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Einladungswettbewerb | 07/2018

Schuler-Areal Süd in Weingarten

3. Rang / 3. Preis

Fink+Jocher Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH

Architektur

realgrün Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Matthes Max Modellbau GmbH

Modellbau

Erläuterungstext

Das neue Stadtquartier wird in kleinteilige, für die Bauaufgabe geeignete Baufeldzuschnitte unterteilt. Die Baufeldgrößen nehmen ihre kontextuelle Bedeutung im Zusammenspiel mit den Maßstäben der Nachbarschaften war. Zwischen den Baufeldern verlaufen Wege und Straßen zur Sicherung der Erschließung und Vernetzung mit der angrenzenden Umgebung. Durch das gezielte Weglassen von Baufeldern entstehen eine Platz- und eine Parkfläche als Identifikationsräume des neuen Quartiers mit Sichtachsen zur Basilika. Die ungehinderte Durchlüftung des neuen Stadtquartiers garantiert Frischluftqualität und verstärkt den Verdunstungseffekt im Sommer. Der zentral angeordnete Quartiersplatz und Quartierspark bieten gefahrlosen, wohnungsnahen Aufenthalt für alle Generationen. Die Wege/Straßen des neuen Stadtquartiers vernetzen das Planungsgebiet mit der Nachbarschaft. Die Befahrbarkeit des Planungsgebiets mit motorisiertem Individualverkehr bleibt auf ein verträgliches Mindestmaß reduziert. Tiefgaragenzufahren sind an den Rändern des neuen Stadtquartiers angeordnet. Die Erschließung der Baufelder erfolgt großteils über „shared-space“ Flächen, die den Charakter von Fußgängerzonen haben.
Die Aufnahme der Maßstäblichkeit und Proportion der Weingartener Altstadt führt zu einem Stadtbild mit urbaner Dichte. Die jeweilige Geschossigkeit variiert je nach nachbarschaftlichem Kontext. Die geplanten Geschossflächen führen bezogen auf ihre Baufelder zu einer Geschoßflächenzahl von durchschnittlich 2,26.
Ziel des vorliegenden Entwurfskonzeptes ist die Versorgung der zukünftigen Bewohnerinnen mit differenzierten, vielfältig nutzbaren Freiräumen unter besonderer Berücksichtigung der Einbindung in die umgebenden Strukturen.
Zur Erlangung eines kohärenten, kontextuel erfahrbaren Erscheinungsbildes folgt das landschaftsarchitektonische Konzept konsequent der städtebaulichen Grunddisposition.
Der langestreckte neue „Schulerpark“ bildet das Rückgrat der neuen städtebaulichen Entwicklung.
Sämtliche Neubauten partizipieren am verbindenden Grünraum.
Versetzte Baumreihen auf grosszügigen Rasenflächen bieten Aufenthaltsmöglichkeiten in Sonne und Schatten. Eine grosse Spielwiese ermöglicht vielfältige Nutzungen bis hin zu Quartierfesten. Im südlichen Bereich werden die Rasenflächen barcodeartig mit Belagsflächen durchsetzt.
Hier finden sich verschiedene, in Schmuckpflanzungen eingebundene Aufenthaltsbereiche wie auch Kinderspieleinrichtungen für alle Altersgruppen.
Wichtige Blickbeziehungen werden inszeniert.
Für die umgebenden Erschliessungsstrukturen werden Wohnstrasssen im shared space Prinzip vorgeschlagen – Fussgänger und Radfahrer sind gegenüber dem Individualverkehr gleichberechtigt.
Die Aneignung der Strassen als Begegnungs- und Kommunikationsraumraum für die Bewohner wird befördert.
Der grosszügige Quartierplatz stellt das Bindeglied zum südlich angrenzenden Altstadtbereich her.
Er ist ein weiterer Baustein in der Platz- und Raumabfolge hin zur Innenstadt.
Lichte Baumgruppen spenden Schatten. Ein langgestreckter Wassertisch ist besonderes identitätsstiftendes Ausstattungselement.
