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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2019

Regenpromenade und -brücke Mitterdorf in Roding

ein 2. Preis

HENCHION REUTER ARCHITEKTEN

Architektur

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

EiSat GmbH, Engineered Structures

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Der neue Fuß- und Radwegsteg zwischen dem westlichen, etwas höher gelegenen Ufer auf der Mitterdorfer Seite und den östlich gelegenen Regenauen auf der Rodinger Seite mit der angrenzenden historischen Altstadt überbrückt einen attraktiven und spannenden Naturraum, wobei uns die folgenden Aspekte bei der Verortung, Ausrichtung und Gestaltung wichtig sind:

- Der Verlauf des Steges folgt eindeutig und selbstverständlich der gewünschten
Hautwegerichtung für die neue Verbindung zwischen Mitterndorf und Roding.
- Auf Mitterdorfer Seite liegt der Steg in einer eher urbanen Umgebung auf der neu
errichteten Hochwasserschutzmauer mit Uferpromenade auf und ragt von dort als langer
Ausleger über eine Stütze abgetragen in die Regenauen auf der gegenüberliegenden
Uferseite.
- Am Brückenkopf auf Mitterdorfer Seite wird eine kleine Terrasse als „Stadtbalkon“
ausgebildet von wo aus man eine gute Aussicht über den Regen auf das historische
Ortsbild von Roding mit dem Kirchturm im Zentrum, sowie in die gegenüberliegenden
Regenauen und auf das neue Brückenbauwerk erhält.
- Die erforderliche Tragkonstruktion wird, um unnötig lange Rampen und Bauwerke zu
vermeiden, oberhalb des Laufbelags vorgesehen.
- Die Brücke überspannt den Fluss mit einer maximalen Spannweite von 53 Metern an
einer sinnvollen Stelle bezogen auf den gewünschten Wegeverlauf und eine minimale
Spannweite.
- Eine differenziert ausgearbeitete Nah- und Fernwirkung des neuen Bauwerks. In der
Nahwirkung, für den Nutzer sowie Betrachter von der Rodinger wie Mitterdorfer Seite
aus Südwestrichtung gesehen, tritt eine scharfe und spannende, auf ein Minimum
reduzierte Brückenkante in Erscheinung. In der Fernwirkung wird von beiden Seiten,
Südwest wie Nordost, jedoch überwiegend der elegant geformte, tragende Hohlkasten
wahrgenommen.
- Die Gestaltung eines einmaligen und identitätsstiftenden Bauwerks durch die
konsequente Beachtung der unterschiedlichen Anforderungen und Gegebenheiten der
Aufgabe und des Ortes.
- Absicht ist, eine ruhige, reduzierte, zurückhaltende, zeitlose jedoch durch seine
Präzision und Schärfe selbstbewusste und prägnante Gestaltung im Spannungsfeld als
technisches Verkehrsbauwerk über einem erlebnisreichen Naturraum.

