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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2018

Neubau von Kammerspielen und Theaterwerkstätten in Ingolstadt

Theaterplatz

Theaterplatz

2. Preis

Preisgeld: 47.000 EUR

Morger Partner Architekten AG

Architektur

Westpol Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Kontext
Den städtebaulichen Kontext für die Verortung der neuen Kammerspiele bildet maßgebend der Bau des Stadttheater Ingolstadt, welches 1959 aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangen, im Jahr 1966 eröffnet wurde. Mit dem zugehörigen Theaterplatz, welcher als Eingang zur Altstadt verstanden werden kann, liegt das polygonale Betongebäude freigestellt vor der gewachsenen Stadtstruktur und wird von den Baudenkmälern Herzogskasten und Schloss gerahmt.
Für die plastische Formgebung, sowie die komplexe innere Struktur des Baukörpers, referenziert Hämer die Silhouette der mittelalterlichen Stadt mit ihren differenzierten Dachlandschaften, welche in den Dachaufbauten des Theaters ihre Entsprechung finden.
Durch die Erscheinung und Positionierung des Baukörpers vor der Altstadtsilhouette Ingolstadts, stand dieser während der Planungsphase stark in der Kritik, ist aber im Laufe der Zeit als Symbiose zwischen den Epochen akzeptiert und in die Liste der Baudenkmäler der Stadt aufgenommen.

Setzung
Aus der Analyse des Ortes und aus denkmalpflegerischen Gesichtspunkten wird für die Konzeption des Neubaus der Kammerspiele sowie der zu planenden Werkstätten ein Anbau an das Stadttheater ausgeschlossen. Jegliche bauliche Erweiterung würde die Erscheinung der in sich ausgewogen komponierten Architektur empfindlich beeinträchtigen und diese als Zeitzeuge schwächen.
Aus diesem Gedanken resultierend, wird der im Grundriss rechteckige Körper des Neubaus auf dem Standort des ehemaligen Skulpturengartens situiert, wo er geometrisch präzis den Theaterplatz in südlicher Richtung beschließt und die städtebauliche Situation am Tor zur Stadt klärt.
Dem geschützten Baumbestand und den zu erhaltenden Abwasserleitungen wird bei der Setzung Rechnung getragen, so dass keine Beeinträchtigung entsteht.
Der geplante Entwurf für die Kammerspiele und die der Theaterwerkstätten wird analog der Haltung Hämers, als eigenständige Setzung verstanden, welche sich objekthaft, in einem Haus zusammengefasst, außerhalb der gewachsenen Altstadt bewegt.
Durch das Herausdrehen des Baukörpers aus der umliegenden Struktur werden Altbau und Neubau in ein eigenständiges Spannungsverhältnis gesetzt, welches in sich harmonisch funktioniert und spannungsvolle Platzräume bildet.
Durch die programmatisch differenzierte Höhenentwicklung des Gebäudes wird die umliegende Dachlandschaft und somit auch die des Stadttheaters neu interpretiert und harmonisch in Einklang gebracht. Die Stadtsilhouette wird damit um eine weitere Ebene bereichert.

Grundrisskonzept
Als Erweiterung der Ingolstädter Theaterlandschaft wird der kombinierte Werkstatt- und Theaterbau als offenes, flexibel nutzbares Haus konzipiert, welches alle Funktionen auf der Stadtebene vereinend, ein Alternativangebot zum bestehenden Haus darstellt.
Die Grundkonzeption des „Werkstatttheaters“ sieht einen, extrovertierter Ring aus Werkstätten, Probebühnen und der Foyer Zonen vor, der den introvertierten, zentralen Theatersaal einfasst. Der Theatersaal als Nucleus der Produktionsstätte.
Die Welt des Theaters von der Produktion der Bühnenbilder bis zur Probe wird in der äußeren kammerartigen Raumschicht der Umgebung visuell zugänglich gemacht.
Die Werkstätten und Probebühnen werden zu Stadtbühnen, welche den öffentlichen Raum bespielen und die Menschen zum Zuschauen einladen. Das Theater nimmt direkten Kontakt mit seiner Umgebung auf und inszeniert sich als ganzheitlicher
Prozess.
Die einzelnen Werkstatt- und Aufführungsboxen der Grundrissstruktur werden als Raumenfilade direkt in Reihe geschaltet, so dass der Arbeitsprozess optimiert auf einer Ebene um den Theatersaal funktioniert, in dem letztlich Handwerk und Schauspiel zusammengeführt werden. Die differenten Raumhöhen der jeweiligen Funktion ergeben die feine Dachparzellierung des Neubaus.
Für den Betrieb benötigte Büroflächen werden im ersten Obergeschoss und
Lagerflächen, sowie Umkleiden für die Künstler, im Untergeschoss platziert. Die Erschließung der Lager erfolgt über den großen Warenlift.
Zum Theaterplatz öffnet sich das Gebäude mit dem großzügigen Foyer und zwei vertikal gestapelten Probebühnen. Die obere Bühne bespielt den Platz, während die untere flexibel dem Foyer zugeschaltet werden kann, um auf wechselnde Bedürfnisse von z.B. Aufführungen im Foyer oder Ausstellungen reagieren zu können. Neben den infrastrukturellen Verbindungen vom Foyer zu den Toiletten im ersten Obergeschoss, der Garderobe, dem Ticketschalter und der Bar, wird auch die große Probebühne von hier erschlossen, deren Empore der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.
Die Erweiterung des Zuschauerraums wären der Sanierung des Stadttheaters erstreckt sich rückwärtig in den Foyer Bereich. Der später hier verortete Ticketschalter wir temporär frei im Raum platziert.


