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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2018

Neubau und Umbau Schlössliheim Pieterlen (CH)

Grand Château de Perles

Grand Château de Perles

2. Rang / 2. Ankauf

Preisgeld: 17.000 CHF

Kistler Vogt Partner AG, dipl. Arch. ETH/BSA/ SIA

Architektur

Xeros Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

WAM Planer und Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

Ingenieurbüro Matter + Ammann AG

Energieplanung

Erläuterungstext

Situationsanalyse

Umgeben von einer sehr schönen Park- und Gartenanlage steht das Haus für Betagte am Jurasüdfuss. Der grosse Bau ist von weithin sichtbar und dominiert das Gebäudeensemble der Stiftung Schlössliheim Pieterlen. Im Gegensatz zur romantisierenden Bautengruppe um das sognannte Schlössli, tritt das Haus für Betagte als nüchterner Zweckbau mit einer eher abweisenden Fassade in Erscheinung. Dank seiner kompakten Bauform und dem im Verhältnis zur Grösse des Heims kleinen Fussabdrucks ist die umgebende, grosszügige Parkanlage bis heute erhalten geblieben. Trotz seiner Grösse mit sechs Vollgeschossen und einer Länge von fast 60.00m ist das Volumen, dank den grossen Bauabständen zur umgebenden kleinteiligen Nachbarschaft städtebaulich vertretbar.

Dem Haus für Betagte fehlt jedoch ein seiner Grösse und ortsbaulichen Dominanz entsprechender architektonischer Ausdruck.

Die Qualitäten des Hauses liegen in der einfachen, klaren und kompakten inneren Organisation sowie in der flexiblen Tragstruktur welche bauliche Anpassungen ohne grossen Aufwand ermöglichen. Defizite hat das Gebäude durch seine Kammform welche Gänge mit Sackgassen produziert und über keinen, für demente Bewohner wichtigen Rundweg auf den Wohngeschossen verfügt.


Konzept

Das Konzept knüpft an die in der Analyse identifizierten Qualitäten der heutigen Situation an und verstärkt resp. ergänzt diese durch Erweiterung und architektonische Überformung des Bestandes. Aufgrund der Analyse und umfangreichen Variantenstudien sehen die Projektverfasser die Kernaufgabe darin, ein städtebaulich, architektonisch, betrieblich und wirtschaftlich überzeugendes Gebäude zu konzipieren unter möglichst optimaler Nutzung der bestehenden Gebäudesubstanz. Der bestehende nüchterne Zweckbau wird süd- und nordseitig mit einer Raumschicht ergänzt und durch eine architektonische Überformung in das „Grand Château de Perles“ transformiert. In Analogie zu den grossen Hotel- und Kurhausbauten des Historismus erhält das Haus für Betagte einen seiner Bedeutung und ortbaulichen Stellung angemessener architektonischer Auftritt. Gleichzeitig bleibt damit das für das Schlössliheim wichtigste Qualitätsmerkmal, die wunderschöne Park- und Gartenanlage, auch für zukünftige Bewohnergenerationen ungeschmälert erhalten.


Architektur

Drei Interventionen prägen das architektonische Konzept:

Als erstes wird mit einer südseitigen Raumschicht Platz geschaffen für die Erweiterung der Bewohnerzimmer in den Obergeschossen sowie für die öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss wie Restaurant, Mehrzweckraum und Cafeteria/Lobby. Gleichzeitig erhält das Haus für Betagte mit der neuen Hauptfassade die erforderliche architektonische und gestalterische Aufwertung.

Als zweites transformiert eine nordseitige Raumschicht den kammartigen Bestand in ein Gebäude mit zwei allseitig umbauten Innenhöfen und schafft damit Platz für jeweils zwei Wohngruppen pro Geschoss. Die Raumschichttiefe resultiert aus dem minimalen Waldabstand von 15.00m und begründet die leicht geschwungene Nordfassade.

Als drittes mutiert das 5. Obergeschoss, nach dem Rückbau des Satteldaches, zur Attika mit zwei wechselseitig ausgeschnitten Terrassen welche als Aussenraum dienen für die Demenzabteilung. Gleichzeitig gliedert die neue Dachlandschaft den grossen Gebäudekörper und bildet damit die fünfte Fassade.

