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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2018

Neubau und denkmalgerechte Sanierung der Carlo-Mierendorff-Schule in Griesheim

3. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

gernot schulz : architektur GmbH

Architektur

urbanegestalt

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ordnung im Spielerischen – Einfachheit in der Komplexität
Entwurfsidee und Leitgedanke sowie Einbindung in den Ort

„Zwischen den Straßen „Am Schwimmbad“ und „Im Dürren Kopf“ erstreckt sich ein Kiefernwäldchen, das von den darin befindlichen zwei Schulen und der Kita als Natur-, Spiel- und Erlebnisfläche genutzt wird.“
Dieses Zitat aus der Auslobung des Wettbewerbs beschreibt die besondere atmosphärische Qualität des in einen Landschaftsraum eingebetteten Miteinanders von Bildungs-, Lebens- und Spielorten.
Zugleich zeigt das aus der Vorarbeit der „Phase Null“ resultierende Piktogramm der Raumorganisation im Prinzip schon das optimale fertige Bild der Funktionen der neuen Schule.
Diese Analyse der Kraft und Bedeutung der Vorgaben aus Ort und Nutzung haben wir zu einem programmatischen Entwurf überführt. Diese Programmatik bezieht sich für die Organisation der Schule auf das Bild der „gemeinsamen Mitte“ als zweigeschossige Halle, um die alle Lern- und Lebensorte der Schule gruppiert sind und mit diesem in räumlichen und/oder visuellen Dialog stehen.
Die Besonderheit der Kiefernwaldstruktur wird in zweifacher Hinsicht gewürdigt: Zum Einen wird die Schule auf dem südlichen Sportplatzbereich verortet, um möglichst keinen Baum fällen zu müssen. Zum Anderen wird das Bild des Kiefernwalds mit seinen markanten langen Stämmen und hohen dichten Kronen auf das Konstruktionsprinzip der Schule übertragen, indem das Erdgeschoss aufgeständert und zu den Gemeinschaftsflächen großflächig verglast wird und sich das Obergeschoss mit den Clustern als dichtes Gefüge unter einer gefalteten Dachstruktur zeigt. Die Höhe der Kiefern führt dazu, dass die Kronen das zweigeschossige Schulgebäude überragen werden und sich das neue Schulhaus – trotz seiner (nur aus der Draufsicht erlebbaren) Größe in die prägende Waldstruktur des Ortes einfügt.
Nicht zuletzt stützt die gewählte Programmatik des Entwurfs die Idee, dass Haus als Holzkonstruktion mit aussteifenden Stahlbeton-Kernen zu erstellen, da das dem Holzbau inne liegende Regelwerk aus Raster und Wiederholung Ordnung ins Spielerische bringt und die Komplexität der räumlichen Struktur in ein einfaches Regelwerk aus Stützen und Deckenbalkentektonik überträgt. Diese Tektonik wird in der offenen Tragstruktur und der repetitiven Dachform, die in der Ansicht zu einer Giebeldachreihung wird, für die Betrachter sichtbar.

Umgang mit der denkmalgeschützten Bausubstanz
Bauabschnitte
Unser Entwurf ermöglicht es, die Frage des Schulneubaus nicht zwingend mit der Frage des Erhalts oder Abriss der denkmalgeschützten Häuser zu verbinden. Als Architekten können wir der Idee, nur Teile eines denkmalgeschützten Hauses stehen zu lassen nicht folgen. Wer würde bei einer denkmalgeschützten Kirche nur einen von zwei Kirchtürmen stehen lassen?
Mit dem zentralen landschaftsarchitektonischen Elements des „Loop“ eröffnet sich die Möglichkeit in Varianten und Bauabschnitten über die Zukunft der denkmalgeschützten Bausubstanz zu befinden. Hieraus ergeben sich für die Zukunft Handlungsoptionen und für die Entscheidung über Erhalt oder Abbruch der denkmalgeschützten Bausubstanz eine zeitliche, funktionale und monitär unabhängige Betrachtung von dem Schulneubau.
Für´s Erste kann die denkmalgeschützte Bausubstanz für Verwaltungsnutzungen auf einfache Weise nutzbar gemacht werden.

