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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2019

Umgestaltung des Marktplatzes in Witzenhausen

1. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

impuls°Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebaulicher Kontext
Die historische Altstadt Witzenhausens ist durch seine kompakte Struktur im Stadtgrundriss gut ablesbar. Der Marktplatz mit dem Rathaus bildet dabei, deutlich erkennbar, das Zentrum der Innenstadt. Die historischen Stadteingänge sind über direkte Hauptwege mit dem Markt verbunden. Diese klare Struktur und Bedeutung des großen, zusammenführenden Platzes wird in der Umgestaltung des Marktes zum Entwurfsansatz.
Zonierung
Der neue Marktplatz spannt sich zwischen den historischen Gebäuden, als großzügige, homogene Fläche auf und akzentuiert das historische Rathaus dessen Zentrum. Auf der zusammenhängenden Fläche befinden sich, entlang der rahmenden Gebäude, großzügige Bereiche für Freisitze sowie zwei kompakte, ruhige Aufenthaltsplätze unter den schützenden, schattenspendenden Baumdächern. Es entsteht ein großzügiger, ruhiger Platzraum mit multifunktionalen Nutzungsmöglichkeiten.
Freiraumqualitäten
Das leicht eingedreht stehende Rathaus bildet, zusammen mit den rechteckigen Baumdächern im vorderen und rückwärtigen Bereich des Rathauses und der Platzintarsie, die räumliche Situation des Marktplatzes. Die Baumdächer bieten mit Sitzmöglichkeiten die zentralen Aufenthaltsbereiche auf dem Platz. Die Intarsie nimmt die Fluchten des Gebäudes auf und betont das Rathaus als Zentrum des Marktes.
Die gesamte Platzfläche wird mit dem vorhandenen Porphyr-Kleinstein in Reihen gepflastert. Die Platzintarsie wird ebenfalls aus Porphyr-Kleinsteinpflaster hergestellt, zur Betonung des Rathauses wird der Naturstein hierbei jedoch als gesägter Stein eingesetzt.
Der Geländeverlauf und die Höhen des Marktplatzes bleiben mit der neuen Gestaltung weitestgehend unverändert. In der Platzoberfläche verlaufen, parallel zu den Gebäudekanten, gepflasterte Entwässerungsrinnen. Durch das geplante Entwässerungskonzept lassen sich die Gebäudeeingänge barrierearm, teils auch barrierefrei, an den Platz anbinden. Glatte Belagsoberflächen, der Verzicht auf Einfassungskanten zur Zonierung und die deutliche Linienführung durch die Ausstattungselemente macht den Platz für alle Menschen gleichsam nutzbar.
Die Skulptur „Der eine trage des anderen Last“ verkörpert die Bedeutung von gegenseitiger Unterstützung und befindet sich seitlich am Eingang des Rathauses über den Markt blickend. Die Statue des Jacob Grimm erhält einen neuen Standort, mit dem großen Baumpaket im Rücken, am östlichen Rand der Platzintarsie und blickt über den Platz Richtung Rathaus. DerBrunnen ist an seinem historischen Standort positioniert und betont an dieser Stelle die nordöstliche Ecke der Intarsie.
Das vorhandene Baumpaket aus 8 Platanen vor dem Rathaus bleibt erhalten und wird zu einem kubischen Formschnitt entwickelt. Im Süden des Rathauses wird die bestehende Platane um zwei weitere ergänzt und ebenfalls zum geschnittenen Baumdach ausgebildet. Unter den Baumdächern befinden sich die zentralen Aufenthaltsbereiche mit Sitzbänken als schattige Ruhezonen, gemeinschaftlicher Treffpunkt oder Sitzgelegenheit mit Blick über den Markt.
Nachts werden die Baumdächer von Bodeneinbaustrahler atmosphärisch beleuchtet und in einen sanften Schein gehüllt. So sind die Sitzplätze auch im Dunkeln gut einsehbar und in warmen Sommernächten ein angenehmer Aufenthaltsort. Die rahmenden Lichtstelen entlang der umliegenden Gebäude beleuchten den Marktplatz und betonen die Richtungen der tangierenden Hauptwege entlang des Marktes. Eine weitere Ausstattung der Lichtstelen mit Fassadenspots, WLAN Modulen, Beschallungsanlagen und Versorgungsanschlüssen bedienen die vielfältige Nutzung des Marktes und reduzieren weitere Einbauten.
Die Verkehrsführung der Wallburger Straße wird mit einer 4m breiten Spur auf den gepflasterten Markt geführt und durch Poller begleitet. Durch die schmale und gepflasterte Fahrspur werden nicht nur gefährliche Überholvorgänge vorbei am Linienbus an der Haltstelle verhindert, sondern der motorisierte Verkehr entlang des Markplatzes auch deutlich entschleunigt. Im Südwesten, im rückwärtigen Bereich des Rathauses, befinden sich ein Stellplatz für Menschen mit Behinderung sowie ein Stellplatz für Elektrofahrzeuge mit einer Ladestation. Auf dem gesamten Marktplatz sind 13 Fahrradanlehnbügel mit Platz für 26 Fahrräder platziert, davon 6 Bügel im Bereich des Baumdaches vor dem Rathaus und weitere 7 Bügel hinter dem Rathaus entlang der Zugangsrampe.
