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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2019

Quartierspark Linsingenkaserne in Hameln

Anerkennung

Lohaus · Carl · Köhlmos PartGmbB Landschaftsarchitekten · Stadtplaner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der englische Park
Der „englische Park“ wird die Mitte des neuen Bildungs- und Gesundheitsquartiers auf dem ehemaligen Gelände der Linsingenkaserne prägen und an die langjährige Nutzung der Kaserne durch die Briten erinnern. Er greift typische Elemente des englischen Landschaftsparks wie malerische Baumkulissen, großzügige, subtil modellierte Rasenflächen, geschwungene Wege, wechselnde Raumsequenzen und Durchblicke auf und verknüpft diese mit historischen und zeitgenössischen „Staffagen“ wie den möglicherweise am nördlichen und westlichen Parkrand verbleibenden Kasernengebäuden, dem vorhandenen Treppenrondell sowie neuen „Folies“ zu einem Gesamtensemble. Einen besonderen Blickfang bildet die „Bailey Bridge“, die an der Engstelle des Parks eine Scharnierfunktion übernimmt.
Landschaftliche Baumkulisse
Eine landschaftliche Baumkulisse rahmt großzügige Rasenflächen und definiert einen eigenen, spezifischen und markanten Raumcharakter. Die wechselweise lichten und dichten Baumpartien aus überwiegend hochstämmigen und mehrstämmigen Bäumen lassen zwischen den Stämmen Durchblicke auf die neuen Baustrukturen zu und bieten gleichermaßen ein eigenes, pflanzlich geprägtes Raumerlebnis. Die Baumkulisse ist als gemischte Pflanzung unterschiedlicher Baumarten konzipiert. Im Frühjahr zeigen die Ahorn- und Kirschbäume auffällige Blütenbilder und die Komposition aus in unterschiedlichen Grün-und Gelbtönen leuchtenden Austrieben lockt in den Park.
Im Sommer folgt ein farblich in grün- bis blaugrün abgestuftes, sattgrünes Blätterbild, das malerische Kronenkonturen in den Himmel zeichnet. Im Herbst wandelt sich das Bild in ein leuchtendes gelb- orange mit wenigen roten Akzenten. Die Bodenschicht ist überwiegend mit bodendeckenden Gehölzen bzw.in lichten Zonen mit mähbaren Stauden in gestaffelter, aber überschaubarer Höhe bedeckt. Zu Jahresbeginn stecken nahezu flächendeckend Narzissen ihre goldgelben Blütenköpfe durch den Vegetationsteppich und lassen die noch blattlosen Gehölzpartien leuchten. Diese Schauspiele sind selbstverständlich nicht nur vom Park aus, sondern auch von den angrenzenden Gebäuden des Gesundheitscampus zu beobachten.
Großzügige Rasenflächen
Zwei großzügige Rasenpartien unterschiedlicher räumlicher Prägung bieten abwechslungsreiche Szenerien und Nutzungsmöglichkeiten. Die nördliche, nahezu rechteckige und annähernd horizontal ausgeprägte Rasenfläche erinnert in Verbindung mit der Böschung im Übergang zu den Kasernengebäuden an den ehemaligen Exerzierplatz. Sie ist über einen markanten Baumhain mit der angrenzenden Elisabeth-Selbert-Schule verknüpft und eignet sich hervorragend zur Nutzung für informelle Ballsportarten. Entsprechend wird empfohlen die vorhandene Rundtreppe als Zugang zum und Aussichtspunkt über den Park zu erhalten und zusammen mit einem als Sitzkante ausgebildeten Böschungsfuß als Sitz- und Aufenthaltselemente in den Park zu integrieren.
Die südliche Rasenpartie ist demgegenüber großzügig geschwungen ausgebildet. Um den landschaftlichen Charakter zu unterstreichen ist sie sanft zur Mitte gemuldet.
Diese Rasenfläche, die malerisch mit vorhandenen und ergänzten Baumstellungen gegliedert ist, eignet sich zum Sonnenbaden, Relaxen, den Himmel beobachten, Picknicken aber auch für Gruppensportaktivitäten wie Yoga, Pilates-, Cross-, Tabata- oder Workout-Kurse. Diese großzügige Rasenfläche gibt auch den Blick frei auf die im Osten angrenzenden Wälder am Bismarckturm, die somit als tiefengestaffelte Gehölzkulisse mit in den Park hineinwirkt.
Der Verbindende Rundweg
Ein Rundweg verbindet die beiden Parkräume, erschließt die abwechslungsreichen Raumerlebnisse, lenkt die Blicke auf die Besonderheiten des Parks und lädt zum Spaziergang ein. An den Entrees schleifen die Wege großzügig komfortabel in den Rundweg ein. Damit wird auch ein bequemes und umwegfreies Durchqueren des Parks für alltägliche Wegeverbindungen z.B. zur auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule oder zum Sport ermöglicht. Die Wegebreiten sind entsprechend großzügig gewählt. In Verbindung mit einer Oberfläche aus Farbasphalt (oder Asphalt mit Splitabstreu) sind sie sowohl für Radfahrende als auch Zufußgehende komfortabel gemeinsam benutzbar und erfüllen