Neben der Funktion als wichtiger Quartiertreffpunkt bietet er auch Raum für Freischankflächen und nimmt eine wichtige „Vorplatzfunktion“ für das angelagerte Ladenzentrum ein.
Begriffe wie Durchlässigkeit, Transparenz und soziale Kontrolle, Enge und Weite, Licht und Schatten, Flexibilität, Mehrfachnutzbarkeit, Nutzungsoffenheit und individuelle Aneignung, wie auch Ökologie und Nachhaltigkeit, Robustheit und Kostenbewusstsein in Herstellung und Unterhalt bestimmen die weitere freiraumplanerische Herangehensweise.
Die privaten erdgeschossigen Gartenzonen werden gegenüber den umgebenden Erschliessungsbereichen mittels Gartenmauern leicht erhöht.
Kleine Gartentreppen verbinden die unterschiedlichen Niveaus.
Heckenelemente zonieren zwischen privaten und gemeinschaftlichen oder öffentlichen Nutzungsbereichen.
Klein- und mittelkronige Obstbäume und Solitärsträucher sorgen für eine intensive Durchgrünung des neuen Quartiers.
Die Dachflächen über dem Ladenzentrum werden intensiv begrünt und erhalten Bewohnergärten.
Gemeinschaftsgärten ergänzen das Freiraumangebot.
Die Eingangszonen werden mit Bänken und Fahrradstellplätzen ausgestattet.
Eine übergeordnete zurückhaltende Materialverwendung in Entsprechung der Hochbauten unterstützt den Ensemblecharakter der Gesamtanlage.
Dem ökologischen Kriterienkatalog folgend werden sämtliche Dachflächen extensiv begrünt und das gesamte Dach- und Oberflächenwasser grundstücksbezogen versickert.
Die Vielfalt der unterschiedlichen Nutzungen im Planungsgebiet fördert die Urbanität des Quartiers und antwortet auf die spezifischen Anforderungen einzelner Baufelder. Den südlichen Eingang des Stadtquartiers bilden die Einzelhandelsflächen mit in den Obergeschossen aufgesetzten Wohnhäusern. Den baulichen Schallschutz zur Schussenstraße bilden Häuser mit gewerblicher Nutzung. Nördlich des Quartiersplatzes befindet sich der geeignete Standort für gastronomische Nutzungen im Erdgeschoss. Die Ränder des Quartierparks und weitere geeignete Bereiche sind dem Wohnen zugeordnet.
Das Baufeld selbst stellt den kleinstmöglichen Realisierungsabschnitt dar. Die Anordnung einer Tiefgarage unter zwei Baufeldern ermöglicht wirtschaftlich sinnvolle Realisierungsabschnitte mit ca. 50 Wohneinheiten. Durch Zusammenschalten weiterer Baufelder kann die Wirtschaftlichkeit erhöht und Realisierungseinheiten beliebiger Größe gebildet werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die orthogonale Stadtstruktur, die sich im westlich dem neu zu überbauenden ehemaligen Industrieareal anschließenden Wohnquartier als räumliches Ordnungsmuster prägend zeigt, wird als Gliederung im Baufeld weitergeführt. Im so entstehenden konsequenten Bebauungsmuster werden die Randfelder zur leicht diagonal verlaufenden Heinrich-Schatz- Straße mit einer Sonderform als große und geschlossene Gebäudekörper mit Innenhöfen individuell geformt und zum Teil mit Gewerbenutzungen auch funktional differenziert. Zwei unterschiedlich charakterisierte Freiräume gliedern das neue Quartier in zwei Bereiche, die über das begleitende orthogonale Wegenetz verbunden werden. Im südlichen Teil wird der Schillerplatz vorgeschlagen, der mit öffentlichen Nutzungen und angelagerten Verkaufsflächen die gewünschte Verbindung und Öffnung zum Münsterplatz schaffen soll. Hier wird jedoch eine flaschenhalsartige räumliche Verengung eingeführt, die leider auch nicht mit der zaghaften Geste der Ausformung des Gewerbehauses