modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 02/2019

Städtebauliche Entwicklung für das Gebiet Freiburg-Kleineschholz

Anerkennung

steidle architekten, Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH

Architektur

grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner partnerschaft mbb

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das 9,5 Hektar große Wettbewerbsgebiet liegt mitten im heterogenen Wohnquartier Stühlinger und ist nur zehn Gehminuten von der Innenstadt entfernt. Das bislang größtenteils introvertierte Areal (Kleingartensiedlung) zwischen dem westlich angrenzen Klinikum und dem östlich liegenden Schulkomplex wird derzeit durch die Sundgauallee in zwei Hälften geteilt.
Neben der viel befahrenen Allee und des straßenbegleitenden Walls wird das Gebiet zusätzlich noch durch nord- westlich verlaufenden Gleistrassen von der umliegenden Stadt abgegrenzt.

Leitbild
Die städtebauliche Leitidee zum Areal „Kleinescholz“ setzt sich aus drei grundlegenden Parametern zusammen. Der Maßstab der umliegenden Bebauung dient als Impulsgeber. Dies bedeutet spezifisch auf den Ort angewandt eine zusammenhängende und raumbildende Ausprägung der Baukörper, welche sich auch in der Gebäudetypologie wiederspiegelt. Weiter spielt die Ausformulierung der öffentlichen Freiräume eine zentrale Rolle. Unterschiedliche Angebote formulieren prägnante Freiraumangebote für sämtliche Nutzergruppen. Dies wird vor allem durch die Neugestaltung und Optimierung der Verkehrsführung möglich.

Städtebauliche Struktur
Neben der Schaffung von neuem Wohnraum soll künftig vor allem die großräumige Nord-Süd-Vernetzung der Grünflächen zwischen dem nördlich gelegenen Hauptfriedhof bis zur südlich verlaufenen Dreisam gestärkt werden.

Unser Beitrag geht auf den komplexen Grundstückszuschnitt der maßgeblich durch die Sundgauallee und das mittig liegende Grundstück der Agentur für Arbeit verursacht ist ein: Die bislang verwinkelten und getrennt voneinander wirkenden Bauflächen werden mit einem grünen Freiraumband miteinander verwoben: künftig soll der südlich liegende Eschholzpark weiter geführt werden und sich entlang der neuen Baufelder durch das Gebiet ziehen.

Um diesen wichtigen öffentlichen Freiraum zu generieren und das städtische Ziel, der Nord-Süd-Grünverbindung zu vereinen wird die Sundgauallee aufgelöst und durch eine neue bahnbegleitende Straße ersetzt. Diese dient nicht nur der Verbindung der Kernstadt mit dem Umland, sondern auch der Erschließung für die neu geschaffene Wohnbebauung.

Der umliegende Freiraum der Agentur für Arbeit mit seinem üppigen Baumbestand und dem Biotop wird in den neu geschaffenen Park eingebunden und ergänzt das öffentliche Freiraumgerüst.
Entlang dieser Verbindung entstehen drei Baufelder welche unmittelbar aneinander anschließen. Übergeordnet lässt sich das Gebiet thematisch also in drei unterschiedliche Baufelder gliedern. Ausgehend davon kann jedes Teilgebiet individuell entwickelt werden.

Kleinescholz Süd
In südlichen Bereich wird das Verwaltungszentrum RIS welches sich derzeit im Bau befindet durch Wohnbebauung erweitert. So entstehen zwei urbane Wohnblöcke welche auf spezifische Form der drei Sonderbausteine eingehen und diese in ihrer Ausformulierung typologisch transformieren. Den Auftakt dieses Ensemble bildet ein Vorplatz der mit dem bestehenden Gebäude der Agentur für Arbeit und dem neuen Hochpunkt gefasst wird. Im Erdgeschoss ist eine Ladeneinheit mit Café/ Restaurant angedacht. Weitere kleinteilige Dienstleister und die Erweiterung der KiTa für die Mitarbeiter der Stadt Freiburg schaffen ein Angebot und beleben die Freiflächen und das RiS zusätzlich.
Durch diese moderaten Ergänzungen der Nahversorgung und Gastronomie, wird diese Mitte auch zum Anziehungspunkt für Mitarbeiter, Schüler, Bewohner und Besucher. Das Erdgeschoss soll den öffentlichen Raum durch spezifische Nutzungen und Gestaltung einbinden. Diese lebendigen Erdgeschosszonen, Gemeinschaftsflächen und öffentliche Treffpunkte weisen eine gewisse Erlebnisdichte auf, die dem Ort als neuen Quartiersplatz gerecht werden.

