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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2018

Neugestaltung Haalplatz und Unterwöhrd in Schwäbisch Hall

Konzeptplan

Konzeptplan

3. Preis / Realisierungsteil A - Haalplatz

Preisgeld: 7.000 EUR

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

LINDENKREUZ EGGERT | Bildermacherei & Utopografie

Visualisierung

Erläuterungstext

Kristalline Inlays

Der Haalplatz und der Große Unterwöhrd. Der steinerne Stadtplatz und die Garteninsel mit der Kultur-Lichtung.
Zwei atmosphärisch gegensätzlichen Orte ergänzen einander und sind durch die gemeinsame Geschichte rund um Salz und Sole verbunden. Indem diese Geschichte als kristallines Inlay diesen Orten eingeschrieben ist, tragen sie zu einem wesentlichen Teil zur kollektiven Stadterinnerung bei.
Ein neuer Aspekt der städtischen Identität ist das neue Verhältnis zum Kocher: Der Stadtebene wird die Kocherebene als wilder Kontrastraum gegenübergestellt, in dem der nun auch Gewässer und Gewässerrand als natürliche Lebenswelt in der Stadt erlebt werden kann.

Der Haalplatz

Typus:
Der Haalplatz ist ein ungewöhnlicher Stadtplatz der mit seiner zweiseitigen Öffnung zum Kocher wie ein urbaner Balkon funktioniert. Als Schwerpunkt ist der Haalbrunnen gesetzt. Seine Baukanten werden mit dem Umbau aktiviert.

Raum:
Der Platz erfährt eine räumliche Gliederung entlang einer Querachse nördlich des Haalbrunnens. Der Haalhalle wird an der Stadtmauer ein lockerer Baumhain vorgelagert, der sich bis zur bestehenden Ufertreppe erstreckt. Unter dem lichten Blätterdach dieses „Haalhains“ (Schnurbaum, Sophora japonica) entsteht eine völlig andere Aufenthaltsqualität als an den offenen Uferkanten des südlichen Platzes. Der nördliche Platz erhält damit eine räumliche Fassung gegenüber dem Bau der Südwest-Bank. Der verbleibende offene Zwischenraum korrespondiert mit dem freigestellten Akademiegebäude. Er dient mittelfristig als Parkplatz und ist mit immergrünen Eibenblöcken (H 1,00m) locker gegliedert. Der Baumring um den Brunnen wird durch die Entnahme von Einzelbäume nach Süden geöffnet, ebenso werden die dichten Baumreihungen vor den Gebäudefassaden aufgelockert und der Sulferturm und die Flucht des Sulfersteges freier gestellt. Die Platzfassaden werden wieder sichtbar. Es entstehen definierte Gruppen aus Platanen und Kastanien.
Ein neuer Pavillon ersetzt als kristallines Volumen den Bestandsbau - nun etwas abgerückt vom Brückenzugang.

Erschließung:
Der Platz ist als verkehrsberuhigter Bereich ebenengleich ausgebildet. Die Hauptachse der Fahrverkehre entlang der heutigen Straße Im Haal ist lediglich mit orientierenden Elementen wie den Rinnen oder den Leuchtenfluchten auf zurückhaltende Weise markiert. Der so gekennzeichnete Verlauf des befahrenen Bereichs ist an der Schwatzbühlgasse deutlich nach Süden verlagert, um das Südwest-Bank-Gebäude entstehen großzügige Vorzonen. Die dauerhaften Stellplätze an der Akademie sind über die beschrankte Zufahrt in der Gasse an der Haalhalle erschlossen. Die wenigen Ausfahrtsmöglichkeiten können mit Pollern gesichert werden. Zusätzliche Parkplätze in den Wintermonaten stehen als Querparker unter der ersten Baumreihe des Haalhain zur Verfügung. Das dauerhafte Parken ist nur auf den mit Pflasterintarsien gekennzeichneten Bereichen erlaubt. Die Kennzeichnung der saisonalen Parkplätze per Schild wird im Sommer entfernt. Der Fahrradverkehr ist auf dem ganzen Platz zugelassen, ist durch die dezentrale Verteilung von Stellplätzen und die komfortable Pflasterdecke begünstigt.

