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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2007

Innerstädtische Freiraumgestaltung am Hirschgarten

Stadträumliche Einordnung

Stadträumliche Einordnung

2. Preis

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Räumliches Konzept

Der Erfurter Hirschgarten ist ein besonderer Ort in einer charakteristischen räumlichen und zeitlichen Konstellation. Insbesondere die städtebauliche Situation spiegelt die wechselvolle Geschichte wider.
Mit dem planerischen Konzept wird versucht, die städtebaulichen Wunde zu „heilen“, indem die noch fremden Stadträume wie selbstverständlich zum Bestandteil der räumlichen Komposition werden. Obwohl im Maßstab der Erfurter Altstadt der neue Hirschgarten insgesamt eine untypische Größe aufweist, werden mit den differenzierten Teilräumen dennoch angemessene Proportionen erreicht.
Mit der neuen räumlichen Konstellation entsteht ein sehr markanter Verknüpfungsort, der sowohl funkional - als „Entree“ zur Innenstadt - wie auch thematisch - als ein Stück „urbane Natur“ - eigenständige Merkmale ausbildet. Von Süden her wird über die Raumfolge Thüringer Wald - Steigerwald - Hirschgarten eine prägnante Beziehung geschaffen, die die regionale Verankerung der Stadt Erfurt deutlich macht.


Thematisches Konzept

Mit der Erweiterung stehen sich heute der Alte und Neue Hirschgarten gegenüber - als Resultate einer wechselvollen Stadtentwicklung, als Symbole für für Tradition und Moderne. Die Anlage steht damit vor allem auch in einem starken kulturhistorischen Kontext. Als erste Erfurter Grünanlage, nunmehr wesentlich erweitert, ist die Anlage vor allem ein Zeugnis eines sich stetig wandelnden Naturverständnisses. Schon in der Ursprungsanlage zeigt sich in der Bepflanzung mit einheimischen Gehölzen wie auch in der Haltung von Rotwild ein starker Bezug zur heimischen Natur, eine Sehnsucht des Städters nach der Wildnis.
Diese Tradition wird als ein besonderes Merkmal kultureller Identität aufgegriffen und im „Neuen“ Hirschgarten weiterentwickelt. In einer modernen Formensprache wird die traditionelle Natursehnsucht neu interpretiert. Nicht die „richtigen“ Bäume, nicht die „richtigen“ Tiere werden in die Stadt verpflanzt - es sind artifizielle, verfremdete Objekte, die die Auseinandersetzung mit dem Thema auf eine höhere kulturelle Stufe transformieren.
Und auf diese Weise erzählt der Hirschgarten eine Geschichte - ein modernes Märchen von Pflanzen und Tieren des Waldes, so wie sie uns heute begegnen. Und darin spielt der Hirsch eine besondere Rolle. Er hat nicht nur - in einer Laune des Zufalls - dem Garten seinen Namen gegeben, er ist vielmehr zu einem Symbol geworden, zu einem Zeichen romantischer Naturinterpretation, heute wie in allen Zeiten.


Der Alte Hirschgarten

Der Alte Hirschgarten wird in seiner historischen Trapezform wiederhergestellt und somit zu einem ablesbaren urbanen Raum. Die auf der Fläche gruppierten Bäume bleiben größtenteils erhalten und werden durch einige Neupflanzungen ergänzt. Dabei liegt ein besonderes Gewicht auf der Verwendung einheimischer Gehölze - eine Reverenz an die ursprünglich von den vier Botanikern Kniphoff, Reichart, Dietrich und Planer angelegte Bepflanzung, letztlich auch ein Hinweis auf die Wurzeln der Erfurter Gartenbautradition.
Die vorhandene Aufwölbung der Fläche wird unter Berücksichtigung des vorhandenen Baumbestandes durch eine zurückhaltende Überformung abgemildert, um dem Gebäude der Statthalterei mehr räumliches Gewicht zu geben.
Als Zitat der barocken Grundstruktur bilden sich durch bündig eingelegte Steinkanten vier Rasenfelder ab. Die in diesen Feldern gepflanzten Krokusse bieten im Frühjahr einen farbigen Akzent und erinnern auf diese Weise an die historische Form des Alten Hirschgartens.
Ansonsten wird dieser Bereich als multifunktional nutzbare Rasenfläche ausgeprägt, um die vielfältigen Nutzungsansprüche an den Raum erfüllen zu können. Die Vorfahrt der Statthalterei wird als „Stattplatz“ zu einem selbstverständlichen Teil des Alten Hirschgartens. Die aus topografischen Gründen notwendige Stufe ist Trennung und Verbindung zugleich. Mit dem Element einer breiten Sitzstufe entsteht einerseits eine deutliche Separierung der Flächen, andererseits aber auch ein qualitätsvoller Aufenthaltsraum, der eine Verknüpfung zur höhergelegenen Rasenfläche herstellt.