Das Brückenbauwerk besteht aus einem statisch optimierten und präzise geformten Stahlhohlkasten, einseitig, oberhalb der Lauf- und Fahrbahn. Dieser wird neben den beiden Auflagern auf Mitterdorfer und Rodinger Seite über eine in ihrer Form, den statischen Anforderungen entsprechend ausgebildeten Stahlstütze, getragen. Ein transparentes Geländer aus Stahlrundstäben, welches auf beiden Seiten jeweils einen Handlauf aus einem Edel-/Flachstahl auf der Höhe von 1,3 Meter hält, bietet neben der eleganten Leichtigkeit die Möglichkeit einer hohen Transparenz zur Wahrnehmung der umliegenden Natur. Es kann durch seine konstruktive Ausbildung einfach in optimalen Größeneinheiten vorgefertigt, geliefert und montiert werden. Auf der Innenseite/Südwestseite ergibt sich über der scharfen Brückenkante ein gleichmäßig durchlaufendes und angenehm schlichtes Geländer. An der Außenseite/Nordostseite wandern die Rundstäbe, dem Verlauf des tragenden Hohlkastens folgend, und stützen den Handlauf erst von unten, dann aufsteigend bis auf gleiche Höhe, bis sie im Bereich, an dem der tragende Hohlkasten höher liegt als der Handlauf, von oben kommen. So wird die Ausbildung der Brückenkonstruktion im Zusammenspiel mit der Handlaufausbildung an dieser Stelle, fast skulptural. Insgesamt spielt die Konstruktion in ihrer Gestalt und Zweiseitigkeit mit einer Innen- und einer Außenseite sowie der Nah- und Fernwirkung auf spannende Weise und den reinen Funktionen folgend, mit Leichtigkeit und Eleganz. Unterstütz wird diese Gestaltung durch eine angemessene Farbgebung. Der Laufbelag sowie die innere Flanke des tragenden Überbaus werden in Schwarzrot RAL 3007 vorgeschlagen und die übrigen Flächen in Grauweiß RAL 9002.
Die Oberflächenentwässerung erfolgt im Querschnitt über ein leichtes Gefälle hin zum inneren Brückenrand in eine Rinne und über diese an geeigneten Stellen über Ablauftüllen in Auffangbereiche abtropfend, von denen es kontrolliert abgeführt werden kann.
Der Lauf- und Fahrbelag besteht aus einer durchgefärbten bewährten Kunstharz-Dünnbeschichtung mit Quarzsandabstreuung, welche gleichzeitig einen sicheren Korrosionsschutz bietet.
In Stahlprofile 20/20/240 mm integrierte, vandalismussichere LED-Spots werden 50 cm über dem Gehweg und im Abstand von 2,4 Meter vorgesehen und sorgen zum einen für eine blendfreie und angenehme Ausleuchtung des Gehbelages, sowie für eine attraktive Illumination der gesamten Brücke.

Regenpromenade
Prallhang / Mitterdorfer Promenade - Die erforderlichen Hochwasserschutzmaßnahmen greifen wesentlich in das Landschaftsbild ein. Der Prallhang erhält eine markante Ufermauer, die aufgrund der engen räumlichen Situation nicht weiter in eine Topographie eingebunden werden kann. Diese Vorgaben generieren eine urbane Situation in der der geforderter Uferweg zur Mitterdorfer Promenade wird. An Aufweitungen, bedingt durch Vorsprünge der Grundstücksgrenzen entstehen kleine Plätze mit robusten Sitzbänken aus Beton und Baumgruppen. Die Ufermauer erhält eine strukturierte Oberfläche und wird in Teilen mit Kletterpflanzen begrünt.
Am Zugang zur Brücke entsteht ein kleiner Platz als „Stadtbalkon“ mit Ausblick auf Roding und in die Uferauen des Regen. Ein Treppenabgang führt zur Uferpromenade. Weitere kleine Abgänge mit Treppen erschließen die Grundstücke bzw. die öffentlichen Wege.

Gleithang / Rodinger Uferweg - Das Ufer des Gleithanges ist weiterhin landschaftlich geprägt mit einem einfachen Weg zur neuen Bücke. Die Flutrinne wird barrierefrei erschlossen, ohne den Querschnitt zu verengen wird der Weg in Troglage in die Topographie eingearbeitet.

Hydraulischer Ausgleich
Für den hydraulischen Ausgleich wird der Gewässerquerschnitt im Bereich von Mitterndorf um die erforderliche Breite für die Hochwasserschutzmaßnahmen nach Osten verschoben. D.h. Bereiche die dem Gewässer auf der Mitterdorfer Seite genommen werden, sind auf der Rodinger Uferseite entsprechend freizugeben. Das neue Brückenbauwerk mit einer schlanken Stütze sowie dem erforderlichen Wegeanschluss über eine Rampe ins Gelände, schränkt die hydraulischen Auswirkungen auf ein mögliches Minimum ein.

