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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2019

Neubau Kita „Lilienstraße“ und Kita „Wilhelm-Enßle-Straße mit Wohnbebauung“ in Remshalden

1. Preis / Los 1 / Zuschlag

SRAP Sedlak Rissland Architekten

Architektur

raum3architekten

Architektur

studioB Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

KITA * AM BAUMHAUS* MIT WOHNUNGEN FÜR JUNG UND ALT


Die Treppe windet sich wie eine Schlange um den Stamm der alten Kastanie, die es ruhig und gelassen erduldet. Auf dieser magischen Wendeltreppe kann man die Erde verlassen und ins Königreich der Äste eindringen, eine Fantasiewelt, die sich mit jeder weiteren Stufe erschließt. Über diese luftige Leiter gelangen wir an einen Ort, wo wir mit dem Himmel Zwiesprache halten können. Hier taucht man in eine märchenhafte Welt ein.
(aus "Baumhäuser", von Alain Laurens)


Städtebau und Gebäude

Die städtebauliche Figur besteht aus einem dreigeschossigen Riegel und einem zweigeschossigen Seitenflügel mit Atrium. Zusammen mit der neuen Bebauung im Osten entsteht eine gefasste grüne Binnenzone. Der neue Stadtbaustein wird zentral zwischen die drei bestehenden großen Bäume platziert. Das Kinderhaus öffnet sich mit einladender Geste zur Wilhelm-Enßle-Straße. Der natürliche Geländeverlauf des Hanggrundstückes wird durch die einzelnen Geschosse aufgenommen.
In den beiden unteren Ebenen befinden sich die KITA-Räume mit direktem Freiraumbezug, im obersten Geschoss die Wohnungen mit Dachterrasse.
Direkt an der Wilhelm-Enßle-Straße sind fünf oberirdische Stellplätze für das Holen und Bringen situiert, ergänzt durch 20 Fahrradstellplätze. Über eine Zufahrt im Südosten gelangt man direkt in die Tiefgarage mit 12 hausinternen Stellplätzen.

Der öffentliche Erschließungsweg zur Oberen Hauptstraße tangiert das Grundstück zukünftig auf der Westseite. Hier ist auch der Zugang zu den Wohnungen angedacht. Diese sind über ein separates Treppenhaus mit Aufzug erreichbar. Der Aufzug dient gleichzeitig als barrierefreier Verteiler für die KITA. Der Hauptzugang zur KITA erfolgt im Süden, über ein paar Stufen direkt von der Wilhelm-Enßle-Straße aus oder barrierefrei über den seitlichen Rampenweg.

Kindertagesstätte

Im Erdgeschoss gelangt man in das Eingangsfoyer der KITA. Hier findet man neben den Verwaltungsräumen, den Serviceräumen, den Wartebereichen und Kommunikationszonen für die Eltern auch der Mehrzweckraum mit Speisebereich für den Ganztagsbetrieb. Unmittelbar vor dem Mehrzweckraum liegt eine geschützte Süd-Ost-Terrasse mit Zugang zum "Baumhaus". Über eine großzügige Innentreppe erreicht man die Gruppenräume auf der 1. Ebene, dem Gartengeschoss.
Um die atriumartige Treppengalerie gruppieren sich drei Bereiche: Im Nordwesten ein Flügel mit den Räumen der Unterdreijährigen im Südwesten und Südosten zwei Flügel mit Räumen der Überdreijährigen. Die einzelnen Gruppen bestehen jeweils aus Modulen mit Gruppenraum, Nebenraum und Sanitär + Wickelkern. Die Schlafräume liegen etwas ruhiger bzw. separierter. Die Garderoben mit Sitzbänken und Ablageflächen sind entlang der Flure angeordnet. Im Bedarfsfall können Ü3-Gruppen auch von U3-Kindern bespielt werden. Das modulare System ist flexibel nutzbar und dient als Grundlage für ein zukunftsoffenes Kinderhaus. Interne Rundwege können gut als erweiterte Spielzonen bzw. Bobbycar-Strecken genutzt werden. Im Norden befinden sich jeweils über Schmutzschleusen zugängliche Gartenbereiche. Im Süden ist dem Ü3-Bereich eine Terrasse mit Zugang zum Baumhaus vorgelagert. Das Baumhaus wird zum straßenseitigen Aushängeschild der Kindertagesstätte.

Wohnen für Jung und Alt

Die geschossweise Trennung von KiTa und Wohnnutzung ermöglicht sowohl einen reibungslosen Betrieb der KiTa als auch keine Beeinträchtigung der Wohnqualität.

Die Wohnungen sind komplett barrierefrei erschlossen. Das Wohnungsgemenge besteht aus jeweils einer 1-, 2-,3- und 4-Zimmerwohnung. Vorgelagerte Terrassen bieten weite Ausblicke in die umliegende Weinberglandschaft. Ein gemeinsam genutzter Dachgarten ergänzt das Freiraumangebot mit Pflanzflächen oder Gemüsebeeten und dient gleichzeitig als Retentionsfläche mit Wohlfühlfaktor.

Freianlagen

Intensive Erlebnismöglichkeiten werden um das Kinderhaus herum geschaffen. Bei den Spielbereichen wird auf die unterschiedlichen Altersstufen eingegangen, der U3-Freibereich kann gut von den älteren Kindern abgetrennt werden. Der Ü3-Garten erstreckt sich über zwei Geschossebenen bis zum Baumhaus auf der Südseite. Eine große Rutsche verbindet beide Ebenen spielerisch im Geländeverlauf, das Baumhaus verbindet sie vertikal auf kurzem Wege.