Programm und Ausstattung:
Mit der großzügigen Gestaltung der Hausvorbereiche können die Erdgeschosszonen der Platzbebauung auf neue Weise aktivert werden. Insbesondere in den besonnten Ostbereichen des Platzes bestehen gute Bedingungen für die Ansiedlung von Gastronomie. Der südliche Bereich des Platzes steht als multifunktionale offene Fläche in der gewünschten Größe zur Verfügung. Der Stellplatzbereich kann mit Einschränkungen (Hecken) zugeschaltet werden. Der Bereich des Hains stellt eine Sonderzone dar, in der auch kleinteilige Nutzungsangebote wie Spiel- und Sportinseln denkbar sind. Die Kaverne am Türle wird geöffnet und mit einer Stufenanlage sowie einer Rutsche zum Ufer erschlossen. Im südlichen Platzbereich werden vorrangig die Bereiche an der Mauerkante aktiviert. Neben dem Gastgarten werden unter den Bäumen auch Bänke platziert. Die Umbauung des Haalbrunnens wird innerseitig auf der oberen Ebene als Sitzbank ausgebaut.

Materialität und Geschichte:
Der Grundton des Platzes besteht aus einer warmgrauen Pflasterdecke aus Muschelkalk. Der Duktus des Stadtbodens der Altstadt wird damit aufgegriffen und weitergeführt. Seine Eigenart erhält der Ort durch „kristalline“ Inlays aus großformatigen Platten aus hochwertigem, glasfaserverstärktem Beton. Geometrisch abgeleitet sind sie aus dem Kristallisationsverhalten des Kochsalzes, ein Set aus wiederkehrenden Formaten wird in freier Anordnungen, scheinbar wie verschüttet, auf dem Platz verteilt und verdichtet sich jeweils an charakteristischen historischen Orten. Höhengleiche Textintarsien in den Platten liefern die Stichworte für die historische Erzählung zur jahrhundertelangen Tradition der Salzgewinnung.
Als zentraler Informationsort dient die Außenfassade des Pavillons, der im Idealfall wiederum auf die Kristallform Bezug nimmt.

Wilde Ufer am Kocher

Der Kocher ist nicht erschlossen über grundhaft ausgebaute Wege wie heute, sondern nur „minimalinvasiv“ über aufgeständerte Stege und Plateaus. Der Uferbereich wird wo möglich von steinernen Einbauten und Versiegelung befreit. Stattdessen wird die Entwicklung auentypischer Krautsäume mit kontrolliertem Gehölzaufwuchs initiiert. Die Treppen an die Stege führen so von der Innenstadt in die Gewässernatur. Aus den Stegkonstruktionen erwachsen Treppen zum Wasser oder Schwimmpontons (Kajakanleger). Die landseitigen Stegseiten werden mit Bänken ausgestattet, die in ihrer formalen Ausprägung an Brettstapel erinnern. Neu sind die Sitzplätze am Steg gegenüber den Kocherinseln.
Die Verwendung von Holz erinnert an die Unmengen von Brennmaterial das zur Feuerung bei der Salzgewinnung notwendig war. So zeigen historischen Stiche die Wasserseiten des Haalplatzes (und der Kocherinseln) stets als Holzländen mit gewaltigen Holzstapeln.