Tragwerk / Konstruktion
Der konstruktive Entwurf des Brückensteges entwickelt sich aus dem Ansatz minimaler Stützungspunkte im Flutbereich und dem daraus resultierenden, minimalen bautechnischen Eingriff in den Baugrund. Aufgrund des hohen Lichtraumprofils sollte die Bauhöhe unter der Fahrbahn minimiert werden. Die notwendige Spannweite ergibt sich zudem durch das freizuhaltende Durchflussprofil des Regen. Eine Pylonbrücke, bzw. ein Fachwerk oder eine Bogenbrücke wurde am Standort aus gestalterischen Gründen verworfen. Auf dieser Grundlage ergibt sich ein Zweifeldsystem mit Stützweiten von rund je 53 m. Die notwendige Steifigkeit des Überbaus wird durch ein Hohlkastenprofil aus Stahl erzielt, dessen Brüstung sich auf der Roding abgewandten Seite als asymmetrischer Torsionsquerschnitt über die Fahrbahn erhebt. Es entsteht ein L-förmiger Querschnitt mit veränderlicher Höhe. Durch die gewählte Detaillierung bleibt die Ansicht der Brücke von Mitterndorf und Roding aus gesehen extrem schlank und attraktive Sichtbezüge können uneingeschränkt realisiert werden. Die Schlankheit des Überbaus wird insbesondere durch das vorgelagerte Anschlussdetail von Rinne und Geländer nochmals verstärkt.
Die Auflagerung des stählernen Überbaus erfolgt auf Mitterdorfer Seite mit einer querfesten aber längsverschieblichen Lagerkonstruktion. Sämtliche thermischen Zwängungen werden hier in einer Dehnfuge zusammengefasst. Die notwendigen Lagerkonstruktionen sind hinter einer Schattenfuge verborgen und nur über einen von Mitterdorf erreichbaren Wartungsgang/-raum sichtbar bzw. zugängig.
Der Mittelpfeiler auf Rodinger-Uferseite wird als schlanker, näherungsweise in Fließrichtung geneigter Rahmenstiel aus Stahl ausgebildet. Dabei wird der Rahmenstiel biegesteif mit den Unterbauten und dem Überbau gefügt/verschweißt. Somit sind im Hochwasserbereich keinerlei Lagerkonstruktionen vorhanden. Gleiches gilt auch im Übergang zum massiven Rampenbereich an der Uferzone. Hier wird der Stahlbaubereich über Kopfbolzen und Anschlussbewehrung monolithisch mit dem Massivbau verbunden, der hierdurch gleichzeitig als Festpunkt der Brücke fungiert. Das durchlaufende Geländer bindet Massiv- und Stahlbau zu einem durchgängigen Verkehrsbauwerk zusammen.
Die Fahrbahn wird als orthotrope Platte mit Trapezrippen und mit durchgängigen Stegblechen hergestellt. Die Entwässerung wird durch eine 3%ige Neigung zum offenen Rand hin in einer Rinnenkonstruktion zusammengefasst. Anfallendes Regenwasser wird dann an geeigneten Orten über Tropftüllen abgeführt. Die Handläufe werden als schlichte und transparente Stabstahlgeländer konzipiert.
Die Gründung wird zunächst als Pfahlgründung angenommen. Dabei werden beim Mittelpfeiler 6 bis maximal 8 Großbohrpfähle d=89cm erforderlich. Die Rampenanlage wird über wenige Pfähle, bzw. sogar über Flächengründung getragen. Durch die monolithische Anbindung des Stahlbaus an den Massivbau ist die Gefahr eines Aufschwimmens des Überbaus (Auftrieb) ausgeschlossen. Ggf. kann im Randbereich mit zusätzlicher Belastung (Ausbetonieren) des Überbaus reagiert werden, wenn dies erforderlich würde. Die Pfähle können aber sowohl als Druck-, als auch als Zugpfähle bemessen werden. Besondere Aufwendungen für den Hochwasserfall wären nicht erforderlich.
Mit der gewählten Konstruktion wird dem Bauort sowie der Aufgabenstellung in besondere Art und Weise Rechnung getragen. Mit einer angemessenen Vorlaufzeit für Planung und Fertigung, kann die Baumaßnahme in kurzer Zeit und mit überschaubarem Aufwand wirtschaftlich und gut realisiert werden. Durch lediglich eine Lagerkonstruktion und die robuste Bauweise bleibt der Aufwand für den Unterhalt der neuen Brücke sehr gering und übersichtlich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich fügt sich der Beitrag gut in den vorhandenen Kontext ein. Grundsätzlich ist der Brückenkopf als Kanzel ein möglicher Beitrag an der Schnittstelle Siedlung-Landschaft, allerdings wird die lokale Qualität der Grünfläche am Regen, die in den Siedlungsraum wirkt, nicht berücksichtigt. Insgesamt ist die Brückenlage in der Grundrissausprägung ein guter Beitrag an dieser Stelle.
Die Sitzmöglichkeiten am Weg werden mit einer großen Selbstverständlichkeit vorgetragen. Die Mauerabwicklung wirkt durch die leicht gewinkelte Form gut verträglich. Die Anhäufung der Treppenanlagen zum Regen ist nicht zwingend.
Die Freiraumqualitäten werden durch die Grünflächen und die Bäume an der Westseite angemessen entwickelt. Die Architektur der Brücke wirkt selbstverständlich und ist der Bauaufgabe angemessen.
Die Materialwahl entspricht der Aufgabenstellung. Die funktionalen Anforderungen werden erfüllt, allerdings wird ein stufenloser Zugang zum Regen von Norden nicht angeboten. Der konstruktive und statische Beitrag ist nachvollziehbar. Geländer und Brückenkonstruktion bestechen mit dem Schwung der Brücke im Grundriss durch ihre Eleganz.
Die Wirtschaftlichkeit liegt im mittleren Bereich. Besondere Unterhaltsmaßnahmen werden bei dem Konzept nicht erforderlich. Eine Realisierung bis 2022 ist aufgrund des Gesamtkonzepts der Brücke realistisch. Die Belange des Wasserbaus sind gut erfüllt.

