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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2018

QER – Quartiersentwicklung Rickenbach in Wolfurt (Bauphase 1)

ErdgeschoĂź

ErdgeschoĂź

2. Preis

AllesWirdGut

Architektur

DnD Landschaftsplanung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der ehemals von betrieblichen Anlagen geprägte Ortskern wird als großzügige Ortsmitte neu konzipiert. Besonders viel Augenmerk wird auf die Schaffung einer einheitlichen Räumlichkeit und einer gestalterischen Klarheit gelegt. Die unstrukturierten, kleinteiligen Räume werden zu einem Platz entwickelt, der durch seine neue Oberflächenstruktur den starken architektonischen Rahmen aufnimmt, miteinander verbindet und eine prägende atmosphärische Stimmung schafft. Zusätzlich wird der Ortskern durch die Öffnung des Rickenbaches aufgewertet. Aus den bisherigen Teilräumen wird eine Einheit.
Die bestehende Topographie des Geländes wird berücksichtigt, die barrierefreie Erschließung ist ebenfalls mitgedacht.

Die neue Ortsmitte erhält eine klare ortstypische und integrierte Gestaltung. Der südliche Teil des Ortskerns mit der neuen Aussichtsplattform und der räumlichen Nähe zum Bach fügt sich mit seiner zeitgenössischen Formensprache in die Umgebung perfekt ein. Der nördliche Teil schafft mit den umliegenden historischen Bestandsgebäuden einen lebendigen Ort der Geschichte und wichtigen Teil der kollektiven Identität der Bevölkerung.
Als markante gestalterische Elemente kommen zwei unterschiedliche Natursteinoberflächen zum Einsatz. Eine zentrale Fläche aus wassergebundener Decke schafft Kleinplatzcharakter. Der umgebende Raum wird in Kleinstein aus hellem und mittelgrauem Granit-Kleinstein gepflastert und fließt um die Bestands- und Neubauten. Als Verbandsform wurde der richtungslose Passeverband gewählt, der sich teppichartig sowohl auf Plätzen, als auch auf schmäleren Bereichen sehr gut realisieren lässt. Der Belag vermittelt durch seine natürliche Anmutung und die selbstverständlichen Unregelmäßigkeiten in Farbe, Form und Verlegung eine angenehme wohnliche Atmosphäre.
Die räumliche Verbindung wird durch eine klare Fassung aus schmalen Betonbänder mit Granitzuschlag unterstrichen.
Die Bänder fassen die wassergebundene Decke und entwickeln sich zu Sitzmauern und den “walk of fame“. Bänder aus Fotobeton zeigen wichtige Meilensteine und Personen der Seilbahngeschichte.
An besonderen Bereichen mit Aufenthaltscharakter setzen Lärchen und Stieleichen markante Akzente. Als Grundmöblierung fungieren langgestreckte Bänke aus massiven Holzblöcken. Ein Fontänenfeld und ein Wassertrog erhöhen die Aufenthaltsqualitäten. Vor allem im Kontext mit Festen oder dem alltäglichen Kaffeehausbesuch stellt das Wasserspiel eine beliebte Spielmöglichkeit für die Rickenbacher Kinder dar.
Die neue Ortsmitte hat daher großes Potenzial als Ort der täglichen Begegnung, aber auch als Ort an dem die Gemeinschaft feiert. An Festtagen bietet der neue Ortskern einen Veranstaltungsort, oder bietet ausreichend Platz für temporäre Nutzungen wie Marktnutzung und Straßenfeste.
Die Erdgeschoßzone mit ihren Geschäften und der Gastronomie kann nach Bedarf mit kleinen Tischen und Schirmen ausgestattet werden.
Vom Kernbereich aus entwickeln sich die neuen Baufelder. Ein Wegenetz unterschiedlicher Hierarchien erschließt das Gebiet. Bauplatzbezogene Kinder- und Jugendspielplätze ermöglichen vielfältiges, zeitgemäßes Spielen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das sehr eigenständige und spezifische Projekt wurde nach der Prämisse entwickelt, für den Ortsteil Rickenbach einen neuen Ortskern zu schaffen, was kohärent mit der Ausschreibung verstanden wird. Dazu wurde in fünf Punkten eine Grammatik entworfen, nach der sich die volumentrischen und freiräumlichen Setzungen richten. Die Grammatik basiert sowohl auf analytischen wie auch assoziativen Kriterien. Die analytischen beziehen sich auf den vorgefundenen Ort, die assoziativen kommen frei hinzu und reichern das Projekt an.