Der Einsatz des vorhandenen Natursteinpflasters, mit lediglich einem Zukauf des gesägten Materials sowie der Verwendung weniger, punktueller und teils modularer Ausstattung, machen sowohl eine wirtschaftliche Herstellung der Anlage und einen kostengünstigen Unterhalt möglich. Der Einsatz des vorhandenen Natursteins und moderner, hochwertiger Ausstattung sowie der weitestgehende Erhalt der vorhandenen Bäume, machen die Umgestaltung sowohl besonders nachhaltig als auch für unterschiedliche Nutzungen robust und langlebig.
Der Marktplatz unterstreicht mit seiner neuen Gestaltung seine historisch gewachsene Wichtigkeit im Stadtgefüge. Und ermöglicht mit einer klaren und homogenen Oberflächengestaltung sowie einer zurückhaltenden Ausstattung, eine multifunktionale Nutzung und betont mit seiner angemessenen Großzügigkeit die rahmenden historischen Gebäude.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der neue Marktplatz spannt sich als zusammenhängende Fläche zwischen den Gebäuden auf. Das Rathaus rückt in den Mittelpunkt und erhält sein „Gegenüber“ durch das Baumpaket der bestehenden Platanen. Die Platanen erhalten einen Formschnitt. Unter diesem entsteht ein ruhiger und Schatten spendender hochwertiger Aufenthaltsbereich. Sowohl das Rathaus als auch der Platz der Platanen bilden die starken Kontrahenten im Gesamtensemble des Witzenhäuser Marktplatzes. Ergänzt wird die Pflanzung durch zwei zusätzliche Platanen im Süden des Rathauses. Die momentane Topografie bleibt erhalten, sodass die erforderlichen Anschlüsse über den Platz hinaus sichergestellt sind. Zusammen gehalten wird der Platz mit einem Belag aus Kleinsteinpflaster aus Porphyr, in Reihen gepflastert. Der Innenbereich des Platzes, als Intarsie ausgebildet wird ebenfalls mit Kleinsteinpflaster aus Porphyr hergestellt, jedoch mit gesägter Oberfläche und betont die Fluchten des Rathauses. Die Entwässerung wird über Natursteinrinnen sichergestellt, die eine leichte, zusätzliche Rahmung zeigen und die dafür sorgen, dass die Eingänge zu den angrenzenden Häusern barrierefrei hergestellt werden können. Eine zusätzliche Raumkante wird über die Beleuchtung erzeugt und unter den Platanen als atmosphärische Beleuchtung des Baumdaches entsteht ein zusätzlicher Attraktionspunkt. Es ist hierbei jedoch zu beachten, dass keine direkte Beleuchtung in die Vertikale entsteht. Die Lichtstelen stellen die Ausleuchtung des Platzes sicher. Die Masten sind multifunktional nutzbar. Die Stellung der Lichtstelen muss überprüft werden, da ihr Ausleuchtungsbereich begrenzt ist. Eine engere Stellung der Stelen wäre die Folge. Die Skulpturen werden neu verortet, sowohl im Baumpaket, als auch am Rathaus. Der historische Brunnen findet seinen ursprünglichen Standort wieder. Die Verwendung des vorhandenen Natursteinpflasters aus Porphyr trifft nicht auf Zustimmung, da das vorhandene Material mangelhaft ist und eine weitere Verwendung nicht zulässt. Von daher wird die Grundidee ca. 20% des vorhandenen Pflasters wieder zu verwenden, als nicht realisierbar angesehen.
Die Verkehrsführung in der Walburger Straße ist 4 m breit und gepflastert. Die Abgrenzung zum Platz hin erfolgt über Poller. Der PKW-Verkehr muss im Bedarfsfall halten. Ein Behindertenparkplatz befindet sich im rückwärtigen Rathausbereich, ebenfalls auch der Stellplatz für das Elektromobil. Die Fahrradplätze werden ebenfalls nachgewiesen. Besondere Attraktionen für Kinder und Familien sind nicht vorhanden. Ebenfalls ist die technische Infrastruktur für die Marktversorgung nicht abgebildet. Lediglich der Hinweis auf die multifunktionale Nutzung der Lampenmasten lässt einen Nachweis vermuten. Eine multifunktionale Nutzung der Fläche scheint sicher.
Der Beitrag baut seine Wirtschaftlichkeit schwerpunktmäßig auf der Wiederverwendung des Porphyrpflasters auf. Diese kann jedoch nicht wiederverwendet werden, so dass die Kosten für den Ausbau höher ausfallen werden, als vom Verfasser*in geplant. Dennoch scheint eine Realisierung in einem wirtschaftlichen Rahmen möglich.
Das Konzept wird als barrierefrei, bzw. barrierearm beschrieben. Das Konzept lebt von der reduzierten, aber sehr differenzierten und in die Zukunft gerichteten Idee. Es spiegelt eine sehr präzise Berücksichtigung des Ortes und der Historie wider.