Beurteilung durch das Preisgericht

Grand Château de Perles
Das ambitiöse Kennwort und die Referenz des Grand Hotel Magglingen ist das Versprechen,
den so bezeichneten nüchternen Zweckbau in ein Schloss zu verwandeln. Dabei
verwenden die Verfasser die guten, aktuell schlummernden Gene des Bestandes weiter,
verwandeln aber seine Architektur. Sie führen den Bestand auf seine solide Primärstruktur
zurück und addieren tal- und hangseitig eine neue Fassadenschicht, womit die hangseitig
dreiarmige Anlage zu einer Doppelhoftypologie mutiert. Die gekurvte hintere Schicht ist
dem Waldabstand nachvollziehbar dem Waldabstand geschuldet, widerspricht aber der
gewählten Schlosstypologie. Mit dem neuen Dachgeschoss wird die vorhandene Symmetrie
über lokale Subtraktion, einmal hinten und einmal vorne, gebrochen und zu einer
S-förmigen Dachaufsicht überführt, was angesichts der gewählten Intention nicht überzeugt.
Das bestehende Untergeschoss wird sinnvollerweise soweit als möglich belassen.
Im Erdgeschoss wird die Zugangssituation mit Haupteingang belassen. Im Zusammenhang
mit der neuen Raumschicht wird die bestehende talseitige öffentliche zweigeschossige
Raumfolge neu schlüssig konzipiert: Auf die Lobby mit Cafeteria folgt der Mehrzweckraum,
ein gedeckter Aussenraum und das Restaurant. Durch die westliche Lage
Küche beim Restaurant liegt die östliche Cafeteria bezüglich Bedienung recht entfernt.
Lobby und Restaurant sind lediglich durch die zusätzliche Schicht zweigeschossig, was
aber keinen Abbruch tut und der Fassade talseitig einen zweigeschossigen Sockel mit
Grandezza vorführt. Durch das Zurückstutzen des mittleren Flügels und die Füllung der
beiden Nischen kann Nutzfläche für Küche und Wäscherei gewonnen werden. Zwei neue
Treppen und der bestehende zentrale Liftkern führen zentral in die Obergeschosse.
Das Obergeschoss 1 weist talseitig ausser der Physiotherapie und der Leitung Dienste die
Lufträume der Erdgeschosse auf. Hier vernetzen sich die Lufträume des Mehrzweckssaals
mit dem ersten Hofgeschoss räumlich, ergeben eine zweite Terrassensituation und geben
einen fulminanten Blick in die Landschaft preis. Da es sich aber vorwiegend um ein Adminstrationsgeschoss
handelt, stellt sich hier die Frage nach dem Nullniveau der beiden beplanzten
Höfe, welche man gerne den Bewohnerinnen gönnen würde.
Die Obergeschosse 2 bis 4 weisen allseitig Zimmer auf, was einen Viertel nachteilige
Nordzimmer erzeugt. Die südlichen Zimmer mit vorhandener Breite haben ein räumlich
zu knappes Bad und sie werden durch die zusätzlich Raumschicht recht tief, die dortige
Schrankschicht ist an dieser Lage statt im Eingangsbereich nachteilig. Die Wohnbereiche
der beiden Wohngruppen sind als Aufenthaltbereiche eher knapp bemessen, hingegen ist
der zentrale Essbereich grosszügig dimensioniert.
Das Obergeschoss 5 beinhaltet eine normale und eine Demenzwohngruppe. Diese ist
nicht klar von der andern Wohngruppe getrennt, der Demenzgarten ist mit total 190
Quadratmetern viel zu klein, eigentlich sind nur 120 Quadratmeter eindeutig zugeteilt und
der gewünschte Rundlauf ist nur durch den Aussenraum möglich, was betrieblich nicht
möglich ist.
Der architektonische Auftritt mit der zweigeschossigen Sockelpartie, den französischen
Fenstern und Loggias ist nicht undenkbar, erreicht aber aufgrund seiner ungegliederten
Masse die vorgezeigte Referenz nicht. Deren kaum erfolgte analytische Lektüre zeigt eine
Loggia im Sockelgeschoss, eine hierarchisierte plastische Gliederung mit Risaliten,
schweigende Wandflächen und präzise gesetzte Balkone, welche die Gebäudemasse subtil
gliedern.
Die Etappierung mit einem östlich angedachten Provisorium überzeugt betrieblich. Stimmungsmässig
ist das nackte Barackendorf für die Bewohner noch nicht zumutbar und
müsste zusätzlich gestaltet werden.
Der vorgeschlagene Promenadengarten auf der Terrasse vor den Publikumsräumen und
als Saum um sie herum löst den Charakter eines Grand Hotel ein. Das Belassen der bestehende
Parkierung hangabwärts und hinter dem Haus ist wohl dem Budget geschuldet,
dem neuen Auftritt ist sie aber noch nicht würdig. Nordseitig werden unter der hinteren
Schicht fünf überdeckte Parkplätze angeboten.
Das Projekt Grand Château de Perles nutzt das im Bestand angelegte Erbgut eines Schlosses
und kommt ihm räumlich im Erdgeschoss sehr nahe. Der fürstliche öffentliche Bereich
im Kontrast zu den knappen privaten Zimmern stellt aber die Frage der Angemessenheit.
Gleichzeitig bleibt das Versprechen im plastischen und architektonischen Ausdruck hinter
der Referenz zurück. Das Layout der Demenzwohngruppe mit dem viel zu kleinen Garten
und dem fehlenden Rundlauf ist nicht umsetzbar.
Situation

Situation

Erdgeschoss, Fassade Süd

Erdgeschoss, Fassade Süd

Grundrisse Obergeschoss

Grundrisse Obergeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt

Querschnitt und Fassade Ost

Querschnitt und Fassade Ost

Fassade Nord und West

Fassade Nord und West

Fassadenschnitt/-ansicht

Fassadenschnitt/-ansicht

Bewohnerzimmer

Bewohnerzimmer