Der Wachplatz - Entree zur Altstadt

Der westliche Bereich des historischen Hirschgartens wird als eine multifunktionale Platzfläche ausgebildet. Hier entsteht ein Verknüpfungsraum, der die verschiedenen Richtungsbezüge aufnimmt und zu einem räumlichen Bindeglied wird. Die Orientierung auf das Wachhaus zeichnet einerseits den überlieferten städtebaulichen Raum nach, inszeniert andererseits aber auch einen urbanen Ankunftsort, ein „Entree“ zur Altstadt. Großformatige Steinplatten ermöglichen eine komfortable Nutzung und vermitteln den Eindruck von Eleganz und Offenheit.


Der Neue Hirschgarten

Als Produkt der städtebaulichen Entwicklung und Pendant zur historischen Anlage entsteht der „Neue Hirschgarten“. Die räumlich kompakte Bepflanzung vermittelt eine Idee des verloren gegangenen Stadtquartiers, ohne es ersetzen zu können. Vielmehr entsteht ein urbaner Raum mit einer völlig neuen funktionalen und atmosphärischen Qualität.
Über der nach kompletter Verfüllung entstandenen großzügigen Grundfläche spannt sich ein geometrisch geformtes Blätterdach. Die Kanten dieses Daches und auch die ausgeschnittenen „Lichtungen“ vermitteln einen räumlichen Eindruck typischer stadträumlicher Proportionen. Gleichzeitig ist das Baumdach aber auch eine urbane Interpretation des Waldes, eine moderne Antwort auf das Pflanzthema des historischen Hirschgartens.

Bereiche für Außengastronomie, Spielelemente und Aufenthaltsorte bieten ein breites Spektrum unterschiedlichster Nutzungen, wobei den drei „Lichtungen“ jeweils Themen zugeordnet sind.
Mit dem kanalförmigen Wasserbecken wird auf den nahen Verlauf der ehemaligen Hirschlache hingewiesen. Vor allem aber ist die „Kleine Hirschlache“ ein Freiraumelement mit einer hohen Anziehungskraft für alle Altersgruppen.
Auf dem „Tummelplatz“ bieten einige thematisch ausgewählte Spielelemente aktive Entspannung für Kleine und Große. Die dritte Lichtung, die „Speisung“, bietet Raum für eine gastronomische Nutzung.
Die Flächen sind größtenteils mit wassergebundener Decke befestigt, höher frequentierte Bereiche mit mittelformatigem Plattenbelag.


Die Lichthirsche - urbane Ikonen verborgener Sehnsüchte

Als eine artifizielle Interpretation tief verborgener Sehnsüchte haben wir eine neue Tierart, die „Lichthirsche“, gezüchtet. Sie weisen in ihrem majestätischen und eleganten Habitus wesentliche Merkmale ihrer natürlichen Verwandten auf, sind jedoch genügsamer, stiller und dauherhafter. Als kombinierte Sitz- und Lichtskulptur übernehmen sie wesentliche funktionale Aufgaben, werden aber auch zu einem identitätsstiftenden Merkmal, zu einer „urbanen Ikone“, zu einem Zeichen der Natursehnsucht.
Die Lichthirsche sind rückenähnlich geschwungene Holzkörper auf einem Stahlfuß. Das Geweih, der Stolz eines jeden Hirsches, ist in der Materialität abgesetzt und wird nachts zu einer leuchtenden Krone.


Ausstattung

Die funktionale Ausstattung des Hirschgartens orientiert sich in den Randbereichen an den in der Umgebung vorhandenen Elementen (z.B. Anger), in den Innenbereichen werden teilweise individuell konzipierte Bauteile verwendet.
Entwurf

Entwurf

Neuer Hirschgarten

Neuer Hirschgarten