Insgesamt werden dieser Ansatz und die damit verbundene, intellektuelle Arbeit ausdrĂĽcklich gewĂĽrdigt.

Herzstück des städtebaulichen Entwurfs bildet ein zentraler «Dorfplatz», der von allen Seiten zugänglich sein soll. Diese Zugänge erfolgen über schmale Gassen, die weitere Aufweitungen und kleinere, offenere Platzräume in das durchgehende Freiraumgerüst einbinden. Auch die Bestandsbauten werden explizit, etwa über einen Anbau oder eine Wegverbindung, mit diesem Gerüst ins Gesamtgefüge integriert. Wie in einer Altstadtstruktur – und diese Lesung legt das gezeigte Funktionsschema nahe – scheinen diese Freiräume aus einer fiktiven Baumasse ausgeschnitten. Die Jury fühlt sich dabei beinahe an die Regelwerke eines Camillo Sitte erinnert, der die szenografischen Qualitäten von Altstadträumen proklamiert hatte.

Hierin bestand denn auch ein erster Kritikpunkt, da die Raumbildung im Bestand von Rickenbach eben nicht einem «subtraktiven», sondern einem additiven, offenen Prinzip mit autonomen Einzelhäusern folgt. Auch wenn die freie Stellung der Häuser zueinander richtig beschrieben und ins Projekt übersetzt wird, ist die Raumbildung letztlich doch eine diametral andere. Es resultiert eine in gewisser Weise nachgebaute, imitierende (Altstadt-)Struktur, die dem Ort fremd bleibt.

Damit soll aber nicht die Qualität einzelner Räume in Frage gestellt werden, im Gegenteil. Die sehr unterschiedlichen und spezifischen Zuschnitte der einzelnen Baukörper birgt großes Potential für die Unverwechselbarkeit und Identität des neues Ortes und auch für das Wohnen entstünden über unterschiedliche Bautiefen, Orientierungen etc. Situationen mit hoher Qualität und spezifischem Charakter (diese Eigenschaften gehen sogar bis ins Humoristische: Es gibt Häuser, die haben ihre Adresse auf der einen und den Wohnraum auf der anderen Seite des Baches...).

Die einzelnen Charaktere werden auf den Plänen auch benannt und beschrieben. Leider ist dabei die Terminologie teilweise sehr ungenau. Es erschließt sich nicht, warum das eine Haus ein «Stadthaus» ist und das andere nicht. Auch der Begriff «Park» wird zweimal für ganz verschiedene Räume verwendet und besitzt damit wenig Aussagekraft. Im Falle der östlichen Bebauung ist er wahrscheinlich sogar falsch. Unabhängig davon wurde der Vorschlag für diesen östlichen Teil kritisch beurteilt. Hier wechselt die Bebauungsstruktur von individuellen Einzelhäusern in eine Serie gleicher Volumen, die aber ähnlich dem Rest auch über offene Strukturen verkettet sind. Unverständlich ist hier zudem der Zusammenschluss von der «Serie» mit dem Einzelhaus am Platz.

Die Auszeichnung mit dem zweiten Preis versteht sich als Würdigung eines sehr eigenständigen Projektes, das bis hin zur Materialisierung äußerst konsequent durchgearbeitet ist und an vielen Stellen räumliche Qualitäten aufweist.
Modell

Modell

Schwarzplan

Schwarzplan

Schnitte

Schnitte