Bewusst werden keine Vorder- oder Rückseiten hergestellt. Im Gegenteil – dreiseitig direkt im öffentlichen Raum markiert das neue GWG-Gebäude bescheiden und gleichzeitig selbst_bewußt diesen Ort und lenkt selbstverständlich die verkehrlichen Ströme entlang der neuen Geschäftsstelle und direkt hinein.
Mit dem nahbaren Baukörper , welcher sich klar im öffentlichen Raum verortet, werden Grenzen aufgebrochen und freundliche Nähe signalisiert:
Ein herzliches Willkommen für alle Besucher/innen mit Wertschätzung aller Nachbarn.


Funktionalität und Flexibilität

Die Nahbarkeit des freundlichen Gebäudes im Städtebau setzt sich im Inneren fließend fort.
Über großzügig einladende transparente Zugänge von Westen und Osten wird ein kleiner „öffentlicher Marktplatz“ erschlossen mit Empfang, Besprechungs- und den entsprechenden Nebenräumen - teilbar für abendliche Veranstaltungen mit Anschluss zum Hofraum.
Der mittig liegende Erschließungskern mündet zentral in allen Ebenen und ermöglicht eine jederzeitige Abtrennbarkeit der Geschosse.
Dabei erlaubt die intern liegende „kurze“ Treppe eine schnelle Verbindung zwischen den Geschossen der GWG.
Folgerichtig zu dem vorgetragenen polygonalen Baukörper werden nun alle Arbeitsplätze entlang der Außenfassade angeordnet mit spannungsvollen Raumaufweitungen in den Mittelzonen für Begegnung, Verweilen und Kommunikation. Ein kleiner Luft- und Lichtraum trägt zur attraktiven Belichtung bei. Das hinterlegte Büro- und Fassadenraster von 1,35m bietet Flexibilität vom Gruppenbüro bis zum Einzelbüro.


Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit - Architektonisches und gestalterisches Konzept
Architektur für Menschen - zum Wohlfühlen, im Gleichklang natürlicher und wertiger Materialität, langlebig und bescheiden.

Das neue Gebäude der GWG-Geschäftsstelle soll Vorbild geben im Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Das vorgetragene architektonische Konzept trägt diesem Gedanken Rechnung –
ein einfaches, klimatisch ausgleichendes Betontragwerk wird umhüllt mit Steinwolle und einer wartungsfreien haptischen Klinkerfassade aus einem Wasserstrichziegel, erdig in beigem Ton. Die warme Klinkerfassade im harmonischen Wechselspiel mit dem Bürorasters der Holzfenster aus heimischer Tanne erzielt eine freundliche, maßstäbliche und maßvolle Innen- und Außenwirkung.

Die ausgewogen natürlich belichteten Innenräume werden bespielt mit Holz-Glastrennwänden, Brettsperrholzwänden und in den Büroräumen geseiften Holzböden bzw. fein gelochten weißen Akustik-Heiz-Kühldecken.
In der Eingangsebene wird fließend der steinerne Außenbelag mit einem geschliffenen Estrich fortgeführt.


Erläuterung Energie- und Nachhaltigkeitskonzept

Die auf Basis einer sehr gut gedämmten und luftdichten Gebäudehülle, sowie vor allem passiver Sonnenschutzvorkehrungen reduzierten Heiz- und Kühllasten werden überwiegend unter Einsatz von regenerativen Energien gedeckt. Die Außenwände aus einer schweren tragenden Innenschale, 26cm starker Steinwolle und wartungsfreier Klinkerfassade tragen dem Nachhaltigkeitsgedanken des Passivhauses Rechnung. Ebenso sehr tiefe Fensterleibungen und ein ausgewogenes Verhältnis von transparenten zu geschlossenen Wandflächen (ca. 38% transparente Flächen).
Alle an den Außenfassaden liegende Räume können natürlich gelüftet werden.
Durch den unterstützenden Einsatz einer maschinellen Be- und Entlüftung werden Schadstoffe abgeführt und die auftretenden Lüftungswärmeverluste erheblich reduziert. Erforderliche effiziente Wärmerückgewinnungsmaßnahmen sind vorgesehen.
Die zentralen Lüftungsgeräte sind im UG in der Technikzentrale angeordnet. Die Luftführung erfolgt über Schächte in die einzelnen Geschosse und in abgehängten Deckenbereichen im Einklang mit den Brandschutzanforderungen. Verbundlüftungssysteme werden in Abhängigkeit mit dem Brandschutz und akustischen Anforderungen vorgesehen.
Die Untergeschossflächen werden ebenfalls be- und entlüftet. Für die Wärmeerzeugung wird vorgeschlagen, das vorhandene geothermische Potenzial über eine Wärmepumpenanlage mit Erdsondenfeld zu nutzen. Die Kühlung des Gebäudes (sommerlicher Wärmeschutz) kann ebenfalls über die Nutzung des Geothermiepotentials, als auch additiv über eine freie Nachtlüftung bzw. einen maschinell unterstützten Abluftbetrieb mit nachströmender Außenluft erfolgen. Die Temperierung (Heizen und Kühlen) der Räume erfolgt über thermoaktive Systeme einer additiven Heiz-/Kühldecke, welche unter den Betondecken angeordnet sind. Durch eine kleinteilige Anordnung der einzelnen Deckenfelder mit Bezug zum Büroachsraster können Änderungen in der Nutzung der Räume sehr flexibel angepasst werden. Die Raumakustik wird über die akustisch wirksame Heiz-/Kühldeckenbekleidung sichergestellt.
Die Geschosse werden über Schächte mit den HSKE-Medien (Lüftung, Trinkwasser, Heizung, Kälte, Strom) erschlossen. Die Außenluft wird über einen Erdwärmetauscher geführt, die Fortluft wird über Dach abgeführt.
Die Stromversorgung erfolgt über das Stadtnetz. Die Elektroverkabelung wird über Schächte und horizontal in Hohlraumböden geführt. PV-Anlagen können auf dem Dach des 4 geschossigen Baukörpers vorgesehen werden. Dadurch kann das Gebäude den noch erforderlichen Energieeinsatz generieren und in Richtung Plusenergiegebäude ausgerichtet werden.
Die Steuerung der technischen Anlagensysteme erfolgt raumweise. Im gesamten Gebäude wird ein Kommunikationssystem aufgebaut. Das Gebäude wird über DDC-Stationen regelungstechnisch über ein offenes BACnet-System erschlossen und erhält eine Gebäudeautomationsanlage, welche je nach Anforderung auf eine zentrale Stelle aufgeschaltet werden kann.
Das Regenwasser der Dachflächen wird über eine Rigolenversickerung im Außengelände abgeführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf für die neue Geschäftsstelle der GWG in Tübingen formuliert einen selbstbewussten plastisch ausformulierten, städtebaulichen Baukörper „Stadtbaustein“ auf polygonalem Grundriss. Der Neubau wird geschickt auf dem zur Verfügung stehenden Grundstück situiert und in seiner Höhenentwicklung von der Reutlinger Straße hin zur Eisenbahnstraße, von vier auf drei Geschosse abstuft. Dies schafft eine deutliche Raumkante nach Süden hin zur Reutlinger Straße. Der ansonsten scheinbar freien Gebäudekontur gelingt es die gewünschten Bezüge zum angrenzenden Stadtraum herzustellen.