Konstruktion + Energie

Der Neubau ist als Schottensystem in Massivholzbauweise konzipiert. Die Tiefgaragen- und Sockelzone wird in WU-Beton erstellt. Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt über die als Scheibe ausgebildeten Deckenelemente in Verbindung mit den Massivholzwänden. Wärmebrücken werden minimiert. Die Holzkonstruktion des Gebäudes mit einem maximierten Vorfertigungsgrad bietet eine nachhaltige sowie robuste Bauweise bei minimierter Bauzeit. Durch jeden verbauten Kubikmeter Holz werden ca. 1t CO2 gebunden. Bei einem Rückbau ist Holz rückstandsfrei recycelbar. Daneben besticht ein Holzbau durch seinen sehr niedrigen Primärenergieeinsatz. Die Außenwände erhalten eine Holzfaserdämmung mit einer hinterlüfteten Schalung aus Weißtanne. Die horizontalen Deckenplatten werden in der Fassade betont. Der warme Werkstoff Holz wird auch zum Wegbegleiter im Inneren. Die Böden erhalten einen pflegeleichten Linoleumbelag. Farblich aufeinander abgestimmte Oberflächen dienen der Orientierung der Kinder. Auch im restlichen Ausbau werden weitestgehend natürliche Baustoffe eingesetzt. Außenliegende Raffstoreelemente sorgen für den sommerlichen Wärmeschutz. Lamellenartige "Holzvorhänge" an Terrassen und Fenstern dienen als Sichtschutz. Sie akzentuieren die Fassade und sorgen für interessante Licht- und Schattenspiele im Inneren.

Das Energiekonzept setzt zuerst auf eine Minimierung des Energiebedarfs und im zweiten Schritt auf eine nachhaltige und effektive Deckung des verbleibenden Bedarfs. Das könnte zum Teil auch durch solare Energie erfolgen in Form von Solarkollektoren am Dach und entsprechend dimensionierten Pufferspeichern. Energiespitzen könnten durch eine einfache Gastherme abgedeckt werden. Die Wärmeverteilung erfolgt auf einem möglichst niedrigen Temperaturniveau mittels Fußbodenheizung. Zur Einsparung von Investitions- und Betriebskosten und um den Gebrauch des Kinderhaues für die Nutzer möglichst einfach zu gestalten, soll die Haustechnik auf ein vertretbares Mindestmaß reduziert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Qualitäten: Der Entwurf orientiert sich klar zur Wilhelm-Enßle-Straße und nimmt die Rhythmik der Umgebungsbebauung auf. Die Abstufung nach Osten im niedrigeren Seitenflügel lässt eine NordSüd-Orientierung der nördlich gelegenen Wohnbebauung zu. Baurechtlich erscheint dieser Entwurf nach den Vorgaben des § 34 BauGB genehmigungsfähig. Die notwendigen Abstandsflächen wurden geprüft und sind auf dieser Maßstabsebene eingehalten. Die Binnenzonen für U3 und Ü3 Kinder befinden sich im rückwärtigen Bereich und differenzieren die beiden Betreuungsformen. Das Baumhaus in der Kastanie wird positiv aufgegriffen und bis über die Linde weiter interpretiert. Dem Erhalt der beiden prägenden Bäume wird hohe Priorität eingeräumt. Die begrüßenswerte Verbindung des Freiraums nach Süden ist allerdings platzbedingt kritisch und bezüglich der pädagogischen Betreuung aufwändig. Aufgrund der beengten Grundstücksverhältnisse wird die Situation bestmöglich ausgenutzt. Die zentrale und wirtschaftliche Erschließung der Wohnungen über eine separate westliche Rampe kann evtl. mit dem Ausbau des Fußweges kombiniert werden. Der Zugang über die Tiefgarage zum Aufzug für eine Küchenanlieferung erscheint kritisch und sollte überarbeitet werden. Die sinnvolle geschossweise Trennung zwischen KITA und Wohnungen wird wirtschaftlich über nur einen Aufzug bedient und erlaubt ein konfliktfreies Miteinander ohne gegenseitige negative Beeinträchtigungen. Die 4 sehr unterschiedlichen Wohnungen werden sicherlich dem kommunalen Bedarf in Bahnhofsnähe gerecht und sind eher an der unteren Wirtschaftlichkeitsgrenze. Der gemeinschaftliche Freibereich, als Dachgarten ausgestaltet, bietet neue Nutzungs- und Organisationsformen und wird unkonventionell über eine Art Steg erreicht. Somit können gute Nachbarschaften erreicht werden. Dieses System bietet allerdings auch ein mögliches Konfliktpotenzial. Die KITA Verwaltung unmittelbar am Eingangsbereich ermöglicht ein hohes Maß an Zugangskontrolle. Der innenliegende Bereich für Kinderwagen ist vor allem im U 3 Bereich von hoher Qualität. Alle wichtigen Funktionsräume und Aufenthaltsräume haben Tageslicht. Die Wickelräume sind konsequent nach außen angeordnet und den Gruppenräumen zugeordnet. Schlafräume und Gruppenräume sind teilweise auch multifunktional nutzbar. Die Gebäudekonstruktion in Schottensystem in Massivholzbauweise, WU Beton im UG erscheint wirtschaftlich sinnvoll und bietet ein hohes Maß an Energierückgewinnung. Das Spiel mit offenen und geschlossenen Holzfassadenelementen wird durch die transluzente Mischform hervorragend unterstützt und wird dieser besonderen Gebäude- und Nutzungsform gerecht. Die Arbeit überzeugt städtebaulich, in ihrer gelungenen inneren und äußeren Organisation. Die Funktionale Lösung der KITA entspricht voll den Anforderungen. Die Materialien der Fassade und der Konstruktionselemente erscheinen nachhaltig und entsprechen den aktuellen Anforderungen. Der Entwurf überzeugt und wird der Aufgabe gerecht.