Die Hochwasserschutzmauer verläuft ohne größere im Lageplan sichtbare Gliederungselemente, der Asphaltbelag der Promenade schließt unmittelbar an und lässt nur wenig Begrünung zu. Die Baumbepflanzung zwischen Promenade und Fluss trägt zur Einfügung der Mauer in das Landschaftsbild bei. Die Rodung des wertvollen Baumbestandes am Ostufer gegenüber der Brücke wird dem gegenüber jedoch negativ bewertet.


Würdigung des Beitrags aus wasserbaulicher Sicht:

• Es wird positiv hervorgehoben, dass sich der Planer mit den wasserbaulichen Randbedingungen intensiv beschäftigt hat und gute Lösungsansätze aufzeigt.
• Die Mindestbreite des Uferwegs mit 3,0 m ist zu beachten, Sitzelemente sollten entsprechend platziert werden
• Kein wesentliches Abflusshindernis; Freibord und Lichtraumprofil unter der Brücke sind eingehalten.
• Das Schöpfwerk wurde im Beitrag berücksichtigt. Eine Einpassung des Schöpfwerkes mit Betriebsgebäude ist machbar.
• Es ist darauf hinzuweisen, dass der Kontrollgang kein öffentlicher Weg sein sollte.
• Der Stadtbalkon und der Brückenplatz bieten großzügig Raum für die Ausbildung und die Andienung des Schöpfwerkes.
• Zu viele Treppenabgänge können im Hochwasserfall Probleme bereiten, die Anzahl sollte reduziert werden.