wettgemacht werden kann. Dieses Verhindern einer räumlich überzeugenden Anbindung an den wichtigen Münsterplatz wird zudem mit dem vorgeschlagenen Konzept einer zweigeschossigen Verkaufsfläche mit «mall-artiger» innerer Erschließung, deren Anbindung konkurrenzierend zur außenräumlichen Wegeverbindung angelegt ist, noch entscheidend unterstützt. Die gewünschten Flächen für gewerbliche Nutzung sind sehr einseitig auf den Einzelhandel ausgelegt. Auch fehlen leider Angaben zu den geforderten Flächen für Dienstleistungs- und Büronutzungen. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass in dem Gewerbehaus mit den tiefen Grundrissen vernünftig belichtete Flächen für diese zusätzlich gewünschten Nutzungen geschaffen werden können. Im nördlichen Bereich des Areals wird durch das Freilassen dreier Baufelder ein großer Grünraum geschaffen und als Quartierpark vorgeschlagen, der zur großzügigen räumlichen Mitte der vornehmlich angelagerten Wohnnutzung wird. Leider bleibt er in seiner Ausformulierung noch zu offen und kann sein großes Potential für den Stadtraum nicht aufzeigen. Die umgebenden Baufelder werden mit großen Stadthäusern bebaut, die mit ihrer volumetrischen Baukörpergliederung eine villenartige Erscheinung generieren und mit einem leicht erhöhten privaten Grünbereich umgeben sind. Der geschaffene Maßstabssprung zur Körnigkeit der anschließenden Wohnquartiere ist als neue Interpretation einer tradierten Villenbebauung und mit dem zugehörigen großen Stadtpark nachvollziehbar und verständlich. Gegen die Schussenstraße wird die im System gesetzten Einzelhäuser mit einem dazwischengesetzten schlanken Baukörper zum geschlossenen Reihenhaus verdichtet und verhindern so eine Beeinträchtigung der Straßenimmissionen in die Tiefe der Wohnanlage. Leider können die dargestellten Grundrisse noch nicht die mögliche Qualität zeigen, die eigentlich in einem freistehenden Gebäudetypus möglich wären. Im gleicher Weise müssen auch die vorgeschlagenen Privatgärten erwähnt werden, die als Idee des erhöhten Gartens zwar überzeugen, jedoch in ihrer gezeigten Konzeption in Beziehung zu den Wohnungen sowie in ihrem Zuschnitt nur eingeschränkt nutzbar sind. Das Quartier wird durch ein rasterförmiges Straßen- und Wegenetz erschlossen, das von Fußgängern, Radfahrern und Kfz gleichberechtigt, im Sinne eines Shared Space, genutzt werden soll. Sechs der insgesamt acht geplanten Tiefgaragenzufahrten, in die gut zonierten einzelnen Tiefgaragen, werden über dieses quartiersinterne Erschließungsstraßennetz angefahren. Nur zwei Tiefgaragenzufahrten sind auf schnellstem Wege, direkt von der Heinrich- Schatz-Straße bzw. der Abt-Hyller-Straße erreichbar. Diese hohe Anzahl an Tiefgaragenzufahrten schränkt zudem die Freiraumnutzung ein und lässt teilweise Restflächen entstehen. Die Konzeption führt zu einer erhöhten und unnötigen Geräuscheinwirkung im neuen Quartier sowie in der anstoßenden bestehenden Wohnzone. Ansonsten wirkt die gewählte Bebauungsstruktur im Norden und Osten als ausreichende Abschirmung von externeren Geräuscheinwirkungen gegenüber den Innenbereichen des Quartiers. Das Projekt zeigt den interessanten Ansatz, eine vorgefundene Quartierstruktur im Maßstab weiterzuentwickeln und zu verdichten ohne die außenräumliche Großzügigkeit zu verlieren. Leider wird dieser Ansatz nicht konsequent genug weiterentwickelt und verliert vor allem im Umgang mit der gewünschten Öffentlichkeit an Aussagekraft.