Unterhalb der neuen Bebauung ist eine Quartiersgarage angedacht. Sie inkludiert neben den Stellplätzen für die Bewohner auch die 530 Stellplätze für das Verwaltungszentrum. Ebenso sollen für Besucher, Kurzparker naheliegende Stellplätze realisiert werden. Ein Zugang über den öffentlichen Raum garantiert eine optimale Anbindung an das RiS und die umliegenden Nutzungen.

Im nord-westlichen Gebietsteil befindet sich ein weiteres Baufeld. Drei grüne Wohnhöfe spannen sich zwischen der neuen Grünverbindung und der Gleistrasse auf: Dieser Teilbereich soll vorrangig Wohnraum für Familien bieten. Die robuste Bebauungsstruktur von durchschnittlich 14,5 Metern ermöglicht ein maximum an unterschiedlichen Wohnformen. Klassischer Geschosswohnungsbau ist ihr ebenso möglich wie besondere Wohnformen (Pflegewohnen, experimentelle Wohnformen, Baugruppen)

Parallel zur Güterbahnstrecke wird eine größtenteils geschlossene Lärmschutzbebauung vorgeschlagen. Die fünf bzw. sechs geschossige Gebäudespangen bilden den baulichen Abschluss entlang der Gleistrasse.
Schallschutzfester mit kontrollierter Wohnraumlüftung und Wärmerückgewinnung bzw. verglaste Loggien schaffen an der lärmzugewandten Seite optimale Wohnverhältnisse. Zwischen den Gebäuden spannen sich begrünte Gartenregale, welche zum einen als zusätzlicher urbaner Freiraum, zum anderen als Pufferzone zwischen dem Straße- und Freiraum dienen.
Zum Park hin öffnen sich die Blöcke. Kopfbauten und niedrigere Gebäudeteile sorgen für eine lebendige Gebäudestruktur und schaffen Dachterrassen für die Bewohner. Die gezielte Aktivierung der Dachgärten sorgt für vielfältige Frei- und Aufenthaltsflächen.

Dazwischen befinden sich gemeinschaftliche Grünflächen, sowie kleinere Quartiersteilplätze mit einem breiten Angebot für Kinder und Jugendliche. Durch eine gezielte Gestaltung werden die Freiflächen in halböffentliche- und private Flächen unterteilt. Gärtnerflächen, Sitzgelegenheiten, und Spielflächen machen den Hof zu einem Begegnungsort der Bewohner.

Moderate Hochpunkte von etwa 40 Metern entwickeln sich entlang der Grünverbindung. Die optionale Erweiterung der Agentur für Arbeit, nimmt die Höhe der bisherigen Großform auf. Auch hier ist eine weitere Höhenentwicklung durch eine Aufstockung in Form eines Wohnhochhauses denkbar. Durch diese Ergänzung wären Bediensteten-Wohnungen für die Angestellten der Agentur für Arbeit möglich.
Die Sundgauallee mündet südlich in das neue Areal. Hier ist ein Stadtplatz als Quartierseingang vorgesehen. Neben dem Mobility Hub (Carsharing, E-Station, Fahrradverleih), befinden sich ebenfalls kleinere Gewerbe- bzw. Dienstleistungseinheiten, sowie auch der Quartierstreff mit Großküche und weitläufiger Terrasse. Dieser kann von Bewohnern als auch von Besuchern für Veranstaltungen genutzt werden. Er bildet die direkte Schnittstelle zwischen der neuen Bebauung und dem Park.

Kleineschholz Nord
Das dritte Baufeld (Kleinescholz Nord) befindet sich auf dem Grundstück des Uniklinikums. Auch hier wird analog zur Gesamtstrategie eine block- bzw. hofartige Bebauung vorgeschlagen. Typologisch differenziert sich diese jedoch.
Hier sind kleine Appartements für Auszubildende, Studierende und Pflegepersonal angedacht. Ergänzt werden diese durch gemeinschaftliche Bereiche und eine KiTa mit dazugehörigen Multifunktionsraum und einem Treff mit Cafè im Erdgeschoss und großzügigen Dachterrassen für gemeinschaftliches Gärtnern (Gewächshäuser), Sonnendecks und Aufenthaltsflächen.