Räumliche Organisation
Erschließung und funktionale Abläufe

Die Erschließung des Gesamtgrundstücks erfolgt aus Westen und Osten. In diese Situation fügt sich der Neubau ein, indem der zentrale Eingang auf die Mitte des Grundstücks ausgerichtet ist und somit von beiden Erschließungsseiten gleich gut zu erreichen ist. Die An- und Ablieferung des Küchenbereichs ist auf kurzem Weg von der Straße „Im Dürren Kopf“ möglich.

Das Betreten des Gebäudes erfolgt im Prinzip schon durch das „Eintauchen“ unter das auskragende Obergeschoss. Hier bietet sich ein regengeschützter Bereich als Treffpunkt, Aufenthaltsort und Verteiler zu den verschiedenen Eingängen. So haben z.B. die vier Cluster eigene großzügige Außeneingänge mit Garderobenzonen direkt im Erdgeschoss. Ebenso sind die vier Cluster direkt und gut auffindbar aus der großen Halle zu erreichen.

Der zentrale Zugang führt in die großzügige Halle, die als „zentrale Mitte“, Aula und Mensa DEN Gemeinschaftsort der Schule darstellt. Bibliothek und Musikbereich können großzügig zur Halle geöffnet werden und ein zweiter Eingang/Ausgang zur Sportfläche im Norden ergänzt die Möglichkeit, die Halle von allen bzw. zu allen Richtungen zur betreten oder zu verlassen. Der prägende Landschaftsraum des Kiefernwalds ist somit visuell immer Teil dieses Raums, zudem Höfe in den Obergeschossen die Halle großzügig mit Tageslicht versorgen und Ausblicke in den Himmel und ins Grün ermöglichen. Die Cluster in den Obergeschossen haben aus ihren Gemeinschaftsbereichen Blickbeziehung in die große Halle, die Teamstationen überblicken ebenfalls die Halle und die jeweiligen Mittelzonenbereiche.

Wir stellen uns vor, dass über Vorhänge und Lichtszenarien die Intimität von Cluster- und Gemeinschaftsraumbereichen individuell steuerbar sein wird, um Beides, die Zugehörigkeit zum Cluster und die Gemeinschaft, situativ und wechselnd in das Schulleben integrieren zu können.


Der Freiraum

Die Schulen und die KiTa liegen in einem markanten Kiefernhain. Das Konzept greift ihn als räumlichen Rahmen auf und der Campus erhält durch die freie, heitere Atmosphäre des Hains seinen Charakter.

Die Position des Neubaus ermöglicht eine großzügige Pausenfläche. Die Freiräume der CMS und der Schule am Kiefernhain werden über einen Loop verbunden. Der Weg weitet sich rund um das ehemalige Gebäude der Schule stark auf und ermöglicht das Spazieren zwischen Kiefern. Innerhalb der Weg-Schlaufe dient ein durchgehendes Tartanband als Rundlauf. Die Spielflächen schließen sich an diesen Bewegungsraum an. Der Garten und die Wiese im südöstlichen Bereich bilden hingegen Zonen für Aufenthalt und Ruhe.

Drei grüne Klassenzimmer bieten die Gelegenheit des Unterrichts im Garten, im Kiefernhain und im Hang zur Sportfläche.
Die Eingänge von der Straße Am Schwimmbad auf das Schulgelände bleiben in ihrer Lage bestehen. Der östlich gelegene Eingang von der Straße „Im Dürren Kopf“ rückt zur Carlo-Mierendorff-Schule und greift die Flucht des Eulerweges auf.


Gestaltung und Materialien

Gestaltung und Materialien des Neubaus ergeben sich folgerichtig aus dem gewählten Holzbau. Holz wird im Außen- und Innenbereich das bestimmende Baumaterial in Konstruktion und Ausbau. Die Fassaden des Obergeschosses bleiben unbehandelt, die Erdgeschoss- und Innenbereiche erhalten eine farbige Lasur, die die Zonierung des Grundrisses für die Wahrnehmung und Orientierung der Nutzer unterstützt, indem den Clustern jeweils eine Farbe zugeordnet wird.

Sonnengelb wurde als Grundfarbe und positive Grundstimmung für die EG-Außenfassade und die Innenbereiche der Gemeinschaftszone gewählt.

Die Kerne werden aus Stahlbeton erstellt, übernehmen aussteifende und wärmepuffernde Funktion. Die Bodenbeläge sind Linoleum. Beton und Linoleumflächen unterstützten das Farbkonzept.