Stadtraum bei Nacht

Der urbane Raum des Haalplatzes als „Raum“ wird inszenatorisch behandelt. Die Platzfassaden werden ebenso wie Haalbrunnen, Sulferturm und Haalmauer mit Objektstrahlern inszeniert. Die Flächenausleuchtung der Verkehrsflächen wird demgegenüber minimiert und konzentriert sich auf die randlichen Haupterschließungen.
Der Gartenraum des Unterwöhrd wird demgegenüber lediglich im Bereich der Querungen und der Zentralpromenade als Verkehrsflächen ausgeleuchtet. Vor dem dunklen Hintergrund der grünen Inselmitte tritt die beleuchtete (oder im Betrieb von Innen leuchtende) Kulisse des Globe wirkungsvoll hervor.
Für die Regelbeleuchtung werden modular bestückbare Stelen-Leuchten in 6m Höhe vorgeschlagen in die die Objektstrahler sowie WLAN-Sender wo möglich integriert sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser interpretieren den Haalplatz als eine in unterschiedliche Teilräume gegliederte Raumsequenz. Dreh- und Angelpunkt bleibt dabei der Haalbrunnen, der weiterhin von drei Platanen überschirmt wird. Der nördliche Platzbereich orientiert sich formal an der Akademie der Künste. Äußerst kritisch wird die Ausstattung mit kleinen, kurzatmigen Heckenscheiben gesehen, da diese an diesem Ort nicht angemessen sind. Die Zahl der angebotenen Stellplätze ist überdies zu knapp. Nicht ausgeschöpft wurde bedauerlicherweise das Potenzial des Vorfeldes der Haalhalle. Ein Radunterstand ist hier sicher nicht ein angemessenes Angebot. Ebenso hinterfragt wird die Spiel- und Sportinsel, die sich dem Prinzip des öffentlichen Raumes – möglichst vielseitig interpretierbare Nutzungsangebote für alle zu schaffen – widersetzt. Darüber hinaus ist die Umgestaltung des Edelmannstürles aus Sicht des Denkmalschutzes sehr problematisch, da hier starke Veränderungen vorgenommen werden.
Positiv beurteilt wird der lockere Baumsaum, am westlichen und südlichen Kocherufer. Ebenso angemessen ist die Gestaltung des Kochervorfeldes im Westen, der vorgeschlagene Holzsteg im Süden schafft jedoch keinen wirklichen Vorteil. Der "kristalline" Pavillon im Süden ist richtig platziert und belebt sicher sehr schön den südlichen Platzbereich mit Blick auf den Unterwöhrd. Die südöstliche Platzkante prägen sowohl Architektur als auch Grün, was mit der vorhandenen Erdgeschossnutzung sehr positiv beurteilt wird. Ebenfalls sinnfällig ist der gestalterische Vorschlag zur Führung des fließenden Verkehrs.
Die Gestaltungsidee, Salzkristalle in Form glasfaserverstärker Betonplatten im Bodenbelag abzubilden ist ein Versuch an die Historie des Ortes anzuknüpfen. Ob diese Idee tragfähig ist, oder ob sie weiter ausgebaut werden müsste (Hüpfsteine, Sprudelsteine, etc.) wird kontrovers diskutiert. Aus denkmalpflegerischer Sicht ist die Arbeit bis auf das Edelmannstürle unproblematisch.
Der Wert dieser Arbeit liegt insbesondere in der räumlichen Differenzierung des großformatigen Haalplatzes, je¬doch wurde in vielen Einzelfragen wie z.B. ruhender Verkehr, Uferpromenadenbereich etc. zu hinterfragende Lösungen angeboten.
Die Grundhaltung, das Globe-Theater als Gebäude im Park zu sehen, und daher Bäume rund ums Gebäude zu belassen oder neu zu platzieren, wird begrüßt. Kritisch bewertet wird der Standort des Ausschankpavillons, der bedauerlicherweise die schöne Sichtbeziehung nach Nordosten stört. Die vorgeschlagene Freischankfläche an der Bastion, die einen räumlichen Bezug zum Pavillon des Haalplatzes herstellt, wird begrüßt. Der Eingriff in die Inselspitze ist zwar gestalterisch ambitioniert – verkennt aber den Charme der bestehenden Situation.
Lageplan Haalplatz

Lageplan Haalplatz

Detail Haalplatz

Detail Haalplatz

Perspektive Haalplatz

Perspektive Haalplatz