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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2018

„Neubau Areal Sonne“ in Zell-Weierbach

1. Preis

harter + kanzler & partner ARCHITEKTEN PartGmbB

Architektur

bbz landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Unser Umgang mit der historischen Bausubstanz „Sonne“ beschränkt sich nicht auf eine rücksichtvolle Distanzierung von Alt und Neu im Sinne eines denkmalpflegerischen „noli me tangere“. Vielmehr entwickelt sich ein Gesamtwerk um einen angemessenen großzügigen Eingangshof im Spannungsfeld zwischen Historie und Neubauten. Das Ensemble der einfach gegliederten Neubauten bildet eine mäanderförmige Konfiguration, die mit der ortsbildprägenden historischen „Sonne“ über die Platzfolge – Eingangshof – Wohnhof – in Beziehung gesetzt wird. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist in der Höhenentwicklung zur weiteren umgebenden Bebauung zu sehen. Sowohl Traufhöhen als auch die regionaltypische die Satteldachlandschaft in gestreuter Ausrichtung prägen die dörfliche Baustruktur des Ortes. Mit den Trauflinien unter 6 m wird dieses städtebauliche Kriterium aufgenommen, aber auch die ökonomischen Ziele (Ausnutzung des innerörtlichen Flächenpotentials) verfolgt.

Zugang / Erschließung
Aus der Gebäudestellung entwickelt sich die Raumfolge von zwei unterschiedlichen Höfen. Der Eingangshof, gefasst durch das Haus „Sonne“ und dem L-förmigen Neubau an der Kreuzung Weinstraße / Abtsgasse – Obertal. Der in die Tiefe des Areals reichende grüne Wohnhof mit „Bauerngarten“ und Weinlaube. Die innere Erschließung der Häuser ist sparsam und übersichtlich auf 2 Kerne reduziert. Diese Konzeption ist einladend begünstigt die zufällige Begegnung der Bewohner untereinander.

Tagespflege
Die Tagespflege im EG, in ortsprägender Lage an der Ecke Weinstraße / Abtgasse – Obertal lässt die Bewohner das Tagesgeschehen draußen beobachten als auch im geschützten Innenhof am gemeinschaftlichen Leben teilnehmen.
Ehemaliges Gasthaus „Sonne“
Die Umnutzung des denkmalgeschützten Gebäudes erfolgt grundsätzlich unter Minimierung von baulichen Eingriffen. Die Barrierefreiheit mittels „Implantat“ eines Aufzuges stellt jedoch ein nicht unerheblicher Eingriff in die innere Struktur dar, da der Beibehaltung des äußeren Erscheinungsbildes eine besondere Verantwortung zukommt.

Freianlagen Areal Sonne
Eine über Eck laufende niedere Mauer aus Naturstein fasst den Übergang zwischen Strassenraum und Grünfläche. Im Eingangshof bildet die Mauer eine großzügigeTerrasse auf Höhe des Eingangsniveaus und eröffnet so Blicke auf das Dorfleben. Auf den Eingangshof folgt ein grüner Wohnhof, der mit vertrauten Elementen, wie einer Pergola mit Wein und einer Staudenpflanzung, die sich an der Gestaltung eines klassischen Bauerngartens orientiert, Schatten spendet und die Bewohner am Rhythmus der Natur teilhaben lässt. Im Übergangsbereich zwischen Eingangs- und Wohnhof befinden sich 3 Besucherparkplätze. 10 mittelkronige Laubbäume sind locker auf dem Grundstück verteilt.

Gestaltung der Strassenräume (Ideenteil)
Der gesamte Strassenraum zwischen Bäckerei und Areal Sonne wird überarbeitet. Ziel ist die Reduzierung des Strassenquerschnittes auf durchgängig 6m. Statt dessen werden die Bürgersteige verbreitert. Die Abgrenzung zur Fahrbahnerfolgt über offene Pflasterrinnen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Durch die Setzung zweier winkelförmiger Satteldachbauten, die sich in räumlich mäandernder
Weise um das Bestandsgebäude der ehemaligen Gaststätte Sonne legen, gelingt
es den Verfassern in bestechender Art und Weise, ein bauliches Ensemble aus Alt
und Neu zu schaffen, das sich zu einem starken, identitätsstiftenden Gehöft in Zell-
Weierbach zusammenfügt.
Durch die vorgeschlagene städtebauliche Figur wird das denkmalgeschützte Bestandsgebäude
sowohl baulich respektvoll freigestellt als auch durch die hinzugefügten vertrauten
Typologien in die Gesamtkomposition gut eingebunden.
Das Zusammenspiel aus klar geschnittenen, schlanken Baukörpern in Verbindung mit
präzise gewählten Dachneigungen und ruhigen Dachflächen schafft wohl proportionierte
Neubauten, die sich in Maß und Volumen hervorragend in das bestehende bauliche
Gefüge der Umgebung einweben. Dies wird durch die Eingrünung des Ensembles
zu den bestehenden Nachbarschaften noch verstärkt.
Die Platzierung der Baukörper führt zu einer außenräumlich angemessenen Abfolge
von qualitätvollen Freiräumen, wobei der öffentlichere Eingangshof, der durch seine
Ausrichtung und Bespielung mit der Tagespflege eine positive Belebung erwarten lässt,
selbstverständlich in den privateren, intimeren Gartenhof überleitet. Die kompakt zusammengefassten
Erschließungskerne liegen folgerichtig den Höfen zugeordnet. Die
TG-Abfahrt ist sensibel in die Gebäudekubatur integriert.
Die im Ideenteil konzipierte Aufpflasterung mit verschmälerten Fahrspuren schafft eine
nachvollziehbar wünschenswerte Verkehrsberuhigung und durch die beiden Platzausbildungen
eine Verbindung zwischen Bäckerei und Sonne Areal. Die Aufpflasterung des
Straßenraumes wird jedoch als überzogen bewertet.
Die Nutzungsanordnung der Tagespflege zum Eingangshof hin ist richtig gewählt und
gut organisiert. Die Wohnungen ermöglichen auch in den Erdgeschosszonen und im
Bereich der Balkone genügend Privatsphäre. Der Wohnungsmix entspricht den Anforderungen
der Auslobung. In Anbetracht der z. T. leicht unterschrittenen Flächen besteht
im robusten Grundgerüst des Entwurfs das Potential, diese noch zu optimieren. Um
dem Wunsch der Barrierefreiheit noch weiter gerecht zu werden, wäre zu prüfen, die
Aufzüge dort, wo sie innerhalb der Gebäudekubatur unterzubringen sind, noch bis in
die obersten Geschosse geführt werden können.
Die vorgeschlagene äußere Anmutung der Neubauten als archetypische Satteldachbauten
mit einer Holzfassade verstärkt den Gehöftcharakter des Ensembles und betont
und stärkt die Verbindung von Alt- und Neubau in positiver Weise.
Aufgrund seiner kompakten Bauweise und Kennzahlen im mittleren Bereich lässt der
Entwurf eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten.
Insgesamt stellt der Beitrag insbesondere aufgrund seiner überzeugenden städtebaulichen
Figur als Gehöft, die Alt und Neu bestens vereint, einen sehr guten Beitrag zur
gestellten Aufgabe dar.