Anlieferung
Die Anlieferung der Kammerspiele erfolgt an der Ostfassade des Gebäudes über den Malersaal, welcher mit einer Hub-Bühne ausgestattet wird. Eine entsprechende Toranlage wird vorgesehen.
Da die kurze Anbindung über die Straße praktikabler erscheint als eine aufwendige Tunnellösung, wird der Transport der Bühnenbilder zwischen den Werkstätten und dem Stadttheater per LKW über die Schutterstraße und die Schloßlände organisiert.

Fassade
Die äußere Erscheinung der Kammerspiele folgt der funktionalen Idee des „Werkstatttheaters“ welches den Gedanken der Produktionsstätte in sich trägt.
Durch die dunkle Farbgebung wird dem Gebäudekonzept folgend die Abstraktion der inneren Theaterwelt nach Außen in den Stadtraum getragen.
Die geometrisch klare Raumstruktur des geplanten Neubaus eignet sich optimal für die Verwendung einer wirtschaftlich vorfabrizierten Holzbaukonstruktion.
Neben der ökologischen Nachhaltigkeit des Materials, ist die Handwerklichkeit der Fügung der Konstruktion Sinnbild für die Funktion der inneren Raumsequenzen.
Übergeordnet wird Theaterfigur von der ausgebildeten Primärstruktur aus Holz zusammengebunden. Die Felder werden situativ mit Glas oder Blindpaneelen gefüllt und reagieren unaufgeregt auf wechselnde Raumanforderungen.
Im Innern des Theatersaals werden die Füllungen akustisch aktiviert um einen optimierten Raumklang zu erhalten.

Landschaft
Die Freiraumgestaltung nimmt die Themen des bestehenden Theaterplatzes auf. Nördlich des Neubaus markieren Stufen einen Bereich zum Sitzen und Verweilen. Hier können mobile Sitzelemente aufgestellt werden. Ausserdem wird der Platz durch das Café mit Aussenbestuhlung bespielt. Die Schutterstrasse wird weiter à Niveau über den Platz geführt.
Im Osten schaffen flache Wasserspiegel thematisch den Übergang zum Donauufer und bilden einen repräsentativen Auftakt von der Schlosslände.
Der Skulpturengarten wird aufgewertet und zieht sich westlich und südlich in Form grüner Inseln um das Gebäude.
Die Schlosslände wird insgesamt schmaler und ermöglicht so einen breiteren Fussgängerstreifen am Wasser. Rampen führen auf das untere Niveau der Promenade am Fluss. Das Element der Sitzstufen am Wasser wird aufgegriffen und entlang der Uferpromenade wiederholt um den Zugang zum Wasser zu verbessern.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein klar definierter Theaterplatz belässt dem Hämer-Bau seinen primären Auftritt. Gleichzeitig wird zum Theaterplatz hin, durchaus in Blickbeziehung zum bestehenden Theater, eine gute Sichtbarkeit des Neubaus der Kammerspiele gewährleistet. Über eine willkommene Engstelle öffnet sich der parkartige Stadtraum zur Donau hin. Leider wurde noch keine überzeugende Antwort zur landschaftlichen Gestaltung dieses Raumes gefunden, insbesondere stört die Schutterstraße, welche als reiner Verkehrsweg durch das Platzgefüge geführt wird.
Der Transparenzgedanke des bisherigen Theaterbaus wird weitergeführt und auf die verschiedenen neuen Funktionen übertragen: Foyer, Probebühne und Werkstätten öffnen sich gleichermaßen zum Stadtraum hin und sind einsehbar. Die Grundrissorganisation mit dem großen Saal als Nukleus ist logisch aufgebaut und funktioniert gut. Der Saalbau ist etwas voluminös und könnte verknappt werden. Die Werkstätten auf der Westseite werden direkt mit Lastwagen angeliefert, auf eine Anbindung an den bestehenden Bau (Untertunnelung) wird verzichtet.
Eine große Qualität in der Erscheinung der neuen Kammerspiele besteht in der Maßstäblichkeit, welche sich sowohl an den Proportionen der Altstadt wie auch des Hämer-Baus orientiert. Die reichhaltige Volumenkomposition überzeugt als Ansatz, das Kompositionsprinzip des Hämer-Baus wird auf intelligente Weise neu interpretiert. So übernimmt das Eingangsvolumen den Maßstab des Terrassenvorbaus des Theaters, während zur Kaserne im Westen hinein eine subtile volumetrische Anbindung gesucht wird. Die Wirkung als Bauwerk für die Kammerspiele des bisherigen Theaterbaus könnte verstärkt werden durch eine klarere Hierarchie in der Volumengliederung und ein deutlicheres Zeichen setzen. Der vorgeschlagene Holzbau muss hinsichtlich seiner technischen Möglichkeiten überprüft werden (Akustik, Brandschutz). Auch seine dunkle Erscheinung lässt die Volumetrie nicht voll zur Entfaltung bringen. Die knappe und einfache Organisationsform lässt eine ökonomische Ausführung erwarten.
Innenraum

Innenraum

Schwarzplan

Schwarzplan

Situation

Situation

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Schnitt/Ansicht Ost

Schnitt/Ansicht Ost