Der neu formulierte Vorplatz an der Eisenbahnstraße wird überzeugend präsentiert. Allerdings wird die Lage bzw. Erschließung der notwendigen Stellplätze kritisch hinterfragt, da sie über den öffentlichen Gehweg erschlossen werden müssten und nur zu Lasten öffentlicher Stellplätze erreicht werden können.

Es werden zwei Hauptzugänge geschaffen die sich sinnfällig nach Westen und Osten zum Vorplatz hin orientieren und so eine angemessene Eingangssituation formulieren. Ein großzügiges und funktional gut gelegenes Foyer verknüpft die gewünschten Funktionsbereiche, z.B. Empfang, den großen Sitzungssaal und die Besprechungsräume miteinander und schafft so eine kommunikative Mitte. Größe und Geometrie entsprechen den vielfältigen Nutzungsanforderungen. Die Wege sind kurz und übersichtlich und dies erleichtert die Orientierung im Haus. Gestärkt wird dieser Ansatz durch die über drei Geschosse verbindende einläufige Treppe im Zentrum. Ihre bauliche Flankierung durch zwei geschlossene Scheiben wird in diesem Zusammenhang allerdings hinterfragt. Über den Eingang im Westen (Ludwigstraße) gelangt man auch auf direktem Weg ins Haupttreppenhaus mit Aufzug, dies ermöglicht eine separate Erschließung und die Chance einer potentiellen Fremdnutzung im obersten Geschoß.

Die geometrische Ausprägung der Büroetagen folgt konsequent der Gebäudekontur und ermöglicht unterschiedlichste Bürokonzepte im Bereich der Fassaden. Die so geschaffene großzügige Mitte wird in Größe und Geometrie in ihrem räumlichen Potential als kommunikatives Zentrum nur in Teilen konsequent genutzt.

Die konstruktive Lösung und die Materialität der Innenräume erscheinen angemessen, wenn gleich die Ausbildung der großen Deckenspannweiten im Zentrum sehr zurückhaltend bearbeitet wurde.
Die Fassadenausbildung mit den durch Faschen gefassten Einzelfenstern entspricht dem Wunsch eines ruhigen Erscheinungsbildes. Die plastisch-räumliche Außenwirkung von geschlossenen und offenen Fassadenelemente ist gekonnt vorgetragen und unterstreicht den skulpturalen Gedanken.
Der Entwurf liegt mit seinen Kennwerten im wirtschaftlichen Bereich. Die solide Materialwahl lässt einen geringen Bauunterhalt vermuten. Das Innovationspotential erscheint überschaubar und bewegt sich, was zeitgemäße Bautechnologien betrifft, eher im konventionellen Bereich.
Die architektonische Gestalt wirkt der Aufgabe gegenüber angemessen, besonders in Bezug auf die städtebaulichen Aspekte. Es handelt sich hier um eine selbstbewusste, insgesamt gute Arbeit mit überzeugenden innen- und außenräumlichen Qualitäten. Überzeugend erscheint der zentrale Raum des „gemeinsamen Foyers“ als zukünftiger Kommunikationsmittelpunkt.
Erdgeschoss | Obergeschoss

Erdgeschoss | Obergeschoss

Fassadenschnitt | Ansicht

Fassadenschnitt | Ansicht

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht West

Ansicht West

Längsschnitt

Längsschnitt