auch die Anforderungen der Barrierefreiheit sowohl für motorisch als auch visuell eingeschränkte Personen. Für letztere bieten der Wechsel zwischen (glattem, hellem) Asphalt und (rauer, dunkler) Vegetation eine ertastbare und kontrastreiche und damit visuell und taktil erfassbare Kante.
In den Einmündungsbereichen der Wege dienen in den Asphalt gefräste Rippen als Hinweis auf die Abzweigesituation bzw. auf die Fortführung des Rundweges.
Der Innenkontur des Rundweges folgt eine EPDM-Bahn in Royal-Blue. Diese exakt 625 m lange Strecke bietet sich als Joggingroute an, die auch von den Schulen und den Gesundheitseinrichtungen zum Training mitgenutzt werden kann. Aufgemarkerte Entfernungen lassen auch Zeitmessungen zu. Im Bereich der Böschung im Übergang zur Kaserne bietet eine integrierte 100 m Strecke auch Sprintmöglichkeiten.
Fitnessfolies
In der Wechselzone zwischen Baumkulisse und Rasenpartien sind an dem Rundweg unterschiedlich große, mit Bänken gerahmte Plätze angedockt. Diese „Fitnessfollies“ bieten verschiedene Bewegungs- und Fitnessangebote wie Parkour, Calisthenics, Trampoline, Bouldern, Kraftsport oder ähnliches, die die ältere und jüngere Generation annsprechen können. Denkbar ist auch ein Angebot für kleinere Kinder z.B. als Sand-Matschspielplatz. Im Übergang zum Schulhof könnte ein Beachvolleyballfeld angeboten werden und in dem Baumhain Boule oder Basektballmöglichkeiten integriert sein. Um die Markanz der „Follies“ zu erhöhen, sollten alle Stahlelemente und Bodenbeläge in Royal-Blau ausgebildet sein.
Es wird vorgeschlagen, die genaue Ausgestaltung und Ausstattung der Fitness-Folies in einem partizipativen Verfahren mit den Anwohnern und Anliegern zu entwickeln.
Bailey-Bridge
Im Übergang zwischen der leicht durchgemuldeten südlichen und der horizontalen nördlichen Rasenfläche dient eine nach dem Konstruktionsprinzip der Bailey-Bridge entwickelte Brücke als breites Scharnier zwischen den Parkbereichen und als „Shortcut“ für den Rundweg. Ihre Ausprägung erinnert an die Brückenbauingenieure des britischen Militärs, die in Hameln diese transportable und gestalterische sehr charakteristische Brücke entwickelt und getestet haben.
Beleuchtung
Vor dem Hintergrund der sportlichen Prägung des Parks wird eine Beleuchtung des Rundwegs empfohlen, um Menschen mit gleitenden und variierenden Arbeitszeiten auch abendliche Bewegungsmöglichkeiten zu bieten.
Bauphasen
Es ist zu empfehlen die Gehölzkulisse, den Rundweg und die Rasenflächen so früh wie möglich und auch bereits vor der Fertigstellung der rahmenden Bebauung fertigzustellen: Das Parkambiente trägt zur Adressbildung der künftigen Nutzer bei, die Gehölze erhalten einen Entwicklungsvorsprung und die Parkwege können von Anfang an in die Alltagswege einbezogen werden.
Die Ausstattung der Folies, die zunächst nur als Platzhalter mit gebaut werden, kann deutlich später, nach oder zeitgleich mit der Realisierung oder Bezug der Bebauung in einem partizipativen Prozess entschieden und realisiert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit verführt durch überraschende Weite in einem vormalig verschlossenen Gebiet. Das bewusst gewählte Thema des englischen Landschaftsparks offeriert eine großzügige Wiese, gerahmt mit locker gestellten Bäumen, kann aber keine Spannung erzeugen. In den Baumrahmen werden relativ gleichförmig gestaltete Spiel- und Aufenthaltsbereiche beliebig eingestreut und lassen Attraktivität vermissen.
Das Grundmotiv der großen Parkwiese wird mit einem flotten Weg konsequent gefasst, ohne dem Nutzer jedoch neue Räume zu eröffnen. Um die wichtigen Wegebeziehungen in Nord-Süd- als auch Ost-West-Richtung zu leisten wird der Loop mit einem militärischen Zitat, der Pionierbrücke verknüpft, was jedoch nicht zu überzeugen vermag. Die Lage der Eingänge in den Park sind richtig gewählt, lassen aber eine wünschenswerte Differenzierung vermissen.
Der Eingangsbereich an der Süntelstraße wird mit einem Wasserspiel akzentuiert, bietet aber keine weitere Aufenthaltsqualität. Als Reminiszenz an die historische Situation wird die Bastionstreppe belassen und die Topographie des Exerzierplatzes in den Park eingebunden, allerdings ohne die Treppenanlage zu nutzen.
Insgesamt wird ein ordentlicher Park mit gewohntem Bild entwickelt, der zum einem überall sein könnte, zum anderen keine neuen Impulse setzt und so keine neuen Gruppierungen der Hamelner Bürgerschaft anzulocken vermag.