Die Dachflächen wünschen wir uns als mit der Zeit patinierende Kupferdachfläche, um diese haltbar und widerstandsfähig aber auch gut alterungsfähig gestalten zu können.


Vorfertigungsgrad

Der Holzbau eignet sich hervorragend, um mit Ideen zur Vorfertigung zu einem System aus vorgefertigten Elementen zu kommen. Der Konstruktion liegt das Grundprinzip des Holzbausystems „Pfosten-Riegel-System“ (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Fassadensystem) zugrunde. Hierbei erfolgen in einem quadratischen Grundsystem jeweils um 90° verdrehte Anordnungen der Tragbinder in den Decken, was zu einem sehr wirtschaftlichen Holzverbrauch führt. Decken und Wände sind als teilvorgefertigte Flächen (Holzrahmenbau) vorfertigbar. Der hohe Wiederholungsgrad des Entwurfs ermöglicht viele gleiche Teile in der Vorfertigung und somit ein weiteren wichtigen Faktor für die Wirtschaftlichkeit.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue Schulgebäude interpretiert den bestehenden Kiefernwald durch eine horizontal geschichtete Gebäudestruktur, die damit gleichzeitig auf die bestehende Schule am Kiefernwäldchen reagiert. Den Verfassern gelingt es dabei durch die Setzung des Schulgebäudes in der nordwestlichen Ecke des Grundstückes einen großen Freiraum zu erzeugen und die denkmalgeschützten Klassenräume in Gänze zu erhalten. Ebenso kann durch die kompakte Gebäudeform die Freiraumqualität des Bestandes gesichert werden, was aber dazu führt, dass die Übergänge von innen nach außen nur teilweise gelöst werden. Auch die Ausbildung eines Campuscharakters bleibt schemenhaft. Die konkrete Ausformulierung der Freianlagen bleibt ebenso hinter dem konzeptionellen Ansatz zurück. Vor allem die Inszenierung des „Rundlaufes“ erscheint dekorativ und überinszeniert. Auch werden mit der Entwicklung eines fast geschlossenen Baumhaines Chancen verspielt, unterschiedliche Raumqualitäten zu generieren. Positiv wird dagegen die Idee gesehen, mit der Definition unterschiedlich thematisierter Orte ein breites Spektrum von Nutzungsangeboten zu schaffen. Die Haupterschließung des Gebäudes erfolgt folgerichtig von Süden durch den neu entstandenen Freiraum und ist somit sowohl von der Seite Am Schwimmbad als auch von der Seite Im Dürren Kopf zentral erreichbar. Die klare Zonierung des Gebäudes, mit der mittig gelegenen Aula, wird positiv gewertet. Auch die horizontale Schichtung mit den Sonderräume und der Verwaltung im Erdgeschoss sowie die vier Cluster im Obergeschoss tragen zur guten Orientierung der Schüler bei. Die große Fläche wird dabei zusätzlich mit Lichthöfen zoniert, deren Größe aber als zu klein empfunden wird und die auch, gegenüber den WC-Kernen im Obergeschoss, nur bedingt eine angemessene Wirkung entfalten. Die Clusterbereiche versprechen eine der pädagogischen Aufgabenstellung entsprechende räumliche Qualität und können sich wechselseitig ergänzen. Für die Konstruktion des Gebäudes wird ein Holzbausystem auf quadratischem Grundraster als sich wiederholender Holzrahmenbau vorgeschlagen, dass sich auch in der Dach- und Fassadengliederung abbilden soll. Dieser konstruktive Entwurfsansatz, der als angemessen empfunden wird, bleibt aber in der Durcharbeitung hinter seinen Möglichkeiten zurück und wird nicht gestaltwirksam. Insgesamt überzeugt diese Arbeit durch ihren kompakten disziplinierten Ansatz, der damit zu einer geringen Versiegelung führt, gleichzeitig aber auch als unnahbar und geschlossen wahrgenommen werden könnte. Besonders zu würdigen ist der Umgang mit dem Denkmal und dem städtebaulichen Ansatz.
Innenraumperspektive

Innenraumperspektive

Piktogramme

Piktogramme

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Obergeschoss

Plan 01

Plan 01

Plan 02

Plan 02

Plan 03

Plan 03