Freiraum
Das Gesamtkonzept integriert das Gelände der Agentur für Arbeit und das des Rathauses im Strühlinger, in einem zentralen Parkbereich.
Die vielfältig bespielten Grünflächen werden durch die Nord-Süd-Achse zu einem durchgängigen Grünzug, welcher zum Flanieren und Spazieren einlädt. Die Ost-West-Achse bildet dazu das Pendant mit einem Band aus verschiedenen Aktivitäten. Dieses verläuft von dem westlichen Vorplatz, vorbei am Quartiershub und den reichhaltigen Parkanlagen, bis zum östlich liegenden Quartiersplatz am Rathausensemble. Dieses Element verbindet die Bewohner der zwei Quartiersbereiche durch den lebendigen Freiraum miteinander.
Die multifunktionale Parkanlage bietet Sport-, Erholungs-, Spiel- und Gemeinschaftsanlagen. Dabei spielt stets das Gärtnereithema eine große Rolle in den öffentlichen, sowie in den privaten Bereichen. Neben dem Aktivitätenband befindet sich ein öffentlicher urbaner Gemeinschaftsgarten. Die Grünfinger zwischen den verschiedenen Blöcken sind als gemeinschaftlich bewirtschaftete Obstgärten gedacht, und dienen als Retentionsflächen. Die privaten Mietergärten liegen innerhalb der Höfe. In den öffentlichen Bereichen prägt das erweiterte Runzen-Netzwerk das Landschaftsbild. Das Runzensystem setzt mithilfe der Retentions- und Versickerungsbecken die Regenwasserableitung in Szene.
Verschiedene ökologisch wertvolle Maßnahmen dienen der Biodiversität unter Beachtung des geforderten Artenspektrums. Blumenwiesen, Gehölze und Wildstauden bieten Bienen und anderen Insekten einen Lebensraum. Als Habitate für Mauereidechsen sind hier Hochbeete aus Naturstein, Steinriegeln in die Wiese, sowie Trockenmauern vorgeschlagen. Die Mauern trennen außerdem die Privatgärten von den öffentlichen Gehwegen.

Ziel des Transformationsprozesses ist ein heterogenes und gesamthaftes Stadtgefüge. Die bauliche Körnung in Verbindung mit der Höhenentwicklung zeigt, dass trotz der beachtlichen Geschossflächen, dem ressourcenschonenden Umgang mit dem Bestandsgrün und der Schaffung der dringend benötigten großzügigen Freifläche ein Quartier mit höchstem Anspruch an Gestaltungs- und Nutzungsqualität erzeugt werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch ihr Konzept für einen großzügigen, verbindenden öffentlichen Freiraum mit eigener Identität und vielfältigen Nutzungsangeboten, dies wird vom Preisgericht gewürdigt. Die frühere Sundgauallee bleibt durch den teilweisen Erhalt von Topographie und Bestandsgehölzen weiter erlebbar, Aktivitätenband und Urban Gardening sind gut platziert.

Die Setzung der drei Hochpunkte im Gebiet erscheint städtebaulich zufällig. Auch die bauliche Ausformung der Gebäude an der Lehener Straße vermag nicht zu überzeugen. Anerkannt wird das vorgeschlagene Angebot unterschiedlicher Nutzungen an einem neuen Quartiersplatz zwischen Rathaus und geplanter Wohnbebauung. Der winkelförmige Baukörper westlich des Rathauses ist in seiner Platzierung stadträumlich nicht nachvollziehbar.

Die drei nordwestlichen Wohnhöfe entwickeln keinen ausreichenden Quartierscharakter und lokalisieren den geförderten Wohnungsbau ausschließlich entlang der Bahnlinie. Der Vorplatz an der südwestlichen Ecke erbringt keinen räumlichen Mehrwert und wird daher hinterfragt. Die Gestaltung des Straßenraums entlang der Bahnlinie und die schallexponierten Taschen überzeugen nicht, auch da die Funktion der Gartenregale sich an dieser Stelle nicht erschließt. Die Gestaltung der privaten Freiflächen mit den zusammenhängenden Retentionsräumen und vielfältigen Nutzungsangeboten in den gut proportionierten Innenhöfen ist in ihrer räumlich-funktionalen Ausgestaltung gelungen. Die beiden Wohnhöfe nördlich der Lehener Straße bauen keinen Bezug zum Straßenraum auf, die Vorzone wirkt undefiniert.

Trotz seiner interessanten Ansätze in der Freiraumgestaltung überzeugt das Konzept aufgrund seiner städtebaulichen Haltung nicht.
Lageplan

Lageplan

Perspektive

Perspektive

Wohnumfeld

Wohnumfeld

Vogelschau

Vogelschau