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Offener Wettbewerb | 12/2018

Neugestaltung Marktplatz und Bohl in St. Gallen

4. Rang

Clerici MĂĽller & Partner Architekten

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt «Neue Mitte» platziert anstelle der Marktrondelle aus den 50er-Jahren,
im Kreuzungspunkt von Marktgasse, Marktplatz und Bohl, einen kräftigen, zweigeschossigen Kubus und schafft dadurch, wie der Name besagt, eine neue Mitte. Der
Marktplatz und Bohl werden räumlich durch einen Baukörper voneinander getrennt, der
städtebaulich im Zusammenspiel mit dem Waaghaus und dem Uniongebäude zu lesen
ist. Ebenfalls findet die Marktgasse dadurch im Norden ihren Abschluss. Die historische
Herleitung der Projektverfassenden ist verständlich, vor allem wenn man die städtebauliche Entwicklung der letzten 150 Jahre weniger stark gewichtet. Tatsächlich gliederten
in früheren Jahrhunderten wichtige Gebäude der Versorgung, wie das heute bestehende
Waaghaus, die Metzg, das Kornhaus und das Zeughaus, den Platzraum zwischen Brühlund Schibenertor. Seit dem 19. Jahrhundert präsentieren sich der Blumenmarkt, Marktplatz und Bohl aber offener. Baumpflanzungen, Kleinbauten und das Vadiandenkmal
prägen seither den Raum.
Aufgrund der Setzung des neuen Gebäudes erhält der Marktplatz eine klare Kontur
und wird fĂĽr diverse Nutzungen bespielbar. Ebenso wird am Bohl durch die Verlegung
der stadteinwärts führenden Haltestelle an seiner Nordseite Raum und Fläche für die
angrenzenden Erdgeschosse geschaffen. Durch die situative Auslichtung der Platanen
am Marktplatz und Neupflanzungen von Bäumen im Bereich der Calatravahalle und der
Metzgergasse bleiben die Fassaden der angrenzenden Gebäude gut sichtbar. Für den
Publikumsverkehr zu Fuss und auf dem Velo wird grosszĂĽgig Raum angeboten.
Der ständige Markt ist geschützt unter Baumgruppen. Die temporären, mit 10 m2 etwas
zu kleinen Marktstände, können auf einer offenen Fläche in direkter Nachbarschaft flexibel angeordnet werden, womit die erwünschten Synergien genutzt werden können. Die
zusammenhängende Fläche, die sich um die Ecke bis zur Marktgasse hinzieht, bietet mit
einer Grösse von rund 800 bis 1'300 m2 viel Spielraum für temporäre Grossveranstaltungen wie Konzerte oder Stadtfeste. Im Alltag bietet die Fläche zwischen dem markanten Ersatzneubau der Rondelle und der Vadian-Statue Aufenthaltsmöglichkeiten für Stadtgängerinnen und Stadtgänger mit Kindern. Die Attraktivität wird durch einen Brunnen erhöht. Zusätzliche Treffpunktqualität erhält der Marktplatz durch das neue «Stadtforum», welches für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden kann und gerade nachts mit der Beleuchtung für mehr subjektive Sicherheit sorgen wird.

Die «Neue Mitte» schafft nicht nur Nischen und Synergien für den Markt sowie Aufenthaltsmöglichkeiten für den Alltag, sondern bietet auch flexibel nutzbare Flächen für
temporäre Grossveranstaltungen sowie Synergien mit dem potenziellen «Frequenzbringer» des «Stadtforums».
Leider macht der Projektvorschlag wenig Aussagen zur konkreten Ausgestaltung und
Materialisierung der Plätze. Wie wird die Pflästerung verlegt und wie sind insbesondere
die Übergänge zum Bestand ausformuliert? Welche Baumarten werden neu gepflanzt
und auf welchem Bepflanzungskonzept basiert diese Auswahl? Ebenfalls zeigt das
Projekt nicht, wie die Haltestellendächer am Marktplatz aussehen sollen. Hingegen
ist das vorgeschlagene Verkehrskonzept einfach, gut verständlich und verspricht, den
Anforderungen in bester Weise zu genĂĽgen. Genauso stellt die Aufhellung der Fassaden
in Kombination mit dem von innen erleuchteten Stadtforum ein stimmiges Beleuchtungskonzept dar.
Das Projekt konzentriert sich so hauptsächlich auf seiner Hauptidee mit dem Bau eines
Forumgebäudes, das den Platz räumlich neu strukturiert. Denn auch seine innere Organisation ist sehr rudimentär ausgebildet. Trotz grosszügigem Flächenangebot werden nur
drei Verkaufsstände angeboten. Die in den zweiten Stock führende Treppe nimmt viel
Platz ein. Zuwenig wird über die Hintergründe seiner orientalisch anmutenden architektonischen Sprache erläutert.
So einleuchtend die Idee erscheint – eine Art kleine Markthalle im Erdgeschoss mit
einem Stadtforum im zweiten Stock zu kombinieren – so bleibt die Frage offen, ob an
dieser exponierten städtebaulichen Stelle die vorgeschlagene Nutzung und deren architektonische Ausgestaltung präzise genug ist.